Impfprivilegien und solche Sachen

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sven23
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#151 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von sven23 » So 18. Apr 2021, 07:57

Eusebius hat geschrieben:
Sa 17. Apr 2021, 21:37
sven23 hat geschrieben:
Sa 17. Apr 2021, 18:49
Aber manchmal muss man auch klare Kante zeigen. Wenn der Klügere immer nachgibt, wird die Welt von den Dummen regiert.
Gut, manche sagen, es ist bereits so weit, aber so pessimistisch würde ich nicht sein. Es gibt noch Hoffnung.
Dumm? Ich glaube nicht, dass Politiker oder Mächtige dumm sind. Ich denke eher, dass die Macht sie korrumpiert. Dass sie einen schlechten Charakter bekommen mit der Zeit. Gier nach Macht, Ansehen, Wohlstand....
Natürlich sind solche plakativen Aussagen immer verkürzend und zuspitzend. Dumm, im Sinne von unzureichenden kognitiven Fähigkeiten sind wohl die wenigsten, wenn man einmal von Politikern vom Typus eines Trump absieht.
Ich glaube aber nicht, dass Politiker grundsätzlich die schlechteren Menschen sind. Als Politiker sind sie natürlich besonderes Ziel von Lobbyisten und Interessenverbänden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch so mancher "Normalbürger" der Versuchung erliegen würde, wenn er denn die Gelegenheit dazu hätte. Deshalb ist es ja so wichtig, das System so zu regeln, dass Korruption erschwert wird. Ganz beseitigen wird man sie wohl nicht können.

Eusebius hat geschrieben:
Sa 17. Apr 2021, 21:37
Was hat das schon für eine Bedeutung, was eine verschwindend kleine Menge von "Aluhutträgern" etc. denkt?
Der Aluhut steht ja nur pars pro totum für eine ganze verschwörungstheoretisch orientierte Esoterikszene, die sich vor allem durch ein grundsätzliches Mißtrauen gegenüber Rechtsstaat und Demokratie bis hin zur völligen Ablehnung auszeichnet. Auch dazu gibt es mittlerweile soziologische Untersuchungen.


Eusebius hat geschrieben:
Sa 17. Apr 2021, 21:37
Ich halte mir immer den "Sinn und Zweck" vor Augen. Einfache Fragen: Was bringt das? Muss das sein? Braucht man das? Wieso mache ich das eigentlich? Dann komme ich oft zu dem Schluß: Bringt nichts, lass es einfach bleiben. Somit geht es allen besser. Mir macht es jedenfalls keinen Spass, eine anstrengende Auseinandersetzung zu haben, für nichts als schlechte Laune und angeknackste zwischenmenschliche Beziehungen.
Deshalb sollte man ja auch in der Sache argumentieren und von persönlichen Beleidigungen Abstand nehmen. Aber das gilt dann für beide Seiten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Eusebius
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#152 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von Eusebius » So 18. Apr 2021, 08:11

sven23 hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 07:29
 
 Karl Valentin sagt mal: keine Toleranz gegenüber den Intoleranten. Hinter dieser humoristischen Bemerkung steckt aber ein tieferes Problem. Karl Popper hat das in seinem Buch "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" als Toleranzparadoxon thematisiert.

„Weniger bekannt ist das Paradoxon der Toleranz: Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihn
Guten Morgen!

Es ist klar, was damit gemeint ist. Der Gedankengang ist gut verständlich. Aber trifft das auch zu? Ich denke: Nicht unbedingt. Es ist ein möglicher Verlauf, bestimmt.

Die erste Frage für mich ist: Was bedeutet es, "eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen" ?

Eine Gesellschaft, in der die Intoleranten eine bedeutungslose Minderheit darstellen, braucht keine Verteidigung, nicht wahr?
Und Toleranz schließt Widerspruch nicht aus. Es geht nur darum: Wie wird widersprochen? Ist es Gewalt? Oder ist es einfach nur ein "Contra"?
Wenn natürlich die Intoleranten mächtig sind und diese Macht einsetzen, um die tolerante Gesellschaft zu unterdrücken, sieht es anders aus.
Aber auch dann gibt es einen Spielraum, wie man damit umgeht.

