Die Offenbarung

Lena
Beiträge: 4515
Registriert: So 1. Sep 2013, 18:33

#1 Die Offenbarung

Beitrag von Lena » So 18. Apr 2021, 16:50

Martin Luther: Es haben auch viele der Väter diese Buch vorzeiten verworfen.....
https://www.glaubensstimme.de/doku.php? ... ffenbarung

Aus was für Gründen würdet ihr sie verwerfen wollen? 
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

Eusebius
Beiträge: 434
Registriert: Di 13. Apr 2021, 18:38

#2 Die Offenbarung

Beitrag von Eusebius » So 18. Apr 2021, 17:43

Lena hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 16:50
Aus was für Gründen würdet ihr sie verwerfen wollen?

Zuerst mal ist die Offenbarung voller Rätsel, voller Geheimnisse. Eine Ansammlung von Gleichnissen, Traumbildern. Viele sind fasziniert von dieser mächtigen, furcheinflößenden Vision eines Weltuntergangs und die Tüftelei an der Entschlüsselung ist bestimmt so alt wie die Offenbarung selbst. Viele wollen einen Blick in die Zukunft tun. Die Bilder darin sind gewaltig und das Geschilderte wirklich spektakulär.

Das passt ansonsten nicht ganz in die Bibel. Es ist ein Ausnahmebuch. Das letzte der Bücher. Es fällt aus dem Rahmen. Es erzählt auch eine zusammenhängende Geschichte, es sind keine Einzelteile, wo man sich völlig im Dunkeln bewegt. Es macht Angst, es emotionalisiert, es inspiriert. Es ist äußerst radikal. Es beschreibt eine Abfolge von Ereignissen, die die ganze Menschheit betreffen. Es zerbricht jede Normalität. Es zeichnet ein Bild einer Realität, die den meisten Menschen völlig fremd und unglaubwürdig erscheint. Die meisten können und wollen einfach nicht daran glauben, dass solche Dinge geschehen können.

Daher ist es klar, dass manche davon Abstand nehmen. Weil es zu rätselhaft ist. Weil es verunsichert. Weil es zu sehr emotionalisiert. Weil man nicht zu sehr spekulieren will. Weil man einfach nicht schlau daraus wird. Weil es so anders ist als die Bibel und daher unpassend erscheint, man sich damit schwer tut, es einzuordnen. Weil die darin beschriebenen Ereignisse unvorstellbar sind. Weil es bedeuten würde, dass Milliarden von Menschen im Verlauf sterben würden.

Auch inhaltlich vermittelt es Dinge, die für manche mit ihrem Glauben schwer vereinbar sind.

Zum Beispiel:
Der zornige Gott kommt darin wieder vor, sicher ein Schwachpunkt im Glaubensfundament. Und wie zornig er ist.
Determinismus. Alles ist vorherbestimmt.
Nur wer im Buch des Lebens steht, darf überleben und an der Gottesherrschaft teilhaben.
Und doch kann der Name aus dem Buch des Lebens getilgt werden.
Es setzt unter Druck. Es ist fordernd, mahnend. Eindringlich.

Und es gibt diese Bibelstelle mit dem Malzeichen des Tieres. Das ist eine Stelle, die die Menschen spaltet. Einige sehen darin den Bezug zu einem Wirtschaftssystem, das auf einer digitalen ID beruht. Andere sehen das auf keinen Fall. Die Offenbarung zu akzeptieren, könnte darauf hinauslaufen, dass dieser Bezug sich als real heraus stellt. Das könnte jeden bibeltreuen Christen in eine schwierige Situation bringen. Es ist daher besser, nicht daran zu glauben, weil man dieses ID System nicht ablehnen muss, was ggf. mit schlimmen Konsequenzen verbunden sein könnte. Es ist auch für viele Christen nicht verständlich, was nun schlimm daran sein soll, so schlimm, dass alle, die daran teilhaben, in Ewigkeit Höllenqualen erleiden werden. Diese Stelle ist m.E. von größter Bedeutung für die Zukunft aller Christen. Und sie ist sehr unbequem, sehr bedrohlich.

