Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

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sven23
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#131 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von sven23 » Di 8. Jun 2021, 17:40

Helmuth hat geschrieben:
Mo 7. Jun 2021, 18:01

Die Antwort:

"Na die Juden, sieh sie dir doch an. Ist denn nicht alles eingetreten, wie es die Propheten beschrieben haben? Über welches andere Volk könnte man das jemals sagen? Wo gibt es nur ansatzweise den Vergleich einer derartigen weltweiten Vorausschau? Und wo kehrt ein Volk nach über 1800 Jahren, das weltweit zerstreut ist, wieder in genau das Land zurück, dass sie verlassen mussten? Wenn mir das jemand zeigt, dann schwöre ich dem Gott ab und sage, ok reiner Zufall."
Die biblischen "Prophezeiungen" sind ja keine echten Prophezeiungen, sondern nachträgliche Beschreibungen von Ereignissen, die bereits stattgefunden haben, so wie die Zerstörung des Tempels. Es sind sog. Vaticinium_ex_eventu

Und wenn man wie die katholische Kirche über Jahrhunderte nicht müde wird, einen christlichen Antijudaismus zu pflegen und das Märchen von den Gottesmördern propagiert, dann kann man auch ein Stück weit von einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung sprechen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Ruth
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#132 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von Ruth » Di 8. Jun 2021, 18:00

sven23 hat geschrieben:
Di 8. Jun 2021, 17:33
Aber was für einen Sinn sollte es machen, dass Gott sich, wenn es ihn denn gäbe, wie ein Chamäleon den Menschen "offenbart". In sich widersprechenden Charakteren, die unvereinbarer nicht sein könnten?
Sinn macht es, wenn es gar nicht Gottes Absicht ist, sich den Menschen zu offenbaren. Vielleicht will Gott ja nur den Menschen in seiner jeweiligen Situation helfen, das eigene Leben zu verstehen und Probleme zu bewältigen ... den Blick erweitern über die Grenzen hinaus .... so dass sie miteinander zurecht kommen, es schaffen, Liebe zu üben.

Ich denke nicht, dass Gott überhaupt plant, sich den Menschen allgemein so zu offenbaren, dass sie ihn erforschen, kontrollieren und in Kategorien einordnen können.

Ich halte nichts von den Aussagen, dass Gott die Menschen für irgendetwas brauchen würde. Auch deren Lob und Anbetung braucht Gott nicht. Alles, was der Mensch glaubt für Gott zu tun, tut er quasi für sich selbst. Denn es ist immer der Mensch, der gewinnt, wenn er Gott begegnet. Gott ist immer der Gebende.

sven23 hat geschrieben:
Di 8. Jun 2021, 17:33
Vom grausamen Despoten und Massenmörder bis zum gütigen und verzeihenden Gott der Liebe.
Sagt das nicht viel mehr über die Menschen aus, die diese Vorstellungen vertreten?
Stimmt .... alle Gottesvorstellungen zeigen im Grunde den Menschen, der diese Vorstellung hat. Darum sehe ich auch in den biblischen Geschichten viel mehr die verschiedenen Menschen, als wer, was oder wie Gott denn sei.

Eusebius
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#133 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von Eusebius » Di 8. Jun 2021, 20:49

Ruth hat geschrieben:
Di 8. Jun 2021, 18:00
Gott ist immer der Gebende.

Nicht ganz. Etwas will er doch von uns.... nur eins:
Unsere Liebe!!!
Und die ist ihm unendlich wertvoll.

Ruth hat geschrieben:
Di 8. Jun 2021, 18:00
Stimmt .... alle Gottesvorstellungen zeigen im Grunde den Menschen, der diese Vorstellung hat. Darum sehe ich auch in den biblischen Geschichten viel mehr die verschiedenen Menschen, als wer, was oder wie Gott denn sei.

Für mich ist das eine Sache, die sich wechselseitig bedingt.

Mensch - Gottesbild
Gottesbild - Mensch

Also zusammenhängend aber nicht nur einseitig.