Davon abgesehen: Verständnislosigkeit ist nochmal eine andere Sache als Intoleranz. Und Intoleranz hat viele Gesichter.

Es ist auch eine ganz persönliche Frage, wie man mit etwas umgeht oder was man sich vornimmt. Aber mir ging es jetzt nicht um so ein Thema. Das ist eine andere Ebene.

Mir ging es einfach nur darum:
Der Zusammenhalt, die Einheit einer Gesellschaft, einer Nation, ist beschädigt und droht, größeren Schaden zu nehmen. Menschen, die eigentlich zusammen gehören und einander brauchen, driften auseinander bez. bestimmter Themen und Fragen. Das gefällt mir nicht. Ich halte das für sehr problematisch, sehr schädlich für uns alle. Die Basis einer gesunden Gesellschaft ist aus meiner Sicht ein Zusammenhalt. Wenn alle zusammen halten, können wir gut leben und miteinander auskommen. Das bedeutet Frieden und auch Wohlstand. Je mehr Disharmonie, desto gestörter ist der Austausch untereinander und desto weniger funktioniert die Gesellschaft. Die Folge: Misserfolge, Zerstörung, ein schlechtes emotionales Klima, Armut, Unglück.

Natürlich ist es nicht so, dass wir das wollen. Wir werden da in eine Sache hineingezogen, vor allem durch die Medien und die Politik. Und das, was auf uns wirkt, wirkt sich auf eine Art und Weise auf uns aus, die uns dazu drängt, einander zu beurteilen, verurteilen und schlecht zu behandeln. Wir sind es gewohnt, in gewissen Bahnen zu leben, denken und empfinden.

Einfaches Beispiel:
Mir wurde es schon immer so vorgelebt und quasi anerzogen, dass auf einen Grund zur Aufregung natürlicherweise auch eine Aufregung folgt. Menschen sind ruhig und friedlich, solange es keinen Grund gibt, sich aufzuregen. Gibt es aber einen solchen Grund, ist die Aufregung ganz nah, je nachdem. Aber muss das so sein? Heute denke ich: Nein, auf keinen Fall. Nur weil es vielleicht einen - noch so triftigen - Grund gibt, sich zu ärgern, jammern, klagen, beschweren etc. - heißt das nicht, dass sich das daraus automatisch ergibt oder ergeben sollte.

Es ist wie eine Programmierung. Weil es normal ist, sich aufzuregen, tut man es auch. Nicht, weil man das müßte. Sicher - es ist dann auch ein gewisser "Drang" dazu vorhanden. Dem man aber nicht zwingend nachgeben muss. Vielleicht gibt es auch einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Drangs / seiner Intensität und der Bereitschaft dazu, ihm nachzugeben. Anders gesagt: Vielleicht kommt ein Drang erst garnicht auf, wenn keine Bereitschaft da ist, ihm nachzugeben.

Also nochmal das Thema: Wir haben eine schwierige Situation. Und im zwischenmenschlichen Bereich haben sich daraus gravierende zwischenmenschliche Verwerfungen in unserer Gesellschaft ergeben. Man kann sagen: Na und? Das ist doch ok. So soll es sein, kann es sein, muss es sein etc... Aber ich denke: Nein, das ist sehr schlecht für uns. Das sollte nicht Überhand nehmen. Es ist besser, auf persönlicher Ebene dagegen zu arbeiten. Nichts von Politik. Politik ist etwas anderes, anderes Thema. Mir geht es um das, was jeder Einzelne denkt, fühlt, tut.

Dieser Spaltung etwas entgegensetzen - das meine ich. Das hat für mich auch etwas mit Reife und Bewusstheit zu tun. Es ist klar, wenn man dieses Problem nicht sieht, anerkennt, kann man auch keine solchen Ambitionen haben. Vielleicht ist die Corona-Krise auch eine Art Prüfung, durch die sich zeigt, wie reif und bewusst wir in zwischenmenschlicher Hinsicht sind. Eine Herausforderung.











