"Ein Christ liest den Koran"

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
Novas
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#31 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von Novas » Mi 18. Mai 2016, 10:23

Magdalena61 hat geschrieben:Diejenigen, die das tun, machen doch die zeit- und situationsgebundenen Entscheidungen des Propheten zur bequemen Ausrede. Es sind aber nicht alle Muslime von dieser Sorte. Vor allem diejenigen, die mit den (positiven) Werten des Westens in Berührung kommen, plädieren für eine Reformation der Lehre.
Es werden immer mehr, die bereit sind, zu differenzieren.

So ist es :thumbup: ich würde aber noch beifügen: auch der Islam hat sehr viele positive Werte. Ich kann dieser Gegenüberstellung des "Westens" (gut, positiv und in jeder Hinsicht überlegen) und "Ostens" (dann als negatives Gegenbild gedacht), die häufig betrieben wird, nicht zustimmen. Schrieb doch schon Goethe in seinem west-östlichen Diwan:


„Wer sich selbst und andere kennt,
Wird auch hier erkennen:
Orient und Okzident
Sind nicht mehr zu trennen.“


West-östlicher Divan (erschienen 1819, erweitert 1827) ist die umfangreichste Gedichtsammlung von Johann Wolfgang von Goethe. Sie wurde durch die Werke des persischen Dichters Hafis inspiriert. Durch die Aufnahme des Goethe-Schiller-Archivs der Klassik-Sammlung Weimar im Jahr 2001 ist Goethes Reinschrift des Werkes Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes.[1]
https://de.m.wikipedia.org/wiki/West-%C ... cher_Divan

Goethe_1819_West-östlicher_Divan.jpg

Wenn das bereits 1819 stimmte, dann stimmt es 2016 (bald 200 Jahre seiner Zeit voraus!!!!!!) erst Recht. Dazu ein Beitrag von Qantara.de

Goethe und der Orient

Was den Dichter in die geistige Ferne trieb
Goethe, der sich im Rahmen seiner Orientbeschäftigung als Vermittler der Kulturen positionierte, machte jedoch aus seiner tiefen Sympathie für diesen mythischen Ort und dem kritisierten Indifferentismus keinen Hehl und bekannte sich öffentlich zu seiner romantisierten und subjektiven Darstellung, die er im Rahmen seiner fiktiven Reisen manifestierte; denn bereist hatte der Dichterfürst den Orient nie.
Wenn Goethe im frühen 19. Jahrhundert aus den deutschen Staaten eine Reise in den Orient geplant hätte, wäre er vermutlich über die Grenzen des heutigen Europa nicht hinausgekommen. Der Ursprung der Menschheit, wie es neben Goethe und Herder auch Kant vermutete hatte, befand sich zur damaligen Zeit in jenem Territorium, in welchem die Osmanen seit dem 16. Jahrhundert ihre Herrschaft ausbreiteten, dem Orient.
Zum Ursprung der Sprache
Für Goethe verkörperte dieser Ort somit nicht nur Inspirationsquelle und literarische Muse, sondern in ihm sah er auch den Ursprung der Weltreligionen beheimatet, die sogenannte "Wiege der (menschlichen) Kultur". Wenn sich der Dichter somit auf seine fiktiven Reisen in den Orient begab, waren es für ihn auch immer Reisen in die eigene Vergangenheit und ein Ort kollektiver Identifizierung für viele seiner Zeitgenossen. Goethe zog daraus den Analogieschluss, dass der Ursprung des Menschen auch mit dem Ursprung unserer Sprache zusammenfallen muss, die nach goetheschem Verständnis in ihrer reinsten Form als Poesie daherkommt und den Orient folglich zu unserer lyrischen Heimat macht.
Wenn sich der Dichter mit dem Koran beschäftigte, was er viel und ausgiebig tat, war es für Goethe besonders wichtig, die sprachliche Kraft und Schönheit des Heiligen Buches der Muslime herauszustellen, dem er, wie er immer wieder betonte, keinen geringeren Wert beimaß wie der Bibel. Auch wenn er einräumte, dass ihm das volle Erleben des Koran aufgrund seiner fehlenden Arabischkenntnisse verwehrt blieb, so empfand der Dichter doch sein ausgeprägtes literarisches Empfinden als Berechtigung genug, dem Koran diesen hohen Stellenwert zukommen zu lassen. Im prosaischen Teil des Divan diskutierte Goethe den Unterschied zwischen Prophet und Poet und gab deutlich zu verstehen, dass es ihm zuweilen schwer fiel, den Propheten Mohammed auf die Rolle des Überlieferers zu reduzieren und ihn nicht als Poeten behandeln zu dürfen.



