Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

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Ruth
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#1 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von Ruth » Di 27. Apr 2021, 13:41

Als ich noch jung war, dachte ich, dass Harmoniebedürfnis nur positiv sei. Nach dem wie ich im christlichen Glauben erzogen wurde, war es richtig, nach Harmonie zu streben. Meine Mutter hatte da, wo sich ein Streit anbahnte, immer den Anfang eines Spruchs auf Lager, aus dem sie zitierte: „Soviel an euch liegt ….“ wir wussten dann natürlich, was sie meinte, so oft wie sie diese vier Worte sagte.
Dabei bezog sie sich auf die Aussage in der Bibel, aus Römer 12,18:
Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

Im Rückblick auf Erfahrungen in meinem eigenen Leben würde ich heute sagen, dass es positiv, aber auch negativ sein kann, im Konfliktfall immer nur den Harmonie anzustreben … um jeden Preis.

In einigen Fällen hat das bei mir bewirkt, dass Menschen, die das ausgenutzt haben, mich so sehr beeinflussen konnten, dass ich mich total verbogen habe, um diesen Menschen zu gefallen, mit ihnen in Harmonie zu leben. Zwei Mal habe ich erst nach einer trennenden Konfliktsituation,im Rückblick erkannt, dass ich damit beschäftigt war, auch wenn sie nicht anwesend waren, mich vor ihnen in Gedanken zu rechtfertigen, für das, was ich tue, was ich richtig finde, sogar wie ich meinen eigenen Haushalt und mein Leben überhaupt führe….

Ich würde darum gerne mit euch darüber austauschen, ob und wie ihr selbst Harmonie anstrebt, und ob ihr dabei eure eigenen Grenzen gut erkennen könnt ...und euch abgrenzen könnt, zB von gezielter Manipulation und Ansprüchen von Menschen, zu denen ihr eine lockere oder festere Beziehung habt.

Verstehst du Harmoniebedürfnis positiv oder negativ?

Wie sind deine eigenen Erfahrungen mit dem Streben nach Harmonie, wenn das schwierig wird?

Hat sich dein Harmoniebedürfnis (falls es vorhanden ist) schon mal in die negative Richtung bewegt, und wie bist du damit umgegangen?

Hast du einen Rat für Menschen, die sehr harmoniebedürftig sind, und immer in Gefahr, durch Manipulation unterdrückt zu werden?

Lena
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#2 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von Lena » Di 27. Apr 2021, 15:01

Harmoniebedürfnis finde ich etwas positives. Mit allen Menschen in Frieden leben zu wollen. 
Ich kenne Menschen, die nie andere kritisieren. Mit ihnen zusammen zu sein, ist harmonisch. 
Den andern auf etwas hinzuweisen, auf etwas, dass ihm vielleicht nicht gefällt, finde ich auch
richtig und wichtig. Obwohl man sich damit vielleicht einen Feind schafft oder jemand der 
einem dann meidet. Von meinem Harmoniebedürfnis her, dürfte ich nie jemandem zu nahe 
treten. Doch dann habe ich mit mir einen Konflikt. Fühle mich feige. Nur desshalb nichts zu 
sagen, um nicht in Misskredit zu fallen. Es ist ein Dilemma: Immer wieder neu zu entscheiden,
zu reden oder zu schweigen...
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

piscator
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#3 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von piscator » Di 27. Apr 2021, 15:47

Manchmal hilft es einfach, sich sein Umfeld entsprechend zu gestalten, um in Harmonie leben zu können. Altruismus hilft da sehr viel, denn "wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück".

Ich selbst liebe Harmonie, was bei meinem Mädel schnell an seine Grenzen stößt. Sie ist impulsiv, laut, geht oft hoch wie das HB-Männchen und ist manchmal auf Krawall gebürstet, wenn ihr etwas nicht passt.

