Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

stereotyp
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#31 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von stereotyp » Fr 3. Apr 2020, 15:45

Hi,
SamuelB hat geschrieben:
Fr 3. Apr 2020, 14:06
Wie könnte man Gott objektiv beschreiben?
Ja, ich verstehe was du meinst. Ich hätte "Vorstellung von Gott" o.ä. schreiben sollen.

Dennoch bin ich der Meinung, dass man die "Gottes-Vorstellung, die die Kirchen im christlichen Abendland vermitteln" auch objektiv(er) darstellen kann.
SamuelB hat geschrieben:
Fr 3. Apr 2020, 14:06
Es geht es doch immer um das persönliche Verständnis und wie man meint, ihn zu erfahren.
Ja, durchaus!

Allerdings scheint sich der Eindruck zu verfestigen, dass des Einen Gott, des Anderen Satan ist.

MfG

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SamuelB
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#32 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von SamuelB » Sa 4. Apr 2020, 09:31

stereotyp hat geschrieben:
Fr 3. Apr 2020, 15:45
Allerdings scheint sich der Eindruck zu verfestigen, dass des Einen Gott, des Anderen Satan ist.
👽 "Und jeder hat den Teufel, den er verdient." So lautet der letzte Satz im Buch "Der Club Dumas". Tolles Buch. Man könnte denken, der Teufel hätte es geschrieben.
--> Jeder hat den Gott, den er verdient.

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Naqual
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#33 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von Naqual » Sa 4. Apr 2020, 10:28

Maryam hat geschrieben:
Mo 30. Mär 2020, 20:49
Wie Du, so finde ich auch, dass alles was LIEB-LOS ist GOTT-LOS ist. Und Paulus hat von Jesus und dann seinen Jüngern sehr viel über Liebe und den einen wahrhaftigen Gott gelernt dessen Mittler auch laut Paulus kein anderer war als der Mensch Christus Jesus. Denn Jesus appellierte stets an gelebte Liebe. Und das tat dann ja Paulus auch.

Mir ist aufgefallen, dass wer sich mehr mit der Liebeslehre Jesus Christus befasst sich mehr und mehr aneignet,also alles was dieser widerspricht loslässt, verabschiedet, erkennt, dass man in gewissen Christenkreisen noch bis in die heutige Zeit dem Vater im Himmel allen Gräuel dessen unterschiebt, der behauptete Gott Israels zu sein und wohl das Gegenteil von gelebter Liebe, Barmherzigkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit an den Tag legte. Er forderte zu Bruder und Völkermord auf....im Töten für dies und das war er auch kein unbeschriebenes Blatt.....etc.

Vor vielen Jahrzehnten hatte ich mich vom Christentum, in dem ich eng aufgewachsen war, losgesagt. Nach vielen Jahren, in denen mir alles Religiöse reichlich egal war, hatte ich eine Serie von (überwiegend) inneren Erlebnissen, die mich wieder religös machten. Allerdings konnte ich mit der christlichen Dogmatik nichts mehr anfangen., Gleichzeitig war es aber nicht wegzuleugnen, dass meine Art des Denkens sich in einer Art christlichen Terminologie abwickelt, in der ich hinein-kultiviert wurde. Gleichnisse, Symbole usw. ist eine Art des Ausdrucks komplexerer Sachverhalte, die nicht nur auf einer logischen Ebene angesiedelt sind, sondern auch die emotionale Ebene umfasst. Das wird dann interessant, wenn man mit Religiösem Denken aus anderen Kulturkreisen konfrontiert wird, und offen versucht aus deren Augen heraus deren Ausssagen zu verstehen. Es dauert einige Zeit, bevor man in der Lage ist zu erkennen, durch die ganze Fremdheit der Symbole, Ausdrücke und Vorstellungen hindurch, dass es - in Bezug auf die "Liebe" so ziemlich das Gleiche ist -nur aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aber immer nur, naja, sagen wir mal von einem "Meinungs-Flügel" der Religion. Ich persönlich kann z.B. dem Islam nicht viel abgewinnen, aber der "Flügel" der Sufis entspricht letztallerendlich der wesentlichen Substanz christlicher Mystiker.
Das Christentum ist eine Ansammlung von "das darf ich und das darf ich nicht als Christ" verkommen. Gesetzlichkeit wie der Pharisäer. Es wird zuallerest nach dem Sinn, der rechten Auslegung von jahrtausendealten Schriften gefragt. Die allererste Frage müsste sein: was nützt meinem Nächsten zu dessen Wohl am besten? (Nächstenliebe). Denn genau diese Frage würde man vor 2000 oder 5000 Jahren anders beantworten als heute. Und heute (auch) mit gutem Grund. Vieles wurde weiterentwickelt auch in Bezug auf Ethik und Moral. Und auch die bewunderten Größen ferner Vergangenheit waren Menschen mit nur einem bestimmten Informationsstand.