https://de.qantara.de/inhalt/goethe-und ... erne-trieb

Möglicherweise gibt es üble Kämpfe, bis sich ein "moderner Islam" etablieren kann. Die christlichen Kirchen führten auch lange genug Krieg gegeneinander.

Alle Weltreligionen haben "moderne" (progressive) und "traditionelle" (konservative) Elemente. Da gilt es wohl die Balance zu finden, damit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammen kommen. Die Angst vor der Islamisierung hat wohl auch mit der Verleugnung unsrer eigenen Identität zu tun. Wer das Eigene liebt und wertschätzt, der muss das Andere nicht hassen oder sich vor ihm fürchten.

Der Philosophie der Selbstbehauptung entsprechend, müssten wir das Eigene nur verteidigen. Doch da stellt sich die Frage: was ist das Eigene, wenn Westen und Osten ineinander übergehen und nicht mehr zu trennen sind?

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Kingdom
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#32 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von Kingdom » Mi 18. Mai 2016, 15:43

Novalis hat geschrieben:
Kingdom hat geschrieben:Jesus Christus wurde verfolgt und getötet. Stephanus gesteinigt, Johannes der Täufer geköpft, Paulus ins Gefängnis gesteckt und geschlagen und vor Gericht gezerrt. Gab Jesus die Legitmitation nun zurück zu schlagen?

Jesus lebte die vollkommene Hingabe in Liebe bis ans Kreuz, also – im besten Sinne des Wortes – können wir hier mit einer gewissen Freiheit im Ausdruck vom „wahren Islam“ sprechen, wenn wir diesen Begriff im Sinne einer spirituellen Haltung und Lebensweise der Hingabe und Gottergebenheit und nicht nur im Sinne eines theologischen Glaubenssystems verstehen. Genau so können wir sagen, dass der Islam eine eigene Form des Christentums hervor gebracht hat, denn gerade in der islamischen Mystik spielt Jesus eine wichtige Rolle, denn er gilt ihr als „der Prophet der Liebe“, der die Menschen zur göttlichen Liebe führt. Jesus ist nach dem Koran ein Prophet (arabisch: nabi) und ein Gesandter Gottes (rasul).

Hier gibt es offenbar mehr Gemeinsamkeiten, als Unterschiede. Außerdem teilen das Judentum, das Christentum und der Islam miteinander das Höchste Gebot: „Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften.“ (5.Mose 6, 4+5)

Allah verleugnet den Sohn und sein Prophet handelte nicht nach den Werten Christi. Zudem liebt man Gott nicht wenn man sich vor Steinen niederwirft. Im AT nennt man das Götzendienst und Jesus lehrte nicht Götzendienst.




Das ist auch für jeden echten Muslim verbindlich. Es stimmt zwar, dass die spirituelle Lehre des Islam nicht strikt pazifistisch ist – auch wenn Frieden das erstrebenswerte Ideal ist – allerdings gibt es auch das Recht auf Selbstverteidigung. Ich glaube nicht, dass Jesus einen blinden Pazifismus gelehrt hat.

Doch hat er. Zeige mir eine Stelle wo er sagte, verfolgt die euch verfolgen, zeige mir eine Stelle wo dies die Apostel lehrten? Du wirst sie nicht finden. Selbst am Kreuz hat er gesagt: Vater vergib Ihnen. Wer das Schwert ergreift wird dadurch umkommen, lehrte Christus. Nichts von zurück schlagen, sondern andere Backe hinhalten. Am Leben Christi wird diese Frucht sichtbar am Leben Mohammed die andere Frucht sichtbar, die des Gegenspieler Gottes.


