Homöopathie II

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sven23
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#531 Re: Homöopathie II

Beitrag von sven23 » So 20. Apr 2014, 07:22

closs hat geschrieben: Die "Selektion" besteht ohnehin darin, dass jede - auch naturwissenschaftliche - Beobachtung nicht die Realität vollständig abbildet, sondern nur Aspekte davon. Da müssen wir wahrscheinlich nicht drüber reden.


Das ist unbestritten so. Offensichtlich aber vertraut closs seiner subjektiven Wahrnehmung mehr als einer Methodik, die sich als hervorragend geeignet erwiesen hat, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Warum tut er das? Er behauptet, daß eine Fata Morgana wirklich existiert, weil er sie ja sieht.

Optische Täuschungen gehen aber auch andersrum. Das Gehirn suggeriert ein Verschwinden, obwohl es nachweislich die ganze Zeit da ist.
Bitte das Kreuz in der Mitte mit den Augen fixieren. Der umlaufende Punkt wird grün und schließlich verschwinden die lila Kreise ganz.

http://www.wiki.csoft.at/index.php/Date ... kreise.gif

und hier die Erklärung dazu.

http://www.focus.de/wissen/videos/optis ... 29526.html

Oder noch ein Beispiel:


Closs wird jetzt sagen: aber ich habe doch gesehen, wie die lila Kreise verschwunden sind oder wie ein blauer Kreis aus dem Nichts entstanden ist, also ist das real. Daß sein Gehirn ihm hier einen Streich spielt, weil es Informationen falsch verarbeitet, kommt ihm nicht in den Sinn. Insofern eine Analogie zu seiner verzerrten Wahrnehmung in Sachen Homöopathie.

closs hat geschrieben: Meine Besorgnis geht in eine etwas andere Richtung - ein Beispiel aus einem ganz anderen Feld: In der Wirtschaft gibt es inzwischen derart objektivierte Einstellungs-Rituale, dass man sich die Leute (fast) gar nicht mehr anguckt. -

Die Methoden der Personalbeschaffung unterliegen auch gewissen Modeerscheinungen und natürlich der Persönlichkeit des Personalchefs. Der eine arbeitet mit Punktesystemen, der andere verläßt sich auf sein Bauchgefühl. Whatever. Die Analogie zur Homöopathie kann ich hier aber nicht erkennen.
Zuletzt geändert von sven23 am So 20. Apr 2014, 10:02, insgesamt 1-mal geändert.
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closs
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#532 Re: Homöopathie II

Beitrag von closs » So 20. Apr 2014, 08:52

sven23 hat geschrieben:Der eine arbeitet mit Punktesystemen
In "zertifizierten" :devil: Firmen geht nur das. - Die Analogie besteht darin, dass der klare Blick auf die Dinge ersetzt wird durch System-Logik.
sven23 hat geschrieben:Closs wird jetzt sagen ... also ist das real.
Nein - wird er immer noch nicht - "real" sind absolute Entitäten und NIE Wahrnehmungen. - Wenn ich das Wort "real" in Zusammenhang mit Wahrnehmung verwenden sollte, kannst Du mir in den Arsch treten - denn dann habe ich sprachlich geschlampt.
sven23 hat geschrieben:Er behauptet, daß eine Fata Morgana (oder lila Kreise) wirklich existiert, weil er sie ja sieht.
Dass beides im naturwissenschaftlichen Sinne nicht bzw. so nicht existiert, ist seit Beginn einvernehmlich klar - da brauchen wir nicht drüber zu reden.

Die Frage lautet dagegen: Wenn man neben dem "lila Kreis" einen "blauen Kreis" positioniert, der tatsächlich aufs Blatt gemalt ist, aber von seinen Konturen genau so erscheint wie der "lila Kreis": Was ist der Unterschied für ein Kind, wenn es beide abmalt? Keiner. - Was ist der Unterschied, wenn es um den Abgleich mit der absoluten Entität "Kreis" geht? Keiner. - Denn BEIDE Kreise wirken auf den Menschen GLEICHERMASSEN als Kreis.

Bei der Fata Morgana ist es anders: Läuft man zu einer wirklichen Oase, gibt es Wasser. - Bei einer Fata-Morgana-Oase geht das nicht. - Es gibt also - in Deinen Worten - "Illusionen", die von der Wirkung her dasselbe leisten wie das, was Du "Realität" nennst - und andere, die es NICHT leisten. - Wo da die HP steht, ist erst mal uninteressant - es geht hier um das Phänomen, dass die Wirkung auf den Menschen das Entscheidende ist.

