Alles Teufelszeug? VII

Roland
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#1161 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » So 19. Apr 2020, 22:33

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:31
sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 08:44

Die "Weltanschauung" besteht in dem Weglassen von Glaubensbekenntnissen.
Stöhn… :no3: Die Behauptung, dass es kein übernatürliches Zerreißen von natürlichen Wirkungszusammenhängen geben könne, ist ein Glaubensbekenntnis. Das Naturalistische!
Nein, es ist das, was wir vorfinden und wie die Welt funktioniert. Dazu bedarf es keines Glaubensbekenntnisses, sondern nur Beobachtungsgabe.
Das ist doch gerade dein Glaubensbekenntnis: Es existiert nur das, was wir Mikroben auf einem Staubkorn im Universum, das wir Erde nennen, mit unseren beschränkten Mitteln "vorfinden" können. In meinen Augen ein extrem unwahrscheinlicher Glaube.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
Was ist daran fanatisch oder Übereifer, wenn Jesus sagt, dass das Einhalten der Gebote bereits in den Gedanken beginnt?
Das nennt man Toraverschärfung und ist meist ein Zeichen für religiösen Übereifer.
Egal wie man das nennt. Die Frage war, was daran fanatisch sein soll, wenn Jesus sagt, dass es nicht auf die äußerliche Zurschaustellung von Frömmigkeit ankommt, sondern auf die innere Haltung.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Jesus hat sich übrigens nie von den jüdischen Gesetzen distanziert, ganz im Gegenteil. (ich bin gekommen zu erfüllen und nicht aufzuheben...)
Er hat streng unterschieden zwischen dem, was die Pharisäer draus gemacht haben und dem, wie es gemeint war. Sein Wort "Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat", ist z.B. eher eine "Toraerleichterung".

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 08:44
Und wieder kommt die alte Laier von Roland: weil es in den Texten steht, muss es ja stimmen.
Ganz falsch. Ich sage nur: so steht es in den auszulegenden Texten. Das ist keine christliche Umdeutung, was da steht. Es ist die atheistische Exegese, die entgegen der auszulegenden Texte umdeutet.
Unsinnn, mit Paulus und den Evangelisten begann ja bereits die christliche Umdeutung und Distanzierung von der Lehre des Wanderpredigers. Das ist ja für jeden anhand der Texte nachvollziehbar.
Wie gesagt, du darfst das alles gerne glauben. Eines ist jedenfalls hundertprozentig sicher: Es ist reiner Glaube ohne den geringsten Beweis. Denn es existieren keine Vorläufertexte die zeigen könnten, dass die uns vorliegenden Texte Umdeutungen derselben sind. Es existieren nur die Hirngespinste von Exegeten, die sich einen anderen, einen rein menschlichen Jesus erdacht haben und nun alles entsprechend zurecht biegen.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 08:44
Doch.

So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.
Matth 20,16
Auch Matth. 20 spricht vom Himmelreich (Vers 1), nicht vom irdischen Königreich.
Eben, das ist ja schon die christliche Umdeutung in ein jenseitiges Reich.
Behauptest du, weil ein jenseitiges Reich nicht in dein Weltbild passt. Mehr Beweise als diesen weltanschaulich motivierten Wunsch hast du nicht vorzubringen.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Die jüdische Vorstellung war hingegen von einem irdischen Königreich geprägt.
Das mag ja sein aber das war nicht Jesu Vorstellung. Als die Juden ihn zum König machen wollten, "entwich er wieder auf den Berg, er allein" (Joh. 6, 15).
Und wieder wird nun die hilflose Vermutung kommen, das alles sei gelogen, nachträgliche Umdeutung. Die drei Leidensankündigungen Jesu in Matthäus, Markus und Lukas – alles erfunden. Du hast nur Vermutungen vorzubringen, ohne jeden Beleg.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Deshalb war ein irdischer Machtanspruch ja für die Römer so gefährlich und mußte im Keim erstickt werden. Mit einem jenseitigen Himmelreich, das erst nach dem Tod eintritt, hätten die Römer wohl kein Problem gehabt.
Laut der vorliegenden Texte hatten die Römer auch kein Problem mit Jesus. Und jetzt du: Alles erfunden, nachträglich reingeschrieben… Und wieder ohne jeden Beweis!
Es ist dein Glaube, den ich dir ja nicht rauben will. Nur zeigen, dass es Glaube ist!
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

Roland
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#1162 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » So 19. Apr 2020, 22:38

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Ich vertraue jedoch der historisch-kritischen Forschung, die keine religiösen Glaubensbekenntnisse benötigt…
Darfst du auch. Und ich vertraue der Bibel, nicht den Bibelfälschern. Die von vornherein einen handelnden Gott ausschließen, den die von ihnen erforschten Texte von A-Z propagieren.
Das folgt dann einem "atheistisches" Glaubensbekenntnis.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:02
sven23 hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 20:15

Nee, das weiß man mit großer Wahrscheinlichkeit.
D.h. man weiß es nicht - sondern man misst dem Wahrscheinlichkeit zu. Und es ist natürlich klar, dass die "Forschung", die einen handelnden Gott von vornherein ausschließt, das für wahrscheinlich hält. Aber was besagt das schon?
Bei Roland ist das Weglassen von Glaubensbekenntnissen schon Atheismus. :roll2:
Texte über Gott explizit so zu interpretieren, als gäbe es ihn nicht, ist Atheimus, ja. Logisch.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:43
Differenzieren bedeutet hier: Man streicht, ohne einen einzigen handfesten Beleg zu haben, aus rein weltanschaulichen Gründen, ganze Teile der Reden Jesu, als ihm in den Mund gelegt, weg.
Nee, man differenziert zwischen älteren und jüngeren Textschichten/Traditionen. Anders sind die vielen Fehler und Widersprüche ja auch überhaupt nicht plausibel erklärbar.
Es gäbe längst kein Christentum mehr, wenn alles voller Fehler und Widersprüche wäre, die nur plausibel erklärbar wären, indem man das meiste im NT als erfunden bezeichnen müsste.
Du träumst, mein Lieber.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:43
sven23 hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 20:15

Im Neuen Testament wird das Wort Oikumene meist auch als Synonym für den ganzen Erdkreis verwendet[1] oder steht für das Römische Reich (siehe Lk 2,1 LUT, Mt 24,14 LUT)."
Quelle: Wikipedia
Und nun klicke mal auf die Fußnote [1] hinter dem Satz "Im Neuen Testament wird das Wort Oikumene meist auch als Synonym für den ganzen Erdkreis verwendet". Da wirst du als erstes Matth. 24,14 finden. D.h. hierfür gibt’s eine reputable Quelle, einen Beleg.
Ja und? Dass es außer dem römischen Reich noch andere Länder gab, war durchaus bekannt. Man bezog sich in der Antike aber immer auf die damals bekannte Welt.
Nein, Oikumene wird im NT meist auch als Synonym für den ganzen Erdkreis verwendet. So auch in Mt. 24, 14. Macht anders im Kontext auch keinen Sinn.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:43
sven23 hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 20:15
Noch einen schönen Ostersamstag.
Ostersamstag??
Ja, damit kann man fast jeden, auch eingefleischte Kaholiken, auf dem falschen Fuß erwischen. Gestern war Ostersamstag. Der Samstag zwischen Karfreitag und Ostersonntag heißt Karsamstag (Karwoche). Mit gestrigem Ostersamstag und dem heutigen weißen Sonntag endet die Osterzeit.
Voll erwischt, gratuliere, der Punkt geht an dich!
Aber Katholik bin ich nicht!