Weshalb sollte ich mein eigenes Leben oder das Leben der Menschen, für die ich verantwortlich bin, für das Prinzip der absoluten Gewaltfreiheit opfern?

Wenn Du das Leben hättest, wie Christus sagt, so kann es Dir niemand nehmen. Die Frage aber warum: Weil Christus es so lehrte und entweder folgst Du Ihm nach oder eben nicht. Wenn es Dir nicht gelingt, dann ist zumindest ein Busse tun angesagt und nicht ein rechthaberisches, verteidigen der Sünde.



Ich würde mich in diesem Falle mitschuldig machen. Hast Du dich mal mit Kampfsport/Kampfkunst beschäftigt? Da wird ein genauer moralischer Kodex weiter gegeben, der die Grenzen definiert, wann man das erworbene Wissen anwenden darf und wann nicht; und auch da mit dem Ziel den Gegner kampfunfähig zu machen, nicht um ihn gefährlich zu verletzen.

„Denen, die bekämpft werden, wurde es erlaubt (zu kämpfen), weil man ihnen Unrecht tat.“ (Sure 22, 39) Die Erlaubnis zum Kampf ist an genaue Bedingungen geknüpft.

Menschliche Philsophien sollen wir nicht hören. Christus hat dies nie gelehrt. Was wurde uns gelehrt:

Eph 6:12 denn unser Kampf richtet sich nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Herrschaften, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Regionen.

Darum sagte Jesus, trefflich:

Mt 5:44 Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen;

Nix von zurückschlagen und töten. Ich weiss nicht ob ich es könnte aber eines weiss ich wenn ich es nicht täte ich würde diese Sünde nicht schön reden sondern Busse tun. Da Du aber die falsche Lehre verteidigst, kannst Du nicht anders als mit Menschlicher Philosophie die Sünde recht fertigen. Dies ist aber nicht die Lehre Christi und auch nicht die Lehre der Apostel, sondern die Lehre dieser Welt.

Ein Nachfolger Christi soll nicht der Welt hinter her rennen, sondern Christus nachfolgen.


Lg Kingdom

2Lena
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#33 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von 2Lena » Mi 18. Mai 2016, 16:08

Kingdom hat geschrieben:Ein Nachfolger Christi soll nicht der Welt hinter her rennen, sondern Christus nachfolgen.
Richtig!

Novas
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#34 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von Novas » Mi 18. Mai 2016, 16:30

@ Kingdom: Die Bibel lehrt, dass Menschen eher das sehen, was vor Augen ist, der Herr aber schaut stets auf das Herz (1.Samuel 16,7) die Fixierung auf Äußerlichkeiten trennt, aber das Herz verbindet. Mich interessiert das, was in deinem Herzen ist, nicht welche Glaubensaussagen Du auswendig aufsagen kannst. Wenn der Schöpfer gewollt hätte, dass wir alle gläubig sind und die selbe Religion praktizieren, so wäre dies bereits der Fall. Da dies nicht der Fall ist, ist offenkundig Pluralität sein Wille und ein Erkennungszeichen seiner Schöpfung, in der jedes Lebewesen ein einzigartiger Ausdruck schöpferischer Vielfalt ist. »O Menschen! Siehe, Wir haben euch alle aus einem Männ­lichen und einem Weiblichen erschaffen und haben euch zu Nationen und Völker gemacht, auf dass ihr einander kennenlernen möget.« (Koran: 49/13).“
Damit wir einander kennenlernen..... ja, das stimmt auch mit meinem Glauben überein, dass Gott Liebe ist und Liebe bedeutet: kennenlernen, wertschätzen, entdecken, sich am Anderen erfreuen. Eines meiner Lieblingsgedichte ist dieses von Hermann Hesse, weil er das perfekt beschrieb:

Gegenstück und Ergänzung

"Es ist nicht unsere Aufgabe einander näher zu kommen,
so wenig wie Sonne und Mond zueinander kommen
oder Meer und Land.

