Magdalena61 hat geschrieben:Zum Thema:
Die biblische Beschneidung war und ist nicht "radikal":
Zu biblischen Zeiten wurde lediglich die besonders empfindliche Spitze der Vorhaut entfernt.
uni-protokolle.de
... und kann nicht mit den heute vielfach praktizierten, unbiblischen "Traditionen" gleichgesetzt werden:
Bei den heute vorherrschenden Beschneidungen wird die Vorhaut teilweise oder sogar ganz entfernt.
uni-protokolle.de
Für Letzteres müssten schon handfeste medizinische Gründe vorliegen, denn eines Tages werden sich diese Leute vor Gott rechtfertigen müssen für ihre Werke. Wer gesunde Babies und Kinder radikal beschneidet, nur, weil irgendwelche Traditionen das vorschreiben, der sollte besser nicht behaupten, er "entspräche dem Willen Gottes".
LG
Da wird dir vielleicht ein Blick in die Historie der Beschneidung helfen.
Es gibt ja nicht "die Beschneidung" - sondern es gibt viele Gründe, warum jemand beschnitten wird.
Einzige *verpflichtende* Religion sind die Juden.
Aber selbst hier sieht man die Front aufweichen. Intact Israel ist sehr aktiv und hat mit Eran Sadeh einen ziemlich guten Vorsitzenden. Und *meiner* unmaßgeblichen Meinung nach hat der Fall der Frau in Tel Aviv, die vom Rabbinergericht zu einer täglichen Geldbuße in Höhe von 140 Dollar verurteilt worden ist, eigentlich die Verpflichtung zur Beschneidung aufgehoben. Das ist ein Ablaßhandel. Wäre die Frau vermögend genug gewesen und hätte die 140 Dollar täglich zahlen können, hätte keiner sie zwingen können, den Jungen zu beschneiden. Geld gegen Vorhaut. Unterhalten wir uns jetzt noch bitte über die Höhe? Danke.
Alle anderen Religionen haben entweder ein ausdrückliches Verbot der Beschneidung (Christentum) oder aber es ist irgendwo in Hadithen niedergeschrieben, dass es "reiner" sein soll, aber verpflichtend ist bei den Muslimen auch die Beschneidung nicht. Sie ist Tradition und Sunna - lebenswertes Vorbild.
Im Westen ist die geschichtliche Entwicklung am interessantesten, sie gibt Hinweise darauf, warum sich (GOTT SEI DANK) die routinemäßige Beschneidung Neugeborener in Europa nicht durchsetzen konnte.
Im viktorianischen Zeitalter gab es Dr. Kellogg (jupp, der mit den Cornflakes), der war, mit Verlaub gesagt, ein rechter Vollhorst. Das Zeitalter selbst war ja auch für seine ausufernde Prüderie bekannt - Queen Viktoria ließ die Stuhlbeine verhüllen, damit die Männer nicht auf unzüchtige Gedanken kommen.
In diesem Zeitalter waren Jugendliche, die bei der Masturbation erwischt wurden, geliefert. Buchstäblich. Das war des Teufels und hatte alle möglichen Auswirkungen auf Körper und Seele - es ist dieses Zeitalter, dass die Körperfeindlichkeit nach wie vor weitervererbt.
Jungen, die erwischt und zu Dr. Kellogg gebracht wurden, wurden auf einer Pritsche festgeschnallt und ohne Betäubung beschnitten. Laut Dr. Kellogg würden Juden nicht masturbieren, weil sie beschnitten sind und wenn man das mit den Jugendlichen auch macht, verbinden sie zudem die Lust mit Schmerz und Bestrafung und würden dann nicht mehr...genau.
Mädchen durfte man ja nicht anfassen, also bekamen die Karbolsäure auf die Klitoris geträufelt. Es sollte *bewußt* so schmerzhaft wie möglich gemacht werden, damit man sich ja nicht mehr traut zu masturbieren.
Die Zeiten änderten sich, die Erkenntnis, dass das alles nicht so furchtbar gesundheitsschädlich ist, setzte sich durch und die Ärzte fingen an, zu schmollen. Denn die Beschneidung von Mädchen und Jugen hatte sich als gute Einnahmequelle erwiesen.
Erwachsene wollten sich nicht beschneiden lasssen, nachdem sie die Risiken abgewogen hatten. Da waren ihnen die Genitalien wichtiger. Also ist man hingegangen und hat das "Eintrittsalter" der Beschneidung immer weiter nach vorne gelegt. So weit, dass inzwischen in den USA die Jungs kaum geboren sind, bevor sie auch schon beschnitten werden. Im ernst - manche dieser Säuglinge sind keine 24 Stunden alt.
Hinzu kam eine recht gezielte Kampagne, die die Vorhaut von Mädchen und Jungen verteufelte. Sie sollte an allen möglichen Krankheiten schuld sein. Bei Mädchen war es "weibliche Hysterie", bei Jungen Hornhautverkrümmung (also schlechte Augen) und bei beiden Arthritis.
Falls sich jemand fragt, woher der alte Witz kommt, dass "wichsen blind und krumme Finger macht": Yap. Genau daher.
In Europa hat das nie richtig Fuß gefaßt, was auch daran lag, dass uns (wieder: Gott sei Dank) ein Dr. Kellogg fehlte, der seine Berühmtheit dazu nutzte, diese Operation zu propagieren.
Was die medizinischen "Vorteile" angeht: ALLE, aber auch ausnahmslos ALLE sind widerlegt worden. Wenn überhaupt, dann hat die Beschneidng für die Betroffenen eklatante Nachteile (Ausnahme *guckt zu Naqal, sonst fühlt der sich wieder auf den Schlips getreten*: Wenn jemand aufgrund *realer* medizinischer Probleme beschnitten wird) wie Verlust der Sensitivität aber auch rauhere Eicheloberfläche und damit auch ein erhöhtes Risiko von Mikrofissuren bei der Frau - die sich wiederum schneller Pilz- und sonstige Infektionen holen kann aber nicht muss.
Alles in allem:
Wenn jemand unbedingt sein Genital verschnippeln möchte: Machts doch. Naqal hat *selbst* entschieden, es zu machen. Er hat *selbst* entschieden, dass es die beste Möglichkeit ist.
Und genau so soll es sein: Das Genital gehört demjenigen, an dem es angewachsen ist. Solange keine medizinischen Gründe vorliegen, hat *keiner* das Recht, daran herumzuschneiden.
Und *insbesondere* die Begründung: "Ich beschneide meinen Sohn, weil ich beschnittene Penisse hübscher finde" ist sehr klar ein Übergriff - wer so etwas als Vater über seine Tochter äußert, kann von Glück sagen, wenn er nicht wegen sexuellem Missbrauch im Knast landet.
Aber wenn Mütter das über ihre Söhne sagen, ist das okay?
Herzlich willkommen bei 4religion.de.