Alles Teufelszeug?

closs
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#1961 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 14:37

SilverBullet hat geschrieben:Es ist und bleibt Vergangenheit und kann nicht noch einmal erlebt werden
OK - Napoleon ist KEINE Wirklichkeit. - Ich verstehe Dich sogar - aber so wird Wirklichkeit heute nicht verstanden.

SilverBullet hat geschrieben:Der Ton selbst bzw. das „Hören der Musik“ gehört aus Sicht einer Wahrnehmung nicht zur Wirklichkeit, sondern zu den eigenen Vorgängen.
Woher willst Du wissen, ob nicht auch das Orchester "zu eigenen Vorgängen" gehört? - Du hast doch nur Deine Wahrnehmung, die selber ein "eigener Vorgang" ist.

SilverBullet hat geschrieben:Der einen Wahrnehmung (Mensch) gefällt es, der anderen nicht.
Und eine Wahrnehmung von Extraterrestials kriegt es gar nicht mir, weil sie keine Organe für dementsprechende Wellenlängen haben.

SilverBullet hat geschrieben:Ohne eine Beschreibung gibt es noch nicht einmal einen Entwurf, den man falsifizieren könnte.
Allein der Anspruch, etwas falsifizieren können zu müssen, zeigt, dass Du Dein Wirklichkeits-Szenario kritisch-rationalistisch aufbaust. - Dies ist aber eine willkürlich Setzung, die mit dem, was wirklich ist, nicht übereinstimmen muss.

SilverBullet hat geschrieben:Richtig, du kannst philosophisches Theater spielen
Viel einfacher: Wenn Du heute in einen Nagel trittst, ist die Frage, ob wir es mit einer naturalistischen oder vorgestellten Wirklichkeit zu tun haben, nicht beantwortet - es wird in beiden Fällen gleich weh tun.

SilverBullet hat geschrieben:Wir haben einen automatischen Wirklichkeitsmechanismus (siehe Kätchenexperiment)
Dieses Experiment kann auch zeigen, dass es INNERHALB unserer Vorstellung Unterschiede gibt - dieser Versuch hat nicht den Rang, den Du ihm zuschreibst.

SilverBullet hat geschrieben:Bist du dir ganz sicher, dass du einen derartigen Fundamentalwiderspruch übersehen möchtest?
Es ist ein durch entsprechende Prämissen erzwungener Widerspruch. - Ob es WIRKLICH ein Widerspruch ist, bleibt vollkommen offen.

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Savonlinna
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#1962 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Di 8. Mär 2016, 16:11

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es ist und bleibt Vergangenheit und kann nicht noch einmal erlebt werden
OK - Napoleon ist KEINE Wirklichkeit. - Ich verstehe Dich sogar - aber so wird Wirklichkeit heute nicht verstanden.
Wie wird Wirklichkeit "heute" denn verstanden?

closs
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#1963 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 18:10

Savonlinna hat geschrieben:Wie wird Wirklichkeit "heute" denn verstanden?
Unsere mainstream-mäßiges heutiges (westliches) Verständnis ist ein naturalistisch-kritisch-rationalistisches Verständnis im Sinne von "Faktum" - heisst:

Wenn ein Phänomen dementsprechend methodisch abgenickt ist, gilt es als Faktum alias Wirklichkeit. - Notabene: Dies ist NICHT meine persönliche Auffassung. - Meine Auffassung ist, dass Wirklichkeit das umschreibt, was "ist" - völlig abhängig davon, ob und wie wir es methodisch einordnen und sogar unabhängig davon, ob wir überhaupt etwas davon wissen.

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#1964 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Di 8. Mär 2016, 18:41

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wie wird Wirklichkeit "heute" denn verstanden?
Unsere mainstream-mäßiges heutiges (westliches) Verständnis ist ein naturalistisch-kritisch-rationalistisches Verständnis im Sinne von "Faktum"
Das dachte ich mir fast. Aber Du irrst darin fundamental.
Durch die Bank wird in den Wissenschaften - vor allem in den historischen Wissenschaften - "Wirklichkeit" genauso verstanden, wie Du sagtest, dass Du darin SiverBullet Recht gibst bezüglich vergangner Wirklichkeit; hier Euer Disput:

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es ist und bleibt Vergangenheit und kann nicht noch einmal erlebt werden
OK - Napoleon ist KEINE Wirklichkeit. - Ich verstehe Dich sogar - aber so wird Wirklichkeit heute nicht verstanden.