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:43
Und wenn man die Texte erst nimmt, dass es nämlich der Sohn Gottes war, der gesagt hat "das Evangelium wird auf der gesamten bewohnten Welt verbreitet", dann ist es besonders unsinnig zu glauben, er habe nur das römische Reich gemeint. Wenn er wirklich Gottes Sohn war, wie es die Texte besagen, dann kannte er natürlich auch damals schon Australien und Amerika!
Er kannte ziemlich wenig. Als einfacher Bauhandwerker konnte er wahrscheinlich nicht mal lesen und schreiben.
Ich sagte ja: Wenn man die neutestamentlichen Texte ernst nimmt. Jesus-Figuren, die sich atheistische Ausleger 2000 Jahre später ausgedacht haben mal ausgenommen.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Und wenn es fremde bewohnte Planeten gibt, dann werden diese Bewohner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch nie etwas von deinem Wanderprediger und seiner drittel-Göttlicheit gehört haben.
Wenn es den dreieinigen Gott gibt, wird er sich auch ihnen zu erkennen gegeben haben. Warum sollte er nicht? Alles worüber wir hier sprechen hängt davon ab ob es Gott gibt oder nicht. Und weder du, noch ich, können das sicher wissen.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 07:32
Kleine, aber wichtige Korrektur. Mehrheitlich werden die Evangelien auf "um" 70 - 100 n. Chr. datiert.
Und die ältesten Paulusbriefe auf um 50, also 20 Jahre nach Jesu Tod. Incl. von Zitaten der Urgemeinde mit einer bereits voll entfalteten Christologie.
Paulus zählt in der Regel nicht zu den Evangelisten.
Macht ja nichts. Er empfing bereits kurz nach seinem Damaskus-Erlebnis eine voll entfaltete Christologie von der Urgemeinde. Also ein paar Jahre nach der Auferstehung.


sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Gemeinsam hat er aber mit ihnen, dass er Jesus persönlich nicht gekannt hat.
Was sowohl bei einigen der Evangelisten, als auch bei Paulus strittig ist. Immerhin berichtet Paulus, dass ihm der Auferstandene erschienen ist.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Obwohl er zeitlich am nächsten dran war, hatte er kein Interesse am echten, historischen Jeusus. (Der Jesus im Fleische geht uns nichts an...)
Dieser Satz findet sich in keinem seiner Briefe.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Wahrscheinlich war ihm der Fresser und Weinsäufer zu profan.
Vermutet sven23. Aber: Wie herrlich, wir haben einen Herrn, der nicht lustfeindlich ist!

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 07:32
Die Datierung des Papyrusfetzens des Johannesevangeliums ist nicht mehr haltbar, da eine Datierung unter rein palöografischen Aspekten nicht möglich ist.
Die mögliche Zeitspanne der Entstehung wurde deshalb bis ins 3. Jahrhundert ausgedehnt.
"Mögliche Zeitspanne" liegt demanch zwischen 125 und Zweihundertirgndwas. Außerdem gibt’s da noch Papyrus 90, Papyrus 98, Papyrus 105, die alle auf um 150 n. Chr. datiert werden. Hinzu kommen all die Schriften früher Kirchenväter, die das NT umfangreich zitiert haben. Diese Zitate stammen folglich auch aus sehr früheren Manuskripten des NT.
Die große Lücke ist hier das entscheidende. Wo sind die Originale und die ersten Abschriften? Gab es ein Interesse daran, diese verschwinden zu lassen?
Naja, nun bringe ich mal den großen jüdischen Krieg von 66-74 n. Chr. ins Spiel und die Tempelzerstörung. Kriegswirren, hinzu kommen Christenverfolgungen, die schon ab 36 ihren Anfang nahmen, mit der Steinigung des Stephanus. Außerdem: dem Urchristentum ging es nicht um die magische Verehrung von Original-Papyri sondern um die Inhalte. Und die wurden weitergetragen durch eine Vielzahl von Abschriften.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
Weißt du, du hast eine hoffnungslose Position inne: während ich, und alle Christen, zugeben eine Glaubensposition zu vertreten, versuchst du irgendein Faktum zu finden, irgendeinen wissenschaftlichen Beweis, der das alles widerlegt. Auf meinen Satz "wir haben alle unseren Glauben" antwortetest du gestern: "nee, haben wir nicht". M.a.W. glaubst du, es gäbe ein Wissen, irgend einen Beweis, der den Inhalt des NT widerlegt. Mehr als ein Dutzend Jahre diskutiere ich in verschiedenen Foren über diese Themen und kann resümiere: Es gibt keinen, es gibt keinen einzigen!

Warum redest du von Beweisen? Es ist nicht mal beweisbar, dass Jesus überhaupt eine historische Person war.
Doch, das kann quasi als bewiesen gelten. Aber wie gesagt, ich gebe ja von jeher zu, eine Glaubensposition zu vertreten. Du bist es doch, der das für sich bestreitet. Wenn man so argumentiert, muss man schon Beweise vorlegen. Sonst muss man eben selbst zugeben eine Glaubensposition zu vertreten.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
Du glaubst etwas - und ich glaube etwas und wir können einander nichts beweisen.
Du glaubst an den Sieg des Todes, ich an den Sieg des Lebens durch die Auferstehung Jesu Christi. Und es gibt kein Faktum, das mich zwingen könnte, deinen trostlosen Glauben anzunehmen.
Warum empfindest du den Verzicht auf Glaubensbekenntnisse als trostlos?
Ach Sven…. Es gibt keinen Verzicht auf Glaubensbekenntnisse. Die Behauptung, dass der Tod das letzte Wort haben wird, dass es jenseits der menschlichen Erkenntnisfähigkeit nix mehr gibt, dass es in der Geschichte kein übernatürliches Zerreißen geschichtlicher Wirkungszusammenhänge gegeben haben kann, dass es keinen handelnden Gott gibt, das alles ist ein Glaube.

sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 13:04
Kann es sein, dass du dich gerade deshalb so an deine Glaubensideologie klammerst?
Ja, der Glaube an den Sieg des Todes und die finale Vergeblichkeit und Nichtigkeit der menschlichen Existenz, ist für mich in der Tat weniger attraktiv, als der Glaube an den Gott der Liebe, an Sinn und Perspektive über den Tod hinaus. Und ich finde Letzteres auch wesentlich plausibler.
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#1163 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Scrypton » Mo 20. Apr 2020, 10:12

Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 22:33
sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:56
Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:31

Stöhn… :no3: Die Behauptung, dass es kein übernatürliches Zerreißen von natürlichen Wirkungszusammenhängen geben könne, ist ein Glaubensbekenntnis. Das Naturalistische!
Nein, es ist das, was wir vorfinden und wie die Welt funktioniert. Dazu bedarf es keines Glaubensbekenntnisses, sondern nur Beobachtungsgabe.
Das ist doch gerade dein Glaubensbekenntnis
Nein; das ist es gerade eben >nicht<.

Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:06
Scrypton hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 23:26
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
Eine "Forschung", die als Forschungsmethode den Atheismus verwendet
Dem ist ja so nicht unbedingt.
Jedoch... verwendet sie eben nicht - anders als du - die "Forschungsmethode" (wobei hier Forschung bereits arg übertrieben ist) der Wunschträumerei, in der man sich seine Welt zirkelschlüssig als bestätigt zusammen baut.
Doch!
Ähm... nein! ;D

Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:06
Man wünscht sich, es möge nicht wahr sein
Falsch; du wünscht dir, es möge wahr sein - so wie sich jedweder Gläubige wünscht, dass das, woran er glaubt, war sei. Ist irgendwo auch nachvollziehbar... denn wenn es anders wäre, er diesen Glaube ja nicht hätte.

Unter der Prämisse, dass Buch X oder Buch Y nichts als die reale Wahrheit enthalten würde kommt man eben immer zu dem Ergebnis, dass die darin geschilderten Inhalte auch genau das sind... zirkelschlüssig eben.

Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:31
sven23 hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 08:44
Roland hat geschrieben:
Sa 18. Apr 2020, 18:41
Richtig, sie geht von etwas aus, sie glaubt. Und zwar an eine ganz bestimmten Weltanschauung.
Die "Weltanschauung" besteht in dem Weglassen von Glaubensbekenntnissen.
Stöhn
Da hilft alles Stöhnen nichts; was sven äußerst ist durchaus korrekt.

Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:31
Die Behauptung, dass es kein übernatürliches Zerreißen von natürlichen Wirkungszusammenhängen geben könne, ist ein Glaubensbekenntnis.
Nein; es ist die Ablehnung - oder das Fehlen - eines (willkürlichen) Glaubensbekenntnis.

Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 11:31
Es existieren nur die Hirngespinste von Exegeten, die sich einen anderen, einen rein menschlichen Jesus erdacht haben
Da der olle Wandereprediger nun mal ein Mensch war, muss man sich dazu nichts "erdenken".
Die Hirngespinste liegen auf Seiten jener, die sich dem Wahn hingeben und sich einbilden, er wäre mehr gewesen. Niedliche Glaubensmärchen, aber mehr halt nicht. Irrelevant.

SilverBullet
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#1164 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Mo 20. Apr 2020, 20:47

Roland hat geschrieben:Naja, nun bringe ich mal den großen jüdischen Krieg von 66-74 n. Chr. ins Spiel und die Tempelzerstörung.
Auf welche Art bringst du es ins Spiel? Vermutlich über "Flavius Josephus" und seinen Text über "den jüdischen Krieg".
Was hältst du von diesem Text?
Beschreibt er das Verhalten "der Christen" innerhalb der Konfliktzeit, insbesondere innerhalb des Kampfes um Jerusalem?
Was denkst du, wird der Name "Jesus" in diesem Text genannt? (wichtig: in diesem speziellen Text steht nicht "das Testimonium Flavianum")

Roland hat geschrieben:Kriegswirren, hinzu kommen Christenverfolgungen, die schon ab 36 ihren Anfang nahmen, mit der Steinigung des Stephanus.
"Flavius Josephus" beschreibt die Kriegswirren. Er beschreibt die Anhängerschaft zu Messiassen, er beschreibt die jüdischen Gruppen, er beschreibt die Zeloten (explizit "Judas den Galiläer", er beschreibt die apokalyptischen Handlungen im Kampf um Jerusalem,
er beschreibt ganz schön viel - beschreibt er "die Christen" und ihr auffällig friedliches Verhalten gegenüber den Römern, die wiederum als ungerechtfertigte Reaktion mit bestialischen Hinrichtungen reagieren?

Welche Stilelemente der "Jesus"-Legende (aus dem neuen Testament) kommen bei "Flavius Josephus" vor und wie wichtig war es ihm eine derartig enge "Verwandschaft" zum "Christentum" ins rechte Licht zu rücken und die Friedensidee "der Christen" von der Gewaltidee der "jüdischen Gruppen" abzugrenzen?

Laut "Josephus" gab es tatsächlich eine Bewegung ("Zeloten"), die sich mit der Verfolgung von Nicht-Richtig-Gläubigen (schon vor dem Krieg) befasst haben.
Wie wichtig war es "Josephus" auf die Besonderheit hinzuweisen, dass es später ausgerechnet aus diesen Reihen zur Verbreitung einer friedlichen Messias-Anhängerschaft gekommen ist ("Saulus" -> "Paulus")

Laut "Josephus" wurden tatsächlich Anhänger von Messiassen von den Römern verfolgt und hingerichtet. Waren dies "Christen"?

Roland hat geschrieben:..., hinzu kommen Christenverfolgungen
Wer wurde alles in der damaligen Zeit von wem verfolgt und aus welchem Grund?

Welche Bedeutung hatte "Judäa" rund um dass erste Jahrhundert für die Römer und wie kam es zu einer derart negativen Einschätzung von jüdischen Messias-Bewegungen, so dass selbst eine friedliche Grundhaltung ignoriert und mit Gewalt vorgegangen worden sein soll?

Roland hat geschrieben:Außerdem: dem Urchristentum ging es nicht um die magische Verehrung von Original-Papyri sondern um die Inhalte. Und die wurden weitergetragen durch eine Vielzahl von Abschriften.
Es soll also ein "Urchristentum" gegeben haben, das eine Art „freizügigen Umgang“ mit Texten zur Angewohnheit hatte.
Auf Basis der Qumran-Texte konnte man eine enorme Exaktheit im Umgang mit jüdischen Texten feststellen -> Kaum Abweichungen zu heutigen Texten.

Dieses "Urchirstentum" muss dann etwas sensationell Neues innerhalb der jüdischen Einstellung zu textbasierter Religion gewesen sein - diese Neureligiösen haben sich die "Inhalte" ja nur noch mündlich weitergegeben und dabei so verändert, dass
"der heilige Geist" für eine "ständige Verbesserung" sorgte - Kann man das als "neue Technik" werten? => Von wem wurde sie entdeckt?

Irgendwann müssen sie dann aber doch wieder geschrieben haben (zumindest stammen die ältesten Fragmente aus einer Zeit nach dem "jüdischen Krieg").
Wie erklärt man es sich, dass "das Urchristentum" wieder mit dem Schreiben angefangen hat ("Jesus" hat wohl keinen Auftrag zum Schreiben gegeben)?

Roland hat geschrieben:...Urchristentum...
Springen wir nochmal in den Text von "Flavius Josephus" hinein:
"Urchristentum" - Was weiss er zu berichten?

Mal angenommen "das Urchristentum" kommt gar nicht in dem Text von "Flavius Josephus" vor, welche andere zu "Flavius Josephus" ähnliche (sprich: "ausserbiblische") Quelle gibt es?

Welche Quelle gibt es zu dem Sinneswandel innerhalb von ROM, so dass das vorherige Vernichten von "Jesus", von "Paulus", des Tempels, das Hinrichten "der Christen", plötzlich als falsch angesehen wird und nun lieber "das Christentum" zur Staatsreligion erklärt wird?

Gibt es irgendeinen Text, der sich mit der Sonderbarkeit befasst, dass ein Messias "Jesus" (-> "Schöpfer/Herrscher der Welt") über seine Zerstörung des Tempels der Juden (in Jerusalem) spricht und es am Ende irgendein römischer Soldat mit einem Fackelwurf war, der es wirklich durchgeführt hat und der Tempel nicht wieder aufgebaut wurde?

