Homöopathie IV

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Pluto
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#521 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Do 26. Okt 2017, 14:41

closs hat geschrieben:Das hieße ja, dass HP-Ärzte die bessere Ärzte wären.
In der Regel, ist das was sich als HP-Arzt bezeichnet, gar kein Mediziner, sondern Heilpraktiker.

closs hat geschrieben:Nein - diese rumedum 100 Fälle des Kölner Arztes wurden nicht wissenschaftlich überprüft - andererseits sind nicht umsonst die Leute dahin geschickt worden, die als austherapiert galten - und offenbar nicht ohne Grund.
Schon wieder das Wort "austherapiert"?
Was bedeutet es, wenn Jemand als austherapiert gilt? Hat man alles probiert?

closs hat geschrieben:Deshalb doch mein Vorschlag, dass statt in Studien auch tatsächlich vorgefallene Fälle untersucht werden sollten
Das wird ja getan.
Die Fälle werden nicht nur untersucht, sondern unter stringenten und systematischen Bedingungen überprüft. Merkwürdig erscheint mir, dass unter solchen Bedingungen, von der HP-Wirkung nicht viel übrig bleibt (außer "Placebo").

closs hat geschrieben:Ja - genau das meine ich damit: Es ist Usus - man macht es aus Übung so - Aber es ist eben keine Aussage von grundlegendem Wert - was ich bis vor Kurzem glaubte.
Wichtig ist: Es ist eine pragmatische Aussage von hohem praktischen Wert.

closs hat geschrieben:es ist sehr wohl von Relevanz für die Menschen, ob "draußen in der Praxis" per HP geheilt wird oder ob alles nur Fake ist.
Genau. Weshalb die angebliche Wirkung von HP sich wissenschaftlich erfassen und untersuchen lässt.

Der Mediziner Edzard Ernst erklärt im Interview mit SPIEGEL ONLINE, warum er die Heilung mit Globuli für gefährlichen Unfug hält.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#522 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 26. Okt 2017, 14:54

Anton B. hat geschrieben:In wessen "Praxis"? Die der Naturwissenschaftler, der Journalisten, von Privatmenschen wie Anton B., closs und Pluto? Von Kindergartenmüttern?
Die der Naturwissenschaftler. - Ist ihnen zu jeder Zeit klar, dass sie Modelle untersuchen und die Wirklichkeit nur in dem Maße, wie die Modelle selbiger entsprechen?

Pluto hat geschrieben:In der Regel, ist das was sich als HP-Arzt bezeichnet, gar kein Mediziner, sondern Heilpraktiker.
Das wäre ja noch schlimmer: Dann wären ja Heilpraktiker besser als Schulmediziner (was ich gar nicht behaupten will, aber es ergibt sich aus Deiner Logik).

Pluto hat geschrieben:Was bedeutet es, wenn Jemand als austherapiert gilt? Hat man alles probiert?
Unter "austherapiert" verstehe ich, dass eine Uniklinik das ihr zur Verfügung stehende Portfolio ausprobiert und zum Schluss kommt, dass nichts anschlägt.

Pluto hat geschrieben:Die Fälle werden nicht nur untersucht, sondern unter stringenten und systematischen Bedingungen überprüft. Merkwürdig erscheint mir, dass unter solchen Bedingungen, von der HP-Wirkung nicht viel übrig bleibt (außer "Placebo").
Und mir erscheint merkwürdig, dass dann das, was "draußen" passiert, nur mit viel Slalom erklärbar ist.

Pluto hat geschrieben:Wichtig ist: Es ist eine pragmatische Aussage von hohem praktischen Wert.
"Praktisch" heißt hier "Wie es bei uns zu laufen hat". - Nach meinem Eindruck gibt es noch zu wenige Anstrengungen, die von mir zitierten Fälle (und davon gibt es ja unzählige) aus der PRaxis heraus zu bewerten.

Es darf aus meiner Sicht nach wie vor nicht sein, dass die Wissenschaft einerseits "nachweisen" kann, dass HP keine Eigenwirkung hat, und gleichzeitig ein Patient nach dem anderen bei HP-lern geheilt wird, nachdem er vorher per Schuldmedizin NICHT geheilt wurde. - Dieser Gap stört mich.

