Die Rollen von Mann und Frau

Leben in einer christlich geprägten Gesellschaft
Ehe & Familie, Partnerschaft & Sexualität, Abtreibung, Homosexualität
Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#21 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von Pluto » Mi 23. Dez 2015, 11:29

ThomasM hat geschrieben:Aber ich habe mich eingeschaltet, als Piscator von dem "biblischen Bild der Frauen an den Herd" geschrieben hat und das ist definitiv falsch.
Wie ich auch erwähnte, ist dieses Bild sehr modern und in einer Gesellschaft in Kaiserreich und Faschismus entstanden, als das Ideal des die Familie versorgenden Mannes die berufliche Tätigkeit der Frau überflüssig zu machen schien.
Man kann dem Faschismus vieles unterjubeln, aber sicher nicht den Chauvinismus der "Frauen an den Herd" Parolen; diese Denkart war schon vorher weit verbreitet.

Auch wenn dieser Spruch neuer ist als die Bibel, so kann man nicht leugnen, dass die Bibel in einer patriarchalen Zeit verfasst wurde, in der Frauen nichts zu "melden" hatten; sie galten (wie heute auch in Teilen des Islam) einfach als Sexspiezeug für Männer. Ansonst sollten sie sich möglichst unauffällig verhalten und sich um Brut und Haushalt kümmern.
Das ist übrigens ein wichtiger Grund anzunehmen, dass die Bibel NICHT das inspirierte Wort Gottes ist, sondern eine Legenden Sammlung der Menschen aus jener Zeit.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#22 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von sven23 » Mi 23. Dez 2015, 12:29

ThomasM hat geschrieben: Wo hätte ich denn je so getan, als hätte die Kirche in dieser Hinsicht nicht jede Menge Probleme?
Die Kirche(n) als menschliche Institutionen haben sich seit jeher dem Zeitgeist untergeordnet und so sind auch gesellschaftlich übliche Bilder mit biblischen "Begründungen" versehen worden. Das ist ja eines der Gründe, warum ich so gereizt reagiere, wenn so manche Schreiber hier so hoheitsvoll von "dem Wort Gottes" sprechen, als gäbe es nur eine Möglichkeit, die Texte auszulegen.
Frei sprechen kann man die Bibel aber auch nicht. Die Frau solle sich dem Mann unterordnen, sie habe in der Gemeinde zu schweigen, sie wi überhaupt nur um den Mannes willen geschaffen worden usw. haben ja gerade der Kirche als Grundlage für ihre frauenfeindliches Weltbild gedient.

ThomasM hat geschrieben: Wie ich auch erwähnte, ist dieses Bild sehr modern und in einer Gesellschaft in Kaiserreich und Faschismus entstanden, als das Ideal des die Familie versorgenden Mannes die berufliche Tätigkeit der Frau überflüssig zu machen schien.
Frauen an den Herd ist ja nur ein Synonym für ein patriarchalisches Weltbild, nach dem die Frau auf Heim und Kinder beschränkt sein soll. Das ist aber nicht erst im Faschismus entstanden, wenngleich es als Ideal propagandistisch verwertet wurde. (in der Rüstungsindustrie durften dann die Frauen mangels männlicher Arbeitskräfte ihren "Mann" stehen.)
Viel verändert hatte sich bis dato die letzten 2000 Jahre nicht. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist kein biblisches und kein kirchliches Projekt gewesen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#23 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von ThomasM » Mi 23. Dez 2015, 12:32

Pluto hat geschrieben: Das ist übrigens ein wichtiger Grund anzunehmen, dass die Bibel NICHT das inspirierte Wort Gottes ist, sondern eine Legenden Sammlung der Menschen aus jener Zeit.
Dass du das so sehen musst, ist klar.
Aber wenn du diejenigen von uns, die sich wirklich mit der Bibel beschäftigen, siehst, dann weißt du, dass theologisch von "Gottes Wort in Menschen Wort" gesprochen wird.
Das heißt, dass die Bibel nicht wörtlich inspiriert ist, aber wohl inspiriert ist und von den inspirierten Menschen im Rahmen ihrer zeitlichen und gesellschaftlichen Denkweise ausgelegt und dargelegt wurde.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#24 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von closs » Mi 23. Dez 2015, 13:23

sven23 hat geschrieben:Die Frau solle sich dem Mann unterordnen
Außerhalb des Hauses - im Haus eher umgekehrt. - Zugegeben: Trotzdem ein schwieriges Thema.

Aus meiner Sicht geht diese Diskussion zurück auf die Frage: Wie stellt man die unterschiedlichen Charismen von Mann und Frau in der Gesellschaft dar?

Dazu gibt es zwei Antworten:
1) Man negiert die Unterschiedlichkeit dieser Charismen - dazu neigt der Materialismus und somit unsere westliche Kultur.
2) Man negiert sie nicht und muss sie somit irgendwie abbilden - aber wie am besten? - Schwierig.