Was die HP angeht, vermute ich (ohne jeden Beweis, sondern aus purem Instinkt), dass man sie nicht über einzelne Aspekte mit jeweils definierten Eigenschaften, sondern nur als Gesamtes definieren kann. Dieses Gesamte kann nicht durch Überprüfung aller Einzel-Bestandteile erkannt werden. - Das passt natürlich nicht zu klassischen naturwissenschaftlichen Auffassungen. - Im übrigen: Das ist keine HP-spezifische Vermutung.

Die heutigen Versuchs-Methodik ist sicherlich vollkommen ok - ich bin allerdings nicht sicher, ob man in 100 Jahren noch diese Puzzle-Weise als Mittel der Wahl verstehen wird, wenn es um die Erkenntnis dessen geht, was ich unwissenschaftlich als "Alltags-Wirklichkeit" bezeichne.

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sven23
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#533 Re: Homöopathie II

Beitrag von sven23 » So 20. Apr 2014, 10:16

closs hat geschrieben: Die heutigen Versuchs-Methodik ist sicherlich vollkommen ok - ich bin allerdings nicht sicher, ob man in 100 Jahren noch diese Puzzle-Weise als Mittel der Wahl verstehen wird, wenn es um die Erkenntnis dessen geht, was ich unwissenschaftlich als "Alltags-Wirklichkeit" bezeichne.

Doch, da bin ich mir ziemlich sicher, vielleicht sogar in noch verfeinerter Form. Zur Erinnerung: Blindversuche mit Placebokontrolle waren auch schon zu Hahnemanns Zeiten bekannt und führten schon damals zu berechtigter Kritik an der HP.

Hp-Gläubige- auch wenn sie Gegenteiliges behaupten- hassen Doppelblindversuche, weil sie die HP als Scheintherapie entlarven.

Bei dem, was du als Erkenntnis aus der Alltagswirklichkeit bezeichnest, kommst du einfach nicht auf das Nahehliegendste: nämlich daß deine subjektive Wahrnehmung falsch sein könnte.
Zuletzt geändert von sven23 am So 20. Apr 2014, 10:29, insgesamt 1-mal geändert.
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#534 Re: Homöopathie II

Beitrag von Pluto » So 20. Apr 2014, 10:20

closs hat geschrieben:Die "Selektion" besteht ohnehin darin, dass jede - auch naturwissenschaftliche - Beobachtung nicht die Realität vollständig abbildet, sondern nur Aspekte davon.
Das ist zwar in extremis richtig, aber wie ich öfter versucht habe zu erklären, ist die Genauigkeit wissenschaftlicher Untersuchungen i.d.R. ausreichend genau um die Realität zu beschreiben. Sie ist auch die dazu am besten geeignete Methode um die Realität zu untersuchen. Wie weit man dabei mit Intuition kommt, beweist ja gerade die Illusion des lila Rings.

Darum ist JEDE Beobachtung in der ersten Person zunächst einmal suspekt, und sollte, wenn überhaupt, mit Skepsis als Beweis genommen werden. Dasselbe trifft auch auf das was man landläufig als Instinkt oder Intuition bezeichnet: man muss immer vor der selbst erzeugten Illusion auf der Hut sein.

Davon abgesehen, dass dann der am Ende Eingestellte erst mal Pause ob der erschöpfenden Einstellungs-Vorbereitungen macht (statt zu arbeiten) - das ist ein eigenes Unding - , habe ich mal einen Fall erlebt, dass ein (junger) Manager, der die Einstellungs-Rituale passiv verfolgt hat, danach gesagt hat: "Ich hätte mindestens 3 andere Kandidaten vorne gesehen" - Achtung - jetzt kommt's: "Da sieht man mal, wie man sich täuschen kann". - Um es mal etwas brutal zu interpretieren - da hat sich einer von den Resten seiner gesunden Instinkte verabschiedet, ohne jemals in seinem restlichen Leben zu fragen, wie die Einstellungs-Rituale eigentlich designt sind.
Was genau soll dieses etwas ungewöhnliche Personal-Auswahlsystem mit wissenschaftlicher Methodik gemein haben, ausser das es eine ad absurdum geführte, konstruierte Analogie ist?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#535 Re: Homöopathie II

Beitrag von sven23 » So 20. Apr 2014, 11:50

Die Anamnese ist ja in der HP ein wichtiger Bestandteil. Aber zur Not gehts auch ohne. Deshalb soll sich HP auch in der Notfallmedizin eignen.

