KI >> Homo Deus

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AlTheKingBundy
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#101 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von AlTheKingBundy » Mo 5. Aug 2019, 19:54

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 19:05
Dennoch SIND phänomenale Erlebnisinhalte wie Schmerzen oder Freude etc. keine elektrischen und bio-chemischen Vorgänge.

Na was sind sie dann bitte schön?
Beste Grüße, Al

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.
(Albert Einstein, 1879-1955)

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Thaddaeus
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#102 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Thaddaeus » Mo 5. Aug 2019, 20:03

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 06:50
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 3. Aug 2019, 21:21
Das weitaus größere andere Problem ist es, eine Antwort auf die Frage zu finden, warum es Erlebnisgehalte, also Qualia und phänomenales Bewusstsein gibt,
Sähe die Welt anders aus wenn es die nicht gäbe?
Das kann ich von ganzem Herzen und Verstand mit einem "Ja!" beantworten.

Wenn du denkst, es gäbe KEINEN Unterschied, dann denkst du auch, die Welt sei lediglich eine Ansammlung von den physischen Dingen, die wir im Universum vorfinden. Dann ist das Universum eine Art riesiger Legokasten mit zahllosen unterschiedlichsten Steinen.
Denkst du dagegen, es gibt einen Unterschied, dann besteht das Universum nicht nur aus den physischen Dingen in ihm, sondern aus ALLEN TATSACHEN, die in diesem Universum wahr sind.

Der Philosoph Ludwig Wittgenstein bezieht hier eine klare Position:

1. Die Welt ist alles, was der Fall ist.
1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.
(Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus)
Wittgenstein hatte erkannt, dass die Welt nicht nur aus den Dingen in ihr bestehen kann. Sie muss auch aus dem bestehen, was in diesem Universum WAHR ist. Und WAHR sind alle TATSACHEN, die in diesem Universum gelten.

Hierzu ein hübsches Beispiel:

In der populären Serie THE BIG BANG THEORY gibt es in einer Episode folgende Begebenheit:

Die Figur Howard Wolowitz, der demnächst als Astronaut zur ISS fliegen wird, schenkt seiner Verlobten Dr. Bernadette Rostenkowski eine Kette mit einem Stern als Anhänger. Er schenkt ihr also die Kette und sagt ihr, er möchte die Kette mit dem Sternanhänger aber wieder zurück haben, um sie auf die ISS mit zu nehmen. Denn - und das ist das Romantische an der ganzen Sache - dann wird dieser Stern an der Kette tatsächlich im Weltraum gewesen sein, so wie ein wirklicher Stern. Wenn er wieder zurück auf der Erde ist, wird er ihr die Kette mit dem Stern, der dann wie ein wirklicher Stern im Weltraum gewesen sein wird, endgültig schenken.

Nun kommen wir zum philosophischen Gehalt dieser Szene:
Die Kette mit dem Stern ist vor dem Flug von Howard ins All physisch völlig identisch mit der Kette mit dem Stern, nachdem er mit ihr im All war und zurück auf der Erde. Rein physisch-dinglich hat sich nichts, aber auch gar nichts verändert (wir lassen einmal mögliche kosmische Strahlungseinwirkungen außer Acht).

Aber selbstverständlich ist die Kette mit dem Sternanhänger vor dem Flug ins All nicht identisch mit der Kette mit Sternanhänger, nachdem sie im All und wieder zurück auf der Erde ist!

Für die Kette mit Sternanhänger bevor sie im All und auf der ISS war gilt die Tatsache: "Diese Kette mit Sternanhänger war nicht im Weltraum". Für die Kette, DIE im Weltraum war gilt aber die Tatsache: "Diese Kette mit Sternahänger war im Weltraum!"
Die Welt besteht nicht nur aus den Dingen, sie besteht vielmehr aus den Sachverhalten, die in ihr WAHR sind, das sind die Tatsachen.

