Reinkarnation

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
Punch
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#491 Re: Reinkarnation

Beitrag von Punch » Sa 22. Feb 2020, 18:40

Claymore hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 18:09
Scrypton hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 11:58

Du bist eben so weit von seinem eigenen subjektiven Glauben überzeugt, dass du dir einbildest, bei deinem Glauben würde es sich um Wissen handeln - nichts desto trotz ist und bleibt es Glaube. :0)

Code: Alles auswählen

while(true){
Spice->petitio_principii("Das meinst du nur, weil du offensichtlich blind für dieses Wissen bist!");
Scrypton->petitio_principii("Das sagst du nur, weil du dir eben einbildest, dass dein Glaube Wissen ist!");
}
Schon von der logischen Struktur derart … gehaltlose Diskussionen … gibt’s anscheinend nur wenn es um weltanschauliche Dinge geht.



Fertig. Nächstes Thema.

Die logischen Strukturen in politischen oder auch weltanschaulichen Foren? Stellt sich dann automatisch die Frage, was du unter einer logischen Struktur in einem weltanschaulichen Forum verstehst, in denen der allgemeine Hickhack um Glaube und Nichtglaube doch vorprogrammiert ist, in einer gewissen Hinsicht der niemals endende Streit "zur logischen Struktur" wohl einfach dazugehört.

Was sind denn diese weltanschaulichen Foren anderes, als anonyme Zettelkästen, oder Meinungs-Urnen menschlicher Irrationalität. Es gibt auch absolut friedliche Foren, in denen es weder Streit noch Hader gibt, aber dort ist wohl eine andere Klientel unterwegs. Ich schreibe seit 12 (zwölf) Jahren in so einem Forum und des funktioniert, immer noch, auch in den Zeiten von endlosen Flame-Wars und Shitstorms.

Claymore
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#492 Re: Reinkarnation

Beitrag von Claymore » Sa 22. Feb 2020, 19:58

Punch hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 18:40
Die logischen Strukturen in politischen oder auch weltanschaulichen Foren? Stellt sich dann automatisch die Frage, was du unter einer logischen Struktur in einem weltanschaulichen Forum verstehst, in denen der allgemeine Hickhack um Glaube und Nichtglaube doch vorprogrammiert ist, in einer gewissen Hinsicht der niemals endende Streit "zur logischen Struktur" wohl einfach dazugehört.

Was sind denn diese weltanschaulichen Foren anderes, als anonyme Zettelkästen, oder Meinungs-Urnen menschlicher Irrationalität. Es gibt auch absolut friedliche Foren, in denen es weder Streit noch Hader gibt, aber dort ist wohl eine andere Klientel unterwegs. Ich schreibe seit 12 (zwölf) Jahren in so einem Forum und des funktioniert, immer noch, auch in den Zeiten von endlosen Flame-Wars und Shitstorms.
Tja, vielleicht ist das bei mir die romantische Vorstellung, dass es besser werden muss wo Foren anachronistisch sind und abseits des Mainstreams liegen. Wie die Fahrgäste sich in der “Eisenbahn-Nostalgiefahrt” mit Dampflok auch besser benehmen und freundlicher sind als in der S-Bahn.

Wie dem auch sei…

Natürlich kann man online niemanden überzeugen. Aber die Tatsache, dass sich ähnliche Debatten mit anderen Usern immer wieder wiederholen ist was anderes als die extrem offensichtliche Schleife hier mit den gleichen Usern.

Vielleicht kann ja mal darauf eingehen warum man Gott mit Einhörnern oder anderen Fabelwesen jetzt gleichsetzen darf?

Nichts gegen das Einhorn per se, ich benutze es auch, aber nur als Beispiel, weil es was ist wo ich mir ziemlich sicher sein kann, dass der Gegenüber auch nicht dran glaubt.

Generell gilt doch, dass nur weil sich die Existenz von etwas nicht beweisen lässt, man es nicht gleich für so absurd erklärt wie die Existenz von Einhörnern, Elfen oder Kobolden. Magnetische Monopole sind doch auf einer anderen Ebene angesiedelt als Einhörner?

