Anton B. hat geschrieben:Der diesbezügliche Positivismusstreit hat gezeigt, dass eine Zuweisung als Positivismus oder Nicht-Positivismus letztlich bedeutungslos ist.
So, wie dieser Streit inhaltlich besetzt ist, stimmt das auch (habe Deine Literatur-Hinweise mal gelesen - danke für Hinweis).
Anton B. hat geschrieben: Wenigstens nicht solange, wie man die Naturwissenschaft NICHT als "System mit Anspruch auf die Vollmacht, zu definieren, was Realität ist und was nicht " betrachtet, Das tut zwar der ein oder andere Mitforist, aber beileibe nicht die Naturwissenschaft.
Dann bist Du möglicherweise eine Ausnahme. - Mir dröhnt immer noch der mehrfach wiederholte Anspruch im Ohr, dass Realität das sei, was wissenschaftlich messbar sei.
Anton B. hat geschrieben:Klar fällt das durch das Raster. Das ist auch überhaupt nicht schlimm.
Finde ich auch - solange die Naturwissenschaft sagt: "Fällt (noch) durch unser Raster" und NICHT "Da ist nix" (siehe Homöopathie). Denn für das, das der Naturwissenschaft als nichts erscheint oder sogar am Ende tatsächlich nichts ist (auch das gibt es - mal so, mal so), ist die Naturwissenschaft nicht zuständig. Ganz ohne Wertung.
Anton B. hat geschrieben: Die Naturwissenschaft liefert keine "Nachweise" und noch weniger "beweist" sie irgend etwas.
OK - es steht halt bei wiki in Bezug auf Positivismus so drin (den ich als Grundlage der Naturwissenschaften verstanden habe und mich eigentlich immer noch nicht davon lösen kann) - aber verstanden.
Anton B. hat geschrieben: "Positivismus", im speziellen "induktiver Positivismus", würde heißen, aus den bestehenden "Fakten" zu einer Theorie "geführt" zu werden.
Gut formuliert - das wäre in etwa das, was ich unter "Positivismus" verstehe (nicht im Zusammenhang mit Sozialwissenschaften - siehe Positivismusstreit/kritischer Rationalismus). - Das macht doch auch Naturwissenschaft - oder etwa nicht?
Anton B. hat geschrieben: Popper dagegen hat immer vehement die "positivistische" Interetation seiner Theorie abgelehnt.
Ich verstehe sehr gut, dass er sich da wehren musste - ich verstehe Popper auch positivistisch im allgemeinen Sinn des Begriffs. Was "Positivismus" allerdings in den Sozialwissenschaften bedeutet, weiß ich nicht (außer aus dem von Dir empfohlenen Artikel).
Anton B. hat geschrieben:"Positivismus", im speziellen "induktiver Positivismus", würde heißen, aus den bestehenden "Fakten" zu einer Theorie "geführt" zu werden. Wenn sich die "Fakten" nicht nachträglich als "falsch" erweisen, wird so eine für immer gültige Theorie generiert.
Ja - würde ich als Naturwissenschaftler auch so machen - da sind Fakten, daraus folgt etwas - solange die Fakten nicht falsifiziert werden, bleiben die Folgen (es sei denn, man hätte handwerklich falsch geschlussfolgert) - aus meinem Verständnis ist das Naturwissenschaft pur - oder nicht?
Anton B. hat geschrieben:Eine Wissenschaft, in der jede Theorie ständig auf dem Prüfstand steht und jederzeit eine andere Theorie gefunden werden kann, die alles ganz anders erklärt.
Das ist doch kein Gegensatz zum vorher Gesagten. - "Andere" Theorie heißt doch nur, dass dieselben Fakten zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führen können - wäre dieser Gedanke un-positivistisch?
Vielleicht haben wir hier das Problem, dass Positivismus innerhalb der Naturwissenschaft anders bewertet wird, als das (bei uns damals) in der Geisteswissenschaft ist/war. - Für uns war Positivismus eine Grundlage der Naturwissenschaft, auf der die Naturwissenschaft ausschließlich das naturalistisch Greifbare beobachtet und bewertet hat. - Davon abgesetzt war die Geisteswissenschaft, die das getan hat, was man im Mittelalter "speculatio" genannt hat - nämlich über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgehen und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richten. Diese wik-Definition passt da ganz gut.
Homöopathie nun (und das war ja der Anlass) wäre nun irgendwo dazwischen: Aus Sicht der Betroffenen steht die Wirkung außer Frage - die Theorie der Homöopathie ist nach naturwissenschaftlichen Standards schwer bis nicht mit Fakten hinterlegbar - umgekehrt geht sie auch nicht über empirische oder praktische Erfahrung hinaus (im Gegenteil). - Also weder Naturwissenschaft noch "speculatio".
Wichtiger als die Homöopathie erscheint mir allerdings die Frage nach den Grundlagen von naturalistischer und geistiger Erkenntnis - diese Frage steht eigentlich hinter der gesamten Homöopathie-Debatte (und vielen anderen auch).