Die in sich nicht schlüssige Gottesvorstellung (in Bezug auf den "Gott der Liebe") ermöglichte dann auch im großen politischen Stil die Instrumentalisierung des Bösen für das Gute. Die Geschichte des Christentums ist nichts anders als eine Geschichte umfassenden Auslebens von "der Zweck heiligt die Mittel".

 

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#34 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von Naqual » Sa 4. Apr 2020, 10:43

stereotyp hat geschrieben:
Do 2. Apr 2020, 14:12
Naqual hat geschrieben:
Di 11. Feb 2020, 11:53
Wie müsste Gott sein, dass dies kein Problem für uns ist, ihn über alles zu lieben?
Hast du Dich schon einmal gefragt, wie deine Eltern sein müssten, damit es kein Problem für Dich wäre, sie über alles zu lieben?
Ich brauche mich das nicht fragen, weil es so ist. Und es ist deswegen so, weil sie mich (wenn auch menschlich-fehlerbehaftet) bedingungslos liebten, selbst wenn ich aus ihren Augen heraus ziemlichen MIst gebaut hatte. Und etliche Dinge mehr hatten Sie, für die ich sie heute respektiere und schätze. Wenn es auch ein längerer Entwicklungsweg war, als mir lieb ist. - Und die wären nie auf die Idee gekommen, es müsste meine Schwester stellvertretend geopfert werden, damit sie wieder beruhigt mit mir sind.
Ich finde es übrigens nicht gerade, sagen wir objektiv, Gott über eine handverlesene Auswahl schlechter Beispiele zu beschreiben. Andernfalls müsstest du dir vielleicht die Frage gefallen lassen, wie man "deinen Gott" entsprechend darstellen könnte...
Ich bin etwas erstaunt. Denn man muss irgendwo mit einem konkreten Beispiel anfangen. Anders geht es ja nicht. Und ich nahm ein Beispiel absolut im Zentrum des christlichen Denkens: die Vorstellungen, die die Idee des stv. Opfertod Jesu ermöglichten. Etwas aus dem Zentrum kann schlecht handverlesenes Sondergut sein, bei dem man von vornherein nicht vom Speziellen auf das Allgemeine schließen dürfte.

Viel Spaß dabei "meinen Gott" entsprechend darzustellen. Für mich sind Menschen mit Gott verbunden eins: durch die Liebe. Inwieweit dieses Potential genützt wird, ist ein anderes Blatt. Und da bin ich sicher auch nicht die Speerspitze des liebevoll Möglichen. In jüdisch-christlicher Symbolik: der Mensch ist als Adam ein lebloser Klumpen, hätte er nicht den Atem Gottes (die Liebe) in sich, als Teil von ihm selbst in sich.
Zuletzt geändert von Naqual am Sa 4. Apr 2020, 10:56, insgesamt 1-mal geändert.

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#35 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von Naqual » Sa 4. Apr 2020, 10:46

SamuelB hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 09:31
stereotyp hat geschrieben:
Fr 3. Apr 2020, 15:45
Allerdings scheint sich der Eindruck zu verfestigen, dass des Einen Gott, des Anderen Satan ist.
👽 "Und jeder hat den Teufel, den er verdient." So lautet der letzte Satz im Buch "Der Club Dumas". Tolles Buch. Man könnte denken, der Teufel hätte es geschrieben.
--> Jeder hat den Gott, den er verdient.

Einverstanden. ;)

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#36 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von stereotyp » Sa 4. Apr 2020, 12:28

Hallo,
SamuelB hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 09:31
Tolles Buch. Man könnte denken, der Teufel hätte es geschrieben.
--> Jeder hat den Gott, den er verdient.
Nun.. da ich das Buch nicht kenne, kann ich die Schlussfolgerung nicht nachvollziehen. Insbesondere nachdem wir uns darüber verständigten, dass unsere "Gottes-Vorstellungen" doch recht subjektiv sind und sich hier offenkundig jemand von seinen "Eltern" abgewandt hat. Aber im Großen und Ganzen wird das wohl stimmen...

