Alles Teufelszeug? VII

Roland
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#1181 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Di 28. Apr 2020, 10:41

JackSparrow hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:41
Roland hat geschrieben:
Fr 24. Apr 2020, 12:19
Sie kommen im Schafskleidern (äußerliches Zurschaustellen), inwenig sind sie aber reißende Wölfe.
Du räumst demnach ein, dass schlechte Bäume gute Früchte hervorbringen können?
Wieso ich? Ist doch ein Wort Jesu, der sagt, dass der Schein manchmal trügt.

JackSparrow hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:41
Er sagt über die Pharisäer:
Er sagt über die Pharisäer, dass du alles tun sollst, was sie dir sagen.

Die Schriftgelehrten und die Pharisäer haben sich auf den Stuhl des Mose gesetzt. Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen Mt23:3
Genau, was sie gesagt haben war offenbar durchaus richtig und man konnte danach leben. Aber der Vers geht noch weiter:
"… aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln; denn sie sagen's zwar, tun's aber nicht." Mt23:3
Es bringt nichts das Richtige nur zu sagen aber nicht zu tun. Und darüber hinaus (siehe V. 4) von Gottes Gesetz viele Satzungen und Regeln abzuleiten, daraus unerträglich schwere Pakete zusammen zu schnüren und sie den Menschen aufzuerlegen. Bestes Beispiel sind die Sabbatregeln, die Jesus an verschiedener Stelle bewusst überging, weil sie mit dem eigentlichen Sinn des 3. Gebots nichts mehr zu tun hatten.
JackSparrow hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:41
Welche weiteren „Christusse“ sind denn noch namentlich bekannt
Aaron (2Mo40:12)
Saul (1Sam10:1)
Eliab (1Sam16:6)
David (2Sam2:7)
Abschalom (2Sam19:11)
Salomo (1Kö1:45)
Jehu (2Chr22:7)
Jesaja (Jes61:1)
Paulus (2Kor1:21)
Meine Frage ging an SilverBullet, der von vielen "Christussen" zur Zeit Jesu spricht.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

Roland
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#1182 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mi 29. Apr 2020, 11:05

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:44
Roland hat geschrieben:M.a.W. die Autoren schrieben das NT vor der Tempelzerstörung. Fast alle dürften zur Zeit des jüdischen Krieges gar nicht mehr gelebt haben.
Selbst wenn du unterstellen möchtest, dass die "Autoren" der Texte vor dem Krieg gestorben sind, ist nicht geklärt, weshalb diese Leute in der behaupteten aktiven Zeit nicht den Detailumfang erreichen, die "Flavius Josephus" in der Rückschau im Jahr 76 n.Chr. erreicht hat.
Das NT ist kein allgemeines Geschichtsbuch, das im Detail widergibt, was es alles zur Zeit Jesu gegeben hat. Sondern es will auf den auferstandenen Sohn Gottes hinweisen. Die Gestalt Jesu sprengt alle verfügbaren Kategorien. Der menschgewordene Gott, der den Tod besiegt hat, stellt buchstäblich alles in den Schatten, was damals sonst noch so öffentlich auftrat.
Aber es geschah im Stillen, es waren einpaar Frauen, die das leere Grab zuerst entdeckten, es war ein kleines Häuflein Jünger, denen Jesus danach begegnete. Und sie waren es, die das dann unter Lebensgefahr weitergaben. Es fing alles klein an, als Samenkorn, das in die Erde gelegt worden war (Lk. 13, 19). Josephus hat es zu seiner Zeit nur am Rande bemerkt und hat sein Augenmerk auf viele andere Details der damaligen Zeit gelegt.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:44
Es ist also vollkommen egal wann du die Autoren des "Neuen Testamentes" leben und sterben lässt -> es fehlen Inhalte in den "christlichen" Texten und es liegt eine eindeutige Verklärung vor.
Es kann nicht egal sein, wann die Autoren gelebt haben, denn sie konnten nicht von einer Zeit berichten, die nach ihnen stattfand. Und ihr Fokus lag auf dem Geschehen um den Sohn Gottes. Allein darum ging es ihnen, nicht um allgemeine Geschichtsschreibung.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:44
Roland hat geschrieben:Welche weiteren „Christusse“ sind denn noch namentlich bekannt und warum sollte man sie im NT erwähnen?
Hier ein Artikel, aus dem du einige andere Namen entnehmen kannst.
Die Liste der alternativen Messias-Anhängerschaft geht wohl bis zum dritten Jüdischen Aufstand/Krieg (ca. 136 n.Chr.) weiter.
Warum sollte man diese vergessenen Namen im NT erwähnen? Alles Leute, die vor allem politische Ziele verfolgten, Aufrührer, die gegen die verhassten Besatzer kämpfen wollten, um sich zum König aufzuschwingen…
Sie sind für die Botschaft des NT nicht von Relevanz. Jesus tat Zeichen und Wunder, er hielt die Bergpredigt und viele weitere Reden - und er ist auferstanden!