Gibt es irgendeinen antiken christlichen Text, der sich mit der Tempelzerstörung befasst (der "zerrissene Vorhang" kann dabei nicht wirklich als Zerstörung um 66-74 gewertet werden)?
Gibt es irgendeinen antiken jüdischen Text, der sich mit der Sensation eines "zerrissenen Vorhangs" (um das Jahr 30) im Allerheiligsten (dem "Aufenthaltsraum Gottes") beschäftigt?

---

Ganz schön viele Fragen, aber jede davon ist wichtig...

Roland
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#1165 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mi 22. Apr 2020, 12:10

SilverBullet hat geschrieben:
Mo 20. Apr 2020, 20:47
Roland hat geschrieben: Naja, nun bringe ich mal den großen jüdischen Krieg von 66-74 n. Chr. ins Spiel und die Tempelzerstörung.
Auf welche Art bringst du es ins Spiel? Vermutlich über "Flavius Josephus" und seinen Text über "den jüdischen Krieg".
Nee, die Tempelzerstörung und der jüdische Krieg muss ja in manchen Diskussionen für so vieles herhalten… hier bringe ich es mal ins Spiel, weil sven23 fragte, wo die original neutestamentlichen Manuskripte geblieben seien.
Außerdem: Es stört zwar niemanden, dass z.B. die Werke Caesars 100-44 v.Chr. geschrieben wurden, die frühesten Abschriften aber aus 900 n.Chr stammen. Beim NT dagegen verlangt man nach den Originalen! Dabei gibt es keine antike Literatur, die besser und umfangreicher handschriftlich überliefert ist, als das Neuen Testamentes.

SilverBullet hat geschrieben:
Mo 20. Apr 2020, 20:47
Laut "Josephus" gab es tatsächlich eine Bewegung ("Zeloten"), die sich mit der Verfolgung von Nicht-Richtig-Gläubigen (schon vor dem Krieg) befasst haben.
Wie wichtig war es "Josephus" auf die Besonderheit hinzuweisen, dass es später ausgerechnet aus diesen Reihen zur Verbreitung einer friedlichen Messias-Anhängerschaft gekommen ist ("Saulus" -> "Paulus")
Josephus starb um 100 n.Chr., seine letzten Werke erschienen 96 und du hast Recht: Sie befassen sich mit dem, was "ihm wichtig war". Und wichitg war ihm das Judentum. Auf dem noch jungen Christentum lag sicher nicht sein Hauptfokus. Aber er erwähnt es und deshalb ist Flavius Josephus eine wichtige außerbiblische Quelle für das Christentum.
SilverBullet hat geschrieben:
Mo 20. Apr 2020, 20:47
Roland hat geschrieben: ..., hinzu kommen Christenverfolgungen
Wer wurde alles in der damaligen Zeit von wem verfolgt und aus welchem Grund?

Welche Bedeutung hatte "Judäa" rund um dass erste Jahrhundert für die Römer und wie kam es zu einer derart negativen Einschätzung von jüdischen Messias-Bewegungen, so dass selbst eine friedliche Grundhaltung ignoriert und mit Gewalt vorgegangen worden sein soll?
Auch hier ist meine Bemerkung der Versuch einer Erklärung, warum es keine Original-Handschriften mehr gibt. Es waren für die ersten Christen unruhige Zeiten. Von den ersten Verfolgungen wird ja bereits in der Apostelgeschichte berichtet. Stephanus wurde vom "Hohen Rat" der Juden verurteilt und gesteinigt.
SilverBullet hat geschrieben:
Mo 20. Apr 2020, 20:47
Roland hat geschrieben: Außerdem: dem Urchristentum ging es nicht um die magische Verehrung von Original-Papyri sondern um die Inhalte. Und die wurden weitergetragen durch eine Vielzahl von Abschriften.
Es soll also ein "Urchristentum" gegeben haben, das eine Art „freizügigen Umgang“ mit Texten zur Angewohnheit hatte.
Auf Basis der Qumran-Texte konnte man eine enorme Exaktheit im Umgang mit jüdischen Texten feststellen -> Kaum Abweichungen zu heutigen Texten.
Kein freizügiger Umgang mit Texten – aber sicher auch kein Kult um Original-Papyri. Was in dieser Anfangszeit sowieso kaum möglich gewesen sein dürfte.
SilverBullet hat geschrieben:
Mo 20. Apr 2020, 20:47
Irgendwann müssen sie dann aber doch wieder geschrieben haben (zumindest stammen die ältesten Fragmente aus einer Zeit nach dem "jüdischen Krieg").
Wie erklärt man es sich, dass "das Urchristentum" wieder mit dem Schreiben angefangen hat ("Jesus" hat wohl keinen Auftrag zum Schreiben gegeben)?
Glaube nicht, dass sie mit dem Schreiben aufgehört haben. Ich glaube, dass von Beginn an geschrieben wurde. Die Tatsache, dass es nur Handschriften aus der Zeit nach dem jüdischen Krieg gibt, heißt nicht, dass vorher nicht geschrieben wurde. Was man auch bedenken muss: Papyrus ist kein besonders haltbares Material. Auch die Papyri aus dem 2. Jhdt. sind ja stark beschädigt und fragmentiert.
SilverBullet hat geschrieben:
Mo 20. Apr 2020, 20:47
Roland hat geschrieben: ...Urchristentum...
Springen wir nochmal in den Text von "Flavius Josephus" hinein:
"Urchristentum" - Was weiss er zu berichten?

Mal angenommen "das Urchristentum" kommt gar nicht in dem Text von "Flavius Josephus" vor, welche andere zu "Flavius Josephus" ähnliche (sprich: "ausserbiblische") Quelle gibt es?
Schau mal >hier < unter Punkt 3. "Alte nicht-Christliche Quellen ". Hier werden Aussagen von Cornelius Tacitus (3.1) und Plinius dem Jüngeren (3.4) zitiert, die von den ersten Christen sprechen.

SilverBullet hat geschrieben:
Mo 20. Apr 2020, 20:47
Ganz schön viele Fragen, aber jede davon ist wichtig...
Ja viele Fragen. Bei geschichtlichen Ereignissen lassen sich immer Fragen aufwerfen.
Mal einpaar Beispiele zu einem Ereignis, dass noch gar nicht lange zurückliegt:

- Warum blieb George W. Bush, als er am 11. September 2001 vom zweiten Anschlag auf das WTC erfuhr, noch sieben Minuten lang dort ruhig sitzen und hörte Schülern zu, die eine Kindergeschichte vortrugen?
. Stimmt es, dass am 11. September 4.000 Juden nicht zur Arbeit im WTC erschienen sind? Waren sie vorgewarnt?
Könnte es sein, dass Regierungsangehörige ihr Vorherwissen von den Anschlägen für Insiderhandel mit Verkaufsoptionen ausgenutzt haben? Dafür soll es Hinweise geben!
. Ist es wirklich möglich, dass die Entführer die großen Passagierflugzeuge ohne Pilotenerfahrung präzise in die beiden Türme steuern konnten?

Usw. usf., ich glaube es gibt Dutzende solcher Fragen und dieses Ereignis liegt noch keine 19 Jahre zurück.

Natürlich lassen sich für Ereignisse, die 2000 Jahre zurückliegen, auch solche Fragen, Zweifel und Theorien finden. Entscheidend ist: 2000 Jahre lang hat es keine dieser Fragen geschafft, den christlichen Glauben ad absurdum zu führen!

