#81 Re: Ist Glaube/Religion Privatsache?
Verfasst: Fr 4. Sep 2020, 11:00
Natürlich ist Glauben eine Privatsache, denn ich bin es ja, der glaubt. Glaube aber bezieht sich auf etwas, dieses ist aber objektiv da oder nicht da und wenn es da ist, auf seine Weise da. Also kann mein Verhältnis zum Gegenstand des Glaubens dem Gegenstand entsprechen, oder nicht, oder nur teilweise. Es geht also hier um die Wahrheitsfrage. Und so kann ich Unsinn glauben oder auch der Wahrheit. Glaube ist damit eine Vorstufe der Erkenntnis. Natürlich erlangt man keine Erkenntnis, wenn man an etwas glaubt, dass es so nicht gibt, oder sich an blindem Glauben genügen lässt.
Jeder Mensch ist "gezwungen" an etwas zu glauben, damit er im realen diesseitigen (und eventuellen jenseitigen) Leben Orientierung hat - also es ihm so gut wie möglich geht. Und damit kommen wir zur Unduldsamkeit der Gläubigen: Der eigene Glaube hat für jeden existentielle Wichtigkeit und deshalb verunsichert jeder, der etwas anderes als ich selbst glaube.
Eine Verständigung auf der Glaubensebene ist deshalb nicht möglich. Glaube sollte immer mehr dazu dienen, die Wahrheit zu erkennen, also den Gegenstand des Glaubens, so, wie er wirklich ist. Wahrheiten kann man miteinander austauschen und sie stärken den rechten Glauben. Der "rechte Glaube" ist der, der sich eben auf die Realität bezieht und das Bild von der Realität erweitert . Bei vielen Menschen wirkt der Glaube eher verengend, da man nichts mit ihm erkennt, erfährt, aber ihn sichern will.