Harmonie fängt bei mir beim Frühstück an. Kaffee, O-Saft, Brötchen, Honig und die Tageszeitung, die Stille genießen. Mein Mädel ist dagegen morgenaktiv, * krach/bumm/schepper*

Sie textet mich voll, schwirrt in der Wohnung herum und tut ihren Umut lautstark kund. Klar, ich liebe sie über alles, aber wenn Paulus doch nur geschrieben hätte, das Frauen nicht nur in der Gemeinde, sondern auch morgens zuhause die Klappe halten sollten ruhig sein sollten, wäre das Leben schön ... seufz ..
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Tree of life
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#4 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von Tree of life » Di 27. Apr 2021, 16:23

piscator hat geschrieben:
Di 27. Apr 2021, 15:47
sondern auch morgens zuhause die Klappe halten sollten ruhig sein sollten, wäre das Leben schön ... seufz ..
Dann sage ihr, du brauchst deine Morgenruhe, aber geh es "diplomatisch" an... ;)
Steck ihr nen Knebel in den Mund :roll2:

War ein Scherz!

piscator
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#5 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von piscator » Di 27. Apr 2021, 20:46

Hihi, das wird schwierig. Ich muss immer warten bis mir das Wort erteilt wird. Und das daaaauuueert.  :lol:
Meine Beiträge als Moderator schreibe ich in grün.

Helmuth
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#6 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von Helmuth » Mi 28. Apr 2021, 06:31

Ruth hat geschrieben:
Di 27. Apr 2021, 13:41
Verstehst du Harmoniebedürfnis positiv oder negativ?
Das kommt darauf an, mit wem du Harmonie anstrebst. Und was genau verstest du darunter? Ist es für dich dasslebe, was der Begriff Friede meint oder ewas anderes? Was mich betrifft verstehe ich darunter Friede. Der Friede Gottes ist immer etwas Positives.

Ruth hat geschrieben:
Di 27. Apr 2021, 13:41
Hast du einen Rat für Menschen, die sehr harmoniebedürftig sind, und immer in Gefahr, durch Manipulation unterdrückt zu werden?
Ja. Sie sollen auf Gott hören. Und ein guter Weg dazu ist schon der, den dir deine Mutter mit "Soweit es an euch liegt ..." gewiesen hatte. Damit hatte sie auch das Wort Gottes gepredigt. Also höre auf deine Mutter. Nebenbei ehrst du sie damit auch bzw. ihr Andenken. Das wäre mein Rat (an dich).


piscator hat geschrieben:
Di 27. Apr 2021, 20:46
Hihi, das wird schwierig. Ich muss immer warten bis mir das Wort erteilt wird. Und das daaaauuueert. :lol:
Dann empfehle ich bis dahin Kopfhörer und gute Musik als Erste-Hilfe Maßnahme. So bringt man mitunter auch manche Dinge zum Schweigen und bleibt dabei friedlich. :D

Kennst du das Lied "Großvater" von STS? Anhören:
https://www.youtube.com/watch?v=G6muwrZaYGU
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Ruth
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#7 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von Ruth » Mi 28. Apr 2021, 10:21

Ruth hat geschrieben:
Di 27. Apr 2021, 13:41
Ich würde darum gerne mit euch darüber austauschen, ob und wie ihr selbst Harmonie anstrebt, und ob ihr dabei eure eigenen Grenzen gut erkennen könnt

....darum geht es mir hier.
Es ist keine Suche nach Ratschlägen zur Lösung von (meinen) Problemen, sondern als Austausch gedacht, wobei Beteiligte von Erfahrungen profitieren können, nach dem Maßstab, den sie selbst anlegen. Also eher nach Beispielen von Selbsthilfegruppen.

Vor etlichen Jahren war ich in einem anderen Forum aktiv unterwegs, wo über dieses Thema Erfahrungen ausgetauscht wurden. Damals habe ich dann für mich selbst erkannt, wo auch (neben vielen guten Eigenschaften) manche Tücken einer Harmoniebedürftigkeit liegen … bis ins Extreme, das man schon Harmoniesucht nennen kann, wo Menschen sich selbst anderen Menschen unterwerfen, weil sie von diesen Anerkennung suchen. Das kann so extrem werden, dass man es eher als gefangen im Sklaventum vergleichen könnte.

In diesem Austausch habe ich so manches Muster in meinem eigenen Leben erkannt und daran gearbeitet … wobei ich mich selbst weitgehend wiedergefunden habe und befreit wurde.

Hier habe ich dieses Thema jetzt nochmal angesprochen, weil ich besonders ganz persönliche Erfahrungen wertvoll befinde, in denen jeder für sich selbst dann herausfinden kann, ob und was daraus zum eigenen Leben passt und hilfreich sein könnte.