SilverBullet
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#1965 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von SilverBullet » Di 8. Mär 2016, 18:52

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es ist und bleibt Vergangenheit und kann nicht noch einmal erlebt werden
OK - Napoleon ist KEINE Wirklichkeit. - Ich verstehe Dich sogar - aber so wird Wirklichkeit heute nicht verstanden.
Wirklichkeit kommt von Wirkung.
Für die menschliche Wahrnehmung ist Wirkung immer eine Art „phänomenales Erleben“.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Der Ton selbst bzw. das „Hören der Musik“ gehört aus Sicht einer Wahrnehmung nicht zur Wirklichkeit, sondern zu den eigenen Vorgängen.
Woher willst Du wissen, ob nicht auch das Orchester "zu eigenen Vorgängen" gehört? - Du hast doch nur Deine Wahrnehmung, die selber ein "eigener Vorgang" ist.
Indem sich das Orchester auf bekannte Art in die Welt (Räumlichkeit) eingliedert, die ich bereits als Wirklichkeit akzeptiert habe.
Indem es Dinge macht, die mich überraschen, die neu sind für mich (z.B. Paukenschlag).
Indem es Dinge macht, die ich nicht machen könnte.
Es geht um Zusammenhänge, über die es zum Erkennen einer Unabhängigkeit kommt.

Eine Wahrnehmung weiss nichts, sondern sie interagiert und optimiert ihr Zusammenhangsverstehen.
Man hört oft von Forschern, dass wir die Welt nur so wahrnehmen, wie wir sie verstehen.
„Neues“ kann nur erkannt werden, wenn es aus dem bisherigen Verstehen entwickelt werden kann - wenn es sozusagen einen langsam aufbauenden Fortschritt gibt.

Ein Weltbild, das „ohne Rücksicht auf Verluste“ unsichtbare/unbekannte/unerreichbare Wesen festlegt und letztlich ein neues Weltkonzept (ohne Erklärung!) einführt, ist maximal ungünstig.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ohne eine Beschreibung gibt es noch nicht einmal einen Entwurf, den man falsifizieren könnte.
Allein der Anspruch, etwas falsifizieren können zu müssen, zeigt, dass Du Dein Wirklichkeits-Szenario kritisch-rationalistisch aufbaust
Du wirst dich bestimmt daran erinnern, dass du die Aussagen von Christen als „nicht falsifizierbar“ bezeichnet hast.
Warum versuchst du nun die Nicht-Falsifizierbarkeit als Merkmal für den „Einsatz meines Weltbildes“ darzustellen?

Interessant finde ich, dass du wieder keine Beschreibung zu deiner „Beseelungs“-Behauptung lieferst.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Richtig, du kannst philosophisches Theater spielen
Viel einfacher: Wenn Du heute in einen Nagel trittst, ist die Frage, ob wir es mit einer naturalistischen oder vorgestellten Wirklichkeit zu tun haben, nicht beantwortet - es wird in beiden Fällen gleich weh tun.
Die Frage, ob ein Mensch diese Situation für Wirklichkeit hält, ist seit seiner ersten Zellteilung abschliessend beantwortet: er kann „die Welt“ nicht anders verstehen.

Kein Philosoph hat und wird daran etwas ändern.

Dass Descartes den „wohlwollenden Gott“ ins Spiel bringt, liegt daran, dass er von vornherein „Gott“ als Ausgangspunkt sieht (er sagt es ja sogar selbst).
Es hat nichts mit vernünftigen Überlegungen zu tun – Wahrnehmungsuntersuchungen kamen dabei überhaupt nicht vor.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wir haben einen automatischen Wirklichkeitsmechanismus (siehe Kätchenexperiment)
Dieses Experiment kann auch zeigen, dass es INNERHALB unserer Vorstellung Unterschiede gibt - dieser Versuch hat nicht den Rang, den Du ihm zuschreibst.
Das Experiment zeigt ganz einfach, dass eine Wahrnehmung nur durch Interaktion einen Zugang bekommen kann, damit sie letztlich etwas „für Wirklichkeit“ hält.

Die Fachwelt hat nach dem Kätzchenexperiment gerätselt, ob das „blinde Kätzchen“ tatsächlich blind war. Man geht wohl eher davon aus, dass es sehr wohl alle „Bilder“ zur Verfügung hatte, aber keine Bedeutung zugeordnet hat.
Nur wenn die eigene „Aktion“ in Relation zu einer Auswirkung auf einen wahrnehmungsunabhängigen Bereich beobachtet wird, dann kann eine Wahrnehmung den Status „Wirklichkeit“ vergeben. Bei uns geschieht dies automatisch und „phänomenal“.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Bist du dir ganz sicher, dass du einen derartigen Fundamentalwiderspruch übersehen möchtest?
Es ist ein durch entsprechende Prämissen erzwungener Widerspruch.
Prämissen, die wir nicht aufgestellt haben, sondern über die wir „unsere Wirklichkeit“ phänomenal erleben.