Anton B.
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#523 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Do 26. Okt 2017, 15:20

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:In wessen "Praxis"? Die der Naturwissenschaftler, der Journalisten, von Privatmenschen wie Anton B., closs und Pluto? Von Kindergartenmüttern?
Die der Naturwissenschaftler. - Ist ihnen zu jeder Zeit klar, dass sie Modelle untersuchen und die Wirklichkeit nur in dem Maße, wie die Modelle selbiger entsprechen?
Gut, Denn das wird eine spannende Betrachtung.

Denn ein Wissenschaftler kann als Wissenschaftler nicht mehr beanspruchen, als Wissenschaft "her gibt". Und das haben die Philosophen der Fraktion "Wissenschaftstheorie" gut ausgearbeitet.

Adererseits ist die "Motivation", also mit welchen Vorstellungen bzw. Positionen sich ein Wissenschaftlerr motiviert, relativ egal. Das wiederum hat Popper in einem sehr umfänglichen Sinne begründet. Deshalb darf der Naturwissenschaftler auch eine Realität, eine Wirklichkeit und "was der Fall ist" im closs'schen Sinne durchaus annehmen. Er "darf", "muss" aber nicht.

In seine Arbeit "darf" ein solcher Verweis als Begründung für irgendwas aber gar nicht eingehen. Hier "muss" er vernünftig- begründet voranschreiten bzw. die Beschreitung dieses Pfades vorbereiten: Modell darstellen, die Konsistenz bzw. Nicht-Konsistenz seines Modells mit anderen Modellen aufzeigen. Die innere Logik als notwendige Eigenschaft sicher stellen. Bewährende wissenschaftliche Beobachtungen beisteuern und als Kür sozusagen Hinweise auf Falsifikationsversuche geben. Wobei letzteres im Überschwang auch als Bewährungsversuch tituliert werden kann, sofern das Ergebnis auch eine Falsifizierung sein kann.

Wenn er so in seiner Publikation schreibt, ist alles ok. Und so werden Arbeiten nunmal geschrieben. Interessanterweise ganz unabhängig davon, ob der Naturwissenschaftler nun in seiner Ausbildung in die Werkchen der Philosophen zur Wissenschaftstheorie geschaut hat oder nicht.

Ach ja: Hast Du denn schon mal mal in primär-naturwissenschaftliche Arbeiten rein geschaut? Was ist Dein Eindruck? Schwätzt Anton Mist?
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
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#524 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 26. Okt 2017, 16:46

Anton B. hat geschrieben: Schwätzt Anton Mist?
Nein - Anton schwätzt überhaupt keinen Mist, sondern kommt dem Closs sehr gelegen, weil er Wissenschaft so definiert, dass sie in dem, was sie kann/soll und was nicht, klar erkennbar wird.

Das Problem ist woanders: "Wissenschaft" wird in der Regel von NAturalisten so dargestellt, als sei sie etwas anderes - nämlich Entscheider darüber, was sein kann und was nicht sein kann. - Sie wird also zur ontischen Größe gemacht, statt es bei einer methodischen Größe zu belassen. - Nun sind wir uns wahrscheinlich alle einig, dass die Chancen, dass beides koinzidiert, gut sind - aber es ist kein Automatismus.

Das ist mir nochmals klar geworden beim BEgriff "falsifizieren". - Ich habe diesen Begriff in der Tat bisher "ontisch" verstanden ("Was falsifiziert ist, KANN gar nicht sein") - jetzt weiß ich, dass dies eine rein methodische Aussage ist ("Wenn Du meine Falsifizierung widerlegst, ist sie aufgehoben").

Diese Klarstellung ist deshalb so wichtig, weil bspw. in philosophischen Fragen gerne so getan wird, als seien methodische Widerlegungen dasselbe wie ontische Wiederlegungen - Bsp: Teleologie sei falsifiziert - oder der Dualismus von Descartes sei falsifiziert. - Methodisch mag das stimmen ("Wenn man im Rahmen der Evolutionstheorie forscht, ist Teleologie falsifiziert"/"Wenn man von der Existenz des Materiellen ausgehend denkt, ist Dualismus falsifiziert"), aber es muss nicht ontisch stimmen - was in diesen beiden Beispielen tatsächlich nicht so ist, wenn man andere Perspektiven einnimmt.