Und so wie es 9/11-Leunger gibt, wird es immer Leugner des christlichen Glaubens geben.
Ich kann nur sagen: Ich freue mich an meinem Glauben und es macht mir immer wieder Spass ihn gegen alle verstandesmäßigen Zweifel zu verteidigen. Und das geht auch!
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

SilverBullet
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#1166 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Do 23. Apr 2020, 08:59

Roland hat geschrieben:Nee, die Tempelzerstörung und der jüdische Krieg muss ja in manchen Diskussionen für so vieles herhalten… hier bringe ich es mal ins Spiel, weil sven23 fragte, wo die original neutestamentlichen Manuskripte geblieben seien.
Woher weisst du, dass da ein Krieg war?
Ganz einfach: von "Flavius Josephus".
Du hast es nicht aus dem "Neuen Testament" (NT) erfahren.
Du hast dort (NT) nicht erfahren, dass die Messias-Anhängerschaft weit verbreitet war.
Du hast dort (NT) nicht erfahren, dass die gesamte Zeit vor dem Krieg (0...66) davon geprägt war, dass zahlreiche Anführer unterschiedliche Ideen für eine religiöse Korrektur der Lebensweise von "Gläubigen" durchsetzen wollten und dass Andersdenkende gemeuchelt wurden.
Du hast dort (NT) nicht erfahren, dass das Auftauchen von Menschen mit "Ich aber sage euch..." ein weit verbreitetes Phänomen war.
Du hast dort (NT) nicht erfahren, dass die Ursache (der „Startpunkt“) für die gewalttätige Messias-Anhängerschaft exakt im Herodes-Clan und in der Volkszählung lag.

Wieso fehlt all das im "Neuen Testament"?
Wieso wird so getan, als stünde "Christus" für genau EINEN Messias mit Friedensbotschaft?
Wieso ist die Verfolgung all der Messias-Anhänger plötzlich eine "Christenverfolgung"?
Wieso ist jeder Christus-Anhänger plötzlich ein Mitglied des "Christentums"?

Der Text von "Flavius Josephus" (wie auch immer römisch propagandistisch dieser Text sein mag) gibt ein Motiv für die gewalttätige Messias-Anhängerschaft:
=> Für einen religiös eingestellten Menschen mit Auserwähltheitsanspruch ist es unerträglich aus einer nicht-religiösen (bzw. anders-religiösen) Richtung fremdbestimmt zu sein bzw. die Abweichung vom "rechten Glauben" zu akzeptieren.

Das Erstaunliche am "Christentum" ist nun, dass es exakt auf Basis dieses Motivs immer wieder zu grausamer Machtdurchsetzung gekommen ist und selbst heute noch mit Macht zur Durchsetzung der "rechten Auflagen" kommt.

Der Text von "Flavius Josephus" beschreibt eine gewalttätige Messias-Anhängerschaft.
Das "Neue Testament" beschreibt die gleiche Zeit, das gleiche Umfeld, aber eine Friedensidylle, die in dem gesamten Konflikt- und Kriegstreiben niemandem aufgefallen sein soll (aber es soll "Christenverfolgungen" gegeben haben).

Das riecht sehr stark nach einem religiösen Zerrbild.

Wenn man sich nun die Frage stellt, ob es irgendwann in der Geschichte ein Motiv gab, um eine religiöse Verklärung rund um das Messias-Thema bereitwillig als Realität anzunehmen, dann liefert exakt der Text von "Flavius Josephus" ein Mosaiksteinchen:
=> Das Messias-Konzept hat zu einem apokalyptisch gewalttätigen Verhalten unter den Anhängern geführt, wodurch die Anhänger alles verloren haben (Tempel -> "Allerheiligstes" einschliesslich "gelobtes Land") und die Religion nur noch ein Scherbenhaufen war.
Man stelle sich die Desillusionierung vor:
* die Anhänger sind zunächst von ihrer Auserwähltheit überzeugt
* sie haben ihre Geschichten über "das Eingreifen Gottes für sein auserwähltes Volk" im Kopf
* sie gehen davon aus, dass ihr Gott sich im "Allerheiligsten" des Tempels aufhält (physisch!).
* sie "wissen", was der richtige Weg ist und kämpfen dafür, denn ihr Gott wird ihnen beistehen.
* Am Ende bleibt nichts mehr davon übrig:
- keine Unterstützung
- Vernichtung des "Allerheiligsten"
- Vernichtung des Tempels
- Religionsverbot im "gelobten Land"
- Vertreibung aus dem "gelobten Land"
- Die Messias-Idee, also die Vorstellung, dass da jemand kommt, der ihnen sagt, wie sie sich zum Gefallen Gottes verhalten sollen, hat zu bestialischem Verhalten geführt und alles zerstört, was sie hochgehalten haben -> „totaler Selbstverrat“.

Wen soll es angesichts dieser Untergangssituation wundern, dass es zu einer Friedensverklärung der gescheiterten Konzepte gekommen ist?
Diese Leute haben einfach nur das gemacht, was sie bisher schon versucht haben:
sie haben versucht das "richtige Verhalten" zu deuten, um ihrem Gott zu gefallen, damit sie wieder "sein Volk" sein können.
Die Gewalt-Strategie war offensichtlich nicht so dolle -> "also muss Gott was anderes gewollt haben" -> "Aha!"

Schau dir mal unter diesem Gesichtspunkt das "Christentum" und das "Neue Testament" an.
Es ist im Grunde all das, was diese Zeit beinhaltet hat - nur mit der Abkehr von der Gewalt.
Es wird so getan, als habe es das Messias-Konzept nur als Friedensaktivität gegeben -> die Bezeichnung "Jesus Christus", also "Jesus (der) Messias" ist bereits eine komplette Verklärung, so als würde es nur EINEN geben.
Es gab aber viele und die jeweiligen Anhänger folgten alle dem Motto: "Meiner ist der Einzige" <- genau das erfährt man im "Christentum" nicht.
Interessant sind hierzu vielleicht auch die Wunder-Geschichten - aus heutigem Glaubensblick sollen sie den "Gottesstatus" verdeutlichen, quasi den Unterschied zu einem normalen Menschen kennzeichnen.
In der damaligen Nachkriegszeit versuchte man wohl eher nur sich eine deutliche Abgrenzung von den durchgeknallten und gescheiterten Messiassen zu erzählen. Motto: „der friedliche Retter tratt eindeutig anders auf, als die gescheiterten Anführer - er ist besser“.

Es gab laut "Flavius Josephus" eine Ausgrenzung/Vertreibung der jüdischen Religion aus Judäa/Jerusalem.
Es gehört nicht viel dazu, dass sich zahlreiche lokale Führergestallten samt ihrer Gruppen woanders organisiert und dabei ihr Denken über "den richtigen Weg" angepasst haben.
Aus heutiger (Legenden-)Sicht sind das vermutlich "die Kirchenväter" – vermutlich hatten einige nichts miteinander zu tun - egal, "die Kirchenväter".

"Das Christentum" ist nichts anderes, als der Versuch, all die Verrücktheiten der Konfliktzeit (ROM <-> Judentum) unter Beibehaltung der grundlegenden jüdischen Konzepte umzudeuten.

Das sogenannte "Urchristentum", das während dieser Konfliktzeit "in den Zwischenräumen" unterwegs gewesen sein soll und Geschichten mündlich weitergegeben haben soll, ist nichts weiter, als die Fortsetzung dieser Verklärung.