closs hat geschrieben:Wenn ein Phänomen dementsprechend methodisch abgenickt ist, gilt es als Faktum alias Wirklichkeit.
Das mag innerhalb von bestimmten Weltbildern so sein, aber die Wahrnehmung kümmert sich nicht darum, was irgendwelche Denker oder Forscher herausbekommen und stellt eine phänomenale Wirklichkeitslage her, wenn die Bedingungen der Wahrnehmung erfüllt sind. Aus meiner Sicht sind diese Bedingungen:
- „Hier und Jetzt“ (phänomenal und zusätzlich zum phänomenalen Inhalt der Situation)
- Wahrnehmungsunabhängigkeit (festgestellt über Interaktion)

Wir „funktionieren“ auf eine festgelegte Art, für die wir nicht verantwortlich sind und die wir nicht abändern können.
(So wie ich es sehe, haben Philosophen damit gewisse Schwierigkeiten)

Deutlich wird dies z.B. bei bestimmten optischen Täuschungen. Obwohl die Täuschung klar durchdacht werden kann, kann der phänomenale Wirklichkeitseindruck nicht korrigiert werden – keine Chance!

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#1966 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 19:17

Savonlinna hat geschrieben:dass Du darin SiverBullet Recht gibst bezüglich vergangner Wirklichkeit
Das ist nicht MEINE Meinung - ich habe nur seinen Gedanken weitergeführt: "Wenn es so ist, wie Du schreibst, dann gilt:
Closs hat geschrieben:OK - Napoleon ist KEINE Wirklichkeit.

Aus MEINER Sicht ist Wirklichkeit, was zu jeder Zeit "ist" - ob es aus MEINER zufälligen Zeitlichkeit heraus Vergangenheit, Gegenwart oder zukunft ist, ist irrelevant.

Savonlinna hat geschrieben:Durch die Bank wird in den Wissenschaften - vor allem in den historischen Wissenschaften - "Wirklichkeit" genauso verstanden, wie Du sagtest
Wie ich zu DIR sagte.

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#1967 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 19:20

SilverBullet hat geschrieben:Für die menschliche Wahrnehmung ist Wirkung immer eine Art „phänomenales Erleben“.
Für das, was der Mensch subjektiv an Wirklichkeit aufnimmt, ja.

SilverBullet hat geschrieben:Indem sich das Orchester auf bekannte Art in die Welt (Räumlichkeit) eingliedert, die ich bereits als Wirklichkeit akzeptiert habe.
Aber DASS Du sie als Wirklichkeit akzeptiert hast, ist doch keine philosophische, sondern eine reine Vereinbarungs-Sache.

SilverBullet hat geschrieben:Ein Weltbild, das „ohne Rücksicht auf Verluste“ unsichtbare/unbekannte/unerreichbare Wesen festlegt
Nicht "festlegt". - So etwas "ist" oder "ist-nicht" - man kann nicht festlegen, was "ist". - Dass man trotzdem Vorstellungen aus seiner Erfahrung entwickelt und sie benennt ("Orchester/Gott ist wirklich"), ist allerdings eine subjektive Sache - da hast Du recht. - Da irrt man oder man irrt nicht - was aber eben nicht falsifizierbar ist.

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#1968 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von SilverBullet » Di 8. Mär 2016, 20:03

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: Indem sich das Orchester auf bekannte Art in die Welt (Räumlichkeit) eingliedert, die ich bereits als Wirklichkeit akzeptiert habe.
Aber DASS Du sie als Wirklichkeit akzeptiert hast, ist doch keine philosophische, sondern eine reine Vereinbarungs-Sache.
Keine Vereinbarung mit der jeweiligen Wahrnehmung.
Sobald eine Wahrnehmung funktionsbereit ist, fängt sie nach den Grundmechanismen an zu arbeiten.
Neugeborene gehen keinerlei Vereinbarungen ein, die Prinzipien ihrer Wirklichkeitsidentifikation sind festgelegt und können nicht mehr geändert werden.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ein Weltbild, das „ohne Rücksicht auf Verluste“ unsichtbare/unbekannte/unerreichbare Wesen festlegt
Nicht "festlegt". - So etwas "ist" oder "ist-nicht" - man kann nicht festlegen, was "ist".
Versucht wird es, wenn die behauptete Wirklichkeit nicht über die vorbestimmten Mechanismen erlebt werden kann. Erkennbar an so lustigen Formulierungen wie „Du sollst…“

closs hat geschrieben:Dass man trotzdem Vorstellungen aus seiner Erfahrung entwickelt und sie benennt ("Orchester/Gott ist wirklich"), ist allerdings eine subjektive Sache
„Orchester“ muss nicht benannt werden, es wird phänomenal erlebt.
Die Bezeichnung ist später nur ein „Stellvertreter“ für eine effiziente Verwaltung.

Das Benennen einer Frage aus dem Anfangsverdacht als „Gott“, erzeugt lediglich eine Denktäuschung. Der Versuch zur Festlegung von Wirklichkeit.