Anton B. hat geschrieben: Hast Du denn schon mal mal in primär-naturwissenschaftliche Arbeiten rein geschaut?
Nur periphär - mein Feld waren die Geisteswissenschaften. - Dort läuft es nach dem Muster:
* Behauptungen müssen dann nicht falsifizierbar sein, wenn es nicht geht - und das ist oft der Fall.
* "Wissenschaftlich" hieß bei uns, dass man Behauptungen überzeugend begründen muss, also intersubjektiv nachvollziehbar belegen muss.

In der Praxis hieß dies bspw., dass ich in meinem größten "Werk" ca. 180 Buch-Verweise und gut 1.500 Anmerkungen/Zitat-Belege, etc. hatte. - Am Ende kommt eine These raus, der man trotz aller wissenschaftlichen Sorgfalt nicht folgen muss - eben weil die Bewertung wieder eher weltanschaulicher Natur ist. - Aber die These ist auch für Nicht-Zustimmende jederzeit als gut begründet nachvollziehbar. - Insofern: Da gibt es Unterschiede zu Naturwissenschaften, die es ausschließlich mit falsifizierbaren Objekten zu tun haben.

Pluto
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#525 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Do 26. Okt 2017, 17:10

closs hat geschrieben:Die der Naturwissenschaftler. - Ist ihnen zu jeder Zeit klar, dass sie Modelle untersuchen und die Wirklichkeit nur in dem Maße, wie die Modelle selbiger entsprechen?
Ganz bestimmt. Die Studien werden auf die Art der verabreichten Medikamente zugeschnitten.

closs hat geschrieben:Unter "austherapiert" verstehe ich, dass eine Uniklinik das ihr zur Verfügung stehende Portfolio ausprobiert und zum Schluss kommt, dass nichts anschlägt.
Nichts? Wirklich nichts?

closs hat geschrieben:Und mir erscheint merkwürdig, dass dann das, was "draußen" passiert, nur mit viel Slalom erklärbar ist.
Die Gründe für die Fehleinschätzung der Laien (Kindergartenmütter) hinreichend erklärt. Ich dachte das wäre auch dir klar.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wichtig ist: Es ist eine pragmatische Aussage von hohem praktischen Wert.
"Praktisch" heißt hier "Wie es bei uns zu laufen hat".
Das ist DEINE Interpretaion.

closs hat geschrieben:Nach meinem Eindruck gibt es noch zu wenige Anstrengungen, die von mir zitierten Fälle (und davon gibt es ja unzählige) aus der PRaxis heraus zu bewerten.
Mein Eindruck ist eher, dass du mauerst, weil es nicht ideologisch nicht passt.

closs hat geschrieben:Es darf aus meiner Sicht nach wie vor nicht sein, dass die Wissenschaft einerseits "nachweisen" kann, dass HP keine Eigenwirkung hat, und gleichzeitig ein Patient nach dem anderen bei HP-lern geheilt wird, nachdem er vorher per Schuldmedizin NICHT geheilt wurde. - Dieser Gap stört mich.
Nun. Die Wissenschaft führt uns zur Wahrheit hin. Dass das unter Unständen zu ideologisch störenden Eindrücken führt, ist nicht relevant. In diesem Zusammenhang, erinnere ich an den großen Physiker Richard Feynman der in der Einführung zu seinen Vorlesungen über Quantenelektrodynamik (QED) sagte:

  • Das ist ein Problem mit dem sich die Wissenschaft abgefunden hat; ob sie es mögen oder nicht. Ob man eine Theorie liebt oder nicht, ist nicht die entscheidende Frage. Wichtiger ist, ob die Theorie Voraussagen macht die sich mit den Experimenten decken. Es geht nicht darum, ob eine Theorie philosophisch anmutend ist, oder leicht verständlich, oder sinnvoll ist, aus Sicht der Vernunft. Schalten Sie nicht einfach ab, weil Sie glauben die Natur sei zu seltsam, hören Sie einfach zu, und ich hoffe Sie werden am Ende genauso entzückt sein wie ich.
Zur Erinnerung:
Relevant in diesem Zusammenhang ist nur, dass die Behauptungen der HP-ler unter den rigorosen Bedingungen einer wissenschaftlichen Studie, sich nicht bestätigen lassen. Damit ist die Behauptung (bis auf Weiteres) nichtig.
Die Eindrücke der Mütter und der Umstand, dass es dich stört, sind in Wirkichkeit unwichtig.

