Abtreibungsverbot unethisch?

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closs
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#111 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von closs » Sa 22. Aug 2015, 20:35

sven23 hat geschrieben:Bei einem geistig behinderten und vergewaltigten Mädchen kann es nicht nur um medizinische Indikation gehen.
Das IST vermutlich eine medizinische Indikation.

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sven23
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#112 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von sven23 » Sa 22. Aug 2015, 20:35

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bei einem geistig behinderten und vergewaltigten Mädchen kann es nicht nur um medizinische Indikation gehen.
Das IST vermutlich eine medizinische Indikation.
Eher eine sozial-ethische.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#113 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von closs » Sa 22. Aug 2015, 20:40

sven23 hat geschrieben:Eher eine sozial-ethische.
Das ist mir zu weich formuliert, weil man unter diesem Begriff so ziemlich alles unterbringen kann. - "Medizinisch" wäre mir lieber.

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Savonlinna
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#114 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von Savonlinna » Sa 22. Aug 2015, 21:04

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Rembremerding hat kürzlich geschrieben, dass jeder Mutter klar gemacht wird, dass das "eine schwere Sünde" sei.
In der PRaxis, die ich kenne, ist es anders.

Fundamental-theologisch ist es selbstverständlich eine "Sünde" - aber dieses Wort sollte man nur in den Mund nehmen, wenn man es fundamental-theologisch meint. Die allgemeine Bedeutung und vor allem die Konnotation, die damit verbunden ist, hat wenig damit zu tun - wobei wir wieder beim Thema "Sprache" wären.
Ich wünschte, man würde nicht so leichtfertig - ruckzuck - etwas vom Tisch wischen, was real existiert. Leid kann nicht durch sprachliche Uminterpretation wegdefiniert werden, real-existierender Katholizismus kann nicht durch ein "sollte" und " nur fundamental-theologisch" verharmlost werden. Inakzeptabel für mich.

jsc
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#115 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von jsc » Sa 22. Aug 2015, 21:37

sven23 hat geschrieben:Kann auch sein, daß du das mit mit Fall aus Uruguay verwechselst. Der Fall ist aber nicht vergleichbar, weil das Mädchen geistig behindert ist.
http://www.n-tv.de/panorama/Elfjaehrige ... 68456.html
Ich bin mir sehr sicher, dass es sich um ein sehr junges (zehnjähriges?) Mädchen aus Südamerika (Paraguay?) handelt, was weltweit für Aufsehen mit ihrer Schwangerschaft und der nicht erlaubten Abtreibung erregt hatte. Sie selber war aber ganz anderer Ansicht und wollte niemals ihr Kind abtreiben. Sie sah sich als Opfer der "Abtreibungsbefürworter" und fühlte sich völlig falsch dargestellt.
(Bei den Angaben in Klammern bin ich mir relativ sicher, aber halt nicht 100%)
Bei dem Fall, den du verlinkt hast, wollen ja eher die Eltern, dass sie abtreibt, und das Kind nicht. Es wurde ihr gar nicht verboten. Aber bei 700 erwähnten Fällen kann ich mich natürlich auch täuschen.

closs
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#116 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von closs » Sa 22. Aug 2015, 23:04

Savonlinna hat geschrieben:Leid kann nicht durch sprachliche Uminterpretation wegdefiniert werden
Natürlich nicht. - Was hat dies mit dem Umgang mit dem Wort "Sünde" zu tun? - Unter "Leid" verstehe ich im gegebenen Fall das Leid der Frauen, die vor einer schweren Entscheidung stehen.

Savonlinna hat geschrieben:real-existierender Katholizismus kann nicht durch ein "sollte" und " nur fundamental-theologisch" verharmlost werden
Wer tut das? - Der real-existierende Katholizismus in Deutschland (wie es in Chile ist, weiss ich nicht) verhält sich unterm Strich ganz anders, als es hier unterstellt wird. - Da besteht kein Anlass, etwas zu "verharmlosen".

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Savonlinna
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#117 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von Savonlinna » Sa 22. Aug 2015, 23:38

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Leid kann nicht durch sprachliche Uminterpretation wegdefiniert werden
Natürlich nicht. - Was hat dies mit dem Umgang mit dem Wort "Sünde" zu tun? - Unter "Leid" verstehe ich im gegebenen Fall das Leid der Frauen, die vor einer schweren Entscheidung stehen.

Savonlinna hat geschrieben:real-existierender Katholizismus kann nicht durch ein "sollte" und " nur fundamental-theologisch" verharmlost werden
Wer tut das? - Der real-existierende Katholizismus in Deutschland (wie es in Chile ist, weiss ich nicht) verhält sich unterm Strich ganz anders, als es hier unterstellt wird. - Da besteht kein Anlass, etwas zu "verharmlosen".
Da Du meine Aussage nicht verstehst, wahrscheinlich nicht verstehen willst, und nur guckst, wie Du Deinen Katholizismus verteidigen kannst, beende ich das jetzt erst mal.

closs
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#118 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von closs » So 23. Aug 2015, 01:21

Savonlinna hat geschrieben: und nur guckst, wie Du Deinen Katholizismus verteidigen kannst
Wenn mich etwas in die Arme des Katholizismus treibt, ist es dieses Forum hier - ansonsten bin ich kein RKK-Mitglied.