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:44
Roland hat geschrieben:Es geht im NT durchweg um den auferstandenen Sohn Gottes! Das ist eine so gewaltige Botschaft, dass sich die nähere Erwähnung der Zeloten erübrigt.
Siehst du, jetzt hast du das Motiv für eine nachträgliche Verklärung der tatsächlichen Gegebenheiten:
Die Zeloten, ihr Verhalten, die Auswirkungen, ja sogar der gesamte Krieg, können unter Beibehaltung des (eigentlich gescheiterten) Messias-Konzeptes unter den Tisch fallen.
Ja, das können sie auch. Sie spielen im Zusammenhang dessen, was das NT verkündet keine Rolle. Aber nicht aufgrund einer nachträglichen Verklärung. Tod und Auferstehung Jesu zur Vergebung der Sünden, war vielmehr bereits um das Jahr 50, also zwanzig Jahre nach diesen Geschehnissen, nachweislich längst etabliertes Bekenntnisgut der ersten Christen.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:44
Roland hat geschrieben:Dass irgendwelche unbekannten Sympathisanten der Zeloten, die ja nach der Eroberung Jerusalems durch die Römer kollektiven Suizid begangen haben, sich das alles danach ausgedacht haben sollen, nach dem Motto "…die Gewalt-Strategie war offensichtlich nicht so dolle ->" also erfinden wir mal das Christentum, ist m.E. ziemlich abwegig.
1.
Selbst wenn sich in Jerusalem und Masada alle Anhänger das Leben nahmen, bedeutet dies noch lange nicht, dass ganz Judäa Selbstmord begangen hat.
Sag ich ja. Unbekannte Sympathisanten der Zeloten sollen sich das Christentum deiner Meinung nach ausgedacht haben. Aber das existierte zu dem Zeitpunkt nachweislich schon jahrzehntelang, wie es die Paulsubriefe, selbst für historisch-kritische Exegeten, eindeutig belegen.
Und auch das gesamte NT kann durchweg vor dem jüdischen Krieg entstanden sein, es gibt keinen einzigen Beweis, dass dies nicht der Fall ist. Es sind meist weltanschaulich motivierte Vermutungen, die für verschiedene Spätdatierungen sprechen.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:44
Wenn man sich die Katakomben ROMs anschaut, dann werden erste frühchristliche Symbole wohl erst ab 180 n.Chr. festgestellt (also gegen Ende des 2. Jahrhunderts).
Laut deiner Legende soll es in ROM aber schon lange davor "Jesus-Christen" gegeben haben und diese sollen auch verfolgt worden sein, so dass die Katakomben eigentlich schon viel früher Symbole aufweisen müssten - Fehlanzeige.
Wikipedia: "Das Bistum Rom wurde im 1. Jahrhundert gegründet".
Im Jahr 180 n. Chr. war bereits der 13. Bischof von Rom im Amt.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:44
Diese dritte Partei ("Jesus-Urchristentum") wird lediglich aus späterer Zeit heraus behauptet und ist ein völliges Phantom, wenn man die Geschehnisse aus Texten von Nicht-Anhängern betrachtet.
Übrigens gab es im 1. Jhrdt. bereits Bistümer in Toledo, Tarragona, Cartagena und Guadix, das Christentum hatte sich also innerhalb weniger Jahrzehnte bis nach Spanien ausgebreitet.