Die beste Lösung sehe ich in ländlichen Gegenden: Selbstbewusste Frauen, die den Mann gerne nach vorne schicken und selbst trotzdem die Kontrolle behalten. - Nach außen sieht es Unterordnung aus und ist mitnichten dieses.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#25 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von Pluto » Mi 23. Dez 2015, 13:43

closs hat geschrieben:Aus meiner Sicht geht diese Diskussion zurück auf die Frage: Wie stellt man die unterschiedlichen Charismen von Mann und Frau in der Gesellschaft dar?
Bis zum 20. Jahrhundert lebten wir in einer patriarchalischen Gesellschaft. Erst in den letzten 100 Jahren öffnete man sich und betrachtete die Frau als vollwertig.
Thomas von Aquin glaubte dass die Frau ein missratener Mann sei.
Und in der Schweiz bekamen erst 1993 die letzten Frauen das Stimm und Wahlrecht.

closs hat geschrieben:Dazu gibt es zwei Antworten:
1) Man negiert die Unterschiedlichkeit dieser Charismen - dazu neigt der Materialismus und somit unsere westliche Kultur.
2) Man negiert sie nicht und muss sie somit irgendwie abbilden - aber wie am besten? - Schwierig.
Ja. Es war für die Männer schwierig, den Prozess der Emanzipation anzuerkennen.

closs hat geschrieben:Die beste Lösung sehe ich in ländlichen Gegenden: Selbstbewusste Frauen, die den Mann gerne nach vorne schicken und selbst trotzdem die Kontrolle behalten. - Nach außen sieht es Unterordnung aus und ist mitnichten dieses.
Wo ist das zu beobachten? Ich halte das für eine Mär.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#26 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von closs » Mi 23. Dez 2015, 13:49

Pluto hat geschrieben:Wo ist das zu beobachten? Ich halte das für eine Mär.
Geh mal (nicht nur) in unser Umfeld. - Da sind modernistisch unversaute Familien,
* die unterm Jahr arbeiten,
* am Wochenende nach Möglichkeit feiern,
* auch mal mit der Familie zusammen für ein Jahr in London leben, weil sie auf Montage sind,
* im Urlaub nach Marokko oder Thailand fahren,
* Freunde in Frankreich haben, weil sie nebenbei in einem Partnerschafts-Kommittee sind,
* modisch angezogen sind,
* VW oder Audi fahren.

In diesem Umfeld ist ein feines, wenn auch unreflektiertes Verständnis für die unterschiedlichen Charismen von Mann und Frau zu erkennen, das ganz sicher NICHT auf Kosten der Frau geht. - Es kann also funktionieren.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#27 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von Pluto » Mi 23. Dez 2015, 13:56

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wo ist das zu beobachten? Ich halte das für eine Mär.
Geh mal (nicht nur) in unser Umfeld. - Da sind modernistisch unversaute Familien,
* die unterm Jahr arbeiten,
* am Wochenende nach Möglichkeit feiern,
* auch mal mit der Familie zusammen für ein Jahr in London leben, weil sie auf Montage sind,
* im Urlaub nach Marokko oder Thailand fahren,
* Freunde in Frankreich haben, weil sie nebenbei in einem Partnerschafts-Kommittee sind,
* modisch angezogen sind,
* VW oder Audi fahren.
Ich vermute, Du leidest unter historischer Myopie (Kurzsichtigkeit).
War das vor 100 oder 200 Jahren auch schon so?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#28 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von closs » Mi 23. Dez 2015, 14:16

Pluto hat geschrieben:War das vor 100 oder 200 Jahren auch schon so?
Da lohnt es sich, einmal Arnold Hausers "Sozialgeschichte" zu lesen. - Dort geht es zwar im wesentlichen um Kunst und Literatur, aber immer im Kontext mit den soziologischen Gegebenheiten der jeweiligen Zeit. - Nach meiner Erinnerung (habe es vor 30 Jahren gelesen) wurde in seiner Skizzierung der Alltags-Realität des mittelalterlichen Städtewesens ziemlich deutlich, dass die Frau damals eher die Rolle der nudelholz-schwingenden Walküre spielte als die Rolle des unterdrückten Heimchens. - Da wird man sehr differenziert hinschauen müssen.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#29 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von sven23 » Mi 23. Dez 2015, 15:05

closs hat geschrieben:Geh mal (nicht nur) in unser Umfeld. - Da sind modernistisch unversaute Familien,
* die unterm Jahr arbeiten,
* am Wochenende nach Möglichkeit feiern,
* auch mal mit der Familie zusammen für ein Jahr in London leben, weil sie auf Montage sind,
* im Urlaub nach Marokko oder Thailand fahren,
* Freunde in Frankreich haben, weil sie nebenbei in einem Partnerschafts-Kommittee sind,
* modisch angezogen sind,
* VW oder Audi fahren.

In diesem Umfeld ist ein feines, wenn auch unreflektiertes Verständnis für die unterschiedlichen Charismen von Mann und Frau zu erkennen, das ganz sicher NICHT auf Kosten der Frau geht. - Es kann also funktionieren.

Ja ,heute kann es funktionieren, das ist aber weder der Bibel noch der Kirche zu verdanken.
Ehrlicherweise muß man aber sagen, daß die Unterpriveligierung der Frauen kein Alleinstellungsmerkmal des Christentums war.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#30 Re: Die Rollen von Mann und Frau

Beitrag von closs » Mi 23. Dez 2015, 15:46

sven23 hat geschrieben:das ist aber weder der Bibel noch der Kirche zu verdanken.
Da bin ich mir nicht mal so sicher. - Die Bibel drückt sich sehr viel differenzierter aus, als sie in Sachen Mann/Frau gerne hämisch zitiert wird.

Antworten