Ich kann nicht nachvollziehen, was in unseren Breiten das Leid der schwangeren Frauen mit dem Katholizismus zu tun haben soll.

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Savonlinna
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#119 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von Savonlinna » So 23. Aug 2015, 02:15

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: und nur guckst, wie Du Deinen Katholizismus verteidigen kannst
Wenn mich etwas in die Arme des Katholizismus treibt, ist es dieses Forum hier - ansonsten bin ich kein RKK-Mitglied.
Was ich meinte, ist: Du suchst nach Formulierungen, die ihn entschärfen, da, wo er nicht entschärft werden darf.
Das weiß ich nicht erst seit heute. Aber in Deiner vorherigen Antwort konnte ich es nicht mehr ertragen, dieses Vom-Tisch-Fegen.

closs hat geschrieben:Ich kann nicht nachvollziehen, was in unseren Breiten das Leid der schwangeren Frauen mit dem Katholizismus zu tun haben soll.
Du hast doch selber die RKK erwähnt. Darauf bin ich doch erst eingestiegen ->

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:ich würde jedem Vergewaltigungsopfer dieses Recht einräumen
Seitens der RKK ist dies der Fall - die freie Entscheidung der Betroffenen wird nicht in Frage gestellt. - Allerdings ermutigt man, sich für das Leben zu entscheiden, und warnt vor psychologischen Folgen im gegenteiligen Fall.
Das ist für mich eine verfälschende Verharmlosung, und das habe ich begründet.
Daraufhin hast Du dann von "Sprache" gesprochen, und von Fundamentaltheologie, was den Kern nicht trifft und vom Eigentlichen weglenkt.

Wahrscheinlich einfach Forengerede, wie es so üblich ist, und worauf ich heute zufällig empfindlicher reagiere als sonst.

closs
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#120 Re: Abtreibungsverbot unethisch?

Beitrag von closs » So 23. Aug 2015, 10:51

Savonlinna hat geschrieben:Daraufhin hast Du dann von "Sprache" gesprochen, und von Fundamentaltheologie
Das war auch so gemeint - denn auch hier haben wir den Fall, dass mit Begriffen gearbeitet wird, deren Ur-Bedeutung und Verwendungs-Bedeutung weit auseinanderklaffen. - Konkret: Es ist verwerflich, von "Sünde" gegenüber einfachen Leuten zu sprechen, wenn man weiss, dass es ganz anders ankommt, als es eigentlich gemeint ist.

Savonlinna hat geschrieben:Du hast doch selber die RKK erwähnt. Darauf bin ich doch erst eingestiegen ->
Dieses Motiv kam über die hier eingebrachten südamerikanischen Fälle rein.

Savonlinna hat geschrieben:Du suchst nach Formulierungen, die ihn entschärfen, da, wo er nicht entschärft werden darf.
Das mag damit zu tun haben, dass es hier kaum ein Thema gibt, in das nicht von Anfang an eine Invektive gegen die RKK eingebaut ist.

Gehen wir doch einmal in die deutsche Praxis von "Abtreibung":

a) Eine Abtreibung ist heute unter säkularen Gesichtspunkten sogar Teil einer "Ethik" - diese "Ethik" der Selbstverwirklichung kann dabei über das Leben gestellt werden, soweit dieses einen Entwicklungs-Status X nicht überschritten hat. - In diesem Sinne stellt sich ein Abtreibungs-Verbot in der Tat als unethisch dar.

b) Unter christlichen Gesichtspunkten ist es tatsächlich anders - hier wird das Recht auf Leben ausschließlich bei schwerer medizinischer Indikation außer Kraft gesetzt. - Dies kann kurz- bis mittelfristig, in Einzelfällen auch langfristig zu mehr Leid der Mutter führen. - Es kann aber auch mittel- bis langfristig zu tiefer Freude, Befriedigung und Sinn führen.

Wir haben also verschiedene Lebenskonzepte mit jeweiligen Folgen - das ist in der Tat eine weltanschauliche Frage. - Das Entscheidende jedoch bei all dem sind die Menschen drum rum. - Und hier fokussieren sich die christlichen Beratungsstellen in unseren Breitengraden heutzutage tatsächlich auf "Mut zum Leben" - OHNE Vorwürfe, wenn es nicht klappt. - Dass es in Südamerika anders sein könnte, vielleicht so, wie es bei uns vor 50 Jahren war, ist gut vorstellbar.

Letztlich müsste man für jede Kultur klären, wie die jeweilige "Volks-Ethik" zu Familie und Leben steht, um die konkrete Situation einer Schwangeren beurteilen zu können - sprich: In einer Gesellschafts-Struktur, in der die Familie obenan steht, ist diese Frage in vielen Fällen anders zu beurteilen als in einer Gesellschaft, in der die Familie eine untergeordnete Rolle spielt - ganz neutral gemeint. - Insofern ist unsere westliche Gesellschafts-Philosophie nicht das Maß aller Dinge.

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