Aber wie gesagt: Bei historischen Daten gibt es immer die Möglichkeit, diese in Zweifel zu ziehen, das geht selbst bei solchen, die noch keine 20 Jahre zurückliegen…
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#1183 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von JackSparrow » Mi 29. Apr 2020, 23:16

Roland hat geschrieben:
Di 28. Apr 2020, 10:41
JackSparrow hat geschrieben:
Sa 25. Apr 2020, 19:41
Du räumst demnach ein, dass schlechte Bäume gute Früchte hervorbringen können?
Wieso ich? Ist doch ein Wort Jesu, der sagt, dass der Schein manchmal trügt.
Du räumst demnach ein, dass sich Jesus irrt, wenn er sagt, dass gute Bäume gute Früchte und schlechte Bäume schlechte Früchte hervorbringen?

Genau, was sie gesagt haben war offenbar durchaus richtig und man konnte danach leben.
Du räumst demnach ein, dass es richtig ist, kein Schweineschnitzel zu verzehren und ungehorsame Kinder vor den Toren der Stadt zu steinigen?

Meine Frage ging an SilverBullet, der von vielen "Christussen" zur Zeit Jesu spricht.
Gemäß Bibel gab es zu allen Zeiten Christusse.

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#1184 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Scrypton » Mi 29. Apr 2020, 23:26

Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Der menschgewordene Gott
Jesus ist kein Gott...
Im NT steht in keiner einzigen Stelle, dass Gott ein Mensch wurde. Fundamentalistische Dogmatiker verinterpretieren das zwar ganz gerne und vergewaltigen damit einen Text, der etwas gänzlichst anderes wiedergibt aber so ist das eben - muss man akzeptieren.
Tatsächlich handelt der Text einfach nur von einem Wanderprediger, der sich von Gott berufen und gesendet sieht - einen, der von so manch anderen in seinem Umfeld als Gottes Sohn angenommen wird.

Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Aber es geschah im Stillen, es waren einpaar Frauen, die das leere Grab zuerst entdeckten, es war ein kleines Häuflein Jünger, denen Jesus danach begegnete. Und sie waren es, die das dann unter Lebensgefahr weitergaben.
1. "Einem großen wissenschaftlichen Konsens zufolge sind die Erzählungen der Evangelien über den auferstandenen Jesus historisch wertlos. Sie formen nämlich sekundär den Gemeindeglauben aus, der in den Bekenntnisformeln seinen primären Niederschlag gefunden hat."
https://www.welt.de/wams_print/article2 ... -leer.html

2. Bereits Markus, Matthäus und Lukas widersprechen sich: Wer zuerst beim Grab war, ob der Stein davor lag oder wer sich noch dort aufhielt - die Erzählungen sind legendär ausgeschmückt. In in paar Dingen sind sich die guten Drei aber freilich einig - zuerst waren Frauen am Grab, sie kamen am Morgen des ersten Wochentages, und sie informierten die Jünger.
Alleine: Paulus erwähnt in seinen Briefen das Grab nicht und diese sind älter als die Evangelien. Der Osterglaube wiederum wurde bereits verkündigt, bevor vom leeren Grab die Rede war. Paulus genügte es, von den Erscheinungen Jesu zu berichten. Nun...

Was wir weitestgehend wissen können ist: Die Jünger haben von der Auferstehung Jesu erzählt. Punkt.

Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Welche weiteren „Christusse“ sind denn noch namentlich bekannt
Heute alle bekannt als "Jesus". :)

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#1185 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Do 30. Apr 2020, 13:56

”Roland” hat geschrieben:Übrigens gab es im 1. Jhrdt. bereits Bistümer in Toledo, Tarragona, Cartagena und Guadix, das Christentum hatte sich also innerhalb weniger Jahrzehnte bis nach Spanien ausgebreitet.
Du zeigst hier wieder nur ein Beispiel, wie du durch die Legende hindurch historische Szenen entwirfst.

