closs hat geschrieben: SilverBullet hat geschrieben:Es ist und bleibt Vergangenheit und kann nicht noch einmal erlebt werden
OK - Napoleon ist KEINE Wirklichkeit. - Ich verstehe Dich sogar - aber so wird Wirklichkeit heute nicht verstanden.
Wirklichkeit kommt von Wirkung.
Für die menschliche Wahrnehmung ist Wirkung immer eine Art „phänomenales Erleben“.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Der Ton selbst bzw. das „Hören der Musik“ gehört aus Sicht einer Wahrnehmung nicht zur Wirklichkeit, sondern zu den eigenen Vorgängen.
Woher willst Du wissen, ob nicht auch das Orchester "zu eigenen Vorgängen" gehört? - Du hast doch nur Deine Wahrnehmung, die selber ein "eigener Vorgang" ist.
Indem sich das Orchester auf bekannte Art in die Welt (Räumlichkeit) eingliedert, die ich bereits als Wirklichkeit akzeptiert habe.
Indem es Dinge macht, die mich überraschen, die neu sind für mich (z.B. Paukenschlag).
Indem es Dinge macht, die ich nicht machen könnte.
Es geht um Zusammenhänge, über die es zum Erkennen einer Unabhängigkeit kommt.
Eine Wahrnehmung weiss nichts, sondern sie interagiert und optimiert ihr Zusammenhangsverstehen.
Man hört oft von Forschern, dass wir die Welt nur so wahrnehmen, wie wir sie verstehen.
„Neues“ kann nur erkannt werden, wenn es aus dem bisherigen Verstehen entwickelt werden kann - wenn es sozusagen einen langsam aufbauenden Fortschritt gibt.
Ein Weltbild, das „ohne Rücksicht auf Verluste“ unsichtbare/unbekannte/unerreichbare Wesen festlegt und letztlich ein neues Weltkonzept (ohne Erklärung!) einführt, ist maximal ungünstig.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Ohne eine Beschreibung gibt es noch nicht einmal einen Entwurf, den man falsifizieren könnte.
Allein der Anspruch, etwas falsifizieren können zu müssen, zeigt, dass Du Dein Wirklichkeits-Szenario kritisch-rationalistisch aufbaust
Du wirst dich bestimmt daran erinnern, dass
du die Aussagen von Christen als „nicht falsifizierbar“ bezeichnet hast.
Warum versuchst du nun die Nicht-Falsifizierbarkeit als Merkmal für den „Einsatz meines Weltbildes“ darzustellen?
Interessant finde ich, dass du wieder keine Beschreibung zu deiner „Beseelungs“-Behauptung lieferst.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Richtig, du kannst philosophisches Theater spielen
Viel einfacher: Wenn Du heute in einen Nagel trittst, ist die Frage, ob wir es mit einer naturalistischen oder vorgestellten Wirklichkeit zu tun haben, nicht beantwortet - es wird in beiden Fällen gleich weh tun.
Die Frage, ob ein Mensch diese Situation für Wirklichkeit hält, ist seit seiner ersten Zellteilung abschliessend beantwortet: er kann „die Welt“ nicht anders verstehen.
Kein Philosoph hat und wird daran etwas ändern.
Dass Descartes den „wohlwollenden Gott“ ins Spiel bringt, liegt daran, dass er von vornherein „Gott“ als Ausgangspunkt sieht (er sagt es ja sogar selbst).
Es hat nichts mit vernünftigen Überlegungen zu tun – Wahrnehmungsuntersuchungen kamen dabei überhaupt nicht vor.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Wir haben einen automatischen Wirklichkeitsmechanismus (siehe Kätchenexperiment)
Dieses Experiment kann auch zeigen, dass es INNERHALB unserer Vorstellung Unterschiede gibt - dieser Versuch hat nicht den Rang, den Du ihm zuschreibst.
Das Experiment zeigt ganz einfach, dass eine Wahrnehmung nur durch Interaktion einen Zugang bekommen kann, damit sie letztlich etwas „für Wirklichkeit“ hält.
Die Fachwelt hat nach dem Kätzchenexperiment gerätselt, ob das „blinde Kätzchen“ tatsächlich blind war. Man geht wohl eher davon aus, dass es sehr wohl alle „Bilder“ zur Verfügung hatte, aber keine Bedeutung zugeordnet hat.
Nur wenn die eigene „Aktion“ in Relation zu einer Auswirkung auf einen wahrnehmungsunabhängigen Bereich beobachtet wird, dann kann eine Wahrnehmung den Status „Wirklichkeit“ vergeben. Bei uns geschieht dies automatisch und „phänomenal“.
closs hat geschrieben: SilverBullet hat geschrieben:Bist du dir ganz sicher, dass du einen derartigen Fundamentalwiderspruch übersehen möchtest?
Es ist ein durch entsprechende Prämissen erzwungener Widerspruch.
Prämissen, die wir nicht aufgestellt haben, sondern über die wir „unsere Wirklichkeit“ phänomenal erleben.
closs hat geschrieben:Wenn ein Phänomen dementsprechend methodisch abgenickt ist, gilt es als Faktum alias Wirklichkeit.
Das mag innerhalb von bestimmten Weltbildern so sein, aber die Wahrnehmung kümmert sich nicht darum, was irgendwelche Denker oder Forscher herausbekommen und stellt eine phänomenale Wirklichkeitslage her, wenn die Bedingungen der Wahrnehmung erfüllt sind. Aus meiner Sicht sind diese Bedingungen:
- „Hier und Jetzt“ (phänomenal und zusätzlich zum phänomenalen Inhalt der Situation)
- Wahrnehmungsunabhängigkeit (festgestellt über Interaktion)
Wir „funktionieren“ auf eine festgelegte Art, für die wir nicht verantwortlich sind und die wir
nicht abändern können.
(So wie ich es sehe, haben Philosophen damit gewisse Schwierigkeiten)
Deutlich wird dies z.B. bei bestimmten optischen Täuschungen. Obwohl die Täuschung klar durchdacht werden kann, kann der phänomenale Wirklichkeitseindruck nicht korrigiert werden – keine Chance!