Punch hat geschrieben: ↑Fr 14. Feb 2020, 16:45Zwiespältigkeiten in Goethes Lebenswerk sind eigentlich normativ, wie so vieles, man sollte aber dann auch die Texte nicht außer acht lassen, in denen sich Goethe durchaus positiv zu Bibel und Glauben äußert, vor allem in seinem Alterswerk, hier einige Kostproben und der Wahrheit die Ehre gegeben:
Die Bibel ist so voller Gehalt, daß sie mehr als jedes andre Buch Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit zu Betrachtungen über die menschlichen Dinge darbietet.
(Quelle: Goethe, J. W., Autobiographisches. Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit, 1811, 2. Teil, 7. Buch)
Ich bin überzeugt, daß die Bibel immer schöner wird, je mehr man sie versteht, das heißt, je mehr man einsieht und anschaut, daß jedes Wort, das wir allgemein auffassen und im besondern auf uns anwenden, nach gewissen Umständen, nach Zeit- und Ortsverhältnissen einen eigenen, besondern, unmittelbar individuellen Bezug gehabt hat.
(Quelle: Goethe, Maximen und Reflexionen. Aphorismen und Aufzeichnungen.)
Deshalb ist die Bibel ein wirksames Buch, weil, solange die Welt steht, niemand auftreten und sagen wird: Ich begreife es im Ganzen und verstehe es im Einzelnen. Wir aber sagen bescheiden: Im Ganzen ist es ehrwürdig und im Einzelnen anwendbar.
(Maximen und Reflexionen, Aus Kunst und Altertum 1826)
Das ist richtig, diese Ambivalenz findet man bei vielen großen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte.
Ich würde aber meinen, dass Goethe zeitlebens kritisch gegenüber der Institution Kirche und dem Christentum eingestellt war, was seinem Glauben an einen Gott ja keinen Abbruch tat.
Abgesehen von einer kurzen Phase der Annäherung an pietistische Glaubensvorstellungen, die ihren Höhepunkt während Goethes Rekonvaleszenz von einer schweren Erkrankung in den Jahren 1768–1770 fand, blieb er gegenüber der christlichen Religion kritisch eingestellt.[192] Schon früh hatte er dem mit ihm befreundeten Theologen Johann Caspar Lavater in einem Antwortbrief 1782 beschieden, er sei „zwar kein Widerkrist, kein Unkrist aber ein dezidirter Nichtkrist“.[193] Der Goetheforscher Werner Keller fasst Goethes Vorbehalte gegen das Christentum in drei Punkten zusammen: „Die Kreuzessymbolik war für Goethe ein Ärgernis, die Lehre von der Erbsünde eine Entwürdigung der Schöpfung, Jesu Vergottung in der Trinität eine Blasphemie des einen Gottes.“[
Quelle: Wikipedia
Wohl wahr, oder man denke an seine Polemik gegen Isaac Newton über die Natur des Lichts. Er, Goethe, sei „unter Millionen der Einzige“ gewesen, der den „entscheidenden Irrtum Newtons“ erkannt habe, zeugt von gewisser Selbstüberschätzung.
Und Realitätsverlust war ihm auch nicht fremd, als er mit 74 eine 19-jährige heiraten wollte.
Die gute Ulrike war wohl so schockiert, dass sie nie heiratete, obwohl sie 95 Jahre alt wurde.