An dem Ding hat sich nichts geändert! Aber für die eine Kette mit Sternanhänger gilt die Tatsache in dieser Welt, dass sie nicht im Weltraum war, und für dieselbe Kette mit Sternanhänger gilt die andere Tatsache in dieser Welt, DASS sie im Weltrum war, - und das macht tatsächlich einen ontischen Unterschied aus!
Zuletzt geändert von Thaddaeus am Mo 5. Aug 2019, 20:32, insgesamt 2-mal geändert.

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Thaddaeus
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#103 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Thaddaeus » Mo 5. Aug 2019, 20:26

AlTheKingBundy hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 18:45
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 18:30
Zu Punkt 2 vertrete ich die Auffassung, dass jede Bezugnahme einer K.I. auf Wirklichkeit eine von Menschen implementierte Bezugnahme und Intentionalität ist, also eine simulierte.

Ab wann ist die Simulation derart perfekt, dass sie real ist?
Eine Simulation ist niemals so perfekt, dass sie identisch mit dem Original ist. Zumindest nicht in der K.I. Das schmälert nicht, was in der K.I. alles an erstaunlichen Dingen möglich ist. Aber künstliche Intellligenz lebt davon, dass sie sich die Intelligenz derer leiht, die sie entwickeln.

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Thaddaeus
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#104 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Thaddaeus » Mo 5. Aug 2019, 20:40

AlTheKingBundy hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 19:54
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 19:05
Dennoch SIND phänomenale Erlebnisinhalte wie Schmerzen oder Freude etc. keine elektrischen und bio-chemischen Vorgänge.

Na was sind sie dann bitte schön?
Na ja, das versuche ich doch HIER gerade zu erklären!

closs
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#105 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Mo 5. Aug 2019, 21:03

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 19:05
Letztlich bedeutet dies, dass das, was wir in phänomenalen Erlebniszuständen erleben nicht exakt bedeutungsgleich ist mit den elektro-chemischen und neurologischen Vorgängen im Gehirn. Die phänomenalen Erlebniszustände sind qualitativ etwas anderes. Es ist auch klar, dass es dafür eines Gehirns bedarf. Nicht so klar ist, wie diese phänomenalen Erlebniszustände eigentlich zustande kommen und wieso wir sie haben können.

Das ist tatsächlich ein wunderbares und höchst interessantes Rätsel. Ich für meinen Teil würde dieses Rätsel wahnsinnig gerne lösen können. Wenn es mir gelingt, werde ich berühmt ... :D
Spirituell ist es längst gelöst - dort versteht man das Gehirn als Mittler phänomenaler Erlebniszustände. - Diese kommen aus dem Geist zustande, der auch ohne Materie funktioniert, aber im "Irdischen" die Materie zur Vermittlung braucht. - Nachweisbar wird dies nie sein, weil das Meta-Physische nicht der Falsifikation zugänglich ist.

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AlTheKingBundy
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#106 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von AlTheKingBundy » Di 6. Aug 2019, 06:38

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 20:40
AlTheKingBundy hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 19:54
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 19:05
Dennoch SIND phänomenale Erlebnisinhalte wie Schmerzen oder Freude etc. keine elektrischen und bio-chemischen Vorgänge.

Na was sind sie dann bitte schön?
Na ja, das versuche ich doch HIER gerade zu erklären!

Ich weiß, dass Du es da versucht hast, allerdings wenig erfolgreich, was mein Verständnis angeht.
Beste Grüße, Al

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#107 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von AlTheKingBundy » Di 6. Aug 2019, 06:40

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 20:26
AlTheKingBundy hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 18:45
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 18:30
Zu Punkt 2 vertrete ich die Auffassung, dass jede Bezugnahme einer K.I. auf Wirklichkeit eine von Menschen implementierte Bezugnahme und Intentionalität ist, also eine simulierte.

