closs hat geschrieben:Moment: Aber nur dann, WENN es der Fall ist. - Das Missverständnis mag darin liegen, dass aus meiner Sicht etwas der Fall sein kann, auch wenn ich es nicht weiss. - Deshalb mein Plädoyer, dass Wissenschaft sich nur positiv (damit ist NICHT "positivistisch" gemeint) äußern sollte:
1) Die Wissenschaft bestätigt per Beobachtung die Hypothese, dass etwas der Fall sei.
2) Die Wissenschaft bestätigt per Beobachtung NICHT die Hypothese, dass etwas der Fall sei.
Punkt.
Nun kann man aus pragmatischen Gründen (und der KR ist eine sehr pragmatische Methodik) sagen: Bei allem, was 2) ist, tue ich so, als sei es nicht der Fall (egal ob es der Fall ist oder nicht) - es ist methodisch als "irrelevant", "verworfen" zu betrachten. - Nix dagegen - aber das ist doch eine rein methodische Aussage und keine ontologische Aussage darüber, ob es WIRKLICH der Fall ist oder nicht der Fall ist.
Mein Verdacht ist, dass hierbei der Unterschied zwischen "methodisch" und "ontologisch" nicht erkannt wird - das "kenne ich nicht, gibt's also nicht" scheint diesen kategorialen Unterschied nachhaltig zu verwischen. - Dieses Vorgehen muss ich natürlich verurteilen.
Richtig wäre: Wssenschaft sagt 1) oder 2) - alles andere kümmert sie nicht. - Und genau so verstehe ich Anton.
Das ist ein ganz klein wenig, aber doch entscheidend, nicht richtig verstanden.
Dein Fehler liegt immer noch hier:
closs hat geschrieben:Meine Interpretation: Wissenschaft hat den Anspruch, sein Modell zu bewähren, aber nicht, im Bezug zu dem zu sein, "was der Fall ist". - Aus meiner Sicht ist Anton hierin viel radikaler, als ich es dem Mund eines Wissenschaftlers erwartet hätte.
Der Anspruch der Wissenschaft liegt darin, ihre eigenen Modelle zu
Falsifizieren!Das zu verstehen, fällt vielen Wissenschaftslaien am schwersten. Die Bewährungen sind eigentlich die "Unfälle", die sich womöglich immer mehr ansammeln, aber niemals nicht dem Modell ein gesichertes Fundament geben können. Letztlich deshalb, weil es für ein wissenschaftliches Modell nach dem Verständnis der Wissenschaft niemals ein gesichertes Fundament geben kann. Eigentlich ist es aber bestenfalls einfach nur
vernünftig, sich auf ein vielfach getestetes Modell zu verlassen, dessen "unglaubliche" Vorhersagen wider alle Vernunft doch mit den gemachten Beobachtungen übereinstimmen. Die Falsifizierung hat über alle Bewährungen das Primat.
So kommt die Wissenschaft zu dem Schluss, Hahnemanns HP passe nicht zu den Beobachtungen der abgeleiteteten Beobachtungsvorhersagen, ist nicht kohärent mit anderen Theorien usw. usf. Das sind alles aktiv festgestellte "positive" Ergebnisse in Deinem Sinne, also Aussagen, und keine Nicht-Aussagen.
Und diese Aussagen sind begründet! Und "Wissen" im philosophischen Sinne wird seit Aristoteles genau so definiert. Deshalb können wir korrekt sagen: Wir
wissen, dass das Hahnemann'sche HP-Modell falsifiziert ist.
In die Bredouille kommt dann der, der "Wissen" im Sinne von "starker Kenntnis, was der Fall ist", oder präziser: "großer Überzeugung, das zu kennen, was der Fall ist" usw., definiert.
Also: Dein Ansatz, die Wissenschaft solle ausschließlich Positives aktiv (positiv) nachweisen, geht nicht, weil der Popper seine Finger in diese Wunden gelegt hat. Die Methodik des kritischen Rationalismus aber ist: Die Wissenschaft soll "Falsches" aktiv (positiv) nachweisen. Im Kontext von Modellen, Beobachtungsvorhersagen und Beobachtungen nennt sich das Ganze dann die "hypothetisch-deduktive Methode" und repräsentiert den kritischen Teil im kritischen Rationalismus. Und der dürfte damit in Deinen Augen erst so richtig radikal sein.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.