Erschreckend finde ich, dass die Ergebnisse den HP-lern bekannt sind, und sie trotzdem weitermachen, als hätten sie mit ihren Behauptungen recht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Anton B.
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#526 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Do 26. Okt 2017, 18:06

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Schwätzt Anton Mist?
Nein - Anton schwätzt überhaupt keinen Mist, sondern kommt dem Closs sehr gelegen, weil er Wissenschaft so definiert, dass sie in dem, was sie kann/soll und was nicht, klar erkennbar wird.

Das Problem ist woanders: "Wissenschaft" wird in der Regel von NAturalisten so dargestellt, als sei sie etwas anderes - nämlich Entscheider darüber, was sein kann und was nicht sein kann. - Sie wird also zur ontischen Größe gemacht, statt es bei einer methodischen Größe zu belassen. - Nun sind wir uns wahrscheinlich alle einig, dass die Chancen, dass beides koinzidiert, gut sind - aber es ist kein Automatismus.
Da landen wir wieder bei den "Positions-Naturalisten" und nicht bei den Naturwissenschaftlern. Da waren wir aber schon mehrmals.

closs hat geschrieben:Das ist mir nochmals klar geworden beim BEgriff "falsifizieren". - Ich habe diesen Begriff in der Tat bisher "ontisch" verstanden ("Was falsifiziert ist, KANN gar nicht sein") - jetzt weiß ich, dass dies eine rein methodische Aussage ist ("Wenn Du meine Falsifizierung widerlegst, ist sie aufgehoben").
Und ganz wichtig: Die Falsifizierung bezieht sich immer auf ein Modell und dessen Beobachtungsvorhersagen auf der einen, und tatsächlichen Beobachtungen auf der anderen Seite. Und auch für die Beobachtungen gilt: Sie "sind" nicht einfach, sondern auch sie beinhalten Theorien. Hinter Beobachtungen stehen Beaobachtungstheorien und durch diese Beobachtungstheorien "gerechtfertigte" Beobachtungen werden mit Beobachtungsvorhersagen einer wiederum anderen Theorie verglichen und führen zu deren Bewährung oder Falsifizierung.

Das ist der Unterschied zum closs'schen "Ich nehme dies und das wahr und darum 'ist' ein Phänomen!" Als Naturwissenschaftler habe ich deshalb immer zu fragen: "Was passiert eigentlich so im closs, was in den Kindergartenmüttern, wenn sie wahrnehmen?" :mrgreen:

closs hat geschrieben:Diese Klarstellung ist deshalb so wichtig, weil bspw. in philosophischen Fragen gerne so getan wird, als seien methodische Widerlegungen dasselbe wie ontische Wiederlegungen
"Wirklichkeit", ick hör dir trapsen.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Hast Du denn schon mal mal in primär-naturwissenschaftliche Arbeiten rein geschaut?
Nur periphär - mein Feld waren die Geisteswissenschaften. - Dort läuft es nach dem Muster:
* Behauptungen müssen dann nicht falsifizierbar sein, wenn es nicht geht - und das ist oft der Fall.
* "Wissenschaftlich" hieß bei uns, dass man Behauptungen überzeugend begründen muss, also intersubjektiv nachvollziehbar belegen muss.

In der Praxis hieß dies bspw., dass ich in meinem größten "Werk" ca. 180 Buch-Verweise und gut 1.500 Anmerkungen/Zitat-Belege, etc. hatte. - Am Ende kommt eine These raus, der man trotz aller wissenschaftlichen Sorgfalt nicht folgen muss - eben weil die Bewertung wieder eher weltanschaulicher Natur ist. - Aber die These ist auch für Nicht-Zustimmende jederzeit als gut begründet nachvollziehbar. - Insofern: Da gibt es Unterschiede zu Naturwissenschaften, die es ausschließlich mit falsifizierbaren Objekten zu tun haben.
Das hieße aber doch, Du schichtest als Geisteswissenschaftler "plausible" Darstellungen auf. Andere Wissenschaftler versuchen, die Plausibilität durch weitere "Belege" zu stärken. Je nach Weltanschauung neige ich dann der einen oder anderen plausiblen Darstellung und damit der Behauptung zu. "Wissenschaftlich" bezieht sich auf auf den Prozess der plausiblen Darstellung und die verschiedenen Behauptungen stehen gleichrangig nebeneinander und unterliegen keinem kritischen Rechtfertigungsprozess.

