Pluto hat geschrieben:Aramat hat geschrieben:Genau das ist der Punkt. Es kann bei solchen Traumatas zu Veränderungen in den Synapsen des Gehirns kommen. Es kann zu posttraumatische Belastungsstörung kommen.
Das sind allgemeine postoperative Traumata, die bei allen Operationen vorkommen können, aber in äußerst seltenen Fällen auftreten. Bei einer Beschneidung ist mir ein solcher Fall nicht bekannt. Mit psychischen Störungen zu argumentieren erscheint mir deshalb etwas gewagt.
Das Thema "Beschneidung" ist tatsächlich sehr kompliziert. Grundsätzlich kann man sagen, dass Befürworter wie Gegner genügend Internetseiten finden um auch mit wissenschaftlichen Arbeiten ihre Meinung zu belegen. Also wer was Bestimmtes sucht, findet es passend zu seiner Voreinstellung.
Vorsichtig werde ich jedoch immer dann, wenn "emotionalisierende Begriffe" in einem wissenschaftlichen Substract gebracht werden. Solche Begriffe sind z.B. "Verstümmelung", "Sexuelle Gewalt", oder "Posttraumatische Belastungsstörung" (der Begriff wurde aufgebracht über Spätfolgen bei Vietnamheimkehrern).
Der Begriff Verstümmelung z.B. kann rein formal verstanden werden, als Entfernung eines Teils der Körpers. Jedoch wird darunter zweckmäßigerweise sicher die Entfernung eines Körperteils mit nennenswerten funktionalen Einschränkungen verstanden sein wollen. Und selbst dann ist es ein unsachlicher emotionaler Begriff.
Als Beschnittener fühle ich mich nicht verstümmelt. Das Sexuelle ist ein klein wenig anders, aber nicht weniger schön als vorher, eigentlich merkt man beim eigentlichen Akt überhaupt keinen Unterschied. Nach der "Zahl der Nervenenden"-Diskussion der Beschneidungskritischen dürfte dies gar nicht sein. Da ist dann auch der Punkt, wo ich entsprechende Abhandlungen (manchmal auch von promovierten Fachleuten) schlicht als unseriösen Unfug betrachte.
Ähnlich auch beim Begriff "traumatisch". Wie verwendet man den Begriff? Ist jeder Schmerz traumatisch? So albern ist die Frage nicht, da jeder Schmerz grundsätzlich ein Trauma auslösen KANN. Bei einem tut's dies auch beim anderen nicht. Und auch bei ganz anderen Dingen, das kann im falschen Kontext und zum falschen Zeitpunkt der psychischen Befindlichkeit des Betroffenen sogar eine Ohrfeige des Vaters sein, oder ein wütend gesprochenes Wort.
Schwierig ist bei der Behauptung (unabhängig davon ob sie wahr ist oder nicht) traumatischen Erlebens bei der Beschneidung im Babyalter, einen eindeutigen Ursachen-Wirkung-Zusammenhang herzustellen. Für den Naturwissenschaftler ist das einfacher, weil man z.B. einen elektrischen Schaltkreis auch isoliert erforschen kann von anderen Einflüssen. Beim Menschen ist dies schwieriger. So hart wie es klingt: beim 8 Tage alten Jungen ist es schlicht nicht feststellbar, ob ein bloßes unangenehmes Gefühl vorliegt oder bereits ein Schmerz. Ein Kind schreit auch, wenn die Brust der Mutter nicht schnell genug da ist, oder das Licht im Zimmer ausgeht (und rein theoretisch könnte es dadurch traumatisiert werden) Bei der Beschneidung ist es auch nicht so, dass das Kind leichenblass wird und dann minutenlang wimmert. Viele reagieren gar nicht, sondern verziehen nur die Mundwinkel. Was nun?
Ich persönlich gehe davon aus, dass es ohne weitere betäubende Mittel schmerzhaft ist und kann dies auch gut begründen (Eigenes Empfinden bei Schnittverletzungen, auch wenn hier eine große Bandbreite ist und das dies sogut wie alle anderen auch so sehen dürften).
Aber der wesentliche Teil bleibt: man kann NICHT sagen, wie "beeindruckend" das unangenehme bis schmerzhafte Gefühl ist und damit auch nicht von vornherein von traumatischem Erleben ausgehen. Das andere ist, dass selbst schmerzhafteste Ereignisse relativ selten traumatische Folgen nach sich ziehen, die den Betroffen merklich beeinträchtigen.
Insofern kann man mit Sicherheit sagen, dass ein bloßer schmerzhafter Eingriff für sich alleine gesehen kein Trauma auslöst, sondern da kommt etwas anders (Psychisches, Kontext, etc.) hinzu.
Hinzu kommt, dass "Traumas" beim Erwachsenen zurückzuführen auf Erlebnisse im Babyalter schlicht Humbug ist. Jeder Mensch ist in der Kindheit hundertausenden von unangenehmen Erlebnissen ausgesetzt. Welches war es nun?