 

Eusebius
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#153 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von Eusebius » So 18. Apr 2021, 08:34

sven23 hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 07:57
Natürlich sind solche plakativen Aussagen immer verkürzend und zuspitzend.
Vielleicht wäre es auch gut, auf plakative Aussagen zu verzichten?
sven23 hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 07:57
Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch so mancher "Normalbürger" der Versuchung erliegen würde, wenn er denn die Gelegenheit dazu hätte.
Das ist das, was ich denke und wie ich es meine. Eine politische Laufbahn fängt nicht selten mit besten Absichten an. Der Mensch ist überzeugt von der Sache. Er will das Richtige tun. Er ist kein schlechter Mensch. Aber je mehr er aufsteigt, desto mehr verändert er sich. Es ist wie ein Drang, der dann in ihm aufsteigt. Etwas, das sonst nicht da ist, was aber auf einen zukommt, wenn man an Macht und Bedeutung gewinnt. Ein innerer Druck hin zu einer gewissen Negativität. Und dem können die Wenigsten standhalten. Es erfordert eine Charakterstärke, die kaum jemand hat.

Es ist zB wie wenn jemand plötzlich reich wird. Dann steigen Gedanken in ihm auf, die vorher keinen Sinn ergaben. Ein armer Mensch kann dem Drang nach Luxus nun mal nicht nachgeben, weil ihm die Mittel fehlen. Mit dem Geld kommen viele Ideen und die Menschen sind nicht selten völlig überfordert. Für manche bedeutet zB der Lottogewinn größtes Unglück. Sie geben das Geld sehr schnell aus auf eine Weise, mit der sie sich selbst und ev. auch anderen schaden.

So ist es m.E. mit allen Dingen, die neue Möglichkeiten erschließen.
sven23 hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 07:57
Der Aluhut steht ja nur pars pro totum für eine ganze verschwörungstheoretisch orientierte Esoterikszene, die sich vor allem durch ein grundsätzliches Mißtrauen gegenüber Rechtsstaat und Demokratie bis hin zur völligen Ablehnung auszeichnet. Auch dazu gibt es mittlerweile soziologische Untersuchungen.

Solche Untersuchungen kenne ich nicht. Wäre sicher mal interessant, sich da einzulesen. Aber ich sehe da schon ansatzweise wieder das Problem, dass ein bunter Haufen zusammengefasst wird, der eigentlich nicht zusammengehört. Ich bin zB mit einer Frau befreundet, die wirklich extrem in die wildesten und für mich absurdesten Theorien involviert ist. Sie ist aber vollkommen für die Demokratie. Ihr Mißtrauen bezieht sich auf die Politiker und sonstige mächtige Individuen und Interessengruppen aus der Wirtschaft etv.... Sie ist ein sehr friedlicher, zurückgezogener und freundlicher Mensch. Auch wenn ich immer wieder ins Schnaufen gerate, wenn ich so lese, was sie schreibt. Das macht mir nichts, weil ich so auch Dinge erfahre, die mir helfen, zu verstehen, was in manchen Menschen vorgeht.

Davon abgesehen: Muss man "pars pro totum" solche herabwürdigenden, spöttisch gefärbten Karikaturen verwenden? Ist das nicht etwas, das uns weiter trennt, was Gräben, Spannungen und Vorurteile schafft? Ich meine: Willst Du Dich denn über solche Menschen lustig machen? Willst Du mit dem Finger auf sie zeigen, sie verspotten und verachtend behandeln? Ich glaube doch eher nicht? Das ist auch ein Beispiel, wie manipulativ und wirkungsvoll Begrifflichkeiten sein können, wenn man sie unbewusst verwendet. Es sieht aus wie eine Kleinigkeit aber ich glaube, dass es auch oder gerade solche Kleinigkeiten sind, die einen erstaunlich großen Schaden anrichten können. Die unser Denken und Empfinden auf eine ungünstige Art und Weise verrohen und plattmachen. Wie siehst Du das?
sven23 hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 07:57
Deshalb sollte man ja auch in der Sache argumentieren und von persönlichen Beleidigungen Abstand nehmen. Aber das gilt dann für beide Seiten.

Natürlich. Unbedingt. Aber das "soll" lässt sich weder erzwingen noch einfordern und es besteht auch kein Anspruch darauf. Aber indem wir selbst uns darum bemühen, uns daran zu halten, tragen wir einen großen, wichtigen Teil dazu bei, dass unser Gegenüber sich dem anschließt. Indem man es vorlebt, trägt man es in die Gesellschaft. Man kann die Welt verändern - indem man sich selbst verändert.









