erbreich hat geschrieben:Ich brachte das (persönliche) Beispiel Depression. In einer tiefen Depression wird die Existenz als in allen Teilen qualvoll erlebt.
Depression ist ein Sonderzustand, wie Jack Sparrow schon schrieb, eine Krankheit. Man kann sie behandeln und ja, sie führt leider oft zum Tod durch Suizid, wenn keine Hilfe kommt. Religion kann als Therapie wirken wie auch andere Formen der Autosuggestion. Einfacher ist es, den Botenstoffmangel durch ein Medikament kurzzeitig zu beheben, um aus dem Teufelskreis der andauernden tiefen Traurigkeit, dem Grau zu entkommen. Es ist aber sicherlich nicht stichhaltig, Religiösität wegen einer Krankheit zu begründen, wenngleich sie im Einzelfall sicherlich helfen kann. Die therapeutische Wirkung des Opiums für das Volk ist ja unbestritten, sie kann aber auch ins Negative umschlagen. Keine Medizin ohne Gefahr von Nebenwirkungen.
Novalis hat geschrieben:Etwas ähnliches habe ich auch durchlebt. Der christliche Mystiker Johannes von Kreuz nannte es die dunkle Nacht der Seele. Ich wusste anfangs gar nicht, was mit mir passiert, aber dann entdeckte ich, dass schon sehr viele Menschen etwas ähnliches durchlebt haben.
Stimmt - ich glaube im Schnitt hat man zweimal pro Leben eine exogene Depression. Endogene Depressionen sind noch ein ganz anderes Kapitel und da hilft Religion nur bedingt. Bleiben wir also bei der exogenen Depression. Ich hatte - wie die meisten Menschen - auch schon eine Depression (als Krankheitsbild). Das geht sehr vielen so, manche wollen es nicht wahrhaben, andere nennen es sich im Selbstmitleid ertränken (usw.). Ich habe das ohne Gott und ohne Religion auch überstanden. Das sind alles Einzelfälle, die wenig zur Sache an sich aussagen. Eine Depression ist schrecklich und geht sehr weit über Traurigkeit oder Melancholie hinaus. Es gibt verschiedene Untertypen, aber das ist ja nicht das Thema. Ich war auch sehr tief in diesem gefühllosen grauen Dämmerzustand. Ist zum Glück schon länger her. Aber wie gesagt: man braucht keine Religion, um das zu dirchstehen (und ich wurde auch nicht rückfällig - Religion ist heilbar, Depressionen auch, wenn sie exogen sind).
Das Gleiche gilt jedoch für einseitig rationalistische Weltbilder. Wenn das tragfähig gewesen wäre, dann wüsste ich es, denn es hat mich nicht getragen.
Da fehlt ein "für mich". Du schließt von dir auf alle. Das wäre so, als würde ich sagen, Glaube würde nicht helfen, weil ermich nicht getragen hat. Nein, mich hat er nicht mehr getragen und ich lebe ohne Glauben besser und freier. Für mich fühlt es sich so viel besser an und das Leben ergibt für mich mehr Sinn als mit Glauben. Denn ich finde das Leben im christlichen Sinn ziemlich sinnlos und sinnfrei (müssen Gläubige nicht verstehen).
Fakt ist aber, dass etwas mich getragen hat, denn ich selbst konnte mich nicht mehr tragen. Wer oder was hat mich getragen? Als Christ kann ich sagen, dass Christus dieser tragende Grund ist.
Ich würde sagen, dein Glaube an ihn hat dich getragen, denn Jesus selbst ist schon lange tot
„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Johannes 15,5)
ich kann viel tun und mache das auch - ganz ohne ihn
Das bedeutet für mich aber nicht, dass ich andere Religionen in ihrem Sinn und Wert missachte (Paulus hat auf dem Areopag auch nicht über die Griechen gelästert, sondern sie für ihre Frömmigkeit und rechtschaffenes Streben nach der Wahrheit gelobt, an dieser interreligiösen Sensibilität könnten sich mehr Christen ein Beispiel nehmen

).
Er hat sie aber in seinen Briefen an Gleichgesinnte verachtet und niedergemacht. War er denn ehrlich, als er direkt zu diesen "Hunden" sprechen musste/durfte?
Dass du in anderen Religionen Sinn und Wert ebenfalls erkennst, ist ja positiv und zeigt eine gewisse Toleranz, die anderen hier abgeht. Du bist da in gewissem Maße auch konform mit der aktuellen RKK. Warum kannst du nicht ähnlich tolerant gegenüber Atheisten sein? Nur, weil du dort keinen Sinn oder Wert erkennst? Das heißt doch nicht, dass da weder Sinn noch Wert ist.
Gerade der Buddhismus ist für sehr viele Menschen hilfreich. Daraus kann ich nur schlussfolgern, dass es sich um eine göttlich inspirierte und wahrhaftige Religion handelt.
Klassischer Zirkelschluss. Und dafür wirst du von manchen Mitgläubigen sicherlich serh schräg angesehen.
Als Christ hat mich das natürlich zum Nachdenken gebracht, weshalb unsre christliche Tradition auf viele Menschen nicht mehr anziehend wirkt, weshalb das Evangelium häufig nicht mehr zu den Herzen spricht.
Weil es zu friedlich wurde und die Notlösung Gewalt oder gesellschaftlicher Druck fehlt, wenn es mal nicht von allein läuft. Und weil man Kritiker nicht mehr mundtot machen kann? Es stockt doch nur dort, wo wirkliche Freiheit existiert. In Ländern, in denen man einfach dazu gehören muss, um nicht ausgeschlossen oder verfolgt zu werden, ist die Quote der Gläubigen doch viel höher.
Vielen Christen ist offenbar nicht bewusst, was das bedeutet, angesichts der christlichen Glaubwürdigkeitskrise. Das bedeutet nichts geringeres, als dass das Christentum in Europa bald wieder in exakt der selben Situation ist, in der sich die ersten Christen befunden haben

Damals gab es eine blutige Diktatur und eine Form der Staatsreligion. Die Christen wurden nur verfolgt, weil sie anders waren und weil sie wohl nicht dem Kaiser Opfer darreichen wollten. Diese Situation ist nicht mehr so. Da bist du jetzt sehr pessimistisch. Keine Sorge, Christenverfolgung bei uns wird es nicht geben. Ich denke eher, dass es irgendwann mal wieder gegen die Gottlosen gehen wird - falls es zu einer Religionskrise kommen wird. Die einzige Alternative wäre ein sich zu sehr ausbreitender Islam, der das Christentum wegfegt und der dann wiederum die Atheisten verfolgt. Da hoffe ich aber sehr, dass unsere säkulare Gesellschaft das nicht zulassen wird.