#1 Qumran und die Essener
Verfasst: Sa 5. Sep 2015, 21:27
Hallo an die Forengemeinde.
Wen es interessiert, auch hier der kompromierte Text über das Thema:
Die Funde von Qumran wecken immer wieder das Interesse der Öffentlichkeit. Dabei konzentrieren sich die Diskussionen meist auf die archäologischen Entdeckungen und die Ruinen, auf die in der Nähe gefundenen Schriftrollen sowie auf die jüdische Gruppierung der Essener. In Hypothesen werden alle drei Punkte zusammengefasst, die besagen, dass in Qumran eine Mönchsgemeinschaft lebte, die in Höhlen eine Sammlung von Schriftrollen einlagerten. Diese Gemeinschaft sind die Essener. Doch in diesen hergebrachten Theorien gibt es Ungereimtheiten, nicht alle Fragen werden beantwortet.
Die Ruinen von Qumran wurden im 19. Jahrhundert bekannt. Zunächst wenig beachtet, änderte sich dies mit dem Fund der Schriftrollen 1947. Nun erst folgten umfangreiche Ausgrabungen, nach denen man die Geschichte von Qumran in etwa einordnen konnte. So reichen erste Spuren einer Befestigungsanlage in das 8. Jahrhundert vor Christus zurück, die etwa 200 Jahre genutzt wurde. Sehr viel später fand eine Wiederbesiedelung statt, zunächst als befestigte Wegstation unter Johannes Hyrkanus I. (134-104 v. Chr.), dann unter seinem Nachfolger Alexander Jannai als nun unbefestigte, aber erweiterte Siedlung. 31 v. Chr. wurde diese bei einem Erdbeben zerstört und der Ort blieb 30 Jahre unbewohnt. Um Christi Geburt wurde Qumran wieder aufgebaut. Den Bewohnern war dabei Schutz und Abschottung sehr wichtig. Römische Truppen zerstörten diese Ansiedlung dann 68 n. Chr. und nutzten sie nur noch wenige Jahre als kleine Garnison.
Die Reste von ca. 950 Schriften wurden in elf Höhlen in der Nähe der Ruinen gefunden. Darunter sind etwa 200 alttestamentliche Texte, die nichts über den Verfasser aussagen, denn sie sind nicht signiert. Einige der nicht biblischen Texte zeigen Gemeinsamkeiten, die sie von anderen jüdischen Texten der damaligen Zeit unterscheiden. Diese Schriften wurden von der Mitte des zweiten bis zur Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts von einer streng-religiösen jüdischen Gruppierung verfasst, die ein nicht identifizierter „Lehrer der Gerechtigkeit“ gründete. Aus den Texten erfährt man von dieser Gemeinschaft, dass sie sich als „Gemeinschaft des erneuten Bundes“ und als „Söhne des Lichts“ verstand. Ihre Vorbereitung galt der Auseinandersetzung mit den „Söhnen der Finsternis“, die bald bevorstand. Das Weltbild war demnach dualistisch in gut und böse zweigeteilt. Dabei wurden die Sadduzäer und Pharisäer verachtet, der Tempelkult glitt in Unreinheit ab. Die „Ordensregeln“ der Gemeinschaft beschreibt zölibatär lebende Männer, aber auch Familien, die ein strenges und asketisches Leben in der Wüste ohne jeglichen persönlichen Besitz führten. Zu den Pflichten zählten vorgeschriebene Gebete, Schriftstudium, rituelle Waschungen und gemeinsame Mahlzeiten, beaufsichtigt durch eine streng geregelte Hierarchie. Die Leitung übernahm ein Rat aus zwölf Laien und drei Priestern, die auch die lange und mehrstufige Probezeit von neuen Mitgliedern überwachte.