Tatsache ist, dass "das Urchristentum" eine notwendige Konsequenz ist, wenn man die Geschichte durch die religiöse Legende betrachtet.
Man akzeptiert die Legende zuerst (ganz oder teilweise) als Realität und modelliert dann die historischen Szenen - also spazierte damals natürlich ein "Urchristentum" herum.
"Niemand hat es gesehen, aber das ist ja nicht so wichtig"
Wenn dann tatsächlich eine Gruppe von Messias-Anhängern verfolgt wurde, dann waren es natürlich "die ersten Christen" - es waren nicht einfach "aus Judäa geflohne Messias-Anhänger mit Gaga-Verhaltenspotential", sondern friedfertige "Gläubige" in der Opferrolle.
Ein hingerichteter Anführer aus der Reihe der "Ich aber sage euch"-Fachleute war dann ein "christlicher Märtyrer".

Ein gutes Beispiel für die Verklärung sind auch "die Paulusbriefe" - Texte (vermutlich) aus der Konfliktzeit, die von einem Menschen geschrieben sein sollen und zum "Christentum" gehören sollen - so zumindest die Legende.
Genau durch diese Legende werden die Texte eingeordnet. Frei nach dem Motto "Paulus muss herumgereist sein" entsteht eine Art Lebenslauf.
Laut "Flavius Josephus" geht es um eine Zeit, in der mindestens ein halbes Jahrhundert lang, immer wieder "Fachleute" mit dem Slogan "ich aber sage euch" aufgetreten sind.
Die Wandlung von "Saulus zu Paulus" mit einer ominösen "Vision" als Startpunkt, riecht nach einem verzweifelten Versuch alte Religionsideen in neuer Gestalt weiterleben zu lassen.
Betrachtet man die Texte NICHT durch die Legende -> wieso sollen sie zusammengehören?
Angenommen sie stammen (mit einem mehr oder weniger originalem Kern) aus dieser antiken Zeit, wie kommt man dann zu der Paulus-Figur? -> vermutlich gar nicht!

{-- Fortsetzung folgt ---}

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#1167 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Do 23. Apr 2020, 09:09

Roland hat geschrieben:Josephus starb um 100 n.Chr., seine letzten Werke erschienen 96 und du hast Recht: Sie befassen sich mit dem, was "ihm wichtig war". Und wichitg war ihm das Judentum. Auf dem noch jungen Christentum lag sicher nicht sein Hauptfokus. Aber er erwähnt es und deshalb ist Flavius Josephus eine wichtige außerbiblische Quelle für das Christentum.
"Flavius Josephus" soll wohl den Text zum "Jüdischen Krieg" um 76 n.Chr. geschrieben haben, also in ziemlicher Nähe zum Krieg und lange vor seinen letzten Werken in denen irgendwo das ominöse "Testimonium" auftritt.
Im Text von 76 stehen aber bereits all die Konzepte rund um den Messias-Kult einschliesslich die Auslöser, die auch in heutigen Christentum-Texten stehen.
Im Text von 76 kommen Personen mit dem Namen "Jesus" vor, aber nicht "der Jesus" des Christentums.
Im Text von 76 kommt eine sehr detaillierte Beschreibung der "Essener" vor, die, wenn man den Text zum ersten Mal liest, eine komische Ähnlichkeit zur "Jesus-Botschaft" aufweisen.
Zusammen mit einem friedlichen Verhalten über den Krieg hinweg, hätte es "Flavius Josephus" geradezu in die Welt hinausschreien müssen, dass es da "ein Urchristentum" gibt, eine jüdische Bewegung, die "alles besser gemacht hat"
-> Fehlanzeige.
Erst ca. 20 Jahre später, in einem seiner letzten Werke ("jüdische Altertümer"), das sich auch "nur" mit dem Judentum beschäftigt, tauchen dann plötzlich "zwei Zeilen" auf, in denen der (vermutliche) ROM-Propagandist irgendwie beeindruckt/begeistert von "dem aussergewöhnlichen Messias" zu sein scheint und zwar z.B. als er über massive Eingriffe von "Pontius Pilatus" auf das Judentum schreibt.
Selbst wenn man beide Augen zudrückt und sagt "er hat diese Zeilen tatsächlich selbst hineingeschrieben", dann liegt immer noch der Unterschied zu 76 vor.
"Flavius Josephus" würde ja dann gar nicht gewusst haben, dass es nur einen, "den friedlichen Messias" gegeben hat.
Er würde dem römischen Publikum quasi genau das Detail vorenthalten haben, das sie Jahrhunderte später als Basis ihrer Staatsstrategie angesehen haben.
Sorry, nö!
=> Wenn man sich den Aufwand der Römer im "jüdischen Krieg" vor Augen führt, dann wird sehr schnell deutlich, dass sie eine Friedensbewegung sofort taktisch günstig genutzt hätten.
=> Sie haben es ja anscheinend Jahrhunderte („Konzil von Nicäa“) später aus dem "historischen Nichts" heraus gemacht - definitiv um den Konfliktaufwand klein zu halten.

Roland hat geschrieben:Auch hier ist meine Bemerkung der Versuch einer Erklärung, warum es keine Original-Handschriften mehr gibt. Es waren für die ersten Christen unruhige Zeiten. Von den ersten Verfolgungen wird ja bereits in der Apostelgeschichte berichtet. Stephanus wurde vom "Hohen Rat" der Juden verurteilt und gesteinigt.
Wieso sollte dies KEINE Geschichte rund um einen "normalen" jüdischen Führerstreit sein, bei dem es um das "richtige Verhalten vor Gott" und anschliessendem Abschlachten ging?
Wieso war es ein "Urchrist"?
Bei „Stephanus“ fehlt wohl tatsächlich das Auftreten der Bezeichnung "Jesus Christus" - "aber das macht ja nichts, denn man hat sich ja bereits für die Legende der "Urchristen" entschieden, also war "Stephanus" einfach einer, der für das Urchristentum gestorben ist".
Die sogenannte "Forschung" (HKM) macht dann einfach mal aus "der Gerechte" ganz klar "Jesus Christus". Nun beinhaltet aber dummerweise das jüdische Konzept "Messias" den Anführer des "Reichs der Gerechtigkeit", also "den Gerechten".
D.h. wenn es diesen "Stephanus" tatsächlich gegeben haben sollte, dann war er wohl Anhänger irgendeines Messias - mehr nicht -> deshalb noch kein "Urchristentum".
Laut "Flavius Josephus" wurde damals mannigfaltig getötet, wenn man offen seinen "Alternativ-Glauben" vertrat - deshalb waren die Opfer aber noch lange nicht "Urchristen".

Es gibt anscheinend eine lustige christliche Tradition, alles was damals (benachteiligt) herumgehüpft sein soll, als "Urchristen" anzusehen.

Roland hat geschrieben:Die Tatsache, dass es nur Handschriften aus der Zeit nach dem jüdischen Krieg gibt, heißt nicht, dass vorher nicht geschrieben wurde.
Du baust "historische Szenen" entlang der Legende auf, mehr nicht - dir fehlt sowohl "das Urchristentum", als auch die darin stattfindende "Schreibaktion".