 

Eusebius
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#154 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von Eusebius » So 18. Apr 2021, 08:39

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 17. Apr 2021, 18:26
Ich habe mir so etwas Ähnliches auch überlegt.
Es klingt positiv - es klingt nach umfassendem Verständnis, "Freiheit, Akzeptanz für jeden Gedanken" -> eigentlich toll.

Aus meiner Sicht handelt es sich aber leider um eine dieser Aussagen, die selbst nicht erfüllen, was sie fordern.

Ich habe den Eindruck, dass es am Ende nach dem Motto geht "so musst du es machen und weich bloss nicht davon ab, sonst bist du schlecht", d.h. die Verständnis-Aussage sagt nichts darüber aus, ob der, der sie nicht erfüllt, mit Verständnis rechnen darf.
=> das wäre die Abwesenheit von Freiheit.

Es ist nicht immer alles schlecht, was besonders (zu) gut aussieht. Unser Unterbewusstsein mischt sich gern ein und gibt uns ein ungutes Gefühl und ungute Gedanken. Gute Gedanken sind gute Gedanken. Selbst wenn jemand gute Gedanken vorspielt, können sie Gutes bewirken in denen, die sie ernst nehmen und die an sie glauben.




 

JackSparrow
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#155 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von JackSparrow » So 18. Apr 2021, 09:55

Eusebius hat geschrieben:
Sa 17. Apr 2021, 23:17
Ich denke, Macht verdirbt den Charakter. Früher oder später.
Ich denke, dass solche Ansichten allein durch Neid und Missgunst zustande kommen, da es ebenso möglich wäre, dass

1) Menschen mit verdorbenen Charakter häufiger nach Macht streben,
2) sowohl Macht als auch verdorbener Charakter auf eine unbekannte dritte Ursache zurückzuführen sind,
3) überhaupt keine Korrelation besteht, da du Politiker nur aus den Medien kennst und sie dort vielleicht aus dramaturgischen Gründen so dargestellt werden, als hätten sie einen verdorbenen Charakter.

Auf Politiker neidisch zu sein? Im ernst - wer ist darauf neidisch? Vielleicht Menschen mit Hunger nach Macht und Ruhm? Aber wie viele sind das?
Das Gegenteil von Macht und Ruhm wäre Unterwerfung und Vereinsamung. Im Ernst - wer strebt nach sowas?

Sicher wird geschimpft, weil die so viel verdienen... aber ist das unbedingt Neid? Vielleicht hat das eher was mit dem Gerechtigkeitsbewußtsein zu tun?
Ich halte es durchaus für gerecht, wenn Menschen in Machtpositionen mehr verdienen und größere Autos fahren als der Durchschnittsbürger. Sie tragen Verantwortung, ihre Arbeitswoche ist meist deutlich länger als vierzig Stunden und niemand würde eine Bundeskanzlerin ernst nehmen, die in T-Shirt und Turnschuhen auf einem Elektroroller zur Arbeit kommt.

Wie vielen Aluhutträgern bist Du in Deinem Leben schon begegnet?
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Metapher

Eusebius
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#156 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von Eusebius » So 18. Apr 2021, 10:24

JackSparrow hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 09:55
Ich denke, dass solche Ansichten allein durch Neid und Missgunst zustande kommen, da es ebenso möglich wäre, dass

1) Menschen mit verdorbenen Charakter häufiger nach Macht streben,
2) sowohl Macht als auch verdorbener Charakter auf eine unbekannte dritte Ursache zurückzuführen sind,
3) überhaupt keine Korrelation besteht, da du Politiker nur aus den Medien kennst und sie dort vielleicht aus dramaturgischen Gründen so dargestellt werden, als hätten sie einen verdorbenen Charakter.

Ich bin mit absoluter Sicherheit weder neidisch noch missgünstig auf das Leben und die Verfasssung von Politikern. Im Gegenteil, wenn ich meine Aufmerksamkeit auf sie richte, empfinde ich aufrichtig Mitleid. Ich gönne ihnen jeden Cent, jedes gute Essen und jeden schönen Moment im Leben.

Meine Ansichten haben einen religiösen / spirituellen Hintergrund.