Informationen über die Essener erhält man aus einer Reihe von jüdischen, heidnischen, später auch christlichen Quellen. So von Flavius Josephus, der berichtet, dass die etwa 4000 Essener an ein vorbestimmtes Schicksal glauben und eine unsterbliche Seele mit dem Leib als Gefängnis. Diese Anschauung lehnt sich stark an griechisch-philosophische Schulen der Zeit an. Die Seele geht nach dem Tod in das Paradies oder in die Hölle. Die Ehe wurde gering geachtet, weshalb viele unverheiratet blieben. Persönlicher Reichtum war verachtet, alles wurde in einer Gütergemeinschaft verwaltet. Das asketische Leben unterlag einer hierarchischen Struktur. Die Essener lebten in Städte und schwiegen während der meisten Zeit des Tages. Rituelle Bäder, Schriftstudium und gemeinsame Mahlzeiten waren obligatorisch. Verfehlungen während der Probezeit führten zum Ausschluss aus der Gemeinschaft, manchmal nur auf Zeit. Die Sabbatruhe musste unbedingt gehalten werden, Eide waren abzulehnen.
Eine weitere historische Quelle ist der jüdische Philosoph Philo von Alexandrien, der dort um die Zeitenwende lebte. Er berichtet, dass man Essener nicht von der Abstammung her ist, sondern sich der Gemeinschaft anschließt. Die Essener sind fleißig und heiraten nicht. Sie produzieren keine Waffen und erdulden Verfolgung. Plinius der Ältere, ein römischer Gelehrter aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert, erwähnt die Essener in seiner „Naturgeschichte“. Demnach lebten sie westlich vom Toten Meer, unterhalb von En Gedi. Sie sind einsame und verwunderliche Menschen, die ohne Frauen und ohne Geld beisammen sind.
Die antiken Quellen zeigen eine große Übereinstimmung, was die Vorstellungen über die Essener betreffen. Diese Übereinstimmung setzt sich in den Texten der Schriftrollen fort. Allerdings erwähnt Flavius Josephus, dass die Essener in Städten lebten, was einer rigorosen religiösen Absonderung widersprechen würde. Die Qumran-Schriften wissen auch nichts von einer Ablehnung von Eiden, sie werden im Gegenteil manchmal sogar gefordert. Auch das Schweigegebot ist innerhalb der Gemeinschaft nicht belegt. Andererseits sind die zentralen Messias-Vorstellungen in den Schriften der Gemeinschaft in den Texten der Essener nicht nachweisbar.
Die archäologischen Funde und die Texte lassen sich hingegen nur schwer miteinander vergleichen. Die Weltanschauung der Essener oder der Qumran-Gemeinschaft sowie deren Lebenswirklichkeit hinterlassen kaum archäologisch fassbare Spuren. Die Siedlung bestand meist aus Gemeinschaftsräumen, weniger aus Wohnräumen, die vielleicht als Zelte oder Hütten auf den Flachdächern standen. Die soliden Gebäude sind schmucklos, prägnant sind jedoch die umfangreichen Wasserleitungen und Wasserbecken für rituelle Bäder. Auffallend ist zudem ein Saal mit steinernen Bänken und Tischen, der als Schreibstube definiert wird, fand man darin doch drei tönerne Tintenfässer. Altäre und Tempel konnten nicht entdeckt werden, allerdings mehrere Brennöfen und viel Keramik, die identisch mit der in den Höhlen gefundenen ist und keine Luxusimportware darstellt. Die Menge der Keramik lässt auf die große Bedeutung von Mahlzeiten schließen. Die übrigen Funde aus Stein, Glas, Metall und Textilien entsprechen jüdischen Reinheitsvorschriften. Die sanitären Anlagen standen etwas abseits und die Untersuchungen der Hinterlassenschaften decken gesundheitliche Probleme der Bewohner auf. Sie litten besonders unter Parasitenbefall, was durch die mehrfache Benützung desselben Wassers von Menschen in den rituellen Tauchbädern erklärt werden kann. Die entdeckten Münzen helfen bei der Datierung, zeigen aber auch einen gewissen Reichtum der Gemeinschaft. Der Friedhof von Qumran wurde auch nach dem Untergang der Siedlung von Beduinen genutzt. Er enthüllt, dass in den Gräbern der Qumran-Zeit nur wenige Frauen und Kinder beigesetzt waren.