Ab wann ist die Simulation derart perfekt, dass sie real ist?
Eine Simulation ist niemals so perfekt, dass sie identisch mit dem Original ist. Zumindest nicht in der K.I. Das schmälert nicht, was in der K.I. alles an erstaunlichen Dingen möglich ist. Aber künstliche Intellligenz lebt davon, dass sie sich die Intelligenz derer leiht, die sie entwickeln.

Also wenn man keinen Unterschied mehr zwischen der Simulation und der "Wirklichkeit" feststellen kann, kommt man doch erst gar nicht auf die Idee, dass es eine Simulation ist. Also wie lässt sich dann feststellen, dass es eine Simulation ist? Und Jein, die KI kann sich weiter enwickeln und übertrifft damit die geliehene Intelligenz.
Beste Grüße, Al

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sven23
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#108 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von sven23 » Di 6. Aug 2019, 08:09

closs hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 21:03
Spirituell ist es längst gelöst - dort versteht man das Gehirn als Mittler phänomenaler Erlebniszustände. - Diese kommen aus dem Geist zustande, der auch ohne Materie funktioniert, aber im "Irdischen" die Materie zur Vermittlung braucht. - Nachweisbar wird dies nie sein, weil das Meta-Physische nicht der Falsifikation zugänglich ist.

Spirituell ist man mit Lösungen immer schnell bei der Hand. Aber was sagt das darüber aus, was der Fall ist?

Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Thaddaeus
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#109 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Thaddaeus » Di 6. Aug 2019, 08:22

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 06:50
Hat ein Hefepilz ebenfalls Qualia oder beschränkt sich diese unverzichtbare Eigenschaft auf bestimmte Entwicklungsstufen von Wirbeltieren?
Ich weiß nicht, ob Hefepilze über phänomenales Bewusstsein verfügen, aber es sollte auch dir nicht schwer fallen, gute Gründe dafür zu finden, dass es höchstwahrscheinlich nicht so ist.

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 06:50
Manche Menschen wissen, dass ein unsichtbarer gasförmiger Jesus existiert. Wissen ist als Argument somit eindeutig unschlagbar.
Nein, das WISSEN sie ja gerade nicht, sondern sind lediglich überzeugt davon. Wenn sie es tatsächlich wüssten, dann existierte der unsichtbare gasförmige Jesus auch, - wegen des Faktivitätsprinzip des Wissens. [K (s,φ) → φ]
Du weißt aber, dass du phänomenale Erlebnisinhalte hast. Nicht nur das, kannst du an diesem Wissen nicht einmal sinnvol zweifeln.

Thaddaeus hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 06:50
Wenn es möglich wäre, eine 1:1 Kopie eines lebenden Gehirns bis in die subatomare Ebene hinein ultraschnell in einem Bio-3-D-Drucker anzufertigen, dieses Gehirn ulttraschnell mit Blut zu versorgen, am Leben zu erhalten und ultraschnell mit allen Sinnen eines Menschen zu verbinden, wäre es trotzdem nicht die originale Person,
Kannst du bestimmte Merkmale nennen, in denen sich die beiden Persönlichkeiten unterscheiden würden?
Ja, die originale Person hätte keine Erinnerungslücke wie die kopierte, denn egal wie kurz der Erschaffungsprozess des Gehirns dauert, ist eine solche Lücke unvermeidlich. Vermutlich wäre das erschaffene Gehirn auch traumatisiert, da für einen kurzen Moment alle Sinnesverbindungen gekappt sind. Höchstwahrscheinlich würde es nicht einmal gelingen, dass kopierte Gehirn überhaupt zu starten, denn zum Zeitpunkt seiner Erschaffung ist es hirntot. Usw.usw.

