lovetrail hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:
Das will ich ja auch gar nicht abstreiten.
Darum ging es mir nicht.
Selbstverständlich kann jedem Christus als Vorbild dienen.
Aber dennoch wird dadurch - im Prinzip - nichts anderes entstehen können, als wenn jemand - was soll ich sagen - Yehudi Menuhin als Vorbild hat.
Es kommt doch immer darauf an, was jemand an sich aktualisieren will und danach sein Vorbild auswählt.
Auch der Christ wird in Christus nicht mehr sehen können, als in ihm selber angelegt ist. Und er wird nicht mehr an sich entwickeln können, als das, was bereits in ihm abrufbereit wartet.
Was mich ein wenig wundert, Savonlinna, ist der Umstand, dass du einerseits Ahnung von Theologie und auch viele Christen kennengelernt hast (nach eigenem Zeugnis), andererseits scheint dir dann die biblische Position doch nicht vertraut zu sein.
Mit der biblischen Position bin ich schon ab Babyalter eingeseift worden.
Allerdings ist mir das Christentum nicht negativ begegnet, ganz im Gegenteil.
Die Gemeinde, in der ich aufgewachsen war, inklusive meiner Familie, hatte "nein" zu dem kommunistischen Staat der DDR gesagt und ihn nicht mitgelebt.
Von ihnen habe ich begriffen, was Zivilcourage heißt, und ich habe meine Lektion damals gelernt:
Man kann nein sagen und die Nachteile einfach in Kauf nehmen.
In der Schule in meiner Klasse gab es außer mir nur einen Schüler, der kein Junger Pionier war - das zeigt das Ausmaß der Anpassung schon in den Fünfzigern.
Wenn man also hier im Forum immer wieder auf den "Mainstream" hinweist, dem man sich nicht entgegenzustellen habe, dann weiß ich schon Bescheid.
Dennoch, so sehr ich diese Gemeinde damals liebte: mir fielen irgendwann mal die Schuppen von den Augen, da war ich so 11 oder 12: dass ich auch dem Christentum nie geglaubt habe; ich hatte alles nur nachgeplappert, ohne es erkannt zu haben. Nun aber wusste ich es.
Meine Allergie gegen das Christentum - vor allem gegen das Abendmahl - habe ich allerdings mir selber zuzuschreiben:
ich
wollte glauben, habe mir deswegen Gewalt angetan, das ging bis Ende der Schulzeit so: die Kirche war mein zweites Zuhause.
Ich suchte nach einer existentiellen Grundposition, von der aus ich das Leben - und vor allem den Tod - verstehen konnte.
Und ich kannte damals zum Christentum keine Alternative.
lovetrail hat geschrieben:Oder aber du lehnst sie einfach ab.(?)
Das Christentum hatte mir nichts zu geben. Versucht habe ich es sogar noch bis Ende des Studiums, aber es war nichts zu machen.
lovetrail hat geschrieben:Es geschieht eben etwas entscheidend anderes durch Jesus Christus, weil dieser nicht nur ein Mensch ist, sondern auch gesandter Sohn Gottes, um für die Sünden der Welt zu sterben, auf dass sie in seinem Namen und Bilde Leben empfangen mögen.
Das könnte doch ein Yehudi Menuhin gar nicht leisten. Der kann auch nicht den Geist des Vaters ausgießen.
Du vergleichst verschiedene Dinge.
Wäre Menuhin ein Christ gewesen, dann hätten ihn manche vielleicht so eingeordnet, dass Christus in ihm gewirkt habe.
Nun aber war er kein Christ, sondern er hat unabhängig davon "die Schallmauer durchbrochen" und konnte das durch sein Violinpsiel mitteilen.
Auch Christen können die Schallmauer durchbrechen - es kann dies einfach jeder, weil es im Menschen möglich ist.
Mir ist wichtig, aufzuzeigen, dass das Gleiche in allen Religionen und in allen Nicht-Religionen geschehen kann und geschieht.
"Der Überbau" - um mal kurz die Sprache des Marxismus zu nutzen - ist das, was Du oben geschrieben hast, die Lehre.
Sie ist
eine Formulierung dessen, was dem Menschen vorbehalten ist.
Es gibt andere Formulierungen, und manche formulieren überhaupt nicht. Sie leben es einfach.