Es gibt aber mit Sicherheit noch viele andere Gründe dafür, dieses Buch zu verwerfen.

Anthros

#3 Die Offenbarung

Beitrag von Anthros » So 18. Apr 2021, 19:34

Lena hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 16:50
Aus was für Gründen würdet ihr sie verwerfen wollen? 

Erst muss etwas richtig verstanden worden sein. Das fängt schon beim Namen an: Geheime Offenbarung!

Punch
Beiträge: 1377
Registriert: Do 24. Okt 2019, 09:48

#4 Die Offenbarung

Beitrag von Punch » So 18. Apr 2021, 19:50

Lena hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 16:50


Aus was für Gründen würdet ihr sie verwerfen wollen? 

Verwerfen?

Dieser spekulative Groschenroman interessiert mich nicht. Allerdings scheint er den Christen ein ewiger Dorn in ihrem fromm gläubigen Fleische zu sein, denn wenn das Thema Apokalypse angesagt ist, in Foren zum Beispiel, dann erzeugt kein Buch der Bibel so viel Streit, Hader und Zwietracht unter den Christen wie dieses letzte Buch der Bibel.

Das geht bis zum offenen Hass unter den Christen, denn jeder einzig wahre, also einzig, wirklich einzig wahre Christ pocht allein auf seine Deutungshoheit, und der jeweils der andere Christ hat sowieso keine Ahnung von der Bibel, hat den Heiligen Geist nicht, oder ist gar ein Antichrist.
Denn er, der Vollchrist, hat endlich einmal wieder allen Grund den sowieso unter Verdammnis stehenden Halb und Viertelchristen zu zeigen, wo der Hammer der Apokalypse wirklich hängt, und man würde sich für die Nächstenlieber fremd schämen, wenn diese Streit nicht so unendlich lächerlich wäre, hier offenbart sich einmal wieder in aller Deutlichkeit, das er nichts, überhaupt nichts taugt, der Glaube, ebenso wie diese Nächstenliebe immer nur heuchlerisches Lippenbekenntnis ist.

Liebe Leute von der Front der Kreuschmerzen, schmeißt doch einfach die Bibel aus dem Fenster, denn diese ist doch eigentlich zu nichts nütze.

 

Benutzeravatar
Naqual
Beiträge: 1932
Registriert: Mi 12. Jun 2013, 19:44

#5 Die Offenbarung

Beitrag von Naqual » Mo 19. Apr 2021, 08:41

Lena hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 16:50
Martin Luther: Es haben auch viele der Väter diese Buch vorzeiten verworfen.....
https://www.glaubensstimme.de/doku.php? ... ffenbarung

Aus was für Gründen würdet ihr sie verwerfen wollen? 

Also erst einmal kann man recht klar festhalten, warum Martin Luther die Offenbarung nicht mochte (im übrigen mochte er auch den Brief des Jakobus nicht): es war seine Lehre, dass man alleine aus Glauben in den HImmel komme und nicht aus Taten. Wobei Luther das noch straffer sah, als Paulus es evtl. gemeint hat. Die Offenbarung ist in diesem Punkt klar: nirgendwo steht, dass man aus Glauben gerettet wird, aber in drastischen Bildern wie man nach seinen Werken aussortiert wird. Nur nach seinen Werken. Da ist der Glaube nur noch ein Hilfsmittel um Werke zu vollbringen und es geht um letztere.

Ich persönllich habe zur Offenbarung auch nicht so den wohlwollenden Bezug. Wenn ich was Gruseliges lesen will, lese ich eher Steven King (als US-Meister des Horrors).

Interesant finde ich allerdings, dass die frühen Gemeinden bemüht waren, das Judentum zu spiegeln, z.B. 12 Stämme werden zu 12 Aposteln u.ä.m., oder Jahrhunderte später erfindet man eine christliche Bibel als Grundlage, bei der im neuen Teil einfach ein Prophet (wie im AT) gefehlt hätte. Dass man da schlechter dasteht als im alten jüdischen Teil, das durfte jedoch nicht sein.