Hier ein etwas neutraler Text.
Demnach gab es bereits jüdische Ansiedlungen vor 70 n.Chr. in Spanien.
Durch die gescheiterten (zelotischen) Aufstände im nahen Osten (und die Vertreibungen) verstärkten sich die Ansiedlungen in Spanien, d.h. es kamen Leute mit zelotischen Motiven hinzu.
Diese werden nun (z.B. von dir) unter der Alleinstehungsbehauptung als „Jesus“-Christen eingeordnet, wodurch es also bereits im 1. Jhd. „Jesus“-Christen geben haben soll.
Tatsächlich ist die Grundlage hierfür aber wieder nur eine Textstelle innerhalb der Legende („Ankündigung von Paulus nach Spanien reisen zu wollen“).

Man kann hieran die unbändige Verklärungsenergie erkennen: nur weil in der Legende zu einer Figur eine Absicht formuliert wird, sind sich (manche) „Forscher“ bereits sicher, dass sich damals in Spanien „Jesus“-Gemeinden („Bistümer“) befunden haben.

Ich habe kein Problem damit, dass all diesen Behauptungen tatsächlich Vorgänge rund um Messias-Anhänger zugrunde liegen (der „jüdische Krieg“ von „Flavius Jospehus“ könnte ja immerhin hierfür eine grundsätzlich neutrale Quelle sein).
Da mag es also derart motivierte Gruppen gegeben haben, da mag es Führer dieser Gruppen gegeben haben -> OK.

Ich habe aber ein Problem mit der nachträglichen Verklärung, dass alles, was messianisch ausgerichtet war, zu den „Jesus“-Christen gerechnet werden soll.
Wie gesagt ist die Grundlage für meine Haltung, dass die „Jesus“-Legende (also das „Neue Testament“) ganz eigenartig die Ähnlichkeit mit den Zeloten übergeht, eine Ähnlichkeit mit enormer Verwechslungsgefahr.
Die Zeloten sehen aus, wie eine Blaupause der „Jesus“-Christen – mit nur wenigen Unterschieden (eigentlich nur die Gewaltlosigkeit).

Ich nehme an, du hast keine wirklichen Informationen über die Zeloten, wie sie zu den jüdischen Regeln standen, wie sie zur Endzeit standen, wie sie zur Auferstehung standen, wie sie zur Messias-Idee standen, wie sie zum Märtyrertum standen, wie sie zu den (römischfreundlichen) Tempelpriestern standen und sogar das Gründungsdatum passt in die „Geburtslegende“.

Da sind derartige Ähnlichkeiten zum „Jesus“-Christentum enthalten, dass man unmöglich an einer vergleichenden Aussage vorbeikommt.
Tatsächlich aber hat dies das „Neue Testament“ geschafft, obwohl aber wiederum Kleinsthinweise auf Zeloten und vor allem die elementaren Auslöser zum Entstehen der Zeloten enthalten sind.
Auch bei „Flavius Josephus“ ist in seinem beschreibenden Text (zum jüdischen Krieg) von 76 n.Chr. keine Bemerkung auf das „Jesus“-Christentum enthalten. Nun ist dies aber nun mal keine christliche Propagandaschrift, sondern eher eine römische Propagandaschrift, die eindeutig mit „Jesus“ nichts zu tun hat, obwohl er aber thematisch auf neutrale Weise vorkommen müsste.

Auch die (nachträgliche) rückblickende Deutung, dass alles, was „nach Messias riecht“ die „Jesus“-Christen gewesen sein sollen, ist maximal auffällig (mit „Spaniens Bistümer im 1. Jhd“ konntest du mit Leichtigkeit ein „Juwel“ aus diesem Topf zaubern).

Der Römer „Tacitus“ zielt ganz klar auf eine gefährliche „Christen“-Gruppe ab und es wäre geradezu verwunderlich, wenn er für das römische Publikum mit dem Wort „Christen“, was lediglich „Messias“-Anhänger bedeutet, eine abgrenzende Differenzierung zu den Zeloten liefern würde.
Tatsächlich wurden, laut „Flavius Josphus“, Messias-Anhänger verfolgt, hingerichtet (auch in „der Arena“) und wohl oft gekreuzigt.
Das Problem entsteht durch die Verklärung, dass dies „Jesus“-Christen sein sollen.

Die Bausteine der „Jesus“-Legende sind tatsächlich irgendwie vorgekommen, aber in einem zelotischen Kontext!