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Thaddäus
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#1969 Re: Griechische Kultur und christliche Okkupation 1

Beitrag von Thaddäus » Di 8. Mär 2016, 20:15

Savonlinna hat geschrieben: Das von Dir aus dem Drama Zitierte, Thaddäus, gilt für den Anfang des Dramas. Da kann Ödipus in der Tat nicht glauben, dass er selber der Mörder sein soll.

Dieses Zitierte ist nicht in der Lage, Ödipus die Augen zu öffnen, wie sollte es auch! Teiresias gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt, an dem Ödipus auch nur den Hauch einer Ahnung bekommen könnte, dass er selber der Mörder des Laios ist.

Diesen Hauch der Ahnung aber bekommt er ein wenig später von Iokaste, da ist Teiresias aber schon weg.
Iokaste hat den einzigen noch lebenden Zeugen des Mordes kennengelernt, der aber inzwischen außer Haus ist.
Iokaste erzählt dem Ödipus, was sie davon weiß und gibt mehr nebenbei die genauere Beschreibung des Ortes, wo der Mord geschah:

closs also hat Recht: Ödipus WILL WISSEN, will über sich selber Bescheid wissen.
Und als er endlich Bescheid WEISS, ihm klar wird, dass er seinen Vater getötet hat, entscheidet er sich, sich zu blenden:
Ich habe mich gefragt, warum Sophokles ausgrechnet den mythischen Seher Teiresias auftreten lässt und deshalb über Teiresias nachgelesen. Über die Figur des Teiresias existieren mehrere divergierende mythische Erzählungen, darüber, warum er blind wurde und was er "gesehen" und getan hat. Nach einer dieser Erzählungen "sah" der blinde Seher stets die Wahrheit und irrte sich nie.
Interpretatorisch ergibt dies den meisten Sinn, warum Sophokles gerade ihn auftreten lässt. Auch Ödipus muss wissen, dass sich Teiresias niemals irrt. Die Geschichten um Teiresias waren dem damaligen Publikum mit Sicherheit bekannt.

Worin liegt dann die genaue tragische Verfehlung bzw. Verblendung des Ödipus?
Interpretatorisch scheint mir die Annahme am Sinnvollsten, dass Ödipus auf Teiresias hätte hören sollen. Aber was ist so tragisch schlimm daran, dass er ihm nicht glaubt und weiter nach Beweisen forscht? In der Konsequenz muss tatsächlich in genau diesem Nachforschen und nach Beweisen suchen des Ödipus seine Verfehlung und Verblendung liegen und seine persönliche Schuld. Seine Verfehlung und Verblendung kann nicht darin liegen, dass er am Ende selbst herausfindet, dass er der Mörder seines Vaters und der Ehemann seiner Mutter ist. Sie muss darin liegen, dass er überhaupt diesen Weg des eigenen Nachforschens wählt.

Das Stück wurde 480 v.Chr. uraufgeführt. Philosophie und Naturerforschung (ionische Naturphilosophen) wurden zu diesem Zeitpunkt gerade erst erfunden. Es kann also gut sein, dass Sophokles in König Ödipus tatsächlich den Verlust des Vertrauens in den Mythos (und die Götter?) beklagt. Die Menschen suchen die Wahrheit (und finden sie auch) durch eigenes Nachforschen, aber dem Seher/Propheten, der die Wahrheit schon besitzt, weil er sie nämlich mit seinem inneren Auge unmittelbar schaut (theoria = schauen und erkennen dessen, was in Wahrheit ist), vertrauen sie nicht mehr. Ist diese Interpretation korrekt, dann stellt Sophokles König Ödipus eine Tragödie in der Übergangsphase der griechischen Geistesgeschichte weg vom Mythos und hin zum Logos dar.

Insofern kann ich jetzt closs' Ansatz: Ödipus WILL WISSEN, will über sich selber Bescheid wissen und auch deinen Anmerkungen oben zustimmen!
Zuletzt geändert von Thaddäus am Di 8. Mär 2016, 21:29, insgesamt 1-mal geändert.

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#1970 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 20:49

SilverBullet hat geschrieben:Neugeborene gehen keinerlei Vereinbarungen ein
Vereinbarungen können auch unbewusst sein. - Ich könnte auch sagen: Ob ein Tier oder ein Baby auf Reiz-Reaktions-Mechanismen abgehen, die "wirklich" oder vorgestellt sind, ist egal. - Hier zählt die Wirksamkeit - it works.

SilverBullet hat geschrieben: vorbestimmten Mechanismen
Du unterschlägst in Deinem naturalistischen Denken nach wie vor, dass es auch geistig vorbestimmte Mechanismen geben kann.

SilverBullet hat geschrieben:„Orchester“ muss nicht benannt werden, es wird phänomenal erlebt.
Gott von Gläubigen doch ebenfalls.

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