Sogar noch interessanter:
Bei der Offenbarung geht man davon aus, dass es wohl die letzte oder einer der letzten Schriften waren (in Bezug auf das mutmaßliche Original) in der zeitlichen Folge.
Die Gemeinden gab es schon eine längere Zeit und man sieht bereits eine Enwicklung, die alles andere als schön, aber auch mehr menschlich als göttlich ist. Und wenn man in der Offenbarung liest, warum es da ging, da verwundert es nicht, dass die Apostelgeschichte ziemlich bald beendet werden konnte.
So wurden Schriften a mass verändert, Stellen eingefügt, Stellen ausgelassen usw. In der Offenbarung wird deswegen sogar ein schwerer Fluch ausgesprochen, gegen jene, die diese Schrift (die Offenbarung) verändern wollen.
Auch innerhalb der Gemeinden (so die Offenbarung!) tut sich eine tiefe Kluft zwischen verschiedenen Lagern auf. So wird in den Raum gestellt (und nicht als Prophezeiung, sondern als Sachstandsbericht), dass es da Apostel gibt, die keine sind.
Nun, zu dem Zeitpunkt waren die Apostel schon quasi-Heiilige, denen tiefste Hochachtung zuteil wurde. Da hat man sich nicht so einfach getraut, sich als Apostel zu bezeichnen.
Ich kenne aber einen: Paulus. Und der Autor der Offenbarung hat tatsächlich eine völlig andere und gegenläufige Theologie (Stichwort: Werksgerechtigkeit).

Wer Ohren hat zu hören, der höre! :-)

R.F.
Beiträge: 6664
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:20

#6 Die Offenbarung

Beitrag von R.F. » Mo 19. Apr 2021, 18:24

Naqual hat geschrieben:
Mo 19. Apr 2021, 08:41
- - -
Nun, zu dem Zeitpunkt waren die Apostel schon quasi-Heiilige, denen tiefste Hochachtung zuteil wurde. Da hat man sich nicht so einfach getraut, sich als Apostel zu bezeichnen.
Ich kenne aber einen: Paulus.
Nicht allein die Apostel zählten zu den Heiligen (heute ein ver-religiöster Begriff), sondern alle Nachfolger Jesu.
Naqual hat geschrieben:
Mo 19. Apr 2021, 08:41
Und der Autor der Offenbarung hat tatsächlich eine völlig andere und gegenläufige Theologie (Stichwort: Werksgerechtigkeit).
- - -
Die Schriften Paulus' und die Offenbarung unterscheiden sich lediglich in Nuancen.

Benutzeravatar
CoolLesterSmooth
Beiträge: 949
Registriert: Do 21. Apr 2016, 17:03

#7 Die Offenbarung

Beitrag von CoolLesterSmooth » Mo 19. Apr 2021, 18:33

Naqual hat geschrieben:
Mo 19. Apr 2021, 08:41
Ich persönllich habe zur Offenbarung auch nicht so den wohlwollenden Bezug. Wenn ich was Gruseliges lesen will, lese ich eher Steven King (als US-Meister des Horrors).
Aber dann passt die Offenbarung doch perfekt, denn King hat ja auch den Ruf anheften hat, dass seine Enden im Vergleich zum Rest seines Materials oft eher schwach sind. Die Bibel sozusagen als Stephen King-Roman unter den religiösen Schriften. :lol:
Dieser Kommentar wurde von einem heimlich bescheidwissenden und unglaublich boshaften Hund mit finsterer Seele, zerfallenem Geist und Aussicht auf finanziellen Gewinn verfasst.