Das Verschweigen der Zeloten-Ähnlichkeit, stattdessen die Wundergeschichten, die „Gewaltlosigkeit“ (bei gleichzeitigen Gewaltaussagen), die Messiasthematik und alles in der Zelotenzeit angesiedelt, riecht auffällig nach einer Nacharbeitung, nach der Verklärung eines Unterganges.

”Roland” hat geschrieben:Wikipedia: "Das Bistum Rom wurde im 1. Jahrhundert gegründet".
Im Jahr 180 n. Chr. war bereits der 13. Bischof von Rom im Amt.
Ja, das ist eine der verklärenden Behauptungen.

Ich habe kein Problem damit, dass sich im 1.Jhd in Rom irgendwelche Messias-Gruppen geformt haben.
Das Problem beginnt, wenn man diese als „Jesus“-Gruppen einordnet.

In den Katakomben Roms, also dem Beerdigungsbereich, gibt es wohl erst ab 180 n.Chr. „Jesus-christliche“ Symbole („Fisch“ „Anker“ usw. – hoffentlich sind dies auch rein „Jesus-christliche“ Symbole).

Auch hier passen Behauptung und neutrale Quellen nicht ganz zusammen und es sieht wieder so aus, als sei die „Jesus“-Anhängerschaft später aktiv geworden.

”Roland” hat geschrieben:Sag ich ja. Unbekannte Sympathisanten der Zeloten sollen sich das Christentum deiner Meinung nach ausgedacht haben. Aber das existierte zu dem Zeitpunkt nachweislich schon jahrzehntelang, wie es die Paulsubriefe, selbst für historisch-kritische Exegeten, eindeutig belegen.
1.
Das waren keine „unbekannten Sympathisanten“ sondern es waren die Zeloten. Ein Zelot ist man, weil man die Einstellung teilt und damals gab es eine flächendeckende Begeisterung für diese Bewegung und die Ähnlichkeit zwischen „Jesus“-Bewegung und den Zeloten kann man nicht wirklich entsorgen.
Ich habe vor zwei Tagen etwas genauer recherchiert und bin auf diesen Link gestossen. Du kannst dir hier ein PDF laden, das „Die Zeloten“ genauer beschreibt (im Link: Taste [Download-PDF] -> 30 Sekunden warten -> "Ich bin kein Roboter" -> [Download-PDF]).
Beim Stöbern habe ich in einigen Kapiteln erstaunliche Aussagen über Zeloten entdeckt, bei denen ich eine starke Ähnlichkeit zur „Jesus“-Bewegung feststellen kann.
Der Autor selbst baut die „Jesus“-Legende als historische Tatsachen ein, was dir gefallen dürfte, was aber natürlich nicht mein Hintergrund ist.

2.
Es geht hier nicht um ein Ausdenken, sondern um ein „Entwickeln des Messias-Konzeptes“ auf Basis des traumatischen Unterganges, also des definitiven Scheiterns des bisherigen Messias-Konzeptes.
Stell dir mal vor, dass es vor dem Krieg ein Messias-Bild gab, nach dem ein weltlicher Befreier auftreten, die Feinde besiegen und ein weltliches Reich der „reinen Gerechtigkeit“ errichten soll.
Nach dem Krieg (den Kriegen!? – Mitte 2.Jhd) wandelte sich wohl das Bild (siehe Link - Seite 304) und plötzlich wurde eine Zweiteilung angenommen:
Zuerst tritt ein weltlicher Messias (Abstammung von „Josef“) auf, wird aber „im Kampf“ vernichtet. Danach kommt ein zweiter Messias (Abstammung von „David“) und leitet die Endzeit ein und herrscht im „Reich der reinen Gerechtigkeit“.
Schau genau hin, wie bekannt kommt dir dieses Konzept vor (wie bekannt kommen dir die Namen vor)?
WICHTIG:
=> es hat also wohl tatsächlich die von mir erwartete Anpassungsreaktion gegeben
=> wir sind hier im 2. Jhd (also ca. 150 n.Chr.)