Unser Ziel ist, einander zu erkennen
und einer im anderen das zu sehen, was er ist:

des anderen Gegenstück und Ergänzung."

Hermann Hesse

Unsre Aufgabe ist es miteinander ins Gespräch zu kommen und die Einheit in Verschiedenheit zu erkennen. Wir sind alle Individuen und als solche Gegenstück und Ergänzung.

2Lena hat geschrieben:
Kingdom hat geschrieben:Ein Nachfolger Christi soll nicht der Welt hinter her rennen, sondern Christus nachfolgen.
Richtig!

Typisch weltlich sind für mich die religiösen Grenzziehungen, die Menschen gezielt trennen. Wenn ein Christ versucht das Gute und Schöne in anderen Religionen zu erkennen, dann ist das eine bewusste Überschreitung solcher Grenzziehungen. Das bedeutet es für mich ein Nachfolger Christi zu sein.
Zuletzt geändert von Novas am Mi 18. Mai 2016, 21:54, insgesamt 1-mal geändert.

Novas
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#35 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von Novas » Mi 18. Mai 2016, 18:20

Magdalena61 hat geschrieben:Wo der Koran mit der Bibel inhaltlich übereinstimmt, sollte man etwas vorsichtig sein mit Negativwertungen. Gottes Wort BLEIBT Gottes Wort, auch dann, wenn es im Koran steht. Die Theorie ihres Glaubens betreffend haben Muslime einige Gemeinsamkeiten mit Christen und Juden.
LG

Das ist eine ganz wichtige Aussage, der ich sehr gerne zustimme. Mein Blick auf den Koran ist bestimmt von den zwei ersten der neunundneunzig Namen Gottes, die ich für die wichtigsten halte: „der Erbarmer, der Barmherzige“ (بسم الله الرحمن الرحيم / bismi ʾllāhi ʾr-raḥmāni ʾr-raḥīmi / ‚Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes‘) Das rücke ich in den Mittelpunkt, weil es eine wesentliche Gemeinsamkeit ist. Da denke ich an diese Stelle:

Später war Jesus mit seinen Jüngern bei Matthäus zu Gast. Matthäus hatte viele Zolleinnehmer eingeladen und andere Leute mit schlechtem Ruf. 11 »Weshalb gibt sich euer Lehrer mit solchem Gesindel ab?«, fragten die Pharisäer seine Jünger. 12 Jesus hörte das und antwortete: »Die Gesunden brauchen keinen Arzt, sondern die Kranken! 13 Begreift doch endlich, was Gott meint, wenn er sagt: ›Nicht auf eure Opfer oder Gaben kommt es mir an, sondern darauf, dass ihr barmherzig seid.‹ Ich bin gekommen, um Menschen in die Gemeinschaft mit Gott zu rufen, die ohne ihn leben — und nicht solche, die sich sowieso an seine Gebote halten.«

Matthäus 9, 13 (Hoffnung für Alle)

https://www.biblegateway.com/passage/?s ... ersion=HOF

Jesus verkörpert diese Barmherzigkeit und somit die zwei ersten und wichtigsten göttlichen Namen. Lesenswert ist wohl auch dieser Text von Albert Schmelzer: „Die Gestalt Jesu in der islamischen Dichtung und Mystik“
http://diedrei.org/tl_files/hefte/Dossi ... 0Islam.pdf
Bei religiösen Gesprächen zwischen Muslimen und Christen entsteht schnell der Eindruck, die Gestalt Jesu sei das eigentlich Trennende zwischen den Religionen. Denn der Islam leugnet bekanntlich die Kreuzigung Jesu und erkennt ihn nicht als »Sohn Gottes« an, entsprechend wird die Auffassung eines trinitarischen Gottes abgelehnt. Angesichts dieser theologisch dogmatischen Differenzen, die im Einzelnen sorgfältig zu untersuchen wären,
gerät die Tatsache aus dem Blick, dass der Koran – abgesehen natürlich vom Neuen Testament – die einzige heilige Schrift einer Weltreligion ist, in der Jesus eine wichtige Rolle spielt: 15 Suren beziehen sich auf ihn in 108 Versen. Am umfangreichsten sind dabei die Suren über die Verkündigung und die jungfräuliche Geburt Jesu, doch finden sich auch Offenbarungen über die Wunder Jesu, seine ethischen Forderungen, seinen Tod und seine eschatologische Rolle beim Jüngsten Gericht. Entsprechend spielt Jesus in der islamischen Dichtung und Mystik, auf die in diesem Beitrag der Blick gelenkt werden soll, eine bedeutende Rolle.