Benutzeravatar
Naqual
Beiträge: 1932
Registriert: Mi 12. Jun 2013, 19:44

#8 Die Offenbarung

Beitrag von Naqual » Mo 19. Apr 2021, 19:07

R.F. hat geschrieben:
Mo 19. Apr 2021, 18:24
Naqual hat geschrieben:
Mo 19. Apr 2021, 08:41
- - -
Nun, zu dem Zeitpunkt waren die Apostel schon quasi-Heiilige, denen tiefste Hochachtung zuteil wurde. Da hat man sich nicht so einfach getraut, sich als Apostel zu bezeichnen.
Ich kenne aber einen: Paulus.
Nicht allein die Apostel zählten zu den Heiligen (heute ein ver-religiöster Begriff), sondern alle Nachfolger Jesu.
Nein. Außerdem war der Bezugspunkt nicht Heilige, sondern Apostel. Nur jene Nachfolger, die Jesus noch persönlich über einen gewissen Zeitraum gekannt haben und ihm gefolgt waren. Diskutieren kann man eigentlich nur darüber, ob es nur 12 Apostel gab (mit der Nachwahl von einem), oder es ein wenig weiter gesehen wurde von manchen. Und da gab es nur einen, der sich dazu gemacht hatte, obwohl er Jesus nie persönlich kennengelernt hat: Paulus. Deswegen ja auch die behauptete Vision des Paulus. Aber dann könnte jeder, "in dem Christus ist" sagen, dass er Apostel ist. Und diesen Sprachgebrauch gab es selbst in der Urzeit der Religion definitiv nicht. Wenn jetzt die Offenbarung von jemanden berichtet, der sich fälschlich als Apostel sieht... Nun, wer könnte es denn sein. Kein Beweis sicher. Aber eine naheliegende Möglichkeit. Und die unterschiedliche Theologie in Bezug auf Juden und Werksgerechtigkeit spricht Bände.


Die Schriften Paulus' und die Offenbarung unterscheiden sich lediglich in Nuancen.
Nun schon Luther hatte hier anderes erkannt. Er wollte die Offenbarung am liebsten aus der Bibel herausnehmen. Dass er es nicht tat war ein offensichtliches politisches Problem. Wenn man sich gegenüber der kath. Kirche auf die Bibel beruft mit Priorität in der Auslegung dann kann man andererseits Dinge einfach herauswerfen ohne dafür heftige Despute zu ernten.
Ohne jetzt groß zu diskutieren (es wäre eine lange Diskussion ): es ist ganz einfach aus der Offenbarung herauszulesen, dass jeder auschließlich nach seinen Taten beurteilt wird. Aber Du wirst die paulinische Rechtfertigungslehre (inbesondere nach Luther) in keiner Weise hier herausinterpretieren können. Oder Du wirst so kreativ, dass die Methoden zur eigenen Unglaubwürdigkeit führen. Nur ein kurzes Beispiel:
Offb 20,12: Und ein andres Buch wurde aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken.
Du wirst aber kein Buch finden, in dem der Glaube gelistet ist.

Das sind schon massive Unterschiede zur Aussage, dass man "allein aus Glauben" in den Himmel kommt. (Paul aus Sicht von Luther, das Wort allein hat er ja "reinübersetzt" ohne dass es da stand).

Eusebius
Beiträge: 434
Registriert: Di 13. Apr 2021, 18:38

#9 Die Offenbarung

Beitrag von Eusebius » Di 20. Apr 2021, 00:49

Punch hat geschrieben:
So 18. Apr 2021, 19:50
Dieser spekulative Groschenroman interessiert mich nicht. Allerdings scheint er den Christen ein ewiger Dorn in ihrem fromm gläubigen Fleische zu sein, denn wenn das Thema Apokalypse angesagt ist, in Foren zum Beispiel, dann erzeugt kein Buch der Bibel so viel Streit, Hader und Zwietracht unter den Christen wie dieses letzte Buch der Bibel.

Das geht bis zum offenen Hass unter den Christen, denn jeder einzig wahre, also einzig, wirklich einzig wahre Christ pocht allein auf seine Deutungshoheit, und der jeweils der andere Christ hat sowieso keine Ahnung von der Bibel, hat den Heiligen Geist nicht, oder ist gar ein Antichrist.
Denn er, der Vollchrist, hat endlich einmal wieder allen Grund den sowieso unter Verdammnis stehenden Halb und Viertelchristen zu zeigen, wo der Hammer der Apokalypse wirklich hängt, und man würde sich für die Nächstenlieber fremd schämen, wenn diese Streit nicht so unendlich lächerlich wäre,
***************************************
hier offenbart sich einmal wieder in aller Deutlichkeit, das er nichts, überhaupt nichts taugt, der Glaube, ebenso wie diese Nächstenliebe immer nur heuchlerisches Lippenbekenntnis ist.