Lena
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#8 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von Lena » Mi 28. Apr 2021, 10:44

In der Gratis-Zeitung eines Grossverteilers erscheint jede Woche ein Beitrag 
eines Ehepaars, in dem jeder seine Sicht, eines Geschehens schildert. Die letzte Woche 
lautete sie in der Art wie die von dir, Piscator. 

Bei einem befreundeten Paar läuft es jedes mal gleich ab. Er ist liebevoll, freundlich,
hört gut zu, ist bescheiden und der totale "Harmonist". Sie ist quirlig und lustig, aber 
auch etwas schwierig. Wehe, man sagt etwas das ihr nicht gefällt. Nichts schlimmes.
Einfach etwas das ihr nicht passt. Und dann geht es los. Warum sagst du das so? 
Wie hast du das jetzt gemeint? Und noch mehr Wehe, wenn man sie darauf aufmerksam
macht, das ihr Verhalten nach Konfrontation oder Streit riecht. Dann ist nicht mehr 
gut Kirschen essen. Sie teilt aus. Sagt allen offen was Sache ist. Erträgt aber gar keine,
nicht die aller kleinste Kritik. Was macht man da? Der Mann ist seit über 30 Jahren unser
Freund. Sie die dazugekommene Abschnitts-Lebens-Partnerin. Ihm zu liebe den Anfall 
vorbei gehen lassen oder mal was sagen? Mein Mann sagt nie was. Er liebt die Harmonie.
Ich sage dem Freund zu liebe fast nie was. Aber manchmal packt es mich und ich sage 
ganz leise was......
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

piscator
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#9 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von piscator » Mi 28. Apr 2021, 11:20

Liebe Lena,
was ich schrieb, war natürlich etwas ironisch dargestellt und von Liebe geprägt. Bei einem Menschen, den man liebt, schaut man über vieles hinweg und man erträgt auch vieles. Niemand ist perfekt und seine eigenen Fehler sieht man nicht.

Harmonie bedeute für mich auch gelegentliche Stille. Wer wie ich in einer Metropolregion wohnt, ist von Lärm umgeben, Straßenlärm, Baustellen, Geschrei, Musik, getunte Auspuffanlagen und rollende Diskotheken.

Ruhe und stille Momente kennt mein Mädel nicht, außer wenn sie schläft. Sie redet ununterbrochen und das Ganze mit einer Stentorstimme. Und sie hat die Angewohnheit, Gespräche eine zu eins wiederzugeben, wie so etwa:

Klaus hat ich gefragt, wie spät ist es? Dann habe ich zu ihm gesagt: Schau auf die Wanduhr, dann hat er gesagt, die Uhr steht, wir brauchen eine neue Batterie. Dann habe ich gesagt, wo ich die Batterie kaufen soll? Bei REWE oder bei Aldi?. Dan hat er gesagt, fahre zu REWE. Und dich dann zu ihm, wieso zu REWE und nicht zu Aldi und dann hat er gesagt, Thomas hat neulich eine Batterie bei REWE gekauft und die hat nicht funktioniert. Und dich habe ihn dann gefragt, wieso hat Thomas die Batterie bei REWE gekauft hat und nicht bei Aldi? ... usw ...

Das Ganze jetzt noch relativ laut, so dass mir irgendwann die Ohren weh tun. Sie kommt nicht auf den Punkt, was für mich dann schlimm ist, wenn es um Geschäftliches geht und der Wortschwall dazu führt, dass ich mich nicht mehr konzentrieren kann.  

Ihre Schimpfkanonaden sind legendär und wenn sie jemand aufregt, geht's erst richtig los, da wird sie im wahrsten Sinn des Wortes raumfüllend und da habe ich manchmal den Eindruck, das sie eine Reinkarnation von Lagertha Lothbrok, der berühmten Schildmaid aus der Wikingerzeit, ist. :lol: 

Okay, das ist jetzt überspitzt und eine Leben mit einer Frau, die mich demütigt anschweigt, kann ich mir nicht vorstellen. Dann doch lieber eine wilde Kriegerin ...  :Herz: 
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#10 Harmoniebedürfnis = positiv oder negativ?

Beitrag von piscator » Mi 28. Apr 2021, 11:20

Wie sagt schon Konfuzius?

Stille Frau, glückliches Haus.
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