Die herausragende Interpretin islamischen Geistes, die Orientalistin Annemarie Schimmel, hat diese Thematik in ihrem wunderbaren Buch Jesus und Maria in der islamischen Mystik behandelt. Einige exemplarische »Kostproben« aus ihrem Werk seien vorgestellt, wohl wissend, dass damit nicht der Anspruch erhoben werden kann, die Breite der vorhandenen Quellen auch nur annähernd zu erfassen – modernere Texte etwa bleiben unberücksichtigt. Die Gestalt Jesu, des Sohnes der Maria, wurde schon in der Frühzeit der islamischen Tradition mit immer neuen Legenden umkleidet, verbreitete sich doch der Islam auf vorwiegend christlichem Boden. Manche dieser Geschichten nahmen ihre Motive von den Apokryphen und den Kindheitsevangelien her, die reichlich Stoff für eine phantasievolle Ausgestaltung boten.

Später, im 12. und 13. Jahrhundert, fügten die großen Dichter aus dem östlichen Iran: Sana’i, Attar und Rumi Jesus als Muster für die Gläubigen ihren Dichtungen ein und schilderten seine absolute Güte, seine Armut und seine Mitleidsfähigkeit. Aber natürlich spielte Jesus auch in der Überlieferung der islamischen Mystik und ihrer Praxis eine wichtige Rolle. In einigen Sufi-Gruppen heißt es, der Sucher würde gegen Ende seines Pfades den »Jesus-Status« erreichen, die vollständige Überwindung des Egoismus und unmittelbare Vorbereitung auf das »Muhammad-Licht«, das »Bleiben in Gott«, in dem der Mensch in der Welt lebt und doch nie mehr von Gott getrennt ist. In diesem Zusammenhang ist besonders auf zwei große Mystiker hinzuweisen: Auf Al-Hallaj (858-922) und Ibn Arabi (1165-1240). Al-Hallaj, der sich strengsten asketischen Übungen unterwarf und von sich sagte, er habe die Einigung mit dem göttlichen Geliebten erreicht, wurde grausam hingerichtet: Man steinigte ihn, schlug ihm Hände und Füße ab, und er wurde ans Kreuz geschlagen oder, wahrscheinlicher, an den Galgen gehängt. Damit aber – so die spätere Deutung – formte sich sein Leben nach dem Muster Christi, das wie sein eigenes von der Kraft glühender Liebe inspiriert war.

Der andere große Mystiker, der aus Andalusien stammende Ibn Arabi, bezeichnete Jesus als seinen geistigen Meister, durch den er eingeweiht worden sei, er empfand sich zeitlebens unter dem Schutz von Jesus, Maria und Muhammad stehend, wobei Muhammad das »Siegel des Prophetentums« ist und Jesus als »Siegel der Gottesfreundschaft« erscheint. Diese Nähe islamischer Mystiker und Dichter zu Jesus führte zur Niederschrift zahlreicher poetischer Erzählungen, Aussagen und Reflexionen, die bestimmte Aspekte der Gestalt Jesu umkreisen

Interessant finde ich, dass sich vorallem die islamische Mystik einem „Leben nach dem Muster Christi, welches von der Kraft glühender Liebe inspiriert ist“ immer wieder deutlich annäherte, wodurch dann auch die religiösen Grenzziehungen überschritten werden bis hin zu der Aussage Ibn Arabis, dass Jesus sein geistiger Meister und das Siegel der Gottesfreundschaft sei. Wer hier das Wirken des hl. Geistes nicht erkennen kann, muss wirklich blind sein.