3.
„Historisch-kritische Exegeten“, also die „Fachleute“ mit denen du sonst nicht so ganz „grün“ sein möchtest, sind Theologen, die von Anfang, an im Sinne ihrer Anhängerschaft an der Verklärung mitwirken (den „Eusebius“ habe ich dir ja schon als „Uraltbeispiel“ genannt).
Ein interessantes (neuzeitliches) Beispiel ist selbst der Text „jüdischer Krieg“ von „Flavius Josephus“ – (ich habe nicht herausgefunden, in wie weit es sich hierbei um Theologen handelt).
Wie ich schon mehrfach angeführt habe, enthält dieser Text keine Aussage über „Jesus“ und/oder „das Jesus-Christentum“.
Als ich vor zwei Tagen etwas recherchiert habe, bin ich auf einen Text gestossen, der genau dieses Fehlen (aber das Auftauchen des „Testimoniums“ in einem späteren, anderen „Jospehus“-Text) als grosses Problem in der „Forschung“ bezeichnet – es ist also schon anderen Leuten aufgefallen, nicht nur mir.
Nun gibt es wohl eine slawische „Jüdischer Krieg“-Version. Und in dieser Version tauchen doch tatsächlich „Johannes der Täufer“- und „Jesus“-Passagen auf. Eine genaue Analyse (von deutschen Analysten) hat ergeben, dass die „Jesus“-Legenden-Einschübe nicht so ganz dazugehören können. Es liegt also eine „lustige Manipulation“ vor – bestimmt hat sich ein späterer Schreiberling gedacht „das gehört unbedingt auch da rein“.
Eigentlich wäre man an dieser Stelle mit dieser „Quelle“ fertig, denn der „Josephus“ war es ja nicht.
Doch halt, es gibt ja die „findigen Gläubigen“. Aus dieser Ecke kommt der Ansatz, dass es sich bei dem „zweiten Autor“ um einen jüdischen Schreiber gehandelt haben muss, der unmöglich derart über die „Jesus“-Legende schreiben würde, wenn ihm nicht „klare Quellen“ zur Verfügung gestanden haben – „vielleicht mündliches jüdisches Wissen über die alte Zeit“.
=> Sorry, das ist Kaffeesatzlesen in Höchstform und es zeigt den Vorgang, wie sich Legenden bilden und den Rückblick auf die Vergangenheit verklären.

”Roland” hat geschrieben:Und auch das gesamte NT kann durchweg vor dem jüdischen Krieg entstanden sein, es gibt keinen einzigen Beweis, dass dies nicht der Fall ist. Es sind meist weltanschaulich motivierte Vermutungen, die für verschiedene Spätdatierungen sprechen.
Es liegt ein klares Indiz vor:
die Verklärung der Ähnlichkeit zwischen Zeloten und „Jesus“-Bewegung.

Wie möchtest du das bestreiten?

”Roland” hat geschrieben:Aber nicht aufgrund einer nachträglichen Verklärung. Tod und Auferstehung Jesu zur Vergebung der Sünden, war vielmehr bereits um das Jahr 50, also zwanzig Jahre nach diesen Geschehnissen, nachweislich längst etabliertes Bekenntnisgut der ersten Christen.
Sorry, zu deiner Aussage über das Jahr 50 n.Chr. fehlen die „ersten Christen“.

Den Textanpassungen (wie beim „slawischen Josephus“) zu den "ersten Christen" liegt ja eine Motivation zugrunde: Alle Texte aus der alten Zeit werden vermutlich als „Ergänzung der Jesus-Legende“ verstanden und so sollte es wohl „kein Problem“ sein, den „richtigen“ Bezug aus der Legende hinzuzufügen – immerhin hat sich bestimmt niemand daran gestört.

Auf jeden Fall haben die Schreiberlinge aber erkannt, dass etwas nicht drinsteht!
Es würde mich auch nicht wundern, wenn regelmässig aus dem Wort „Messias“ die Formulierung „Jesus Christus“ gemacht wurde. Auf Basis der Zeloten-Vergangenheit im nahen Osten ist dies aber eine enorme Verklärung.

Die „Paulus-Texte“ sind durchaus auch Kandidaten für diese Art der Motivation, denn sonderbarerweise haben die Autoren dieser Texte nicht viel Interesse an der „Jesus“-Legende.
Wie ist das, würde da nicht ab und zu die Formulierung „Jesus Christus“ auftauchen, dann könnten dies auch einfach nur zelotische Texte sein und die Wandlung „Saulus -> Paulus“ ist dann der Hinweis auf die „Nachkriegsentwicklung“ in der Messiaserwartung?

