Ehre deinen Vater und deine Mutter...

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Bastler
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#61 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Bastler » Mi 27. Apr 2016, 11:36

Schläge sind immer demütigend. Allerdings kann man darüber diskutieren, ob Auswirkung durch andere Auswirkungen aufgewogen wird.

Ich bin noch in der Schule mehrmals geschlagen worden. Es war immer demütigend. Aber ich erinnere mich auch an Schläge, die ich gerecht empfand. Sie haben kein Trauma hinterlassen, aber sie haben mich geprägt - wahrscheinlich zwiespältig. Gedanken wie "Das hatte ich ja auch verdient" kommen in mir hoch. Aber ist das ein guter Gedanke? Kann man sich wirklich Schläge "verdienen"? Das halte ich für sehr fragwürdig.

Pluto
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#62 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Pluto » Mi 27. Apr 2016, 11:39

Bastler hat geschrieben:Gedanken wie "Das hatte ich ja auch verdient" kommen in mir hoch. Aber ist das ein guter Gedanke? Kann man sich wirklich Schläge "verdienen"? Das halte ich für sehr fragwürdig.
:thumbup:
E-ben.
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Bastler
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#63 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Bastler » Mi 27. Apr 2016, 12:06

Als schwächsten (und gefährlichsten) Teil der Bibel sehe ich das Strafkonzept an.

Dieses Strafkonzept beruht auf einer Erfahrung, die bis an den Beginn der Menschheit zurückreicht. Strafe hilft - kann man prima beobachten. Weniger gut beobachten kann man die unguten Konsequenzen einer Strafe, also die Nebenwirkungen. Eine der größten Schwächen der Bibel ist, dass sie allzu bereitwillig die Vorteile des Strafkonzepts betont und dieses Prinzip auf Gott überträgt.

Das Gegengewicht kommt - o Wonne - in der Bibel auch vor: Das Erbarmen mit den Schuldigen und die Zuwendung an die Schuldigen. Schon Hiob weist darauf hin, dass seine Leiden nicht als Strafe angesehen werden können. Aber letztlich hat erst Jesus den großen Wurf geleistet und sich explizit den Sündern, Zöllnern und Dirnen zugewandt und viel von Vergebung und Pflicht zur Vergebung gesprochen. Allerdings hat er dieses Vergebungsmodell nicht vollends durchgehalten - auch Jesus droht Strafen an und radikalisiert diese Strafen sogar gelegentlich in drastischer Form. Dennoch ist es ihm gelungen, eine Alternative zur herkömmlichen Strafmoral zu etablieren. Halbwegs zumindest.

Wahrscheinlich hat er für das Verhältnis von Kindern und Eltern mehr durch diese erbarmende Alternative bewirkt, als es die übergewichtigen Strafstellen der Bibel zerstören können. Hoffentlich. Allerdings wird im NT auch die Konsequenz eines erbarmenden Zugehens auf Sünder aufgezeigt: Feindesliebe bringt den Feindelieber ans Kreuz. Das verstehe ich exemplarisch: So ist es ganz oft. Wer auf Strafe, Kontrolle und noch mal Strafe verzichtet, kommt irgendwann unter die Räder. Wer nicht auf einen ewigen Lohn für sein Erbarmen vertraut, sollte die Finger davon lassen und sich stattdessen besser auf die Wirkung von Strafen verlassen. Das ist nämlich (erst mal) effektiver.

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#64 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Hemul » Mi 27. Apr 2016, 14:34

Bastler hat geschrieben:Als schwächsten (und gefährlichsten) Teil der Bibel sehe ich das Strafkonzept an.
Was haste denn jetzt wieder hier gebastelt? :shock: Warum soll eine Warnung vor Gefahr eine Strafe sein? :roll: Der Gott der Bibel möchte nämlich gar nicht, dass wir erst durch Schaden klug werden - und Schmerzen erleiden müssen. Deshalb warnt er uns liebevoll.................."VORHER"................ vor den Folgen unserer verkehrten Handlungen. Schlägt man diese Warnungen allerdings vorsätzlich in den Wind-und meint damit schlauer als Gott zu sein-muss man gem. Galater 6:7 folgende Erfahrung machen müssen:

7 Irrt euch nicht: Gott läßt sich nicht spotten! Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten.

Hier führt zum Glück kein Weg daran vorbei-gelle Pluto? :wave:
Zuletzt geändert von Hemul am Mi 27. Apr 2016, 19:19, insgesamt 1-mal geändert.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#65 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Pflanzenfreak » Mi 27. Apr 2016, 16:32

Pluto hat geschrieben:
Pflanzenfreak hat geschrieben:..in jedem Fall sind Schläge für Kinder besser zu ertragen -zumindest sofern vom Kind klar zuordenbar warum- als subtiler Psychoterror, der von manchen Eltern eingesetzt wird.
Schläge erzeugen Schmerz, aber sie sind zugleich auch Demütigung.

Ist Demütigung nicht eine Form des Psychoterrors?
...sind Schläge wirklich immer demütigend? Warum gibt es dann Menschen, die so lange provozieren, bis der Andere sich nicht mehr im Griff hat und zuschlägt?

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#66 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Pluto » Mi 27. Apr 2016, 18:50

Pflanzenfreak hat geschrieben:Ist Demütigung nicht eine Form des Psychoterrors?
Ja. Ich denke schon.
D.h. bis auf den harmlosen Klapps auf den Po, wenn ein Kleinkind die Finger ins Marmeladenglas gesteckt hat.

Pflanzenfreak hat geschrieben:Warum gibt es dann Menschen, die so lange provozieren, bis der Andere sich nicht mehr im Griff hat und zuschlägt?
Was du beschreibst, betrifft nicht die Züchtigung von wehrlosen Kindern; das ist ein Streit zwischen zwei Erwachsenen; ein völlig anderer Vorgang.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Magdalena61
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#67 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Magdalena61 » Do 28. Apr 2016, 01:43

Bastler hat geschrieben:Jesus sagte sogar, man solle seine Familie hassen. Das passt auch nicht wirklich.
Wenn man es wörtlich nimmt, dann passt es nicht, stimmt.

Wenn ich meinen Nächsten lieben soll, dann kann ich ihn nicht auch gleichzeitig hassen.

Meine Nächsten sind natürlicherweise meine soziale Umgebung, und das war im alten Israel mit einiger Wahrscheinlichkeit die Groß- Familie.

Deswegen kann Jesus nicht gemeint haben, man solle sie "hassen", so, wie man heute "hassen" versteht. Als Luther übersetzte, nannte er die Knechte Abrahams auch mal "Knaben"- heute würde man den "Knaben" mit "Jüngling, Junge" synonymisieren, aber das steht da gar nicht. Isaak war ein "Knabe" von etwa 36 Jahren, also ein kräftiger MANN, als er mit seinem Vater auf den Berg Morija marschierte, um geopfert zu werden.
Lk 14,26: "Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein."
Was heißt das?

"Du darfst niemals dein Leben auf dir selbst und deinen eigenen Beziehungen aufbauen. Deine Liebe soll weiter reichen als zu denen, die du selbst in dein Leben einbezogen hast. "
http://www.predigten.uni-goettingen.de/archiv-6/04 0620-3.html

"Ihr müsst euch von allem lossagen, was euch in der Welt bindet, dann erst könnt ihr ganz zu mir gehören"
http://www.glaubeaktuell.net/portal/nachgeschaut/n achgeschaut_dossierseite.php?IDD=1182661361
(Die Links sind nicht mehr aktuell. Ich gebe sie trotzdem an, weil ich die Zitate daraus kopiert hatte--- 2009)

Die Betonung liegt auf bindet.
Die HFA übersetzt in diesem Sinne:
Lk. 14,26 (HFA): "Wenn einer mit mir gehen will, so muss ich für ihn wichtiger sein als seine Eltern, seine Frau, seine Kinder, seine Geschwister, ja wichtiger als das eigene Leben. Sonst kann er nicht mein Jünger sein.
So ist es o.k., nicht wahr?
Wenn die Liebe/ die Gebote Jesus die Beziehungen dominieren, kommen die Menschen, die danach leben, besser klar miteinander.
Bastler hat geschrieben:Man kann natürlich die Totengräberstelle und auch die Familienhass-Stelle bestens so interpretieren, dass sie mit der Vater- und Mutterehrung nicht in Konflikt kommen. Ich finde solche Interpretationen sogar sehr einleuchtend.
Wie denn?
Sprich mal :) .
LG
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#68 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Pflanzenfreak » Do 28. Apr 2016, 12:32