1) Ja, das sehe ich auch so, nicht nur dass das möglich ist.
2) Wie genau meinst Du das? Macht ist etwas, das man sich erwirbt, bekommt oder verliert. Einen Charakter hat man so oder so.
3) Ich finde ehrlich gesagt nicht, dass Politiker in den Medien so dargestellt werden, als hätten sie einen verdorbenen Charakter. Sicher gibt es immer wieder "Skandale". Die berühren aber die Darstellung im Kern nicht. Es gäbe andernfalls wohl kaum eine Mehrheit, die der Regierung vertraut und sie unterstützt, oder nicht?
JackSparrow hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 09:55
Das Gegenteil von Macht und Ruhm wäre Unterwerfung und Vereinsamung. Im Ernst - wer strebt nach sowas?

Das ist logischerweise kein Argument gegen meine Erklärung. Die meisten Menschen streben nicht nach Macht und Ruhm. Viele wollen damit bewusst nichts zu tun haben. Daraus ergibt sich natürlich überhaupt nicht ein Streben nach dem Gegenteil. Man kann sehr gut auch ohne Macht und Ruhm ein erfülltes Leben in Würde und mit sehr vielen sozialen Kontakten führen.
JackSparrow hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 09:55
Ich halte es durchaus für gerecht, wenn Menschen in Machtpositionen mehr verdienen und größere Autos fahren als der Durchschnittsbürger. Sie tragen Verantwortung, ihre Arbeitswoche ist meist deutlich länger als vierzig Stunden und niemand würde eine Bundeskanzlerin ernst nehmen, die in T-Shirt und Turnschuhen auf einem Elektroroller zur Arbeit kommt.

Ich habe kein Urteil darüber abgegeben, ob das gerecht ist oder nicht. Ich meinte nur, dass das für Menschen, die sich über die Regierenden beschweren, eher ein Grund ist als Neid.

Nach meiner Weltanschauung bedeutet eine politische Karriere eine äußerst hohe seelische Belastung, die mit keinem Geld der Welt aufgewogen werden kann. Das Geld halte ich sogar noch für eine besondere Last. Allerdings braucht man kein dickes Gehalt, um sich ordentlich zu kleiden. Man muss keine maßgeschneiderten Markenanzüge / Kostüme oder Budapester tragen, um einen respektablen Eindruck zu machen. Auch ein dicker Mercedes etc. muss nicht unbedingt sein. Aber das kann man auch anders sehen. Mir persönlich ist es gleichgültig, wie viel Geld Politiker für ihre Arbeit bekommen. Ich kann und will den Wert ihrer Arbeit oder die Notwendigkeiten etc. nicht beurteilen. Das geht mich nichts an.








 

Eusebius
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#157 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von Eusebius » So 18. Apr 2021, 10:26

JackSparrow hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 09:55
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Metapher

Sprache hat einen großen, wichtigen und m.M.n. stark unterschätzten Einfluss auf unser Denken, Fühlen und Handeln. In diesem Fall denke ich, dass der Einfluss ungut ist. Darum nehme ich auch Abstand davon und versuche, andere Begriffe zu finden, die der Sache gerechter werden, auf eine respektvolle und freundliche Art.

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sven23
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#158 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von sven23 » So 18. Apr 2021, 10:46

Eusebius hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 08:11
Eine Gesellschaft, in der die Intoleranten eine bedeutungslose Minderheit darstellen, braucht keine Verteidigung, nicht wahr?
So lange es eine bedeutungslose Minderheit ist, stellt das auch kein Problem dar, keine Frage. Eine tolerante Gesellschaft kann auch damit leben. Aber man kann ja beobachten, dass sich die sog. Querdenkerszene (und alles, was sich darunter versammelt) immer mehr in die Mitte der Gesellschaft hineinfrißt. Nicht umsonst ist sie ja inzwischen teilweise zum Beobachtungsfall für den Verfassungsschutz geworden.
Man denke an die Neonaziszene in Ostdeutschland. Natürlich sind sie zahlenmäßig keine Gefahr für den Staat. Aber dieses Gedankengut frißt sich wie ein Krebsgeschwür in die Mitte der Gesellschaft. Die brennenden Asylantenheime in Rostock mit Beifall klatschenden "Normalbürgern" war ein schockierendes Ereignis, das man nicht für möglich gehalten hätte.
Oder man denke an die USA, wie schnell so etwas eskalieren kann. Das Toleranzparadoxon könnte man auch erweitern um das Demokratieparadoxon. Theoretisch könnte sich eine Demokratie durch demokratische Wahlen selbst abschaffen. Bestes Beispiel ist die Weimarer Republik. Allerdings bedurfte es dann noch eines Hindenburgs, um Hitler endgültig an die Macht zu bringen.
Was ich damit sagen will: Demokratie ist kein Selbstläufer, sondern muß immer wieder verteidigt und gesellschaftlich ausgehandelt werden.