 
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 10:43
Und die wären nie auf die Idee gekommen, es müsste meine Schwester stellvertretend geopfert werden, damit sie wieder beruhigt mit mir sind.
Falls man dieser Analogie folgen wollte, hätte niemand größere Liebe bewiesen, als die Schwester. Stellt man sich vor, wie sich der "verlorene Sohn" in dieser Situation fühlen muss, kann man natürlich nachvollziehen, dass er den Vater anklagt. Und er hat in dieser Situation zwei Möglichkeiten.. entweder er verwirft das Opfer und klagt den Vater an, oder er bereut seine Verfehlungen.

Ich gebe zu, dass diese tragische Analogie Fragen aufwirft (gelinde gesagt). Aber als ehemaliger Christ, und "durch Liebe mit Gott verbundener Person" müsstest du mir eingestehen, dass die Heilsgeschichte etwas komplexer ist, als das.
 
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 10:43
Und ich nahm ein Beispiel absolut im Zentrum des christlichen Denkens: die Vorstellungen, die die Idee des stv. Opfertod Jesu ermöglichten.
Ja, wobei zu dieser Prämisse gehört, dass dieses Opfer notwendig war. Zu sagen, Gott "wollte" ein "kaltblütiges" Opfer für Sünden, die in Wahrheit keine sind, ist keine nachvollziehbare Kritik, sondern eine Hasstirade, die deine (bitte bildlich verstehen) vorpubertäre Emanzipation von "deinen Eltern" rechtfertigen soll.
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 10:43
Viel Spaß dabei "meinen Gott" entsprechend darzustellen.
Ich kann nicht leugnen, dass ich ein Interesse daran habe, darüber zu diskutieren. Aber nicht um mich über dich lustig zu machen. Sondern um meinen Glauben zu rechtfertigen. Vielleicht mehr vor mir, als vor dir. Aber außer der wütenden Anklage, der Gott Israels sei ungerecht, hat "dein Gott" noch nicht viel über sich verraten. Daher meine Anspielung auf einen der Väter (oder Söhne, bin nicht sicher) der eher mystischen Gottes-Vorstellungen.
Es wäre doch interessant zu wissen, in welchem Rahmen sich dessen "Heilsgeschichte" entwickelt, oder nicht?

MfG

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#37 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von Naqual » Sa 4. Apr 2020, 16:20

stereotyp hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 12:28
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 10:43
Und die wären nie auf die Idee gekommen, es müsste meine Schwester stellvertretend geopfert werden, damit sie wieder beruhigt mit mir sind.
Falls man dieser Analogie folgen wollte, hätte niemand größere Liebe bewiesen, als die Schwester. Stellt man sich vor, wie sich der "verlorene Sohn" in dieser Situation fühlen muss, kann man natürlich nachvollziehen, dass er den Vater anklagt. Und er hat in dieser Situation zwei Möglichkeiten.. entweder er verwirft das Opfer und klagt den Vater an, oder er bereut seine Verfehlungen.
Die Schwester hat dann große Liebe bewiesen, wenn sie sich für einen anderen opfert. Egal ob das Erfordernis dieses Opfers bestand oder nicht. Eine Option behandelst Du nicht bei Deinen Möglichkeiten: der Sohn bereut seine Verfehlungen, findet es aber nicht gut, dass der Vater Vergeltung benötigt um überhaupt vergeben zu können.
Der Widerspruch zwischen einem Gott der Liebe und einem, der ein blutiges Vergeltungsopfer benötigt, entsteht ja daraus, dass die Notwendigkeit für das Opfer nicht belegt oder sinnvoll beschrieben werden kann. Der Erste, der in der christlichen Dogmengeschichte näher auf das Vergeltungsopfer am Kreuz eingegangen ist, ein Bischof Anselm, über ein Jahrtausend nach Jesu Ableben, sah die Notwendigkeit darin, dass der Teufel ein Preis benötigt um die Seele wieder zu Gott zu lassen. Ade Monotheismus ist nur eines der makaberen Folgen dieser Vorstellung.