Thaddaeus hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 06:50
Er wäre aber überfordert, Zahnpaste sauber auf eine Zahnhbürste zu drücken! So erstaunlich es ist, was er kann, kann er in vielfacher Hinsicht trotzdem nicht das, was ein 4-jähriges Kind kann.
Ist die Existenz feinmotorischer Fähigkeiten eine notwendige oder eine hinreichende Bedingung für die Existenz von Qualia? Welche Fähigkeiten müsste der Roboter haben, damit du ihm das Privileg der Qualia zugestehen würdest?
Bei diesem Beispiel mit den Fertigkeiten von Atlas geht es nicht um Qualia, sondern darum, dass K.I. auf jede einzelne Kleinigkeit einzeln und vor allem nacheinander trainiert werden muss. Kinder lernen diese Fertigkeiten alle gleichzeitig. Das geht, weil ihr Gehirn extrem parallel arbeitet, ganz anders als alle bisherige K.I.

Aber da du explizit nach Qualia fragst, sollten wir die Frage nach denen an dieser Stelle abkürzen. Ich frage dich also explizit:

Willst du - JackSparrow - abstreiten, phänomenale Erlebnisinhalte wie z.B. Schmerzempfindungen zu haben?


Thaddaeus hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 06:50
Wenn es nur so simpel wäre. Eine Neuron ist weit davon entfernt, ein simpler Ein-Aus-Schalter zu sein. Ein Neuron ist eher so komplex wie ein integrierter Schaltkreis.
Es ist simpel. Einströmende Kationen depolarisieren das Neuron und wenn dabei ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird, setzt sich die Erregung entlang des Axons auf die nachfolgenden Neurone fort. Ist die Erregung zu schwach, wird das Schwellenpotenzial nicht überschritten, die Natriumkanäle am Axon bleiben geschlossen und die Weiterleitung bleibt aus.
Du vergisst die Hebbsche Lernregel, die Gepulstheit der neuronalen Aktivität, die Bedeutung der Tatsache, dass sehr viele Neurone auf ein einzelnes Neuron einwirken können, die zumindest theoretische Möglichkeit von Feedbackschleifen wie in der künstlichen Backpropagation und die Bedeutung der chemischen und elektrischen Synapsenverbindungen bei der Reizweiterleitung und Reizstäreregulierung.
Insbesondere die Gepulstheit neuronaler Aktivität ist von großer Bedeutung. Man versucht sie in Spiking neural networks (SNN) zu simulieren.
Hier eine Simulation von 262144 Neuronen mit 8 Millionen Synapsen in einem SNN, in dem die Aktivität der Neuronen zeitlich-pulsierend getaktet ist. (Leider scheint die Einbettung von Youtube-Videos gerade nicht zu funktionieren. Jedenfalls bei mir ... )


Thaddaeus hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:
Mo 5. Aug 2019, 06:50
Man stelle sich dazu ein bis auf die atomare Ebene physisch, physikalisch und funktional völlig identisches Duplikat seiner selbst vor mit dem einzigen Unterschied, dass dieses Duplikat - also der Zombie-Zwilling - über keinerlei bewusstes Empfinden und bewusstes Erleben verfügt.
Man stelle sich vor, man selbst wäre dieses Duplikat. Woran würde man feststellen, dass man über keinerlei bewusstes Empfinden und bewusstes Erleben verfügt?
Genau gegen dieses Argument von Pauen wende ich mich mit meinem Gegenargument. Du musst es nur noch verstehen.

closs
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#110 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Di 6. Aug 2019, 10:24

sven23 hat geschrieben:
Di 6. Aug 2019, 08:09
Spirituell ist man mit Lösungen immer schnell bei der Hand. Aber was sagt das darüber aus, was der Fall ist?
Entweder nichts oder alles. - Man kann mit Sprache sehr viel tun, so dass Metzinger genauso ein in sich schlüssiges System entwickeln kann wie Ratzinger. - Aber wer hat recht in Bezug auf das, was WIRKLICH der Fall ist (ontisch)? Letztlich Glaubenssache.

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