Es ist immer die Barmherzigkeit, die verbindet! ;)

Nachfolger Jesu müssen Menschen der Barmherzigkeit sein, denn sie haben Barmherzigkeit gefunden und Barmherzigkeit hat sie gefunden.
Charles Haddon Spurgeon


Daß einer Christ geworden, erkennt man daran, daß er – wie Rebekka – handelt: "Ich will nicht bloß dir zu trinken geben, sondern auch deinen Kamelen."
Søren Aabye Kierkegaard


Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
Neues Testament. Das Evangelium nach Lukas (Lk 6,36)


Barmherzigkeit ist der Schlüssel zum Himmelreich.
Türkisches Sprichwort


Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von dem HERRN Jesus Christus, dem Sohn des Vaters, in der Wahrheit und in der Liebe, sei mit euch!
2. Johannes 1,3

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Kingdom
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#36 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von Kingdom » Do 19. Mai 2016, 12:30

Novalis hat geschrieben:@ Kingdom: Die Bibel lehrt, dass Menschen eher das sehen, was vor Augen ist, der Herr aber schaut stets auf das Herz (1.Samuel 16,7) die Fixierung auf Äußerlichkeiten trennt, aber das Herz verbindet. Mich interessiert das, was in deinem Herzen ist, nicht welche Glaubensaussagen Du auswendig aufsagen kannst. Wenn der Schöpfer gewollt hätte, dass wir alle gläubig sind und die selbe Religion praktizieren, so wäre dies bereits der Fall. Da dies nicht der Fall ist, ist offenkundig Pluralität sein Wille und ein Erkennungszeichen seiner Schöpfung, in der jedes Lebewesen ein einzigartiger Ausdruck schöpferischer Vielfalt ist.

Christus hat es deutlich gesagt:

Joh 14:6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch mich!

Der Grund warum das die Mehrheit nicht glaubt und Pluralität lehrt ist das es dem Menschen frei steht dem Teufel mehr zu glauben als Gott. Das heisst Gott lässt zu das der Mensch den breiten Weg wählt und die schmale Pforte verwirft. Klar muss der Frieden mit Gott echt sein aber wenn Jesus ein Weg lehrt und Du Tausend Wege, dann glaubst Du nicht. Der Satan hat einzig ein Interesse, das der Götzendienst weiter bestehen kann und darum lehrt er alle Wege führen in den Himmel. Das hat Gott nicht gelehrt und auch Christus nicht und auch die Apostel nicht. Schöpferische Vielfalt ist nicht Satanische Vielfalt und wer dies nicht unterscheiden vermag, der sollte besser schweigen als Leute in die Hölle zu führen.

Du sagt das der Herr schaut was im Herzen ist, stimmt und mich lehrt er:

Lu 6:45 Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatze seines Herzens das Gute hervor, und der böse Mensch bringt aus dem bösen Schatze seines Herzens das Böse hervor. Denn wes das Herz voll ist, des geht sein Mund über.

Wenn also Mohammed die Juden tötet, was kommt denn da aus dem Herzen? Wenn er sich über Gottes Wort überhebt, was kommt denn da ans Licht? Wenn er Christus wiederspricht und nicht danach handelt, was kommt den da ans Licht?

Darum weiss ich, an den Früchten erkennen wir. Du willst aber die Früchte nicht sehen und sagst böse Früchte sei der Plan Gottes und verteidigst die Böse Frucht. Das hat nichts mit Gott zu tun.




.... ja, das stimmt auch mit meinem Glauben überein, dass Gott Liebe ist und Liebe bedeutet: kennenlernen, wertschätzen, entdecken, sich am Anderen erfreuen.

Wenn Du Dich aber an mir nicht erfreuen kannst, wenn ich sage ich kann mich an einem Menschen der Juden tötet und sich über Gottes Wort überhebt nicht erfreuen, ich kann mich an Satanischer Lehre nicht erfreuen, dann weisst Du nicht was Du wertschätzen müsstest und was Wert hat.