Roland hat geschrieben:Schau mal >hier < unter Punkt 3. "Alte nicht-Christliche Quellen ". Hier werden Aussagen von Cornelius Tacitus (3.1) und Plinius dem Jüngeren (3.4) zitiert, die von den ersten Christen sprechen.
Wir stehen immer noch vor demselben Problem:
Römer bezeichnen eine Gruppe als "Christianer", wobei "Messias" römisch lateinisiert als "Christus" bezeichnet wird.
=> Wieso soll hier "das Urchristentum" gemeint sein, wenn es doch in dieser Zeit umfangreich gewalttätige Anhänger von Messiassen gab?

Schau dir mal an, was "Tacitus" über "die Christen" aussagt und erinnere dich an die Beschreibung von "Flavius Josephus" über die Messias(Christus)-Anhänger - wer ist dann hier gemeint?
Doch wohl eher Mörder und Messerstecher.

Von "Eusebius von Caesarea" (260..340 n.Chr.) wird wohl gesagt, dass er "mangels anderer zeitgenössischer Quellen" auf die Texte von "Flavius Josephus" zurückgegriffen hat, wobei er vor allem auf "die innere Konzeption SEINES Werkes" achtete und nur das aufgenommen hat, was "in SEIN Bild passte".
=> Wenn du hier genau hinschaust, dann wird die religiöse Verklärung langsam greifbar.
(Interessant ist, dass diese Figur in der Zeit um das "Konzil von Nicäa" liegt und das "Eusebius" sogar einer von drei Berichterstattern über "Nicäa" war)
Offensichtlich gab es also bereits damals keine wirklichen Quellen und bereits rund um 300 n.Chr. später lebten diese Leute "in der Legende" und haben dementsprechend "historische Szenen" entworfen.

Dieser "Eusebius von Caesarea" ist übrigens auch die "Quelle" für die Beschreibung einiger "Kirchenväter" (in seiner "Kirchengeschichte") - evtl. sitzt hier ein entscheidender "Knotenpunkt für das Design des späteren Christentums".
Der Autor könnte hier genau der Faktor sein, damit Religionsanführer in eine "kontinuierliche Abfolge" gerückt werden, so dass "Einheit" entsteht.
Dass die einzelnen, nach dem Krieg übriggebliebenen, vertrieben und verstreuten Messias-Gruppen von der Gewalt abschwörten, kann unabhängig entstanden sein (ganz einfach wegen dem Kriegsschock), aber dafür dass daraus eine "Einheit" gestrickt wird ("Christentum"), müsste die Idee durch wenige Hände gegangen sein, die dann vielleicht als eine Art "Forschungsergebnis" von der "Einheit" berichten -> und fortan waren es alle "Brüder und Schwestern" mit einheitlicher Wurzel ("Spinat enthält viel Eisen").

"Eusebius von Caesarea" wusste auch viel über "Christenverfolgungen" zu berichten und sah die von "Flavius Josephus" beschriebenen Ereignisse als "Strafe Gottes für die Juden" an.
Woher er Informationen über "die Christenverfolgungen" gehabt haben will, ist mir nicht ganz klar, zumal "Flavius Josephus" doch die einzige wirkliche Quelle sein soll.
Vielleicht liegt hier eine Sonderbarkeit vor, bei der ein "Forscher" dieselben Gruppen zweimal deutet, weil er keinen Einblick in die eigene Vergangenheit hat und sie auf Basis einer Legende konstruiert.

Wieviele solcher zentralen "Deutungsfiguren" werden benötigt, damit es Jahrhunderte nach den "legendären Zeiten" zu "einheitlichen Grundlagen" kommt?
Selbst heute, wenn wir keinen Zugang zu Geschichts- und Weltinformationen hätten, würden wir uns lediglich lokal ausgestaltete Märchen über alte Zeiten erzählen.
In so einem Umfeld ist man unweigerlich den "Fachleuten" ausgeliefert, die von ihrer "Forschungsarbeit" berichten. In einem hierarchisch organisierten Gefüge wie den "Glaubensgruppen" wird nicht viel benötigt, dass ein Austausch über "Grundlagen" erfolgt, die man bereitwillig annimmt, zumal sie ja schon irgendwie zum eigenen Konzept passen und so kann aus den "Erben der fanatisch gewaltbereiten Messias-Anhänger" die "durch Frieden, Liebe und viel Opfer erlösten Messias-Anhänger" werden.

Interessant ist auch der Konflikt auf dem "Konzil von Nicäa" über die Göttlichkeit der "Jesus"-Figur. Die Fraktion, die "den Messias" nicht für göttlich ansehen wollte, folgte im Grunde den von "Flavius Josephus" beschriebenen gewaltorientierten Messias-Anhängern
(denn bei denen ging es um ein weltliches Reich), während diese aber nun von den ("neuen") friedensorientierten Gott-Messias-Anhängern verfolgt und bekämpft wurden.
Daran erkennt man, dass es auch nach dem "jüdischen Krieg" um das gleiche gefährliche Konzept geht, das letztlich in den immer gleichen Streit- und Vernichtungsszenen endet - das Friedenskonzept ist eher nur übergestülpt und funktioniert nicht.

---

Um das ganze Rätsel auf den Punkt zu bringen:
• Gab es ein „Urchristentum“?
• Gab es zu den Juden und den Eiferern („Zeloten“) noch eine dritte Partei (unsichtbar wie ein Phantom) oder sind „die Christen“ einfach nur die Erben der vertriebenen und geschlagenen „Zeloten“?
• Gab es neben der klar nachvollziehbaren zelotischen Motivation einer Religionsabspaltung noch eine weitere Abspaltungsaktivität (ausgerechnet in derselben Zeit, in derselben Umgebung, in derselben Weise, mit denselben Ausgangspunkten und mit demselben Resultat einer Vernichtung)?

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#1168 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von JackSparrow » Do 23. Apr 2020, 19:59

Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 22:33
Die Frage war, was daran fanatisch sein soll, wenn Jesus sagt, dass es nicht auf die äußerliche Zurschaustellung von Frömmigkeit ankommt, sondern auf die innere Haltung.
Gemäß Matthäus 7:17 bringen gute Bäume gute Früchte hervor und schlechte Bäume bringen schlechte Früchte hervor.

Jeder, der Frömmigkeit zur Schau stellt, ist also fromm, und jeder, das Gegenteil behauptet, stellt dadurch die eigene Ungläubigkeit zur Schau und ist demnach ein gefährlicher Fanatiker.

Er hat streng unterschieden zwischen dem, was die Pharisäer draus gemacht haben und dem, wie es gemeint war.
Gemäß Matthäus 23:3 hast du sämtlichen Aufforderungen der Pharisäer Folge zu leisten.

Roland
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#1169 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Fr 24. Apr 2020, 12:15

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 08:59
Roland hat geschrieben: Nee, die Tempelzerstörung und der jüdische Krieg muss ja in manchen Diskussionen für so vieles herhalten… hier bringe ich es mal ins Spiel, weil sven23 fragte, wo die original neutestamentlichen Manuskripte geblieben seien.
Woher weisst du, dass da ein Krieg war?
Ganz einfach: von "Flavius Josephus".
Du hast es nicht aus dem "Neuen Testament" (NT) erfahren.
Paulus starb ca. 60 . Chr.
Petrus ca. 65 n. Chr.
Lukas der Überlieferung zufolge um das Jahr 63
Das Matthäus-Evangelium entstand etwa 55–65
Markus starb um 68 n.Chr.
Jakobus starb 62 oder 69 n.Chr.
Und auch für das Johannesevangelium gibt es plausibel Frühdatierungsvorschläge in die Zeit vor 70.