Fortsetzung ....
Wen es interessiert, auch hier der kompromierte Text über das Thema:
Die Funde von Qumran wecken immer wieder das Interesse der Öffentlichkeit. Dabei konzentrieren sich die Diskussionen meist auf die archäologischen Entdeckungen und die Ruinen, auf die in der Nähe gefundenen Schriftrollen sowie auf die jüdische Gruppierung der Essener. In Hypothesen werden alle drei Punkte zusammengefasst, die besagen, dass in Qumran eine Mönchsgemeinschaft lebte, die in Höhlen eine Sammlung von Schriftrollen einlagerten. Diese Gemeinschaft sind die Essener. Doch in diesen hergebrachten Theorien gibt es Ungereimtheiten, nicht alle Fragen werden beantwortet.
Die Ruinen von Qumran wurden im 19. Jahrhundert bekannt. Zunächst wenig beachtet, änderte sich dies mit dem Fund der Schriftrollen 1947. Nun erst folgten umfangreiche Ausgrabungen, nach denen man die Geschichte von Qumran in etwa einordnen konnte. So reichen erste Spuren einer Befestigungsanlage in das 8. Jahrhundert vor Christus zurück, die etwa 200 Jahre genutzt wurde. Sehr viel später fand eine Wiederbesiedelung statt, zunächst als befestigte Wegstation unter Johannes Hyrkanus I. (134-104 v. Chr.), dann unter seinem Nachfolger Alexander Jannai als nun unbefestigte, aber erweiterte Siedlung. 31 v. Chr. wurde diese bei einem Erdbeben zerstört und der Ort blieb 30 Jahre unbewohnt. Um Christi Geburt wurde Qumran wieder aufgebaut. Den Bewohnern war dabei Schutz und Abschottung sehr wichtig. Römische Truppen zerstörten diese Ansiedlung dann 68 n. Chr. und nutzten sie nur noch wenige Jahre als kleine Garnison.
Die Reste von ca. 950 Schriften wurden in elf Höhlen in der Nähe der Ruinen gefunden. Darunter sind etwa 200 alttestamentliche Texte, die nichts über den Verfasser aussagen, denn sie sind nicht signiert. Einige der nicht biblischen Texte zeigen Gemeinsamkeiten, die sie von anderen jüdischen Texten der damaligen Zeit unterscheiden. Diese Schriften wurden von der Mitte des zweiten bis zur Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts von einer streng-religiösen jüdischen Gruppierung verfasst, die ein nicht identifizierter „Lehrer der Gerechtigkeit“ gründete. Aus den Texten erfährt man von dieser Gemeinschaft, dass sie sich als „Gemeinschaft des erneuten Bundes“ und als „Söhne des Lichts“ verstand. Ihre Vorbereitung galt der Auseinandersetzung mit den „Söhnen der Finsternis“, die bald bevorstand. Das Weltbild war demnach dualistisch in gut und böse zweigeteilt. Dabei wurden die Sadduzäer und Pharisäer verachtet, der Tempelkult glitt in Unreinheit ab. Die „Ordensregeln“ der Gemeinschaft beschreibt zölibatär lebende Männer, aber auch Familien, die ein strenges und asketisches Leben in der Wüste ohne jeglichen persönlichen Besitz führten. Zu den Pflichten zählten vorgeschriebene Gebete, Schriftstudium, rituelle Waschungen und gemeinsame Mahlzeiten, beaufsichtigt durch eine streng geregelte Hierarchie. Die Leitung übernahm ein Rat aus zwölf Laien und drei Priestern, die auch die lange und mehrstufige Probezeit von neuen Mitgliedern überwachte.