[youtube]aMnTNjc0-Kw&list=PL0Wt9MIfCRouxWwrsNohEIqChsNqqZPAW[/youtube]

Aber es ist wie immer bei HP. Wenn es um fachliche Erklärungen geht, haben die meisten nichts Substantielles vorzubringen. Außer heißer Luft kommt da nicht viel.

Fazit: Homöopathie geht immer und überall, weil man aus traditionellen Gründen schon immer auf Wirksamkeitsnachweise verzichtet hat.
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#536 Re: Homöopathie II

Beitrag von Andreas » So 20. Apr 2014, 12:55

Vielleicht sollten wir die Diskussion über Wahrnehmungen, Täuschungen, Glauben und Realität besser an einem geeigneteren Beispiel als dem der Homöopathie diskutieren. Was den menschlichen Körper angeht, gibt es einfach noch einiges an Unwissen in der Wissenschaft, teilweise sogar was grundlegende Dinge angeht. Da sind mir einfach zu viele Unbekannte und Variabeln in der Gleichung.

Das Beispiel mit dem lila Ring ist da viel übersichtlicher. Da scheint es außerdem noch kein klares Einvernehmen darüber zu geben, was daran Wahrnehmung, was Täuschung, was Glauben und was Realität ist. In diesem Beispiel und vor allem an unserer (!) Diskussion darüber, steckt noch viel Bemerkenswertes drinn. Falls es uns allerdings nicht gelingt, bei diesem Beispiel auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen - und das sind wir offensichtlich nicht - sagt das mehr über uns als über "die Realität des lila Ringes" aus.

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#537 Re: Homöopathie II

Beitrag von Pluto » So 20. Apr 2014, 13:04

Andreas hat geschrieben:Falls es uns allerdings nicht gelingt, bei diesem Beispiel auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen - und das sind wir offensichtlich nicht - sagt das mehr über uns als über "die Realität des lila Ringes" aus.
Vielleicht verstehst du jetzt, warum man subjektive Wahrnehmung immer mit Argwohn aufnehmen sollte.
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#538 Re: Homöopathie II

Beitrag von Andreas » So 20. Apr 2014, 13:12

Wie nimmst du den lila Ring denn nun subjektiv wahr? Real oder nicht? Und IST der lila Ring nun real oder nicht? Wieso können wir uns nicht auf "etwas" in der Diskussion einigen? Wo hapert es denn da an der Intersubjektivität?

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#539 Re: Homöopathie II

Beitrag von Pluto » So 20. Apr 2014, 13:16

Darum geht es nicht, Andres.
Beim lila Ring geht es um die Induktion einer Illusion: das Gehirn bastelt sich was hinzu, was gar nicht vorhanden ist.
Einfach ausgedrückt: Es belügt uns.

Und nun kommt die Deduktion:
Wenn das Gehirn uns (unser Bewusstsein) in so einfachen Dingen wie den lila Ring schon zu täuschen vermag, wie viel können unserer subjektiven Wahrnehmung trauen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#540 Re: Homöopathie II

Beitrag von Andreas » So 20. Apr 2014, 13:30

Du hast wiedermal meine Fragen nicht beantwortet und behauptest einfach, das es "darum" gar nicht geht.

An diesem Beispiel der Diskussion über den lila Ring, kann man sehr schön sehen, das uns unser Gehirn auf vielerlei Arten belügen kann und dabei geht es nicht NUR um die optische Täuschung. Wenn du vom Argwohn gegenüber subjektiven Wahrnehmung sprichst, solltest du auch dir selbst gegenüber argwöhnisch sein und nicht nur bei denen die anderer Meinung sind. Das schöne an dem Beispiel mit dem lila Ring ist, das alle Fakten auf dem Tisch liegen. Alles ist eigentlich ganz einfach. Es gibt keine Unbekannten, nichts spirituelles, alles ist ganz naturalistisch - und doch können wir uns nicht einigen. Warum nicht? Wieso funktioniert deine viel beschworene Intersubjektivität unter uns nicht? Was machen wir falsch?

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