So was passiert eben.Savonlinna hat geschrieben:Zum Beispiel beboachte ich immer wieder, dass ich oft lange nicht auf einen Namen komme, an den ich lange nicht mehr gedacht habe:
und plötzlich ist er dann aus heiterem Himmel wieder da.
[...]
Dann war ich irgendwann mal wieder in dieser Stadt, wo der Autobesitzer vor 20 Jahren, wie ich auch, studiert hatte und wo ich jedesmal, wenn ich um die Ecke bog, mich herzklopfend fragte: Steht das Auto da, wenn ich um die Ecke gegangen bin, oder steht es da nicht?
Ich kam nun also - 20 Jahre später - dieser erwähnten Ecke näher - und in dem Moment, wo ich um die Ecke bog, fiel mir diese Autnummer wieder ein.
Genau in dem Moment, wo ich mit keinem Körper den Schwenk um die Ecke machte.
Innerlich warst du vermutlich bereit das Auto zu sehen. Die freudige Antizipation brachte das vergessen geglaubte Autokennzeichen in dein Gedächtnis.
Da kann ich dir nicht folgen. Warum Bewegungen?Savonlinna hat geschrieben:Woraus ich nun schließe:
Erinnerung ist an Gestisches, an Bewegung gekoppelt. Erinnerung muss sich immer an etwas Dynamisches hängen, damit man sie hochziehen kann.
Ich denke Erinnerungen sind etwas körperlich physisches. Da kann Bewegung hilfreich sein, aber niemals notwendig.
Stimmt. Unser Langzeitgedächtnis ist darin sehr gut. Es gibt manche Dinge, selbst aus der Kindheit, die man niemals vergisst.Savonlinna hat geschrieben:Ich habe beobachtet, dass dieser Erinnerungsfilm sich im Laufe der Jahrzehnte verändert: nicht verblasst, sondern durchaus klar bleibt, manchmal sogar noch klarer wird, aber trotzdem sich mitunter stark verändert.
Aber das Gehirn, die Erinnerung ist nicht perfekt, wie man folgenden Beispielen erkennt: Trug die Kassiererin gestern ein Brille? Hatte sie blondes oder braunes Haar? Trug sie ein dunkles T-shirt oder eine helle Bluse?
So ähnlich verstehe ich es auch. Warum beschränkt der Autor das auf akute Fragen? Ich meine, es hilft in JEDER Lebenslage, Entscheidungen auf Grund von Erinnerungen zu treffen.Savonlinna hat geschrieben:Und dann fand ich einen Artikel in einer pschylogischen Zeitschrift, wo genau das auch stand:
die Erinnerung verändert sich, und zwar aus finalen Gründen:
sie hat nämlich einen Zweck: Material z.B. für eine Konfliktsituation hochzuschieben.
Man speichere also die Erinnerungen, um Material zu haben für akute Fragen.
So sehr nun auch wieder nicht.Savonlinna hat geschrieben:Und weil der Mensch sich in seinen Fragen verändere - so die Zeitschrift -, verändert sich auch der Film.
Ich vermute eher, dass du (und alle anderen) mindestens seit der Pubertät dasselbe ICH-Gefühl hast.
Im Gegenteil, ich denke wir verändern uns äußerlich mehr als innerlich — das erkenne ich jedes Mal wenn ich in den Spiegel schaue.

Wenn sich die Erinnerung zu stark verändert, können Illusionen entstehen, anstatt "nur" Erinnerungen.Savonlinna hat geschrieben:Wenn das Weltbild dazu dient, mit akuten Fragen klarzukommen, dann schiebt der Erinnerungskanal Material hoch, das sich klammheimlich inzwischen verändert hat, also vergilbtes und unbrauchbares Material quasi durch neueres und sinnvolleres Material ersetzt hat.
Die Erinnerung arbeitet also konstruktiv mit.![]()
Ja. Aber nur bis zu einem gewissen Grad. Es verändern sich meistens nur die Details. Was ich damit sagen will, unser Langzeitspeicher ist gut geeignet "Filme" aus der Vergangenheit vorzuführen.Savonlinna hat geschrieben:Auch sie ist lebendig und nicht statisch.
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Nicht das hier der Eindruck entsteht, ich glaubte an einen tatsächlichen Beobachter im Gehirn oder irgendetwas, was mit einer tatsächlichen Leinwand zu tun hätte. Ich lehne deshalb auch den Begriff "Kopf-kino" ab.
Es geschieht alles im virtuellen Raum in Form von elektromagnetischen Schwingung feuernder Neuronen. Das finde ich so wunderbar an unserem Gehirn; die Vorstellungen der Vergangenheit sind unglaublich realistisch. Vielleicht müssen sie es auch sein, denn sie bilden den Maßstab dafür, wie wir die Welt erleben.
Entsteht so unser Weltbild?