Ich gebe zu, dass diese tragische Analogie Fragen aufwirft (gelinde gesagt). Aber als ehemaliger Christ, und "durch Liebe mit Gott verbundener Person" müsstest du mir eingestehen, dass die Heilsgeschichte etwas komplexer ist, als das.
Hier machst Du ein Wortspiel, das ein wenig das von mir Gesagte verdreht oder zumindest polemisiert ohne zur Sache selbst beizutragen. Ich schrieb nicht, dass ich ein "durch Liebe mit Gott verbundene Person bin", sondern dass ich wie alle anderen ein Adam bin, für den dies zutrifft. Also mir hier ein Prädikat zu verpassen, mit dem ich mich selbst über andere setze, war sicherlich nicht mein Ansinnen. Ich kenne allerdings das innere Abwehrverhalten auf Kritik, deren Urheber als arrogant zu werten, aus eigener Erfahrung.
 
Ja, wobei zu dieser Prämisse gehört, dass dieses Opfer notwendig war. Zu sagen, Gott "wollte" ein "kaltblütiges" Opfer für Sünden, die in Wahrheit keine sind, ist keine nachvollziehbare Kritik, sondern eine Hasstirade, die deine (bitte bildlich verstehen) vorpubertäre Emanzipation von "deinen Eltern" rechtfertigen soll.
Hier ist der Clou: worin siehst Du die Notwendigkeit des Opfertodes? Warum kann Gott nicht vergeben ohne Vergeltung, wenn er selbst von Menschen verlangt 7x 70x zu vergeben ohne Vergeltung? Wozu dient der Opfertod, wem nützen die Todeskrämpfe, die Schmerzen, die Entwürdigung?
Meine Ausführungen haben nichts mit Hasstiraden zu tun. Ich versuche nur ganz sachlich die Vorstellung eines Gottes der Liebe der verbreitesten christlichen Vorstellung gegenüber zu stellen ohne hier in den ausgeführten Punkten eine Übereinstimmung zu sehen. Anderes Beispiel: kann man jemanden Hasstiraden vorwerfen, wenn er von Mord berichtet und dabei die Gräuel benennt?
Aus meiner Sicht verklage ich keinen existenten Gott, sondern bestreite die Existenz eines Gottes mit den genannten Eigenschaften aufgrund nicht auflösbarer Widersprüche zur Liebe.
Methodisch ist Dein "Deine vorpupertäre Emanzipation von deinen Elten" auf einer Stufe mit dem Einwand eines Psychoanalytikers, der sich gerade geirrt hat und auf die Kritik eines Klienten entgegnet, das sei der unbewusste Widerstand gegen die Vaterfigur. Man nennt dies auch Selbstimmunisieren gegen Kritik von Ideologien.

Ich kann nicht leugnen, dass ich ein Interesse daran habe, darüber zu diskutieren. Aber nicht um mich über dich lustig zu machen. Sondern um meinen Glauben zu rechtfertigen. Vielleicht mehr vor mir, als vor dir. Aber außer der wütenden Anklage, der Gott Israels sei ungerecht, hat "dein Gott" noch nicht viel über sich verraten. Daher meine Anspielung auf einen der Väter (oder Söhne, bin nicht sicher) der eher mystischen Gottes-Vorstellungen.
Es wäre doch interessant zu wissen, in welchem Rahmen sich dessen "Heilsgeschichte" entwickelt, oder nicht?
Ich kenne keine wütende Anklage des Gottes Israels, weil mir schon die Vorstellung abstrus ist, dass ein Volk einen Gott hat. Allenfalls eine spezifische Vorstellung. Und die Gottesvorstellung der Juden ist m.E. konsequenter als die christliche. Da soll man sich kein Bild machen von Gott und die Christen brauchen dann einen Menschen Jesus als Bild um Gott zu erfassen. Das ist quasi der Kardinalfehler vor dem der jüdische Glaube gewarnt hat. Der jüdische Glaube kennt allerdings erzieherische Strafen eines Gottes sei es als Generalprävention (Abschreckung) oder als individuelle HIlfestellung für den einzelnen. Bei den jüdischen Opfern gibt auch der Bereuende etwas von sich, etwas was für ihn von Wert ist, symbolisch für die Ernsthaftigkeit seines Wollens vor Gott. Gott braucht keine toten Lämmer. Das war den Juden wohl recht klar. Aber wie begründet man nur den stv. Opfertod? Es ist ja recht einfach und egoistisch, die Schuld einen anderen tragen zu lassen. Der reuige Sünder, von Liebe erfüllt, müsste eigentlich entsetzt ablehnen, jemand anderes seine Schuld tragen zu lassen.

