#1 Pfingsten- Erscheinung eines Untoten?
Verfasst: Sa 22. Mai 2021, 09:05
Einleitend zu diesem Thema sollte man den Forschungsstand erwähnen, den es zwar gibt, aber der von den Kirchen nur allzu gerne unter den Teppich gekehrt wird.
Um es gleich vorwegzunehmen: Kaum ein Neutestamentler misst den
Auferstehungslegenden irgendeinen historischen Wert bei. Dies geschieht nicht aus
persönlichem Unglauben oder gar Böswilligkeit. Das negative Urteil über die Geschichten
vom Auferstandenen rührt aus der Analyse der biblische Texte selbst her. Die Art der
Überlieferung der angeblichen Ereignisse erweisen deren historische Unglaubwürdigkeit.
Allerdings hängen die Theologen diese Erkenntnis, die ja eigentlich deutliche
Konsequenzen für die Kirchen und die Gläubigen haben müsste, bewusst nicht an die
große Glocke. Persönlich und als Wissenschaftler ist man davon überzeugt, dass z. B. die
Auferstehungsgeschichten mehr oder weniger gut gemachte Produkte der Evangelisten
sind, und vertritt diese Überzeugung auch in exegetisch sauber gearbeiteten
Kommentaren gegenüber Fachkollegen und Theologiestudenten. Öffentlich, in Kirche
und Gesellschaft, hält man sich aber mit direkten Äußerungen sehr zurück. Man kann
damit keine Punkte sammeln, ist auch weiterhin an einem guten Verhältnis zur Kirche
interessiert und möchte nicht anecken. Detailarbeit über einen unbedeutenden Halbvers
in einem apokryphen Evangelium findet kirchliche und auch wissenschaftliche
Anerkennung, nicht aber die allzu deutlich vorgetragene Kritik an lieb gewonnenen und
kirchlich gewollten Glaubensvorstellungen. So kommt es zu dem eigenartigen
Sachverhalt, dass vor allem die neutestamentliche Forschung eigentlich revolutionäre
Ergebnisse vorzuweisen hat, wirklich geeignet, die Fundamente der Kirche aus den
Angeln zu heben, sie aber selbst geneigt ist, diese Ergebnisse herunterzuspielen oder nur
in einer eigentümlich verklausulierten und entschärfenden Sprache und in einem Akt der
freiwilligen Selbstbeschränkung den Menschen zuzumuten meint, wenn überhaupt. Man
fühlt sich allemal eher geneigt, Glaubensüberzeugungen noch positiv zu verstärken, statt
deren Haltlosigkeit zu demonstrieren. Es verhält sich in übertragenem Sinne so, als
wüssten die Theologen längst, dass die Erde eine Kugel ist, lobten aber dennoch den
Glaubenseifer derjenigen, die sie nach wie vor für eine Scheibe halten.
Kubitza, Der Jesuswahn
Um es gleich vorwegzunehmen: Kaum ein Neutestamentler misst den
Auferstehungslegenden irgendeinen historischen Wert bei. Dies geschieht nicht aus
persönlichem Unglauben oder gar Böswilligkeit. Das negative Urteil über die Geschichten
vom Auferstandenen rührt aus der Analyse der biblische Texte selbst her. Die Art der
Überlieferung der angeblichen Ereignisse erweisen deren historische Unglaubwürdigkeit.
Allerdings hängen die Theologen diese Erkenntnis, die ja eigentlich deutliche
Konsequenzen für die Kirchen und die Gläubigen haben müsste, bewusst nicht an die
große Glocke. Persönlich und als Wissenschaftler ist man davon überzeugt, dass z. B. die
Auferstehungsgeschichten mehr oder weniger gut gemachte Produkte der Evangelisten
sind, und vertritt diese Überzeugung auch in exegetisch sauber gearbeiteten
Kommentaren gegenüber Fachkollegen und Theologiestudenten. Öffentlich, in Kirche
und Gesellschaft, hält man sich aber mit direkten Äußerungen sehr zurück. Man kann
damit keine Punkte sammeln, ist auch weiterhin an einem guten Verhältnis zur Kirche
interessiert und möchte nicht anecken. Detailarbeit über einen unbedeutenden Halbvers
in einem apokryphen Evangelium findet kirchliche und auch wissenschaftliche
Anerkennung, nicht aber die allzu deutlich vorgetragene Kritik an lieb gewonnenen und
kirchlich gewollten Glaubensvorstellungen. So kommt es zu dem eigenartigen
Sachverhalt, dass vor allem die neutestamentliche Forschung eigentlich revolutionäre
Ergebnisse vorzuweisen hat, wirklich geeignet, die Fundamente der Kirche aus den
Angeln zu heben, sie aber selbst geneigt ist, diese Ergebnisse herunterzuspielen oder nur
in einer eigentümlich verklausulierten und entschärfenden Sprache und in einem Akt der
freiwilligen Selbstbeschränkung den Menschen zuzumuten meint, wenn überhaupt. Man
fühlt sich allemal eher geneigt, Glaubensüberzeugungen noch positiv zu verstärken, statt
deren Haltlosigkeit zu demonstrieren. Es verhält sich in übertragenem Sinne so, als
wüssten die Theologen längst, dass die Erde eine Kugel ist, lobten aber dennoch den
Glaubenseifer derjenigen, die sie nach wie vor für eine Scheibe halten.
Kubitza, Der Jesuswahn