Liebe Leute von der Front der Kreuschmerzen, schmeißt doch einfach die Bibel aus dem Fenster, denn diese ist doch eigentlich zu nichts nütze.
Hallo Punch.

Der Teil bis zu den Sternchen gefällt mir, auch wenn Du das ziemlich offensiv und gespitzt formulierst, wie es natürlich zu Streit führen muss, wenn man es bestimmten Menschen sagt. Aber im Grunde ist es natürlich die vollkommen berechtigte Kritik an einer ziemlich negativen Art und Weise, Glaube zu praktizieren. Die Aussage Deiner Kritik ist für mich nur die Wahrheit.

Dann aber driftet es ab in eine Pauschalverurteilung des "Glaubens". Verständlich, wenn ein Mensch, der atheistisch denkt, es so sieht. Diese Dinge wirken sehr abstoßend. Aber ich finde es schade, wenn man so denkt. Bitte denke nicht, jemand will Dich jetzt "bekehren" etc... Zur Info: Ich sehe mich nicht als Christ und nenne mich auch nicht so. Aber "Glauben" tu ich Vieles. Die Bibel ist für mich nicht heilig aber extrem wichtig und wertvoll. Es stehen entsetzliche Geschichten drin aber auch andere Dinge, die ich mag und die mich ansprechen und berühren.

Die Menschen, auf die Du Dich beziehst - sind aus meiner Sicht eine Minderheit unter denen, die sich Christen nennen. Vielleicht keine kleine Minderheit, aber immer noch eine Minderheit. Mittlerweile gibt es sehr viele "säkulare" Christen, die eigentlich keine richtigen Christen mehr sind, streng genommen. Das finde ich aber auch nicht so gut.

Du sagst, die Bibel ist zu nichts nütze. Ok, aber sie ist doch wohl das bekannteste, am weitesten verbreitetste und häufigsten übersetzte Buch aller Zeiten.... oder nicht? Die Bibel hat viele Spuren hinterlassen in unserer Geschichte. Unsere Geschichte, unsere Kultur ist ohne die Bibel und den christlichen Glauben eigentlich nicht richtig verständlich. Es geht schon damit los: Gehst Du spazieren in der Natur, wirst Du immer wieder an Christuskreuzen vorbeilaufen, oder auch Marienstatuen mit Sprüchen, oft Bibelzitaten. Und die haben es teilweise wirklich in sich. Wenn man sich die ganz unvoreingenommen und unbelastet anschaut, finde ich das manchmal bewegend, anrührend und vollkommen authentisch. Wenn Du in einen Friedhof gehst, siehst Du dort ein Kreuz nach dem anderen. Und vieles mehr. Du siehst Worte mit sehr viel Gefühl. Du siehst Skulpturen von Engeln. Wunderschöne Engel. Ohne das Christentum, ohne die Bibel und den Glauben gäbe es das alles nicht. Ist das denn nichts Gutes? Ist es nicht wertvoll?

Die Bibel hat Spuren hinterlassen, viele viele Spuren. Viele Menschen leben mit der Bibel und beten sie geradezu an, wenn man so will. In den meisten Ortschaften steht eine Kirche. Das Christentum hat die Menschen von Anfang an bewegt, emotionalisiert, geprägt und inspiriert. Also auch oder vor allem die Bibel. Großartige Kunstwerke sind im Glauben entstanden: Lieder, Symphonien, Gemälde, Skulpturen, Bauwerke, Gedichte und und und. Kunst, die wirklich etwas zu bedeuten hat. Das ist eine ganz andere Seite des Glaubens, die es auch gibt, für die man nur die Augen öffnen muss, um sie wahrzunehmen.