Väter und Söhne mystischer Vorstellungen? Was ist das? Was meinst Du?

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#38 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von SamuelB » Sa 4. Apr 2020, 16:46

Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 16:20
der Sohn bereut seine Verfehlungen, findet es aber nicht gut, dass der Vater Vergeltung benötigt um überhaupt vergeben zu können.
Das ist ein Punkt, der mich am Christentum wirklich stört. Es wird einfach nicht sauber unterschieden zwischen Gerechtigkeit und Gnade! Insofern steht das jüdische Verständnis viel besser da. Beides gleichzeitig ist eben nicht möglich. Um es einfach zu machen: Der Vater hat einen Anspruch gegenüber dem Sohn. Er kann Ausgleich verlangen (-> Rache, Vergeltung, Strafe, Bezahlung), womit der Anspruch erlischt. Oder der Vater lässt seinen Anspruch fallen, ohne eine Gegenleistung (Gnade, Vergebung).
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 16:20
Der Erste, der in der christlichen Dogmengeschichte näher auf das Vergeltungsopfer am Kreuz eingegangen ist, ein Bischof Anselm, über ein Jahrtausend nach Jesu Ableben, sah die Notwendigkeit darin, dass der Teufel ein Preis benötigt um die Seele wieder zu Gott zu lassen.
Ach... :shocking:
Dem Satan braucht man allerdings nicht die Schwester hinschubsen, von wegen "Die macht das für mich." Keinen Schritt würde er einen weiterlassen und ich denke, dass das der wahre Grund ist, warum er für Christen so eine Hassfigur ist. Was hätte ich davon, außer Schuldgefühle hinterher? Und gelernt habe ich genauso nichts. Beim nächsten Mal suche ich mir am "besten" wieder jmd, den ich opfern kann... Toll.^^

 

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#39 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von Naqual » Sa 4. Apr 2020, 17:32

SamuelB hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 16:46
Das ist ein Punkt, der mich am Christentum wirklich stört. Es wird einfach nicht sauber unterschieden zwischen Gerechtigkeit und Gnade! Insofern steht das jüdische Verständnis viel besser da. Beides gleichzeitig ist eben nicht möglich. Um es einfach zu machen: Der Vater hat einen Anspruch gegenüber dem Sohn. Er kann Ausgleich verlangen (-> Rache, Vergeltung, Strafe, Bezahlung), womit der Anspruch erlischt. Oder der Vater lässt seinen Anspruch fallen, ohne eine Gegenleistung (Gnade, Vergebung).

Diese Unterscheidung ist tatsächlich wahnsinnig wichtig. Das hat mich auch schon oft gestört.

Wer Gnade möchte, verlangt eigentlich, dass Gott "ungerecht" (hier im heutigen Sinn gemeint, nicht im biblischen Sprachgebrauch) sein möge. Also man hat etwas Falsches getan und erwartet dann, dass Gott gegen sein Wesen verstoßen sollte. Nur das geht natürlich nicht. Das wäre so, als wenn "das Wahre" unwahr würde, oder das "Unendliche" endlich.
Und hier komme ich auf den Punkt, bei dem ich grundlegend skeptisch bin: Schuld hat etwas zu tun mit der Ebene des "Habens". Also Schuld hat man. Es ist etwas Abstraktes, das gedanklich mit dem Menschen verbunden wird. Im Extemfall hängt dann das Abstraktum Schuld einem Menschen an, der in seinem "Wesen", in seinem "Sein" total "lieb" (Gottnah in seinem Denken, Fühlen und Wollen) geworden ist. Das "Anhängen" verstehe ich dann nicht mehr, weil die Priorität auf der Ebene des Seins ist. Selbst wenn der Mensch aus seiner Gottesnähe heraus von ihm begangenes Unrecht korrigieren (!) will.

Also: das Problem ist doch das eigene (Bewusst-)Sein: entweder Gottnah oder Gottfern. Wenn man es vereinfacht bipolarisiert.
Gott kann Dich nicht in den Himmel (Wohlfülhlen bei Gottesnähe) lassen, wenn Du da das nicht mehr tun kannst, was Dich in Deinem Sein auszeichnet: zu sündigen (Gott Fernes zu wollen und zu tun). Damit Du Dich im Himmel wohlfühlen könntest müsste man Deine Person verändern. Also für den im Sein sündigen Menschen wäre selbst der Himmel die Hölle - oder anders ausgedrückt: das Ende seiner Identität, weil viel von seinen Eigenschaften "entfernt" werden müssten.
Ich weiß nicht, ob das rüberkommt, was ich sagen will. Die Gedankenwege mögen ungewohnt erscheinen.