Ruth
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#134 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von Ruth » Mi 9. Jun 2021, 09:16

Eusebius hat geschrieben:
Di 8. Jun 2021, 20:49
Etwas will er doch von uns.... nur eins:
Unsere Liebe!!!
Dem würde ich entgegen setzen:
Gottes Wille ist, alle Menschen mit SEINER Liebe zu inspirieren, dass die Menschen aus dieser Beziehung heraus auch Liebe geben können.

angelehnt an die Aussage in der Bibel:
 
1. Joh. 4,19
Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.

Das würde bedeuten, dass (erst) dann, wenn man von Gottes Liebe berührt wurde, ein Mensch Gott wirklich lieben KANN ... und es auch will.

Also wiederum ausgehend davon, dass Gott zuerst geliebt hat, entsteht der Wunsch und der Antrieb, Gott auch zu lieben.
Auch hier ist zuerst Gott der Gebende, und die Liebe eines Menschen zu Gott ist "nur" eine Reaktion auf Gottes Liebe.

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Naqual
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#135 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von Naqual » Mi 9. Jun 2021, 16:29

Ruth hat geschrieben:
Mi 9. Jun 2021, 09:16
Eusebius hat geschrieben:
Di 8. Jun 2021, 20:49
Etwas will er doch von uns.... nur eins:
Unsere Liebe!!!
Dem würde ich entgegen setzen:
Gottes Wille ist, alle Menschen mit SEINER Liebe zu inspirieren, dass die Menschen aus dieser Beziehung heraus auch Liebe geben können.

Aus einer weiteren Betrachtungsart (unio mystica) kommt eigentlich beides auf dasselbe. :-)
Unsere Liebe ist seine Liebe, nur aktiv weitergegeben. Also "unsere Liebe" ist Seine Liebe, IST er. Das was wir geben ist Er. Selbst die Tätigkeit ("geben") ist Er in Aktion.

Eusebius spricht hier von "wechselseitig bedingt". Funktional gesehen ist es so.

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Naqual
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#136 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von Naqual » Mi 9. Jun 2021, 16:51

Helmuth hat geschrieben:
So 6. Jun 2021, 20:25
Ruth hat geschrieben:
So 6. Jun 2021, 11:53
Ist der Gott Israels der Gott der Christen?
Ich denke, eine eindeutige Antwort kann niemand dazu geben.
Wieso nicht? Ich hab doch schon mehrfach eindeutig ein klares Ja dazu gegeben.
Solange eine Antwort nur aus einer Behauptung besteht (ohne begründende Argumentation, die in sich schlüssig ist), ist es leicht. Ich verstehe Ruth so, dass es keine eindeutige "Lösung" gibt. Also wo man auf widerspruchsfreie Begründungen (auf die die Behauptung aufbaut) setzen kann.

So ist es leicht proklamatorisch einfach zu wiederholen, das NT geht davon aus, dass der Gott Jesus der Gott des AT, des Volkes Israel ist. Man könnte zwar bereits hier anderweitig argumentieren (z.B. gnostisch), ich persönlich würde aber hier noch mitgehen. In der Kirchen-Auswahl der verwendeten Schriften, die das NT bilden, ist es so, dass die Akteure im NT meinen, der Gott des AT ist derselbe.

Nur: die Beschreibungen des Gottes in der Bibel (NT und AT) sind so vielschichtig, dass man tatsächlich mühelos von verschiedenen Gottesbildern sprechen kann. Bildern, die so verschieden sind, dass man durchaus sagen kann, das müssen wohl zwei unterschiedliche Gottheiten sein.
Beispiel: Jesus predigt einen Gott, wo die Ehebrecherin nicht gesteinigt wird (wer ohne Sünde werfe den ersten Stein) und frei von dannen zieht. Im AT dreht sich eine Frau herum aus Neugierde was da mit Sodom und Gomorrah passiert und die Verweigerung der Anordnung sich herumzudrehen führt dazu, dass sie des Todes stirbt (zur Salzsäule) erstarrt. Das ist nach heutiger Auffassung von angemessenen Strafen schon arg eine Übertreibung. Es hätte ja auch gelangt, wenn ihr Wüstensand in die Augen geraten wäre und sie hätte drei Tage nichts mehr gesehen bei brennenden Augen. Oder wenn Gott über Moses anordnet, alle männlichen Kinder eines eroberten Dorfes umzubringen, die Frauen auch und die Jungfrauen im besten Fall zwangszuverehelichen mit denen, die ihre Eltern getötet haben.