Einigermaßen richtig wiedergegeben? Was sagt dann eigentlich eine "erhöhte" Plausibilität durch weitere Belege gegenüber dem vorherigen Zustand aus? Umfassen Deine Aussagen auch die Geschichts- und Sozialwissenwissenschaften?

Ist es nicht eigentlich so, dass die geisteswissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer Behauptung z.B. explizit ausarbeitet, was in dieser Behauptung alles so drinne steckt? Also die innewohnenden Facetten aufzeigt, die durch die bloße Behauptung so nicht direkt sichtbar sind? Das hätte dann nichts mit Weltanscjhauung zu tuen. Obwohl der Weltanschauler das ganze als "Futter" betrachten kann.

Oder die Geisteswissenschaftler machen es umgekehrt: Sie versuchen, "etwas" auf die wesentlichen Voraussetzungen zu reduzieren. Also "Dogmen" oder "Axiome" zu identifizieren. Aus denen lassen sich dann noch besser die "Facetten" extrahieren.
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#527 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 26. Okt 2017, 18:53

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Unter "austherapiert" verstehe ich, dass eine Uniklinik das ihr zur Verfügung stehende Portfolio ausprobiert und zum Schluss kommt, dass nichts anschlägt.

Nichts? Wirklich nichts?
Naja - das ist das, was die Unis dann sagen: "Uns fällt außer Halidol nichts ein" (im Kölner Fall).

Pluto hat geschrieben:Die Gründe für die Fehleinschätzung der Laien (Kindergartenmütter) hinreichend erklärt.
Das ist ein Sammelsurium an Möglichkeiten, die im Einzelfall zutreffen können, aber für den Alltag nicht so ganz überzeugen.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Nach meinem Eindruck gibt es noch zu wenige Anstrengungen, die von mir zitierten Fälle (und davon gibt es ja unzählige) aus der PRaxis heraus zu bewerten.

Mein Eindruck ist eher, dass du mauerst, weil es nicht ideologisch nicht passt.
"Ideologisch" wäre da eher ein Verdacht in Bezug auf die Gegenseite. - Mir gefällt der Gap zwischen Wissenschaft und Realität nicht.

Pluto hat geschrieben:"Wichtiger ist, ob die Theorie Voraussagen macht die sich mit den Experimenten decken".
Mir wäre lieber: "Wichtiger ist, ob die Theorie Voraussagen macht die sich mit der Wirklichkeit decken".

Pluto hat geschrieben:Erschreckend finde ich, dass die Ergebnisse den HP-lern bekannt sind, und sie trotzdem weitermachen, als hätten sie mit ihren Behauptungen recht.
Das hat etwas mit der Wirklichkeit zu tun. - Solange es PAtienten beim HP-ler besser geht als bei den Schulmedizinern, wird es diesen Markt geben.

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#528 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 26. Okt 2017, 19:14

Anton B. hat geschrieben:Da landen wir wieder bei den "Positions-Naturalisten" und nicht bei den Naturwissenschaftlern. Da waren wir aber schon mehrmals.
Richtig - aber die "Positions-Naturalisten" haben eine größere Macht über die gesellschaftliche Wirklichkeit als die Antons.

Anton B. hat geschrieben:Hinter Beobachtungen stehen Beaobachtungstheorien und durch diese Beobachtungstheorien "gerechtfertigte" Beobachtungen werden mit Beobachtungsvorhersagen einer wiederum anderen Theorie verglichen und führen zu deren Bewährung oder Falsifizierung.

Das ist der Unterschied zum closs'schen "Ich nehme dies und das wahr und darum 'ist' ein Phänomen!"
Was ist, wenn eine Theorie sich nur selbst bestätigt und das Phänomen daneben steht und sich ratlos den Kopf kratzt?

Anton B. hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Diese Klarstellung ist deshalb so wichtig, weil bspw. in philosophischen Fragen gerne so getan wird, als seien methodische Widerlegungen dasselbe wie ontische Wiederlegungen


"Wirklichkeit", ick hör dir trapsen.
Naja - wir dürfen nicht vergessen: Diese Wirklichkeit gibt es und ist letztlich all-entscheidend - auch dann wenn wir sie methodisch nicht in allen Facetten fassen.