Unsre Aufgabe ist es miteinander ins Gespräch zu kommen und die Einheit in Verschiedenheit zu erkennen. Wir sind alle Individuen und als solche Gegenstück und Ergänzung.

Einer der Juden tötet und nicht Busse tut, ist kein Ergänzung, erst Recht nicht eine Ergänzung um zu Gott zu gelangen.


Typisch weltlich sind für mich die religiösen Grenzziehungen, die Menschen gezielt trennen. Wenn ein Christ versucht das Gute und Schöne in anderen Religionen zu erkennen, dann ist das eine bewusste Überschreitung solcher Grenzziehungen. Das bedeutet es für mich ein Nachfolger Christi zu sein.

Du hast keine Ahnung von den Worten Christi und auch nicht von den Worten der Apostel. Christus hat ständig die Grenzen aufgezeigt zwischen Gut und Böse und Vielgötterei und Götzendienst hat er im Gegensatz zu Dir nie gelehrt. Umkehr, Busse und die schmale einzige Pforte ist Dir ein Fremdbegriff.

Joh 15:6 Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er weggeworfen wie das Rebschoß und verdorrt; und solche sammelt man und wirft sie ins Feuer, und sie brennen.

Es gibt kein Weg ohne Ihn und das man in Ihm bleibt. Wenn die Völker in Ihm bleiben, so werden sie eins, in Ihm und durch Ihn. Wer nicht ihn im bleibt oder ist, der ist längst verdorrt.

Lg Kingdom
Zuletzt geändert von Kingdom am Do 19. Mai 2016, 12:45, insgesamt 1-mal geändert.

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#37 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von 2Lena » Do 19. Mai 2016, 12:38

Hallo Novalis,

immer wieder war ich erstaunt, wie viele Menschen im Orien Maria verehrten - und das in einem islamischen Land. Doch entsprechend waren auch die Streitereien, die bis heute keiner so richtig durchblicken kann - bei den ständigen Nachrichten von Gräueltaten, die aös das Einzige die Schlagzeilen füllen.

Weil du hier islamische Dichter zitiert hast ...
Die wurden in vielen Ländern verehrt und haben viel dazu beigetragen, die Kultur zu fördern und einer Verrohung entgegenzuwirken.

Ein gutes Beispiel dazu ist Spanien. Es hat viel von den unterschiedlichen Kulturen. Es ist vom Grund auf mit verschiedenen Völkern besiedelt gewesen, die jedoch eigentlich von früher her "Verwandte" sind. Es wurde das Land in mehreren Wellen der Völkerwanderung besiedelt. Zu den Westgoten und den Kelten im Norden kamen im Süden über das Mittelmeer sowie über den kurzen Weg nach Afrika (Gibraltar) verschiedene Kultureinflüsse und Völkergemeinschaften. Christen, Juden und Moslems bewohnten die fruchtbaren Landstriche gemeinsam.

... bis der Reichtum und einige Ungereimtheiten im Land Machtlüsterne anzog. Die Folge davon waren fanatische Krieger, die die Befolgung des Islam forderten (ganz wie das Kingdom beschreibt). Viele Menschen trieb das zur Auswanderung. Darunter waren begabte Ärtze, Philosophen etc. Noch heute sind schöne arabische Inschriften auf "Müllhalden". Sie zieren nicht Museen, denn der Schrecken kriecht noch immer darin rum. Dies ist mitunter spürbar für den, dem auch Steine ihre Geschichte erzählen.

Die Zwangsmissionierung mit dem Koran, verbunden auch mit Judenverfolgung, war meist auch ein Vorwand zur Eroberung des Vermögens. Einflussreiche Ämter bekam nur, wer den "rechten Glauben" hatte, auch wenn er noch so unrichtig war. Damals hatten die Christen nicht ausreichend den notwendigen Widerstand gezeigt (wie auch in der Türkei, ein weiteres Kernland der ersten Zeit). Über die Zwangsbekenntnisse ging viel Wertvolles verloren. Darunter war auch ein Buch von Jesus selbst. Zwar hielten Treue nach wie vor die Kenntnisse, denn mit Zwang lässt sich keiner überzeugen.