Was also kaum jemand bestreiten würde, ist, dass die Bibel ein sehr wichtiges Buch ist, ganz unabhängig davon, was drin steht. Oder siehst Du das anders? Schon allein deshalb denke ich, ist es kein Fehler, dieses Buch ernst zu nehmen und sich damit sogar zu beschäftigen. Zum Beispiel auch, um die Menschen, die so an ihr hängen, besser zu verstehen und sich im Umgang mit ihnen leichter zu tun.

Wenn man sich in Internet Foren umsieht, erlebt man viele, die aggressiv, dogmatisch auftreten, so wie Du es beschreibst. Aber das ist klar. Leute, die so viel schreiben, sind nich selten "verkopft". (Dabei verstehe ich das Christentum - jede Religion - als eine Herzensangelegenheit.) Das ist aber nicht die Regel bei Christen. Es gibt große Unterschiede im Denken und Empfinden des Glaubens unter Christen. Auch unter Angehörigen einer Kirche. Und es gibt da auch viel Gutes. Nicht nur das, worauf Du so fokussiert bist. Es gibt das eine aber auch das andere.

Ich selbst habe eine hohe Meinung von Menschen, die sich aufrichtig und tatsächlich darum bemühen, gute Christen zu sein. Natürlich will ich nicht, dass man mich bedrängt. Aber "Drängler" gibt es überall, leider. Auch unter den Atheisten gibt es recht aggressive Leute, die unentwegt schimpfen und kritisieren und total fixiert sind auf alles Schlechte und Böse, was in Zusammenhang mit Religionen steht. Und das eben nicht nur "einfach so" sondern die dann Gläubige anmachen und sich dann im Grunde genauso wie die Christen verhalten, die Du - natürlich zurecht - kritisierst.

Ich versuche vor allem das Gute in den Religionen zu sehen. Das, was wertvoll ist. Und da gibt es eine Menge. In eine Kirche zu gehen ist für mich immer eine Sache, die sich gut anfühlt. Ohne den Glauben gäbe es diese Kirchen nicht. Sie vermitteln mir einen aufrichtigen und auch guten Glauben. Es gibt sehr viele caritative Projekte im Namen des Christentums. Wirklich sehr viele. Ich halte die für wichtig und wertvoll. Gäbe es die nicht, ergäbe das eine große Lücke. Und ich würde nicht sagen, dass Atheisten diese Lücke füllen wollten und würden.

Wütend zu sein kann heilen. Aber es kann einen Menschen auch zerfressen und entstellen. Für mich ist zB eine wichtige Botschaft des Christentums: Sei gut, bemühe Dich, gut zu sein, ein guter Mensch zu sein. Und es wird beschrieben, was das bedeutet. Ich nehme mir einfach das Gute daraus und das Schlechte lasse ich außen vor, ganz einfach weil ich nichts Schlechtes will. Wieso sollte ich mir das Schlechte herausnehmen? Will ich mich schlecht fühlen? Will ich wütend sein? Was sollte mir das bringen? Ich kenne einige Dinge in der Bibel, die für mich unerträglich sind. Ich habe das gelesen und mir meine eigene Meinung gebildet. Darüber reden muss ich nicht. Ich muss das niemandem sagen. Es reicht mir, dass ich selbst es weiß. Jeder ist auf seinem eigenen Weg.

Aber es gibt auch die Dinge, die mich sehr ansprechen. Daran halte ich mich. Das gibt mir was. Ich will nicht fixiert sein auf all die Grausamkeiten der biblischen Geschichten. Auf den dogmatisierten geistigen Zustand mancher Christen. Oder wutentbrannte Atheisten. Ein vernünftiges Gespräch ist mit solchen Leuten nicht zu führen. Na und? Macht nichts.