Also, warum ist der so beliebte Vergleich zwischen Gott und Einhörnern/Elfen/Kobolden treffend?

Der Vergleich ist schon im “Gotteswahn” von Dawkins zu finden (mit Elfen)…  also wahrscheinlich noch älter. Vielleicht kann man ihn ja mal nach 15 oder 20 Jahren Benutzung erklären. Ohne petitio principii.

JackSparrow
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#493 Re: Reinkarnation

Beitrag von JackSparrow » Sa 22. Feb 2020, 20:35

Arjuna hat geschrieben:
Fr 21. Feb 2020, 22:09
Selbst die Kämpfe des Lebens werden mehr zu einem Spiel.
Daher der Vorschlag mit dem Holzhammer, oder wie sprach doch der erleuchtete Mike Tyson: "Everybody has a plan until they get punched in the mouth."

Punch
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#494 Re: Reinkarnation

Beitrag von Punch » Sa 22. Feb 2020, 21:08

Claymore hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 19:58
Punch hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 18:40
Die logischen Strukturen in politischen oder auch weltanschaulichen Foren? Stellt sich dann automatisch die Frage, was du unter einer logischen Struktur in einem weltanschaulichen Forum verstehst, in denen der allgemeine Hickhack um Glaube und Nichtglaube doch vorprogrammiert ist, in einer gewissen Hinsicht der niemals endende Streit "zur logischen Struktur" wohl einfach dazugehört.

Was sind denn diese weltanschaulichen Foren anderes, als anonyme Zettelkästen, oder Meinungs-Urnen menschlicher Irrationalität. Es gibt auch absolut friedliche Foren, in denen es weder Streit noch Hader gibt, aber dort ist wohl eine andere Klientel unterwegs. Ich schreibe seit 12 (zwölf) Jahren in so einem Forum und des funktioniert, immer noch, auch in den Zeiten von endlosen Flame-Wars und Shitstorms.
Tja, vielleicht ist das bei mir die romantische Vorstellung, dass es besser werden muss wo Foren anachronistisch sind und abseits des Mainstreams liegen. Wie die Fahrgäste sich in der “Eisenbahn-Nostalgiefahrt” mit Dampflok auch besser benehmen und freundlicher sind als in der S-Bahn.

Also dann ein nostalgisch gestimmtes Klientel, das in der Gewissheit der Erfüllung ihrer Erwartungshaltungen durch die Lande dampft.

Wobei sich in weltanschaulichen Forum oft selbst einmal nicht die Eisenbahner wirklich grün sind, abgesehen von den Fahrgästen, die sich ausschließlich als Hüter des Feuers verstehen. Und auf jedem noch so kleinen Bahnhof wird gehalten, trotz Vorbehalte der Schaffnerei.
Also, warum ist der so beliebte Vergleich zwischen Gott und Einhörnern/Elfen/Kobolden treffend?

Vielleicht weil wir alle ahnen, das in der Mythe mehr wahrer Kern steckt, als in der Schale spekuliert wird? Die Mythe war zuerst, der Mythen-Traum, der heute noch an den Felswänden der Höhle von Lascaux von einem Denken kündet, das vielleicht wahrer war, als all das, was heute mit Trutz und Poch von den Religionen vereinnahmt wird.

Wer weiß das alles schon zu sagen, und genau hier beginnen die unendlichen Geschichten, die in weltanschaulichen Foren wie dieser Sinngruft niemals zu Ende erzählt werden können. Weil..., vielleicht weil wir schon in Angst vor der Schale leben, wie sollen wir dann zum Kern gelangen können?

Arjuna
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#495 Re: Reinkarnation

Beitrag von Arjuna » Sa 22. Feb 2020, 21:23

erbreich hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 17:56
Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 12:25
Allerdings bin ich kein Buddhist und deshalb wirst du es sicher verstehen, wenn ich dieser Lehre nicht in jeder Einzelheit zustimmen werde.
Klar, kein Problem, ich stimme deiner Sichtweise ja auch nicht in jeder Hinsicht zu.
 
Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 12:25
Wir sollten uns nicht in dogmatischen Streitigkeiten über bloße Begriffe verlieren, da stimme ich dir zu. Genau diese Starrheit im Denken wäre ein Ausdruck von Leid (Dukkha) nicht wahr?
Richtig:

Ein Dogmenkünder, wahrlich, ist nicht leicht belehrbar;
Erdachte Ansicht ist es, der er nachfolgt.
Woran er hängt, das, sagt er, sei das Gute,
Das 'Reine' kündend, wie er's eben ansieht.

Der Freie fügt sich nicht ein ins Maß
Von etwas, das begreifbar ist, benennbar.
Nicht mehr ergeht er sich in Theorien
Und hat sich auch dem Wissen nicht verschrieben.
Erkennend all die Meinungen der Menge,
Bleibt er betrachtend, wo die anderen greifen. 


(Sutta-Nipata, Verse 910-911)
Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 12:25
Im Hinblick auf das Thema ist das ohnehin nicht so wichtig, da die Reinkarnation auch ohne das Konzept einer ewigen Seele denkbar ist. Buddhisten sprechen stattdessen von einem Geist-Kontinuum / Bewusstseinsstrom, welches viele Leben durchläuft.
...bis es schliesslich zum Erlöschen (des Leidenskreislaufs, zum Nibbana) kommt. Allerdings braucht es das Wiedergeburtskonzept nicht, um zur buddhistischen Befreiung zu gelangen. Mit dem Erlöschen von Gier, Hass und (Selbst-) Verblendung ist Nibbana zu Lebzeiten realisiert und das ist es, worauf es wirklich ankommt.
Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 12:25
Im Hinblick auf alle vergänglichen Erscheinungen kann ich nur zustimmen: „Ich bin nicht dies, nicht dies, Neti Neti“.
Für den Buddhisten gilt dies nun nicht nur für die vergänglichen Erscheinungen, sondern auch für die Befreiung: Auch Nibbana ist selbstlos, ist nicht-Ich (anatta), ist leer (sunnata).
Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 12:25
Das ist eine mögliche Definition für „Moksha“: die Befreiung des Selbst vom Nicht-Selbst.
Aus buddhistischer Sicht gibt es keine Befreiung für ein Selbst. Jede auf ein Selbst bezogene Befreiung zeugt noch von der Ich-Ansicht, von der Unwissenheit bezüglich der Selbst- und Kernlosigkeit aller Wesen und Dinge (Dhammas, inkl. Nibbana) und hat daher den Leidenskreislauf (Samsara) noch nicht überwunden. 

Aber eben, wie oben aus dem Sutta-Nipata zitiert: Es ist sinnlos, sich im Theoretisieren und Konzeptualisieren zu verlieren. Auch das Anhaften an Konzepten und Glaubensüberzeugungen ist Dukkha und erzeugt weiteres Dukkha (was ja weltweit in den Religionsstreitigkeiten und zu allen Zeiten zu sehen war und auch heute noch zu sehen ist, auch hier in diesem Forum). Also lassen wir unsere unterschiedlichen Betrachtungsweisen weise als solche bestehen und achten uns als Menschen auch in unserer Unterschiedlichkeit der Auffassungen. Einverstanden?

🙏


 

Wir können viel von Indien lernen. Innerhalb der religiösen und philosophischen Traditionen Indiens hat es schon immer eine große Vielfalt gegeben. Das Resultat sind die verschiedenen „Darshanas“ (philosophischen Schulen), die sich im Laufe von Jahrtausenden entwickelt haben und immer weiter perfektioniert wurden. Beispielsweise die sogenannte „Charvaka-Schule“. Ihre Anhänger haben die Existenz eines Gottes, einer ewigen Seele und eines Lebens nach dem Tod verneint. Heute würden wir die Vertreter dieser Denkrichtung „Materialisten“, „Atheisten“ und „Nihilisten“ nennen. So unsympathisch mir diese Schule ist (aus meiner Verachtung mache ich kein Geheimnis :) ) aber das wurde in Indien seit jeher als ein möglicher philosophischer Standpunkt akzeptiert. Der Dalai Lama sagt dazu:

„Obwohl die Ansichten der Charvaka-Schule oft als nihilistisch kritisiert wurden, nahm man deren radikalen Materialismus als philosophischen Standpunkt ernst und bezeichnete ihren Gründer im Allgemeinen als rishi, also als „Weisen“. Charvaka-Anhänger erfuhren darüber hinaus ein gewisses Maß an Respekt und Anerkennung von indischen Herrschern, von denen viele außergewöhnliche Toleranz gegenüber anderen religiösen Überzeugungen an den Tag legten.“ (Rückkehr zur Menschlichkeit: Neue Werte in einer globalisierten Welt)

Die neuen Atheisten sind also nicht wirklich neu. Sie wiederholen nur die Argumente der Charvaka-Schule. Diese Diskussionen finden schon seit Jahrtausenden statt und werden auch in Zukunft stattfinden, solange menschliche Wesen dieses Universum bewohnen. Wobei ich mit Blick auf das alte Indien sagen muss: die Diskussionen haben schon mal auf einem höheren Niveau stattgefunden. Die Toleranz, Diskussionsfreude und Herzensgröße der Inder ist ein Vorbild für die gesamte Welt. Das sind die guten Früchte am göttlichen Baum der vedischen Kultur. Andernorts ist das leider nicht so selbstverständlich.

Also lassen wir unsere unterschiedlichen Betrachtungsweisen weise als solche bestehen und achten uns als Menschen auch in unserer Unterschiedlichkeit der Auffassungen. Einverstanden?

Selbstverständlich. Der Buddha-Dharma gehört zu den großen Darshanas. Buddha bedeutet „der Erwachte”. Wenn er erwacht ist, dann stellt sich die Frage: zu wem oder was ist er erwacht? Der Begriff macht nur Sinn, wenn es ein wahres Sein gibt zu dem wir erwachen können. Genau darum geht es in der Lehre des Vedanta. Vedanta bedeutet wörtlich „Ende des Wissens“. Veda heißt „Wissen“ – anta heißt „Ende“ -> Vedanta = Ende des Wissens. Das Ende des Wissens ist es, weil es zu dem hinführt, was immer war, ist und sein wird. Es geht um das Wiedererkennen unseres wahren Seins. Meine Schlussfolgerung: Buddhismus und Vedanta sind dasselbe.

Für den Buddhisten gilt dies nun nicht nur für die vergänglichen Erscheinungen, sondern auch für die Befreiung: Auch Nibbana ist selbstlos, ist nicht-Ich (anatta), ist leer (sunnata)

Vor einer Weile habe ich mir den Vortrag eines buddhistischen Meisters angehört und er sprach von einem „selbstlosen Selbst“. Ein wirklich raffinierter Begriff. Das hat für mich den gordischen Knoten gelöst ;) das entspricht sehr genau dem, was ich das wahre Selbst nennen würde. Das ist jenes Selbst, welches übrig bleibt, wenn wir das Erwachen aus der Illusion des Getrenntseins erfolgreich durchschritten haben. Das Bewusstsein weitet sich, und das Gefühl, ein getrennt existierendes Ich zu sein, verschwindet.
Überall dort, wo Kṛṣṇa, der Meister aller Mystiker, und Arjuna, der größte Bogenschütze, anwesend sind, werden gewiss auch Reichtum, Sieg, außergewöhnliche Macht und Moral zu finden sein...“ (Bhagavad Gita 18.78)

Claymore
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#496 Re: Reinkarnation