Informationen über die Essener erhält man aus einer Reihe von jüdischen, heidnischen, später auch christlichen Quellen. So von Flavius Josephus, der berichtet, dass die etwa 4000 Essener an ein vorbestimmtes Schicksal glauben und eine unsterbliche Seele mit dem Leib als Gefängnis. Diese Anschauung lehnt sich stark an griechisch-philosophische Schulen der Zeit an. Die Seele geht nach dem Tod in das Paradies oder in die Hölle. Die Ehe wurde gering geachtet, weshalb viele unverheiratet blieben. Persönlicher Reichtum war verachtet, alles wurde in einer Gütergemeinschaft verwaltet. Das asketische Leben unterlag einer hierarchischen Struktur. Die Essener lebten in Städte und schwiegen während der meisten Zeit des Tages. Rituelle Bäder, Schriftstudium und gemeinsame Mahlzeiten waren obligatorisch. Verfehlungen während der Probezeit führten zum Ausschluss aus der Gemeinschaft, manchmal nur auf Zeit. Die Sabbatruhe musste unbedingt gehalten werden, Eide waren abzulehnen.
Eine weitere historische Quelle ist der jüdische Philosoph Philo von Alexandrien, der dort um die Zeitenwende lebte. Er berichtet, dass man Essener nicht von der Abstammung her ist, sondern sich der Gemeinschaft anschließt. Die Essener sind fleißig und heiraten nicht. Sie produzieren keine Waffen und erdulden Verfolgung. Plinius der Ältere, ein römischer Gelehrter aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert, erwähnt die Essener in seiner „Naturgeschichte“. Demnach lebten sie westlich vom Toten Meer, unterhalb von En Gedi. Sie sind einsame und verwunderliche Menschen, die ohne Frauen und ohne Geld beisammen sind.
Die antiken Quellen zeigen eine große Übereinstimmung, was die Vorstellungen über die Essener betreffen. Diese Übereinstimmung setzt sich in den Texten der Schriftrollen fort. Allerdings erwähnt Flavius Josephus, dass die Essener in Städten lebten, was einer rigorosen religiösen Absonderung widersprechen würde. Die Qumran-Schriften wissen auch nichts von einer Ablehnung von Eiden, sie werden im Gegenteil manchmal sogar gefordert. Auch das Schweigegebot ist innerhalb der Gemeinschaft nicht belegt. Andererseits sind die zentralen Messias-Vorstellungen in den Schriften der Gemeinschaft in den Texten der Essener nicht nachweisbar.
Die archäologischen Funde und die Texte lassen sich hingegen nur schwer miteinander vergleichen. Die Weltanschauung der Essener oder der Qumran-Gemeinschaft sowie deren Lebenswirklichkeit hinterlassen kaum archäologisch fassbare Spuren. Die Siedlung bestand meist aus Gemeinschaftsräumen, weniger aus Wohnräumen, die vielleicht als Zelte oder Hütten auf den Flachdächern standen. Die soliden Gebäude sind schmucklos, prägnant sind jedoch die umfangreichen Wasserleitungen und Wasserbecken für rituelle Bäder. Auffallend ist zudem ein Saal mit steinernen Bänken und Tischen, der als Schreibstube definiert wird, fand man darin doch drei tönerne Tintenfässer. Altäre und Tempel konnten nicht entdeckt werden, allerdings mehrere Brennöfen und viel Keramik, die identisch mit der in den Höhlen gefundenen ist und keine Luxusimportware darstellt. Die Menge der Keramik lässt auf die große Bedeutung von Mahlzeiten schließen. Die übrigen Funde aus Stein, Glas, Metall und Textilien entsprechen jüdischen Reinheitsvorschriften. Die sanitären Anlagen standen etwas abseits und die Untersuchungen der Hinterlassenschaften decken gesundheitliche Probleme der Bewohner auf. Sie litten besonders unter Parasitenbefall, was durch die mehrfache Benützung desselben Wassers von Menschen in den rituellen Tauchbädern erklärt werden kann. Die entdeckten Münzen helfen bei der Datierung, zeigen aber auch einen gewissen Reichtum der Gemeinschaft. Der Friedhof von Qumran wurde auch nach dem Untergang der Siedlung von Beduinen genutzt. Er enthüllt, dass in den Gräbern der Qumran-Zeit nur wenige Frauen und Kinder beigesetzt waren.
Fortsetzung ....