Was ich sagen will: Es tut gut, wirklich sehr gut, den Blick auf die wertvollen Dinge zu richten, wo man sich wohl fühlt, die einen ansprechen und die positiv sind. Und ggf. bedeutet das auch, zuerst mal den Blick von den schlimmen Dingen, die einen herunter ziehen, wo man sich schlecht fühlt, wütend und enttäuscht und entsetzt ist, abzuwenden. Man vergisst das ja nicht gleich, man nimmt alles mit. Aber ich denke, dass es einfach besser ist, weil es Gutes bewirkt. Schon allein der Blutdruck.... sinkt dann in einen gesunden Bereich, das ist etwas wert. Gute Gedanken, gute Gefühle - das macht sich bemerkbar, in einem selbst aber auch im Umfeld. Damit kommt man auch weiter. Das andere zieht einen herunter und es bringt einfach nichts. Dogmatisch veranlagte Menschen lassen sich nicht umstimmen. Schon garnicht, wenn man sie beschimpft. Ob das nun berechtigt ist oder nicht. Es bringt nichts, höchstens dunkle Wolken und Gewitter. Und wir wollen Sonnenschein. Oder nicht?

Punch
Beiträge: 1377
Registriert: Do 24. Okt 2019, 09:48

#10 Die Offenbarung

Beitrag von Punch » Di 20. Apr 2021, 08:35

Eusebius hat geschrieben:
Di 20. Apr 2021, 00:49
Es geht schon damit los: Gehst Du spazieren in der Natur, wirst Du immer wieder an Christuskreuzen vorbeilaufen, oder auch Marienstatuen mit Sprüchen, oft Bibelzitaten. Und die haben es teilweise wirklich in sich. Wenn man sich die ganz unvoreingenommen und unbelastet anschaut, finde ich das manchmal bewegend, anrührend und vollkommen authentisch. Wenn Du in einen Friedhof gehst, siehst Du dort ein Kreuz nach dem anderen. Und vieles mehr. Du siehst Worte mit sehr viel Gefühl. Du siehst Skulpturen von Engeln. Wunderschöne Engel. Ohne das Christentum, ohne die Bibel und den Glauben gäbe es das alles nicht. Ist das denn nichts Gutes? Ist es nicht wertvoll?


Tut mir leid, guter Mann, wenn ich in der Natur spazieren gehen, so sehe ich dort keine Kreuze, noch weniger Marienstatuen (gibt es hier einfach nicht) und am allerwenigsten irgendwelche Sprüche mit Bibelzitaten, denn Natur sind für mich nicht nur die Wälder, sondern auch die offenen Weiten der Meere.
 
Du siehst Skulpturen von Engeln. Wunderschöne Engel. Ohne das Christentum, ohne die Bibel und den Glauben gäbe es das alles nicht. Ist das denn nichts Gutes? Ist es nicht wertvoll?

Nein, diese wunderschönen Engel sind, wenn nicht kitschig, für mich sind es Symbole des Aberglaubens, vielleicht auch Symbole uralter längst im Staub der Geschichte versunkener Mythen (die es schon lange vor dem Christentum gab), So wie das Kreuz für mich eine Symbolik beinhaltet, um das normale menschliche Leben und Lieben unter Generalverdacht zu stellen, das Diesseits zu entwerten, den Leib zu verachten und die Menschen zu knechten und zu entrechten, moralisch zu erniedrigen und zu terrorisieren, vorbei und überstanden ist das ja heute noch nicht.

Wertvoll, was ist wertvoll im religiös spirituellen Sinne, dem Moslem sein Koran, dem Buddhisten seine Sutras, dem Hindu seine Bhagavad Gita, und dem Juden seine Thora, und jeder von ihnen soll damit glücklich sein und werden, in diesen religiösen Texten seinen Sinn des Lebens finden, damit er ein guter und wertvoller Mensch sei und werde. Also könnte diese Welt ein Paradies des Friedens und Hort des grundsätzlich Guten sein...

Und genau hier beginnt die große und wohl unauflösbare Problematik dieser Welt, und das auf sozialen, kulturellen, geopolitischen und religiösen Ebenen, die wir nur zerreden, oder in bombastische Sprachhülsen einkleiden können, Lösungen dafür hat die Menschheit nicht.



 

Antworten