M.a.W. die Autoren schrieben das NT vor der Tempelzerstörung. Fast alle dürften zur Zeit des jüdischen Krieges gar nicht mehr gelebt haben.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 08:59
Wieso fehlt all das im "Neuen Testament"?
Wieso wird so getan, als stünde "Christus" für genau EINEN Messias mit Friedensbotschaft?
Welche weiteren „Christusse“ sind denn noch namentlich bekannt und warum sollte man sie im NT erwähnen? Ein weiterer Bußprediger mit Anhängerschaft wird ja erwähnt, Johannes der Täufer. Irgendwelche Weiteren sind für die Autoren und für die Botschaft des NT schlicht nicht relevant.
Es geht im NT durchweg um den auferstandenen Sohn Gottes! Das ist eine so gewaltige Botschaft, dass sich die nähere Erwähnung der Zeloten erübrigt.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 08:59
Wieso ist die Verfolgung all der Messias-Anhänger plötzlich eine "Christenverfolgung"?
Sagt doch keiner. Ich rede nur von der Verfolgung derjenigen, die den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus als den Sohn Gottes verkündeten. Und von deren Verfolgung wird schon im NT berichtet. Neben Stephanus berichtet das NT auch von der Hinrichtung Jakobus des Älteren, und Jakobus des Bruders Jesu, den Festnahmen des Petrus und des Paulus usw.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 08:59
Der Text von "Flavius Josephus" (wie auch immer römisch propagandistisch dieser Text sein mag) gibt ein Motiv für die gewalttätige Messias-Anhängerschaft:
=> Für einen religiös eingestellten Menschen mit Auserwähltheitsanspruch ist es unerträglich aus einer nicht-religiösen (bzw. anders-religiösen) Richtung fremdbestimmt zu sein bzw. die Abweichung vom "rechten Glauben" zu akzeptieren.

Das Erstaunliche am "Christentum" ist nun, dass es exakt auf Basis dieses Motivs immer wieder zu grausamer Machtdurchsetzung gekommen ist und selbst heute noch mit Macht zur Durchsetzung der "rechten Auflagen" kommt.
Das ist nicht das Erstaunliche am "Christentum", denn das widerspricht alles fundamental der Lehre Christi. Niemand der Gewalt ausübt und grausam Macht durchsetzt, konnte sich jemals auf Jesus Christus berufen.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 08:59
Der Text von "Flavius Josephus" beschreibt eine gewalttätige Messias-Anhängerschaft.
Das "Neue Testament" beschreibt die gleiche Zeit, das gleiche Umfeld, aber eine Friedensidylle, die in dem gesamten Konflikt- und Kriegstreiben niemandem aufgefallen sein soll (aber es soll "Christenverfolgungen" gegeben haben).
Das NT berichtet überwiegend von der Zeit Jesu (um das Jahr 30), da gabs in der Gegend meines Wissens nach keinen Krieg . Und als der jüdische Krieg ausbrach, waren fast alle Autoren des NT höchstwahrscheinlich schon tot (s.o.).

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 08:59
Wen soll es angesichts dieser Untergangssituation wundern, dass es zu einer Friedensverklärung der gescheiterten Konzepte gekommen ist?
Diese Leute haben einfach nur das gemacht, was sie bisher schon versucht haben:
sie haben versucht das "richtige Verhalten" zu deuten, um ihrem Gott zu gefallen, damit sie wieder "sein Volk" sein können.
Die Gewalt-Strategie war offensichtlich nicht so dolle -> "also muss Gott was anderes gewollt haben" -> "Aha!"

Schau dir mal unter diesem Gesichtspunkt das "Christentum" und das "Neue Testament" an.
Gern schaue ich mir das Neue Testament an. Paulus zitiert, etwa ab dem Jahr 50, in seinen Briefen Glaubens- und Bekenntnissätze der ersten Christengeneration, die zu dem Zeitpunkt bereits etablierte, urchristliche Überlieferungen waren. Und diese Sätze beinhalten bereits eine vollständige Christologie, incl. gestorben für unsere Sünden und auferstanden von den Toten. Lies z.B. 1 Kor 15,1–8! Der erste Korintherbrief gilt, selbst bei historisch-kritischen Theologen, einhellig als von Paulus verfasst und zwar um das Jahr 54-55. Hier zitiert er einen solchen Bekenntnissatz, den er von der Urgemeinde empfangen hat. In Galater 1, 18-24 berichtet er von seinem Besuch des Petrus und der Urgemeinde in Jerusalem und Judäa, drei Jahre nach seinem Damaskuserlebnis.

Das ist nicht nach der Tempelzerstörung erfunden worden. Geht auch deshalb nicht, weil, wie gesagt, fast alle Autoren des NT bei der Tempelzerstörung nicht mehr lebten. Das NT, der christliche Glaube, entstand vor der Tempelzerstörung, daran ist kaum ein Zweifel möglich.

Dass irgendwelche unbekannten Sympatisanten der Zeloten, die ja nach der Eroberung Jerusalems durch die Römer kollektiven Suizid begangen haben, sich das alles danach ausgedacht haben sollen, nach dem Motto "…die Gewalt-Strategie war offensichtlich nicht so dolle ->" also erfinden wir mal das Christentum, ist m.E. ziemlich abwegig.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
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#1170 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Fr 24. Apr 2020, 12:19

JackSparrow hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 19:59
Roland hat geschrieben:
So 19. Apr 2020, 22:33
Die Frage war, was daran fanatisch sein soll, wenn Jesus sagt, dass es nicht auf die äußerliche Zurschaustellung von Frömmigkeit ankommt, sondern auf die innere Haltung.
Gemäß Matthäus 7:17 bringen gute Bäume gute Früchte hervor und schlechte Bäume bringen schlechte Früchte hervor.

Jeder, der Frömmigkeit zur Schau stellt, ist also fromm, und jeder, das Gegenteil behauptet, stellt dadurch die eigene Ungläubigkeit zur Schau und ist demnach ein gefährlicher Fanatiker.
Zwei Verse davor, in Matth. 7, 15, zeigt Jesus was er hier meint: Sie kommen im Schafskleidern (äußerliches Zurschaustellen), inwenig sind sie aber reißende Wölfe.

JackSparrow hat geschrieben:
Do 23. Apr 2020, 19:59
Er hat streng unterschieden zwischen dem, was die Pharisäer draus gemacht haben und dem, wie es gemeint war.
Gemäß Matthäus 23:3 hast du sämtlichen Aufforderungen der Pharisäer Folge zu leisten.
Man muss hier schon mehr lesen als nur den halben Vers 23, dann wird klar, dass Jesus streng unterscheidet, zwischen dem, was die Pharisäer draus gemacht haben und dem, wie es gemeint war. Er sagt über die Pharisäer:
"Sie binden schwere und unerträgliche Bürden und legen sie den Menschen auf die Schultern; aber sie selbst wollen keinen Finger dafür rühren. 5 Alle ihre Werke aber tun sie, damit sie von den Leuten gesehen werden."

Das ganze 23. Kapitel über, rechnet er in teils scharfen Worten, ab mit den Pharisäern und Schriftgelehrten seiner Zeit.
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