Thunfisch hat geschrieben:Immer wieder frage ich mich wie es dazu kam dass der Islam entstanden ist. Ich meine weil gesagt wird dass die Bibel verfälscht wurde. Was wurde verfälscht und wann?
Gutes Thema!
Ich denke, beim Entstehen einer Religion aus einer anderen heraus, kommt es grundsätzlich zu einem "Mentalitätswandel", d.h. irgendwo passt den Nachfolgern die Betonung der Inhalte durch die Vorgänger nicht.
Entscheidend ist also, wer sind die Vorgänger, wer die Nachfolger und was ist die Betonung.
Schaut man sich den Übergang vom Judentum zum Christentum an, dann formte sich die erste Neubetonungsgruppe, die Zeloten, zum Zeitpunkt der Volkszählung (der Zeitpunkt ist aus der Bibel bekannt).
Die Zeloten betonten "die Reinheit im Verhalten der Gläubigen" als Grundlage für eine göttliche Unterstützung gegen die Römer, die sich in Form eine Messias und eines Gottes-Reiches ergeben sollte.
Die Zeloten waren hierbei auf Durchsetzung durch Gewalt ausgerichtet.
Meiner Meinung nach hat sich das Christentum nach dem Scheitern sämtlicher auf Gewalt ausgerichteter Zeloten-Aktivitäten (Kriegsniederlagen, Totalverlust von Tempel und religiösen Grundlagen/Illusionen, Vernichtung, Vertreibung aus dem "heiligen Land") durch einen Wandel der Einstellung zur Gewalt ergeben.
Den Vorgang des Wechsels zur "christlichen Religion" verorte ich zeitlich nicht in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts (d.h. für mich ist die "Jesus"-Legende nur eine literarische Rückschau, aber keine wirkliche Begebenheit), sondern eher am Ende des zweiten Jahrhunderts (dort findet man Schriften und Symbole).
Von der Hierarchie her bildet sich damit ein Entwicklungspfad "Judentum->Zeloten->Christentum"
Der Islam, der anscheinend ein komplett eigenes Lebens-Regelwerk mit deutlicher Gewalteinstellung (die Mohammed-Figur soll wohl klar kriegerisch ausgerichtet "gewesen" sein) darstellt, könnte einen anderen Entwicklungspfad darstellen.
"Judentum->Islam" oder "Judentum->Zeloten->Islam", so dass das Christentum (aus islamischer Sicht) eher einen Nebenzweig darstellt, der "falsch betont" und damit eine "verfälschte" Haltung sein soll.
Ich habe gehört, dass "Jesus" im Islam als Prophet gelten soll, wodurch der Islam im Grunde die "Jesus"-Legende berücksichtigt, aber auf eine andere Betonung Wert legt: "Jesus" wird hier in keiner Weise als "Gott" angesehen.
Aus meiner Sicht könnte der Islam eher die Zeloten-Mentalität enthalten, wodurch ich den Entwicklungspfad "Judentum->Zeloten->Islam" als Idee favorisieren würde.
Das Christentum wäre damit aus Islam-Sicht eine "falsche Richtung" (umgekehrt nicht weniger).