Beitrag von Claymore » So 23. Feb 2020, 02:09

Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 21:23
Die neuen Atheisten sind also nicht wirklich neu. Sie wiederholen nur die Argumente der Charvaka-Schule. Diese Diskussionen finden schon seit Jahrtausenden statt und werden auch in Zukunft stattfinden, solange menschliche Wesen dieses Universum bewohnen. Wobei ich mit Blick auf das alte Indien sagen muss: die Diskussionen haben schon mal auf einem höheren Niveau stattgefunden. Die Toleranz, Diskussionsfreude und Herzensgröße der Inder ist ein Vorbild für die gesamte Welt. Das sind die guten Früchte am göttlichen Baum der vedischen Kultur. Andernorts ist das leider nicht so selbstverständlich.
Ich denke nicht, dass die Argumente der Charvaka jetzt ein höheres Niveau hatten als die der besten westlichen materialistischen Philosophen – wobei natürlich vieles der Charvaka nicht überliefert ist. Das Niveau des Online-Atheismus wird von ihnen sicherlich erreicht… das ist jedoch keine Kunst.

Nun ist eine Sache ‘mittlerweile’ dazugekommen, wovon die Charvaka nichts wussten, nämlich die Evolution – die als nicht zielgerichtet (dysteleologisch) konzipiert wird. Ich find’ es gerade zu tragisch, dass der Populär-Atheismus des 21. Jahrhundert das so einfach in höchster Verallgemeinerung (“alles Leben entwickelt sich dysteleologisch”) als bewiesen hinstellt, dann mit “die Welt ist dysteleologisch” gleichsetzt und schließlich locker-flockig daraus “Gott existiert nicht” folgert. Die Überzeugungskraft hiervon ist logischerweise Null.

Denn es ist ja selbstverständlich, dass “Gott existiert nicht” eine sehr, SEHR viel bescheidenere Behauptung ist als “Das gesamte Universum unterliegt einzig einer dysteleologischen, mechanistischen Entwicklung”. Man geht gerade umgekehrt vor als man sollte: Man schmuggelt die stärkere Behauptung in die Debatte ein und folgert dann aus ihr die schwächere.

Ich streite ja nicht ab, dass Darwin’s Theorie einen Erklärungsgehalt hat; aber wie üblich gilt, dass die Fundamente und Grundbegriffe einer Wissenschaft das fragwürdigste an ihr sind – und Fitness und Selektion sind in der Tat äußerst fragwürdig (auch wenn’s nur sehr verstohlen zugeben wird).

Was sich Black und Scholes da in der Finanzmathematik ausgedacht haben, ist sicherlich auch halbwegs vernünftig und nicht weniger seriös (ja… Arbitrage ist im Vergleich zu “Fitness” ein geradezu kristallklar definierter Begriff!). Seltsamerweise ist Kritik an der Finanzmathematik (“fundamental falsch”) en vogue, während Evolutionsbiologie sakrosankt ist.

Glück für die Evolutionsbiologie, dass sie nicht wie die Finanzmathematik überprüfbare Aussagen für die Zukunft machen muss und es reicht, das Beobachtete im Nachhinein zu erklären. Das vereinfacht die Sache natürlich enorm.

Jedenfalls leidet Evolutionsbiologie (wie Finanzmathematik) unter Schulenbildung (1, 2, 3), inkompatiblen Ansätzen, schwammigen Definitionen, abgehobenen mathematischen Modellen und der Tendenz zu tautologischem Denken.

Nicht einmal bei den einfachsten Fragen, wie z. B. ob sich Menschen in zwei Geschlechter einteilen lassen, besteht Konsens (Coyne und Myers, zwei Evolutionsbiologen, zwei Antworten hierzu). Und die ideologische Motivation ist oft unübersehbar (hier: unterschiedliche politische Meinungen zu Trans-Personen).

Um’s abzukürzen: Mit Evolutionsbiologie den Materialismus belegen zu wollen hat für mich so viel Überzeugungskraft wie den Neoliberalismus mit Finanzmathematik zu “belegen”.

Und aus dem Materialismus den Atheismus zu folgern, das kann ich auch selber.

Die stärksten und klarsten Argumente gegen die Existenz Gottes kommen daher für mich von atheistischen aber nicht-materialistischen indischen Philosophen (meistens Buddhisten). Deren Level an Argumentationsstärke erreicht man heutzutage wirklich nicht mehr.