Für mich sind da nicht kompatible Gottesbilder im Spiel. Und spätestens wenn es um die Liebe Gottes, als das wesentlichste Element allen Glaubens, geht und kontrakariert wird, sollte man vorsichtig werden....

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sven23
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#137 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von sven23 » Mi 9. Jun 2021, 17:59

Naqual hat geschrieben:
Mi 9. Jun 2021, 16:51

Nur: die Beschreibungen des Gottes in der Bibel (NT und AT) sind so vielschichtig, dass man tatsächlich mühelos von verschiedenen Gottesbildern sprechen kann. Bildern, die so verschieden sind, dass man durchaus sagen kann, das müssen wohl zwei unterschiedliche Gottheiten sein.
Oder genauer gesagt: 2 unterschiedliche Vorstellungen von Gottheiten.

Naqual hat geschrieben:
Mi 9. Jun 2021, 16:51
Beispiel: Jesus predigt einen Gott, wo die Ehebrecherin nicht gesteinigt wird (wer ohne Sünde werfe den ersten Stein) und frei von dannen zieht.
Wobei das die Gretchenfrage ist:
Ist der "gute und verzeihende" Jesus der "echte" Jesus, oder hat man ihm das posthum angedichtet?
Wurde man bei den Römern für die Nächsten- und Feindesliebe hingerichtet oder doch eher für die Anstiftung zum Aufruhr?


Naqual hat geschrieben:
Mi 9. Jun 2021, 16:51
Für mich sind da nicht kompatible Gottesbilder im Spiel.

Würde ich genau so sehen. Wenn man postuliert, dass es derselbe Gott ist, und dann noch behauptet, Gott würde sich nicht verändern, dann kann ja erst recht etwas nicht stimmen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Naqual
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#138 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von Naqual » Do 10. Jun 2021, 10:06

sven23 hat geschrieben:
Mi 9. Jun 2021, 17:59
Ist der "gute und verzeihende" Jesus der "echte" Jesus, oder hat man ihm das posthum angedichtet?
Das was Jesus relevant macht, ist die Idee von dem guten und verzeihenden obersten Vertreter Gottes (bzw. Gott). Was sonst sollte wert sein über die Jahrhunderte bzw. Jahrtausende zu schätzen? Ich gehe mal davon aus, dass Reste der Ursprungsidee noch durchschimmern. Wenn man ein wenig "aufräumt" kriegt man schon ein entsprechendes Bild (methodisch relativ zuverlässig z.B. der synoptische Vergleich direkter Jesus-Aussagen in einem ersten Schritt). Die ältesten Abschriften von kleinen (!) Teilen des NT sind ja mindestens 5-8 Generationen (bei 20-30 Jahren für eine Generation) nach der Lebenszeit Jesu. Im Vergleich: die deutsche Wiedervereinigung vor einer Generation. Da waren im Osten aus heutiger Sicht auf einmal alle in der ersten Reihe bei den Montagsdemos, mal salopp gesagt. Bei dem Versuch 30 Jahre später ein halbwegs objektives Bild zu zeichnen steht man vor erstaunlichen Hürden. Trotz Belegen, von denen die zu Beginn des Christentums nur geschwärmt hätten. Und die Weitergabe der Erkenntnisse der damals neuen Religion erfolgte nicht über Videoaufzeichnungen, Zeitungen und Bücher sondern mündlich. In Gesprächen von A zu B, zu C, zu D. usw. Es gibt in der Jugendarbeit ein schönes Spiel für Kinder: der erste bekommt einen kurzen Satz gesagt, den dieser dem nächsten ins Ohr flüstert und dieser wieder dem nächsten. Nach dem 6. Durchgang kommt jedenfalls ganz was anderes heraus. Und das ist keine böse Absicht.