Eusebius hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 08:11
Und Toleranz schließt Widerspruch nicht aus.
Sogar ganz im Gegenteil. Toleranz zeichnet sich dadurch aus, dass sie Widerspruch zuläßt. Wenn man sich aber das heterogene Meinungsspektrum zu vielen politischen und gesellschaftlichen Fragen anschaut, dann herrscht doch an Widerspruch kein Mangel.




Eusebius hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 08:11
Mir ging es einfach nur darum:
Der Zusammenhalt, die Einheit einer Gesellschaft, einer Nation, ist beschädigt und droht, größeren Schaden zu nehmen. Menschen, die eigentlich zusammen gehören und einander brauchen, driften auseinander bez. bestimmter Themen und Fragen. Das gefällt mir nicht. Ich halte das für sehr problematisch, sehr schädlich für uns alle. Die Basis einer gesunden Gesellschaft ist aus meiner Sicht ein Zusammenhalt. Wenn alle zusammen halten, können wir gut leben und miteinander auskommen. Das bedeutet Frieden und auch Wohlstand. Je mehr Disharmonie, desto gestörter ist der Austausch untereinander und desto weniger funktioniert die Gesellschaft. Die Folge: Misserfolge, Zerstörung, ein schlechtes emotionales Klima, Armut, Unglück.
Das ist ja genau das, was man einem Trump vorwerfen kann. Er hat die Spaltung der Gesellschaft, die unzweifelhaft schon vorhanden war, noch vertieft und sie sogar für seine Zwecke instrumentalisiert.


Eusebius hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 08:11
Einfaches Beispiel:
Mir wurde es schon immer so vorgelebt und quasi anerzogen, dass auf einen Grund zur Aufregung natürlicherweise auch eine Aufregung folgt. Menschen sind ruhig und friedlich, solange es keinen Grund gibt, sich aufzuregen. Gibt es aber einen solchen Grund, ist die Aufregung ganz nah, je nachdem. Aber muss das so sein? Heute denke ich: Nein, auf keinen Fall.
Das hört sich zunächst mal ganz gut an. Man muß aber aufpassen, dass man nicht in eine kollektive Sedierung der Gesellschaft verfällt. Es gibt ja genügend Mißstände und gesellschaftliche Verwerfungen, die eine Aufregung wert sind.
Der französische Widerstandskämpfer Stéphane Hessel hat im hohen Alter 93 Jahren einen Essay verfaßt mit dem Titel "Empört Euch", der auch in Deutschland zu einem Beststeller wurde.
https://de.wikipedia.org/wiki/Emp%C3%B6rt_Euch!


Eusebius hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 08:11
Nur weil es vielleicht einen - noch so triftigen - Grund gibt, sich zu ärgern, jammern, klagen, beschweren etc. - heißt das nicht, dass sich das daraus automatisch ergibt oder ergeben sollte.
Ja, aber man sollte im Sinne von Hessel wegkommen von einer narzistischen Egozentrik, der es nur um die eigene Befindlichkeit geht. (meine Rechte, meine Freiheit, meine Interessen usw.) und sich auch um Mißstände kümmern, die andere betreffen. Das wäre solidarisch gedacht und müßte ja auch in einem christlichen Sinne gedacht sein.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#159 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von sven23 » So 18. Apr 2021, 11:29

Eusebius hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 08:34
Solche Untersuchungen kenne ich nicht. Wäre sicher mal interessant, sich da einzulesen.