Punch
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#497 Re: Reinkarnation

Beitrag von Punch » So 23. Feb 2020, 08:41

Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 21:23
erbreich hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 17:56
Arjuna hat geschrieben:
Sa 22. Feb 2020, 12:25
 
Die neuen Atheisten sind also nicht wirklich neu. Sie wiederholen nur die Argumente der Charvaka-Schule. Diese Diskussionen finden schon seit Jahrtausenden statt und werden auch in Zukunft stattfinden, solange menschliche Wesen dieses Universum bewohnen. 
Hinduistische Lügenpropaganda und ein Beweis dafür, das der "geistige Horizont" der hinduistischen Fundamentalisten auch nur bis zu den eigenen Zehen reicht.

Atheismus gab es schon und nachweislich, also nachweislich bei den Vorsokratikern. Aber kommen wir erst zur Etymologie der Begriffe Atheismus: Das Wort setzt sich jeweils aus der verneinenden Vorsilbe „ἀ-“ und dem Wort „θεός“, das Gott bedeutet, zusammen. Übersetzt man dies wörtlich, so versteht man unter einem ἄθεος jemanden, der ohne Gott ist.

Wir alle kennen das Schicksal des Sokrates, von dessen angeblicher Gotteslästerung Platon als auch Xenophon berichteten. Sokrates starb im Jahre 399 vor Christus. Aber nun zu den Vorsokratikern. Es existieren einsehbare und eindeutig belgebare Texte von und über Xenophanes, Homer und Hesiod, die atheistisch ausgedeutet sind. (Nur als einige wenige Besipiele.)

Homer und Hesiod haben die Götter mit allem belastet, / was bei Menschen übelgenommen und getadelt wird: / stehlen und ehebrechen und einander betrügen.
(Aus einem Textfragment des Sextus Empiricus, Adv. math. IX 193)

Weiterhin finden wir eideutig atheistisches Gedankengut bei Anaxagoras, immer wieder auch bei Diogenes Laertius, hier als Beispiel die auch heute noch gültige Allegorie des Xenophanes:

Wenn aber die Rinder und Pferde und Löwen Hände hätten / und mit diesen Händen malen könnten und Bildwerke schaffen wie Menschen, / so würden die Pferde die Götter abbilden und malen in der Gestalt der Pferden, / die Rinder in der von Rindern, und sie würden solche Statuen meißeln, / ihrer eigenen Körpergestalt entsprechend.
(Zitiert von Clemens von Alexandria, Strom. V 109,3)

Das ist zeitlose Kritik an welchen Götterglauben auch immer, ähnlich der Teekanne Russels.

Das alles ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem großen Reservoir der atheistischen Dichter und Philosophen der Antike, und der Epoche, in die man die Vorsokratiker einordnet. Weiterführende Primärliteratur dazu: Die Vorsokratiker. Ausgewählte Fragmente, ed. und übers. Jaap Mansfeld, Stuttgart: Philipp Reclam Jun., 1983-1986, 2 Bände.
Wir können viel von Indien lernen.


Von den Indern? Vielleicht..., oder eher nicht. Denn das Singen von Hare Krishna hat die immensen Probleme der Inder auch nicht beseitigt.
Denn von Arjuna lernt man nur fundamentalistische Religions-Propaganda und ein nicht ganz gesundes Herrenmenschentum speziell fanatisch hinduistischer Prägung.
 

Arjuna
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#498 Re: Reinkarnation

Beitrag von Arjuna » So 23. Feb 2020, 14:06

Claymore hat geschrieben:
So 23. Feb 2020, 02:09
Die stärksten und klarsten Argumente gegen die Existenz Gottes kommen daher für mich von atheistischen aber nicht-materialistischen indischen Philosophen (meistens Buddhisten). Deren Level an Argumentationsstärke erreicht man heutzutage wirklich nicht mehr.