”Roland” hat geschrieben:Warum sollte man diese vergessenen Namen im NT erwähnen? Alles Leute, die vor allem politische Ziele verfolgten, Aufrührer, die gegen die verhassten Besatzer kämpfen wollten, um sich zum König aufzuschwingen…
Sie sind für die Botschaft des NT nicht von Relevanz. Jesus tat Zeichen und Wunder, er hielt die Bergpredigt und viele weitere Reden - und er ist auferstanden!
Es geht nicht um diese Namen, es geht nicht um diese Führerpersonen.

Es geht um die Anhängerschaft, es geht um das flächendeckende Einschwingen der Bevölkerung auf die Zeloten-Bewegung.
Es geht um das Messias-Konzept als solches.

Man glaubt es kaum aber im Judentum (ganz oder in Teilen?) wurde das Messias-Konzept wohl komplett fallen gelassen und zwar wegen der hässlichen Auswüchse, die es in den Kriegszeiten gebracht hat.

Im „Jesus“-Christentum gibt es jedoch keine Reaktion der Anpassung, keine Reaktion der Aufarbeitung – Null und Nichts, noch nicht einmal eine Beschreibung.
Es wurde/wird im Gegenteil sogar noch weiter ausgebaut und der Untergang im nahen Osten als „Strafe Gottes für die Juden“ gedeutet – das ist nichts weniger als die „Logik der Zeloten“ („menschliches Verhalten lenkt Gott“) – so ist der gesamte Krieg entstanden (wenn man von der römischen Ausbeutung absieht).

Die Ähnlichkeit zu den Zeloten wäre alleine (bereits vor dem Krieg) Grund genug für eine Klarstellung gewesen. Selbst wenn du die Autoren in den nahen Osten vor dem Krieg ansiedelst, so sassen sie dennoch mitten in der Zeloten-Begeisterung.

Die Auswüchse im Krieg hätten zu einem klaren Alarmhinweis führen müssen (du möchtest bestimmt nicht annehmen, dass es nur vor dem Krieg Autoren gab).
=> Nichts.
=> Sogar eher das Gegenteil, man hält „das Jesus-Christentum“ für die bessere, ja die einzig erwähnenswerte Bewegung – am besten niemandem fällt auf, dass es da eine Vorgeschichte gegeben hat.

Dieser Sachverhalt, diese Entwicklung, schreit geradezu nach einer Legendenbildung.

Ausgehend von denen, die untergegangen sind und vertrieben wurden, entwickelt sich eine traumagesteuerte Notwendigkeit, die fanatisch vertretenen Grundsätze anzupassen, so dass der eigentliche Fanatismus (der ja immer noch für richtig gehalten wird) weiter bestehen kann.

Das Offensichtliche war ja, dass die „Messias-Gewalt“ als Konzept gescheitert war, denn nach anfänglichen Erfolgen der Zeloten gegen Rom (immerhin war Jerusalem im Krieg in den Händen der Aufständischen!) kam es zu einem Kampf zwischen den Aufständischen und so hatte Rom „leichtes Spiel“.

Versuch mal etwas über das „zelotische Märtyrertum“ herauszufinden (ist nicht „weit weg“ vom christlichen Stolz, für den Glauben alle Qualen zu ertragen).
Stell dir dieses Gedankentum in den Köpfen der Verlierer, also derjenigen, die trotz all dieser Ansichten und Bemühungen nicht von Gott unterstützt wurden, vor.
Vollständig von der grundsätzlichen Korrektheit ihres Gottes-Konzeptes überzeugt, muss irgendwo ein Fehler enthalten sein, denn „er hat ja nicht eingegriffen“.

Das „Erlösungskonzept“ haben sie nicht aufgegeben, nur den Weg dorthin haben sie angepasst und so ist die Gewaltfrage der einzige klar ersichtliche Unterschied zwischen den Zeloten und der „Jesus“-Bewegung.