Wie so oft in der Geschichte (erst kommt die streng authoritäre Erziehung, dann schwenkt es um ins Gegenteil, worauf beide fallengelassen werden ...) so kam auch der Rückstoß mit der katholischen Inquisition. ... und wieder war es ein Vorwand, mit dem Geld der machtlos erklärten Juden, die Schiffe der ersten Amerikaexpeditionen auszurüsten. ... um dann nicht ganz "christlich" Schätze zu plündern, aber auch eine Kultur zu schaffen. Wie kam es nur, dass sie etwas Anbindung zu den ältesten Überlieferungen hat?

JoergBelden
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#38 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von JoergBelden » Mi 1. Mär 2017, 13:31

Hallo zusammen,

gerade eben habe ich den Forenthread entdeckt, der durch einen Hinweis auf meinen Blog veranlasst wurde.

Ich habe die Beiträge interessiert gelesen und mich sehr über die angeregte Diskussion gefreut.

Was mir dabei deutlich wurde, ist die Vielfalt innerhalb einer jeden Religion. Es gibt nicht DIE Christen, DIE Muslime, DIE Buddhisten; Verallgemeinerungen werden zumeist der Vielschichtigkeit der Religionen nicht gerecht. Für „uns“ Christen kann ich es formulieren: Christen ticken völlig unterschiedlich. Und das ist es auch, was uns gemeinsam ist.

Auf meiner Seite habe ich dieses Forum einmal verlinkt ( http://www.christ-koran.de/thread-in-4religion-de/ ).

Herzliche Grüße,

Jörg

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Jörg P. Belden
Ein Christ liest den Koran | Weblog
http://www.christ-koran.de

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Magdalena61
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#39 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von Magdalena61 » Do 2. Mär 2017, 00:46

Hallo Joerg, es freut mich, dich zu lesen.
JoergBelden hat geschrieben:Es gibt nicht DIE Christen, DIE Muslime, DIE Buddhisten; Verallgemeinerungen werden zumeist der Vielschichtigkeit der Religionen nicht gerecht. Für „uns“ Christen kann ich es formulieren: Christen ticken völlig unterschiedlich. Und das ist es auch, was uns gemeinsam ist.
Ja, so ist es.

Wer fahrlässige Verallgemeinerungen tätigt, offenbart damit sein Unwissen oder/ und seine Ignoranz.

Wir haben keinerlei Grund, hochmütig zu sein. "Heiden", die den Willen Gottes tun***, kommen bei Paulus besser weg als "rechtgläubige" Übertreter des Gesetzes Röm.2.

Auf meiner Seite habe ich dieses Forum einmal verlinkt ( http://www.christ-koran.de/thread-in-4religion-de/ ).
:D Ich habe mich revanchiert und deinen Blog sowohl in meinem privaten Account als auch auf der Facebookseite von 4religion geteilt.

Auch auf die Gefahr hin, dass sich aufgrund dieses Posts wieder einige Christen abmelden.

Mir stinkt's immer, wenn Urteile wie "verführt", "abgefallen", "vom Weg abgekommen" und so weiter gefällt werden, sobald ein (evangelikaler) Christ es wagt, den von seinen Leitern vorgeschriebenen /zu( engen Horizont zu hinterfragen und Mauern einzureißen. Aber das kann man wohl nicht ändern.
LG

*** Nichtjuden, Nichtchristen
God bless you all for what you all have done for me.

Pluto
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#40 Re: "Ein Christ liest den Koran"

Beitrag von Pluto » Do 2. Mär 2017, 08:52

Magdalena61 hat geschrieben:Mir stinkt's immer, wenn Urteile wie "verführt", "abgefallen", "vom Weg abgekommen" und so weiter gefällt werden, sobald ein (evangelikaler) Christ es wagt, den von seinen Leitern vorgeschriebenen /zu( engen Horizont zu hinterfragen und Mauern einzureißen. Aber das kann man wohl nicht ändern.
LG

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Wie lieb von dir, dabei auch an mich zu denken... :devil:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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