Pluto hat geschrieben:
Pflanzenfreak hat geschrieben:Warum gibt es dann Menschen, die so lange provozieren, bis der Andere sich nicht mehr im Griff hat und zuschlägt?
Was du beschreibst, betrifft nicht die Züchtigung von wehrlosen Kindern; das ist ein Streit zwischen zwei Erwachsenen; ein völlig anderer Vorgang.
es gibt durchaus auch Kinder die so lange provozieren, bis den Eltern die Hand ausrutscht.

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Magdalena61
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#69 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Magdalena61 » Do 28. Apr 2016, 13:39

Stellt euch mal einen Staat vor, eine Welt ohne Strafen. Einen gesetzlosen Staat sozusagen. Eine Welt der Beliebigkeit. Erbarmen und Barmherzigkeit sind dann auch nicht mehr notwendig. Denn es gibt ja keine Gesetze, gegen die man verstoßen könnte, also muß man sich auch über niemanden erbarmen und ihm etwa vergeben und wieder zurechthelfen, obwohl er es aufgrund seiner Bosheit/ seiner vielfachen Verstöße gegen die Gefühle und die Rechte anderer Menschen nicht verdient.

Es gibt keine Ethik und keine Moral. Nichts soll den Menschen einschränken. Kinder dürfen selbst entdecken und entscheiden, wie sie mit ihren Mitmenschen umgehen und welche Strategien sie entwickeln, um ihem Ego zur bestmöglichen Entfaltung zu verhelfen.

Fazit: Der Starken dominieren, die Schwachen bleiben auf der Strecke.

Die Definition von Barmherzigkeit lautet im Allgemeinen: Unverdiente Gnade. Wo es keine Übertretungen; wo es keine Schwachen gibt, braucht es auch keine Gnade.

Eltern müssten ihre Kinder ehren und ihnen jegliche Handlungsfreiheit lassen. Nein, eigentlich könnten Eltern auch machen, was sie wollen, weil es ja keine Gesetze gibt, die ihnen verbieten, ihre Kinder zu mißhandeln, mißbrauchen oder verhungern zu lassen.

Und DAS ist das Ideal, welches man den Verhaltensvorschriften der Bibel vorzieht?
:shock:
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#70 Re: Ehre deinen Vater und deine Mutter...

Beitrag von Pluto » Do 28. Apr 2016, 14:13

Magdalena61 hat geschrieben:Stellt euch mal einen Staat vor, eine Welt ohne Strafen. Einen gesetzlosen Staat sozusagen. Eine Welt der Beliebigkeit. Erbarmen und Barmherzigkeit sind dann auch nicht mehr notwendig. Denn es gibt ja keine Gesetze, gegen die man verstoßen könnte, also muß man sich auch über niemanden erbarmen und ihm etwa vergeben und wieder zurechthelfen, obwohl er es aufgrund seiner Bosheit/ seiner vielfachen Verstöße gegen die Gefühle und die Rechte anderer Menschen nicht verdient.

Es gibt keine Ethik und keine Moral. Nichts soll den Menschen einschränken. Kinder dürfen selbst entdecken und entscheiden, wie sie mit ihren Mitmenschen umgehen und welche Strategien sie entwickeln, um ihem Ego zur bestmöglichen Entfaltung zu verhelfen.
Damit könnte die Zeit vor etwa dem 17. Jahrhundert beschrieben sein.Damals gab es keinen Staat, nur die Willkür der Obrigkeit und der Kirche und wenn Beide wegschauten, dann des Familienoberhauptes, der mit den Seinen umging wie er wollte.

Genau diesen Missstand hat Immanuel Kant in seinem Werk Zum ewigen Frieden erkannt und angeprangert. Darauf baute man den heutigen Staat, damit dieser für Recht und Ordnung sorgt, und die Menschen nicht der Willkür von Individuen ausgesetzt wurden.
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