”Roland” hat geschrieben:Das NT ist kein allgemeines Geschichtsbuch, das im Detail widergibt, was es alles zur Zeit Jesu gegeben hat. Sondern es will auf den auferstandenen Sohn Gottes hinweisen. Die Gestalt Jesu sprengt alle verfügbaren Kategorien.
Ja, die tatsächliche Situation wird nicht dargestellt, sondern die zelotischen Konzepte werden entlang einer neuen Messias-Idee (zweimaliges Auftreten – siehe oben) in die Zeit des Unterganges projiziert, so dass der „weltliche Messias“ vernichtet wird und „das Erwarten des zweiten Auftretens“ erhalten bleibt.

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#1186 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Fr 1. Mai 2020, 16:36

Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Das NT ist kein allgemeines Geschichtsbuch, das im Detail widergibt, was es alles zur Zeit Jesu gegeben hat.
Richtig, es waren Glaubensschriften, bzw. Glaubenspropagandaschriften, die Glauben wecken sollten. Die Schreiber hatten wenig Interesse am historischen Jesus. Ihnen ging es allein um den "erhöhten Herrn", den sie legendenhaft verklärten. Jesus eignete sich als Toter natürlich besonders gut für Legendenbildung, da er sich nicht mehr wehren konnte.


Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Es kann nicht egal sein, wann die Autoren gelebt haben, denn sie konnten nicht von einer Zeit berichten, die nach ihnen stattfand.
Richtig, weil niemand in die Zukunft sehen kann. Aber sie konnten natürlich über schon Geschehenes berichten, um es wie eine Prophezeiung aussehen zu lassen.
Wie z. B. die Zerstörung Jerusalems.

Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Und ihr Fokus lag auf dem Geschehen um den Sohn Gottes. Allein darum ging es ihnen, nicht um allgemeine Geschichtsschreibung.
Leider muss man sagen. Wir könnten viel mehr über Jesus erfahren, wenn sie sich dafür interessiert hätten.
Die Schreiber haben die Geschichte "kreativ" umgestaltet. Aber wie ja selbst Paulus zugibt, hielt er eine Lüge ja für keine Sünde, wenn sie der Verherrrlichung Gottes diente. Der Zweck heiligte für ihn die Mittel.


Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Sie sind für die Botschaft des NT nicht von Relevanz. Jesus tat Zeichen und Wunder, er hielt die Bergpredigt und viele weitere Reden - und er ist auferstanden!
Einspruch: Die Forschung sieht Jesus vor allem als Heiler und Exorzisten. Die Wunder wurden im Laufe der Zeit immer weiter gesteigert, was eher gegen ihre Historizität spricht. Die Bergpredigt gilt als freie Komposition des Evangelisten Matthäus, die so nie stattgefunden hat.





Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Ja, das können sie auch. Sie spielen im Zusammenhang dessen, was das NT verkündet keine Rolle. Aber nicht aufgrund einer nachträglichen Verklärung. Tod und Auferstehung Jesu zur Vergebung der Sünden, war vielmehr bereits um das Jahr 50, also zwanzig Jahre nach diesen Geschehnissen, nachweislich längst etabliertes Bekenntnisgut der ersten Christen.
Natürlich hat die Legendenbildung schon bald nach Jesu Tod eingesetzt, das wird auch von der Forschung nicht bestritten.
Paulus hat das zum Anlaß genommen für die Entfaltung seiner eigenen Theologie. Mit Jesu Verkündigung hatte das nicht mehr viel zu tun.


Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Und auch das gesamte NT kann durchweg vor dem jüdischen Krieg entstanden sein, es gibt keinen einzigen Beweis, dass dies nicht der Fall ist. Es sind meist weltanschaulich motivierte Vermutungen, die für verschiedene Spätdatierungen sprechen.
Nein, die Forschung sieht das älteste Evangelium um 70 n. Chr, höchstwahrscheinlich schon nach der Zerstörung Jerusalems.



Roland hat geschrieben:
Mi 29. Apr 2020, 11:05
Übrigens gab es im 1. Jhrdt. bereits Bistümer in Toledo, Tarragona, Cartagena und Guadix, das Christentum hatte sich also innerhalb weniger Jahrzehnte bis nach Spanien ausgebreitet.
Wikipedia bezeichnet das Bistum von Astorga als das älteste in Spanien, belegt ist das 3. Jahrhundert, gegründet wurde es vielleicht schon im 2. Jahrhundert.
 
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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