Sorry, das hatte ich jetzt vergessen.
Der Soziologe Oliver Nachtwey hat eine Studie über die Querdenkerszene erstellt.

https://www.deutschlandfunk.de/studie-zur-querdenker-bewegung-kommt-zum-teil-von-links.1148.de.html?dram:article_id=491178


Nach einer Studie des Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW) und der Humboldt-Universität zu Berlin haben die Querdenker-Demonstrationen zum Infektionsgeschehen beigetragen.

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/mannheim/querdenker-studie-mannheim-100.html

Bei manchen Demos hat man den Eindruck, dass der Staat die Durchsetzung der Regeln aufgegeben hat. Man kann das natürlich mit einer De-Eskalationsstrategie begründen, aber es ist schon bemerkenswert.


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#160 Impfprivilegien und solche Sachen

Beitrag von Eusebius » So 18. Apr 2021, 11:57

sven23 hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 11:29
Sorry, das hatte ich jetzt vergessen.
Der Soziologe Oliver Nachtwey hat eine Studie über die Querdenkerszene erstellt.

Der Artikel gefällt mir sehr gut. Der Autor gibt die Vielfalt wieder und wird auch nicht wirklich schlau daraus, was er offen zeigt. Eine feine, ehrliche Art. Super. Was er schreibt, entspricht voll und ganz dem, wie ich es sehe.

Ja, natürlich, Menschen, die sagen, sie wollen einen anderen Weg, mit dem Corona-Virus umzugehen, was haben die politisch für eine Alternative? Die FDP ist noch etwas gemäßigter - glaube ich? (Im Interesse der Wirtschaft.) Aber eine Partei, die Lockdowns kategorisch ablehnt, die auf Aufklärung, Eigenverantwortlichkeit und Gesundheitskultur setzt, da gibt es tatsächlich nur eine im Angebot, die in Frage kommt. Und die wollen wiederum viele von denen nicht wählen, weil sie andere Standpunkte vertritt, die man nicht teilt oder auch stark ablehnt. Darum gibt es auch diverse Neugründungen, aber die haben es natürlich sehr schwer.

Was diese Menschen eint, ist, dass sie die Art und Weise, wie die Politik mit der Sache umgeht, ablehnen, grundsätzlich. Das sie sagen: Das ist der falsche Weg. Aber es kann trotzdem nicht die Rede sein von einer Einheit oder einem einheitlichen Denken. "Querdenker" organisieren das, aber die Teilnehmer sind überwiegend keine Leute, die sich so nennen würden. 

Der Autor meint, viele kämen von links aber tendentiell ginge es nach rechts. Das ist merkwürdig. Er spielt wohl darauf an, dass einige dieser Menschen sich dazu genötigt sehen, die AfD zu wählen, auch wenn sie diese Partei im Grunde genommen ablehnen. Ich kenne auch genau solche Leute, die sich einen Umbruch wünschen im spirituellen Sinn. Also ein neues Bewusstsein, geprägt von Liebe, Einheit, Naturnähe etc... die fest daran glauben, dass all das Teil einer Transformation ist, die uns in eine neue Zeit führt. "Links" in dem Sinne würde ich diese Menschen überhaupt nicht sehen. Und "rechts" ebensowenig. Das sind eigentlich unpolitische Menschen. Menschen, die eigentlich kein Interesse an Politik haben. Sie fühlen sich einfach schlecht und sie wollen etwas tun. Die "Querdenker" organisieren etwas und dann kommen diese Menschen.

Viele sind es trotzdem nicht und ich kann beim besten willen nicht erkennen, dass eine Gefahr von ihnen ausgeht. Man könnte höchstens sagen, die Gefahr liegt darin, dass diese Menschen die AfD nach oben bringen. Ich kenne mich zu wenig aus, um das zu beurteilen. Aber ich glaube nicht, dass solche Menschen die AfD an die Regierung bringen können und werden. Eben weil viele von ihnen "realitätsfremd" sind und unpolitisch und auf keinen Fall "Rechte" unterstützen wollen, verzettelt sie sich in kleinen Projekten, die zumindest vorerst nichts bringen werden. Vielleicht schaffen es ein paar dieser neuen Parteien, sich aufzustellen und das könnte ev. eine Basis für die Zukunft sein.

Die Studie - wenn es die ist - hatte ich mir vor einer Weile angeschaut. Sie sah mir aber nicht seriös aus.




 

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