Anton B. hat geschrieben:Das hieße aber doch, Du schichtest als Geisteswissenschaftler "plausible" Darstellungen auf.
Man kreiert selbige - richtig. - Natürlich diskutiert man auch alle anderen Darstellungen und untersucht sie auf sachliche Plausibilität wie auch auf weltanschauliche Unterlegung (Wenn Anton als Historiker gleichzeitig AfD-Mitglied ist, wird er eher Argumente finden für die Dolchstoßlegendes am Ende von WK I als ein Closs, der dies als Kommunist ganz anders sieht).

Im Grunde ist das auch bei der Theologie so - es fängt bei den Bibelübersetzungen an. - Das Wort x kann man sprachwissenschaftlicher Weise übersetzen als a oder b - wenn b besser in die eigene Überzeugung passt, wählt man b. - In Geistesgeschichte bringt man nie die Art von Objektivität rein wie in Naturwissenschaft - andererseits ist wissenschaftliches Arbeiten in den Geisteswissenschaften unentbehrlich, weil man intersubjektiv nachvollziehbare Begründungen für eine Bewertung braucht.

Anton B. hat geschrieben: Umfassen Deine Aussagen auch die Geschichts- und Sozialwissenwissenschaften?
NAtürlich - eigentlich auch die Psychologie, aber das hört man dort nicht so gerne, weil man sich ausschließlich als Naturwissenschaft versteht.

Popper ist wirklich gut, hat aber auch viel Schaden angerichtet. Denn seine Jünger haben erstens seine Methodik zu einer Philosophie gemacht - zweitens meinen sie, man könne mit dem Kritischen Rationalismus viel in Geisteswissenschaften ausrichten (kann man NICHT!). - Das führt dann dazu, dass man nur das, was man kritisch-rational untersuchen kann, als "wissenschaftlich wertig" bezeichnet - was in etwas so ist, als würdest Du Deine Frau äußerlich und innerlich vermessen, um daraus zu ermitteln, was für ein Mensch sie ist.

Anton B. hat geschrieben:Ist es nicht eigentlich so, dass die geisteswissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer Behauptung z.B. explizit ausarbeitet, was in dieser Behauptung alles so drinne steckt? Also die innewohnenden Facetten aufzeigt, die durch die bloße Behauptung so nicht direkt sichtbar sind? Das hätte dann nichts mit Weltanschauung zu tuen. Obwohl der Weltanschauler das ganze als "Futter" betrachten kann.
Das passt. - Ich habe vorher nie gewusst, was rauskommt, wenn ich mich über ein Thema gemacht habe - aber: Die eigene Hermeneutik spielt nolens volens immer eine Rolle - denn derjenige, der forscht, bist Du selber.

Der Hermeneutiker Gadamer beschäftigt sich sehr ausführlich mit diesem Thema und wird in wik zusammengefasst mit:
"In seinem Hauptwerk sieht Gadamer selbst „die Aufgabe seiner Hermeneutik im Begründen der Behauptung, dass das Verstehen ein Wiedererkennen voraussetze, durch das es zum Andersverstehen werde“. So könnte das Prinzip des hermeneutischen Zirkels begründet werden, und ließe den entsprechenden Schluss zu, dass wir das, was in einer Tradition bereits einmal verstanden wurde, immer wieder (auf höherer Ebene) weiter verstehen".

Wäre es NICHT so, müsste man nicht ständig Geschichte neu bewerten. - Ohne hier weiter zu vertiefen: Es ist anders als in den Naturwissenschaften.

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#529 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Christian41285 » Do 26. Okt 2017, 19:28

Nochmal zum wissenschaftlichen Teil.....

Wenn ich ein Netz habe und es ins Wasser werfe und damit Fische fange kann ich nur

fangen was dass Netz auffängt durch die Größe der Löscher.

Alles was das Netz durchlässt,darüber kann ich nichts sagen.


Wir können nur Aussagen treffen über dass was sich unserer Wahrnehmung nicht

entzieht.

In dem Sinne...wenn der Placebo-Effekt bei HP als Wirkmechanismus erkannt wurde,worüber streitet ihr euch dann?!


LG Chris....

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#530 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 26. Okt 2017, 19:48

Christian41285 hat geschrieben:wenn der Placebo-Effekt bei HP als Wirkmechanismus erkannt wurde,worüber streitet ihr euch dann?!
Es geht hier um zweierlei:
1) Ist die Wissenschaft in der Lage, jeden Mechanismus zu erkennen?
2) Darf man "Placebo-Effekt" so weit definieren, dass damit alle Phänomene abgedeckt sind, die es aus Sicht Betroffener gibt?

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