Ja, dem stimme ich zu :thumbup: in der Gedankenwelt der meisten Buddhisten ist Gott wohl nur eine weitere Täuschung, die losgelassen werden muss. Allerdings gibt es die Vorstellung eines Ur-Buddha (Adi -Buddha) der seit Uranfang existiert und über allen anderen Buddhas und Bodhisattvas steht. Für mich macht es Sinn die Höchste Persönlichkeit Gottes als diesen höchsten transzendenten Buddha zu verehren. Das kommt der Vaiṣṇava Tradition sehr nahe, die an einen allumfassenden und personalen Gott glauben, der immer dann, wenn die Weltordnung (der Dharma) in Gefahr oder gestört ist, einen heilbringenden Avatar in die Welt schickt. Buddha wird als ein solcher Avatar verehrt. Zum Ausdruck kommt das beispielsweise in diesem Vaishnava Gedicht:

O Keshava! O Lord of the universe! O Lord Hari, who have assumed the form of Buddha! All glories to You! O Buddha of compassionate heart, you decry the slaughtering of poor animals performed according to the rules of Vedic sacrifice.

Demnach kam der Buddha mit einer Mission in die Welt: um Mitgefühl mit allen Wesen zu predigen. Er lehrte Ahimsa, das Nichtverletzen von lebenden Wesen („auf Anweisung der Höchsten Persönlichkeit Gottes“) viele Buddhisten werden das ablehnen, aber das ist eine mögliche Sichtweise. A. C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada fasste dieses theistische Verständnis des Buddha folgendermaßen in Worte:

„Buddhas Aufgabe war es, die Atheisten von der Sünde des Tierschlachtens abzubringen. Atheisten können Gott nicht verstehen; aus diesem Grunde erschien Buddha und verbreitete die Philosophie der Gewaltlosigkeit, um so die Atheisten vom Tiertöten abzuhalten. Solange man nicht von der Sünde des Tiertötens frei ist, kann man weder Religion noch Gott verstehen. Obwohl Buddha eine Inkarnation Krishnas war, sprach er nicht über Gott, denn die Menschen waren damals nicht imstande dies zu verstehen. Sein Ziel war es einfach, daß das Tiertöten eingestellt würde.

Demnach kam der Buddha als Inkarnation des Herrn auf die Erde herab, um die Menschheit schrittweise zum Gottesbewusstsein zu führen. Die heilbringende Ethik des Buddhismus ebnet den Weg für wahre Gotteserkenntnis. Wenn ein Mensch mit Gott nichts mehr anfangen kann, dann würde ein Vaishnava ihn vermutlich zum Buddhismus ermutigen. Das ist zweifellos eine sinnvolle Alternative. Man muss das wohl auch so verstehen: das Bewusstsein einer gemeinsamen Dharma-Religion Indiens ist so tief im Bewusstsein verwurzelt, dass es unangebracht wäre die Buddha-Gläubigen zu Ungläubigen zu erklären. Solange sie den Dharma predigen und leben, gehören sie zur Familie.
Zuletzt geändert von Arjuna am So 23. Feb 2020, 14:26, insgesamt 1-mal geändert.
Überall dort, wo Kṛṣṇa, der Meister aller Mystiker, und Arjuna, der größte Bogenschütze, anwesend sind, werden gewiss auch Reichtum, Sieg, außergewöhnliche Macht und Moral zu finden sein...“ (Bhagavad Gita 18.78)

Traugott
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#499 Re: Reinkarnation

Beitrag von Traugott » So 23. Feb 2020, 14:26

Claymore hat geschrieben:
So 23. Feb 2020, 13:39
JackSparrow hat geschrieben:
So 23. Feb 2020, 11:57
Die volle Theorie meint mit Fitness die reproduktive Fitness, da keine Evolution stattfindet, solange sich niemand reproduziert.
Das Problem ergibt sich bereits, wenn sich der “angepasste” weniger reproduziert. Und das kann durchaus vorkommen, wenn man “Anpassung” (Fitness) anders definiert als durch Reproduktion. Z. B. in der Fähigkeit Energie zu gewinnen (Photosynthese / Aufnahme von Nahrung / ...) und schädlichen Einwirkungen zu widerstehen oder zu entgehen.

