#101 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.
Verfasst: Fr 24. Feb 2017, 17:40
Liebe ist ein Wort, der für vielerlei gebraucht und missbraucht wird. Wie kann es beispielsweise "käufliche Liebe" geben? Liebe im Sinne buddhistischer Metta - mit "liebende Güte" gibt Novalis den Begriff wieder - ist frei von Begehren und Anhaftung. Eine schöne Beschreibung von Liebe wie sie gemeint ist gibt Nyanaponika:Halman hat geschrieben:Ist denn Liebe nicht auch eine "Anhaftung". Ist es denn nicht das Ziel des Buddhisten, jedwede "Anhaftung" zu überwinden?
Liebe (mettÄ)
Liebe, die nicht besitzen will, weil sie weiß, dass es in Wirklichkeit keinen
Besitz und keinen Besitzer gibt, das ist die höchste Liebe. Liebe, die nicht
"Ich" sagt, weil sie das "Ich" als Täuschung weiß (anatta). Liebe, die nicht
sondert, wählt und ausschließt, wohl wissend, dass sie damit nur ihren
Gegensatz erzeugt: Missgunst, Abneigung, Widerwillen und Hass. Liebe, die
alle Lebewesen umfasst: kleine, große, ferne und nahe, die Bewohner der
Erde, des Wassers und der Luft.
Liebe, die alle Wesen umfasst: die edel gesinnten und die niedrig gesinnten,
die guten und die nicht-guten. Die Edlen und die Guten umfasst sie, weil zu
ihnen die Liebe zwanglos strömt. Die Niedriggesinnten und die Nicht-Guten
umfasst sie, weil sie der Liebe am meisten bedürfen. In vielen von ihnen mag
der Keim des Guten verkümmert sein, weil ihm die Wärme fehlte zu seinem
Gedeihen, weil er in liebloser Umwelt erfror.
Liebe, die alle Wesen umfasst, wohl wissend, dass sie alle unsere Weggefährten
sind auf der Weltenwanderschaft, Genossen unseres Leidens.
Gemeinsames Erleiden ist ein starkes Band unter den Wesen. Liebe - doch
nicht jene verzehrende, brennende Glut der Sinne, die mehr Wunden zufügt
als heilt; die jetzt aufflackert, im nächsten Augenblick verlischt und nur umso
stärkere Kälte zurück lässt.
Liebe vielmehr, die wie eine milde und doch starke Hand auf den leidenden
Wesen ruht, stets sich selber gleich, ohne Schwanken, unbeirrt, welche
Erwiderung sie findet. Erquickende Kühlung dem, der in des Leidens und der
Leidenschaften Flammen brennt. Belebende Wärme dem, den die Kälte der
Verlassenheit angerührt hat, der im Frost einer lieblosen Welt erzittert, dessen
Herz leer geworden ist über Hilferuf und Verzweiflung.
Liebe, die eine wissende, verstehende, helfende Güte ist, Liebe, die Kraft ist
und Kraft gibt - das ist die höchste Liebe.
"Befreiung des Herzens" nannte der Erhabene die Liebe.
"Erhabenste Schönheit" nannte der Erhabene die Liebe.
Buddhismus ist eine Religion der Selbst- (und Welt-) überwindung und wenn diese Überwindung tatsächlich praktiziert wird, ein Weg der Leidbefreiung - für den Praktizierenden wie auch für dessen Mitwelt.Ich würde er sagen: Buddhismus, eine Religion ohne "Ich" und ohne Leid.