PS: Zum Vergleich jüdisches und christliches Denken in Bezug auf Sünde, Schuld und Vergebung gibt es (bin durch Zufall auf die Internetseite gekommen) den folgenden Artikel, der sehr sympatisch herüberkommt: https://www.deutschlandfunk.de/suende-s ... _id=435623

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#40 Re: Gott vom Christentum Gruseliges unterschoben

Beitrag von stereotyp » So 5. Apr 2020, 11:14

Hallo,
 
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 16:20
Eine Option behandelst Du nicht bei Deinen Möglichkeiten: der Sohn bereut seine Verfehlungen, findet es aber nicht gut, dass der Vater Vergeltung benötigt um überhaupt vergeben zu können.
 
 Hmm.. diese Möglichkeit sprengt, meiner Meinung nach die Analogie, da dieses Opfer ja nicht für deine Sünde allein gebracht wurde, sondern um alle Menschen zu rechtfertigen. Alle, die sich mit dieser Liebe identifizieren. In diesem Bild also vielleicht der Ur- Ur- Ur- Uronkel.
 
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 16:20
Der Widerspruch zwischen einem Gott der Liebe und einem, der ein blutiges Vergeltungsopfer benötigt, entsteht ja daraus, dass die Notwendigkeit für das Opfer nicht belegt oder sinnvoll beschrieben werden kann.

Naja, wie du ja anerkennend schreibst, braucht (und will) Gott kein unschuldiges Blut. Und ich denke, über die allgemeine Notwendigkeit von Erziehung können wir ebenso übereinkommen.
Warum also muss dann jemand sterben? Wer sündigt, kann nicht zu Gott kommen (also Tod = Trennung von Gott). Das ganze alte Testament erzählt davon, die Gott die Menschheit durch das Gesetz erziehen wollte. Aber ständig gingen sie „mit ihrem Herzen in die Irre“. Das Gesetz wurde um des Gesetzeswillen gehalten, und die Traditionen (zusätzliche Gesetze und Interpretationen) gewann bald die Oberhand. So wie das auch in unseren Rechtsstaaten (oder Kirchen) zu beobachten ist, regieren eigentlich Juristen (oder Pharisäer), die sowohl für Politik, als auch für die Wirtschaft ständig legale Wege finden, den Bürger zu betrügen.
Also hat der Sohn das einzige Opfer gebracht, dass alle zukünftigen ablösen sollte, den Tod endgültig besiegt, und somit einen leichten Weg für alle geschaffen. Durch die Annahme identifiziert man sich mit dieser Liebe und wird ein neuer Mensch.


Wie sieht das denn bei Dir aus? Wie würdest du z.B. Sünde definieren, und wie reagiert "die Liebe" auf ein unbußfertiges Herz? Was ist die kosmische Konsequenz daraus? Wie sieht die "Heilsgeschichte" aus? Oder (um im Bild zu bleiben) wie tragen Vater und Sohn ihre Differenzen aus?
Mir kommt mir dein Gott-Verständnis so ähnlich vor, wie eine alleinerziehende Mutter, die ihr Kind nicht disziplinieren will.
Naqual hat geschrieben:
Sa 4. Apr 2020, 16:20
Väter und Söhne mystischer Vorstellungen? Was ist das? Was meinst Du?

Naja..ich habe bisher noch nichts über dein Verständnis von Gott gelesen. Mir kommen bei solchen "Gott ist Liebe" Aussagen immer "Anything goes" in den Sinn, oder "Do what thou wilt.."

Mit Aleister Crowleys Zitat wollte ich nur ein brühmt-berüchtigtes Beispiel eines ähnlich mystischen (also eines verborgenen, unergründlichen) Gott-Verständnises geben. Das gehört, wie auch die anderen von dir angesprochen "Taktiken" oder Abwehrverhalten, zu meinem Diskussionsstil. Es liegt mir fern, dich persönlich anzugreifen oder polemisch zu werden, und hoffe, wir können darüber hinweg sehen und uns auf das Argument konzentrieren. Also.. nichts für ungut?!

MfG

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