Später wurde dann noch die Interpretationen der Texte kirchenmachtpolitisch überarbeitet (am deutlichsten sichtbar unter der Regie des Nichtchristen Konstantin). Aus dem Jesus, der ein über den Engel stehendes höchstes Wesen unmittelbar unter Gott geworden war (in den Texten), wurde auf einmal ein Gott. Und spätestens hier haben wir den massivsten Unterschied in der Gottesvorstellung von den Juden und den Christen. Aus jüdischer Sicht gibt es auch überhaupt keinen Sinn, warum Gott Mensch werden sollte. Vor allem wenn Gott DURCH Menschen wirkt. Also wozu soll die Menschwerdung eines Gottes gut sein? Der Geist Gottes wirkte schon vor Pfingsten bekanntlich. Wenn auch nicht unter dem Namen "Heiliger Geist". Wir haben hier eine Form des Copyright-Verstoßes, bei dem das Original zur Fälschung erklärt wird. Nach Umbenennung des Markenproduktes.

Wurde man bei den Römern für die Nächsten- und Feindesliebe hingerichtet oder doch eher für die Anstiftung zum Aufruhr?
LoL. Also ich denke nicht, dass die Römer Leute hinrichteten, weil sie recht lieb waren. Die Kreuzigung war nur für Menschen zweiter Klasse (Nicht-Römer, Sklaven) vorgesehen bei Kapitalverbrechen gegen den Staat. Allerdings musste man nicht unbedingt eine "Anstiftung zum Aufruhr" wirklich schuldig sein. Die dachten nicht "in dubio pro reo" (im Zweifel zugunsten des Angeklagten), sondern eher "in dubio contra reo". Also lieber mal aus staatlicher Sicht sicherheitshalber jemanden zuviel umlegen, als abzuwarten, bis einer von den "Zweifelhaften" ein Attentat gegen den Staat unternimmt. Das gehörte quasi zur "Sicherheitspolitik" in einer sehr unruhigen Provinz damals. Pontius Pilatus war auch nicht der milde Typ, der sich Gedanken gemacht hätte um Interessen jüdischer Gruppierungen, oder ob man mal das Volk fragen sollte, welchen Delinquenten man zu Tode verurteilt (Jesus contra Barabas). Geschweige war er denn jemand, der Sorgen hatte, seine Hände in Unschuld waschen zu müssen. Pontius Pilatus hatte massive Probleme in seiner späteren Amtszeit mit Rom. Wegen überschießender Brutalität (!) als Provinzfürst. Und die Römer waren bei besetzten Gebieten alles andere als zart beseitet. Wenn die das schon verärgert hat.....

Anthros

#139 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von Anthros » Do 10. Jun 2021, 10:41

Naqual hat geschrieben:
Do 10. Jun 2021, 10:06
Das was Jesus relevant macht, ist die Idee von dem guten und verzeihenden obersten Vertreter Gottes (bzw. Gott). Was sonst sollte wert sein über die Jahrhunderte bzw. Jahrtausende zu schätzen?
Seine Aufgabe war es, Träger des Christus zu sein; dieser hatte wiederum eine Aufgabe, die über den verschiedenen Religionen der Kulturen gelegen hat.
 

oTp
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Registriert: Mi 21. Apr 2021, 10:45

#140 Der Gott Israels ist der Gott der Christen?

Beitrag von oTp » Do 10. Jun 2021, 15:44

Anthros hat geschrieben:
Do 10. Jun 2021, 10:41
Seine Aufgabe war es, Träger des Christus zu sein; dieser hatte wiederum eine Aufgabe, die über den verschiedenen Religionen der Kulturen gelegen hat.

Träger des Christus = Christusbewußtsein
Wer hats erfunden ?

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