Anpassungen an die Umwelt sind dazuhin oft nicht klar zu erkennen. Ein Lebewesen kann z. B. mit einer auffälligen Farbe Fressfeinde abschrecken. Oder mit einer unauffälligen Farbe sich vor Fressfeinden tarnen. Und das gilt erst recht für Übergangszustände. Die Daten, was tatsächlich geschehen ist, existieren fast nie.

Das motiviert das zirkuläre “Angepasster bedeutet schlicht, dass sich das Lebewesen eher reproduziert.”. Man geht also umgekehrt ran und denkt sich nach dem Motto “Die Eigenschaft liegt vor, also hat sie sich verbreitet; also ist sie eine Anpassung, wahrscheinlich weil ______.” eine Erklärung aus – tautologisch und vage auf eine Art, die man in der Physik oder Chemie niemals tolerieren würde.

Streng gesehen kollabiert so “survival of the fittest” zu: “Die vererbbaren Eigenschaften, die die Reproduktion begünstigen, werden sich auf lange Sicht verbreiten”. Gegen dieses Statement gibt nichts auszusetzen. Damit kommt man aber nicht weit. Es ist eine sehr viel schwächere Aussage als die der ursprünglichen Darwin’schen Theorie. Die Anpassung an die Umwelt, wie man sie gewöhnlich versteht (d. h. wie auch bei den Darwinfinken), fehlt.
JackSparrow hat geschrieben:
So 23. Feb 2020, 11:57
Der Preis der Lufthansa-Aktie kann auch dann durch Angebot und Nachfrage zustande kommen, wenn man vorher nicht weiß, in welchem Maße die Kurse der Lufthansa-Aktie steigen oder sinken werden.
Das stimmt. Aber wie oben erklärt, haben solche Einzelemente einer Theorie vergleichsweise wenig Erklärungsgehalt.

“Die vererbbaren Eigenschaften, die die Reproduktion begünstigen, werden sich auf lange Sicht verbreiten” ist sicherlich (grob) korrekt, kann jedoch die Anpassung an die Umwelt im eigentlichen Sinne nicht erklären.

Dies lässt sich auch fabelhaft auf die Gesellschaft übertragen. Sie fungiert und funktioniert nämlich exact so. Für mich sehr wertvoll, da von dir hier beschreibend wiedergegeben. Den Bezug hatte ich noch gar nicht geschaffen, 1++ sehr cool für mich, danke für deinen Beitrag.
wer aber die Wahrheit tut...

Claymore
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#500 Re: Reinkarnation

Beitrag von Claymore » Sa 7. Mär 2020, 21:17

Arjuna hat geschrieben:
So 23. Feb 2020, 14:06
Demnach kam der Buddha als Inkarnation des Herrn auf die Erde herab, um die Menschheit schrittweise zum Gottesbewusstsein zu führen. Die heilbringende Ethik des Buddhismus ebnet den Weg für wahre Gotteserkenntnis. Wenn ein Mensch mit Gott nichts mehr anfangen kann, dann würde ein Vaishnava ihn vermutlich zum Buddhismus ermutigen.
Allerdings muss er an Karma glauben, welches im Buddhismus einfach so verteilt wird. Ohne Akteur. Schwer nachvollziehbar vom westlichen Standpunkt.
Das ist zweifellos eine sinnvolle Alternative. Man muss das wohl auch so verstehen: das Bewusstsein einer gemeinsamen Dharma-Religion Indiens ist so tief im Bewusstsein verwurzelt, dass es unangebracht wäre die Buddha-Gläubigen zu Ungläubigen zu erklären. Solange sie den Dharma predigen und leben, gehören sie zur Familie.
Tja, woher kommt eigentlich die Einteilung in Nastika (Nein-Sager, Ungläubiger) und Astika? Charvaka wie Buddhisten werden ja als Nastika klassifiziert.

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