piscator hat geschrieben:Man muss sich nur mal vor Augen führen, wann gute Katholiken sich "erkennen" dürfen und wann nicht
Was Du da zitierst, ist weder christlich noch biblisch. - Es klingt so, als wäre das real existierender Katholizismus auf dem Lande gewesen.
Magdalena61 hat geschrieben:Wie kommst du denn auf so etwas?
Erst mal zur Präzisierung. - Du bestätigst biblisch, dass eine "Zusammenfügung" des Menschen als Mann und Frau nicht geschieden werden dürfe durch den Menschen. - Damit machen wir mal den Sacken erst mal von hinten zu.
Jetzt zum Kern:
Gott schafft die Welt aus sich (!) heraus ("de Deo") und gibt diese Schöpfungsgabe ebenbildlich an den Menschen weiter - Mann und Frau schöpfen sozusagen das Kind. - Alternative: Gott schafft die Welt aus dem Nichts heraus ("ex nihilo") - könnte er auch. - Gäbe er dies ebenbildlich weiter, würden Menschen ihren Sex haben und unabhängig davon ihren Nachwuchs bestellen, der dann von einem Engel oder dem Storch gebracht werden würde. - So ist es aber nicht.
Verbunden mit dem "Vermehret Euch" heißt dies, dass fundamental-theologisch Sexualität und Wiederschöpfung
wesensmäßig verbunden sind. - Also im Prinzip: Es gäbe keinen Grund für sexuelle Anlagen ohne diese wesensmäßige Verbindung. - Daraus ergeben sich Schlussfolgerungen - nämlich:
Sexualität ist christlich nur erlaubt, wenn diese Wesensmäßigkeit beachtet wird. - Was heißt das und was heißt das nicht?
Es heißt zunächst, dass Sexualität ohne Wiederschöpfungsmöglichkeit von vorneherein keine Grundlage hat - das ist ja genau das Argument gegen HS. - Es heißt auch, dass Sexualität ohne Kinderwunsch ebenfalls keine fundamental-theologische (oder biblische) Grundlage hat. - Der Kinder-WUNSCH ist entscheidend.
Allerdings muss man da jetzt heftig differenzieren:
* Ein Paar, das unfruchtbar ist, darf sexuell zusammen sein, weil ja der Kinderwunsch da ist.
* Ein Paar, das seine Familienplanung abgeschlossen hat, darf sexuell zusammen sein, weil der Kinderwunsch ja erfüllt wurde (spirituell stehe ich hinter dieser Deutung, die allerdings von Hardlinern in Frage gestellt werden könnte).
* Ein Paar, das Kinderwunsch hat, ihn sich aber erst in näherer Zukunft erfüllen will, darf ebenfalls sexuell zusammen sein (spirituell stehe ich hinter dieser Deutung, die allerdings von Hardlinern in Frage gestellt werden könnte).
* Ein Paar, das grundsätzlich KEINEN Kinderwunsch hat, darf biblisch gesehen sexuell NICHT zusammen sein, weil (wegen der wesensmäßigen Verbindung von Sexualität und Wiederschöpfung) Sexualität nie nur eine bilaterale, sondern immer eine trilaterale Sache ist.
WÄRE es so, dass man Sexualität grundsätzlich als bilaterale Sache verstehen würde (zu der so-was-aber-auch halt auch mal eine Geburt dazukäme), fiele mir kein Argument gegen HS ein - dann wäre die Ebenbildlichkeit menschlicher Schöpfung zu göttlicher Schöpfung negiert.
Damit von irgendwoher keine platten Kommentare kommen, eine weitere Differenzierung:
Früher war die Zeit zwischen Fruchtbarkeitsbeginn und Mutterschaft vielleicht 2 Jahre - heute sind es schnell mal 20 Jahre. - Früher starben die Menschen mit 40 - heute mit 80. - Wie geht man damit um?
Was die jungen Leute angeht, wäre das Problem (immer unter christlichen Gesichtspunkten) dadurch gelöst, dass man sich an einen Partner bindet, mit dem man Kinder haben will, diese Wunscherfüllung aber verschiebt (siehe oben) - immerhin wäre damit das K.O.-Kriterium "Kinderwunsch" geregelt. - Wenn ich mir als älterer Mensch vorstelle, nach Ablauf meiner Ehe allein zu sein, würde ich mir ganz sicher KEINE Gedanken machen, ob eine sexuelle Partnerschaft mit einer altersbedingt unfruchtbaren Frau spirituell erlaubt wäre - ich würde es tun. - Spirituell könnte man das damit begründen, dass auch da ein Kinderwunsch da sein könnte im Sinne von 'Würde wir Kinder bekommen können, hätten wir gerne zusammen ein Kind'. - Aber diesen Fall gab es zu biblischen Zeiten eben vermutlich nicht - also muss man spirituell "improvisieren". - Es ist mir bewusst, dass die Praxis einige Stolpersteine mit sich bringt, wenn man sie spirituell (also in Orientierung an Gott) interpretieren will. - Insofern gibt es nicht für jeden Fall eine leichte Lösung.
Kernpunkt für den Normalfall sollte aber bleiben, dass fundamental-theologisch/biblisch die WESENS-Verbindung zwischen Sexualität und Wiederschöpfung dadurch nicht im Grundsatz in Frage gestellt ist.
Wenn Du mich jetzt fragen würdest, inwieweit ich mich selber im Leben an diese Erkenntnisse gehalten habe, würde ich Dir sagen, dass ich bei mir immer eine erhebliche Differenz zwischen spiritueller Erkenntnis und tatsächlichem Tun feststellen musste. - Und wahrscheinlich ist das genau der Kern der Sache: Das, was sein soll, stimmt oft nicht mit dem überein, was dann in der Praxis ist. - Aber man kann diese Spannung zwischen Soll und Ist nicht einfach dadurch auflösen, dass man das Soll aufweicht.