Anthropozentrismus in der Bibel

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sven23
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#141 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 08:21

ThomasM hat geschrieben: In Bezug auf Gott wären Indizien:
- Alles, was unter dem Stichwort "Gottesbeweise" läuft (sind natürlich keine Beweise, aber eben Argumente, die als Indizien verstanden werden können) https://de.wikipedia.org/wiki/Gottesbeweis
Wie du selbst sagst, sind es keine echten Beweise. Sie sind alle widerlegt, bzw. die Fehler und Schwächen ihrer Prämissen aufgezeigt worden. Das gilt auch für Goedel.


ThomasM hat geschrieben: - Die nicht-Vorhersagbarkeit des Universums (des Menschen, des Lebens)
Dann hat Gott wohl auch das Lotto und Roulette erfunden? :lol:
Sooo unverhersagbar ist es ja nun auch nicht. Die Lebenszyklen von Sternen kann man sehr wohl einigermaßen voraussagen. Das Schicksal des Universums insgesamt hängt davon ab, was letztlich bei der Suche nach dunkler Materie und dunkler Energie rauskommt. Man wird sehen.

ThomasM hat geschrieben: - Die Existenz von Komplexität
Die Evolution hatte Milliarden von Jahren Zeit, Komplexität zu entwickeln. Warum das für einen Schöpfergott sprechen soll, erschließt sich mir nicht.
"Es ist für mich ebenso leicht, zu glauben, daß das Weltall sich selber geschaffen hat, als daß ein Schöpfer des Weltalls sich selber schuf, nein vielleicht sogar leichter, denn das Weltall existiert in sichtbarer Form und schafft sich selbst im Fortschreiten ständig neu, während ein Schöpfer dieses Weltalls eine Hypothese ist."
(George Bernhard Shaw, Dramatiker 1856-1950)

ThomasM hat geschrieben: - Die Existenz von Schönheit
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, ist also höchst subjektiv und kann sich im Laufe der Zeit wandeln und vom Kulturkreis abhängig sein . Siehe Schönheitsideale des weiblichen Körpers.


ThomasM hat geschrieben: - Die Existenz des Bösen gepaart mit unserer Erkenntnis, dass dies Böse ist
Benötigt man dazu einen Gott, der dazu noch selber auch nicht davor zurückschreckt, Böses zu tun?

ThomasM hat geschrieben: - 99% der Menschheit, die an einen Gott glauben..

Halte ich wie gesagt für viel zu hoch gegriffen.

ThomasM hat geschrieben: Also an Indizien fehlt es wirklich nicht. Was bei dir fehlt ist der Wille, die Indizien als relevant anzuerkennen.
Das ist aber keine Frage des Willens, sondern der objektiven Betrachtung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#142 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 10:33

sven23 hat geschrieben:Im Zusammenhang mit Religion bezeichnet Anthropozentrismus den Standpunkt, dass nicht Gott bzw. Gottheiten im geistigen Zentrum der Welt stehen (wie im Theozentrismus), sondern der Mensch.
Darauf will ich raus: Unsere heutige Philosophie ist diesbezüglich anthropozentrisch.

sven23 hat geschrieben:Ein im Zusammenhang mit dem Anthropozentrismus verwendetes Sprichwort ist „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“, das auf den griechischen antiken Philosophen Protagoras zurückgeht."
Bingo - das ist exakt das Thema, über das wir hier in verschiedenen Threads sprechen - sei es in der Philosophie oder in einem Spezialfall bei der HKM.

sven23 hat geschrieben:Muß anthropozentrisches Denken also wirklich als so negativ angesehen werden, wie es manchmal dargestellt wird?
Ich sehe es nicht negativ, sondern zunächst als Perspektiven-Beschreibung. - Es würde bspw. keinen Sinn machen, wenn man Gesellschaft und Staatswesen NICHT anthropozentrisch auslegen würde. - Geht es aber um die Bibel und Religion, ist es ein No-Go.

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sven23
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#143 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 11:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im Zusammenhang mit Religion bezeichnet Anthropozentrismus den Standpunkt, dass nicht Gott bzw. Gottheiten im geistigen Zentrum der Welt stehen (wie im Theozentrismus), sondern der Mensch.
Darauf will ich raus: Unsere heutige Philosophie ist diesbezüglich anthropozentrisch.
Was ja an sich nichts Negatives sein muß. Die freiwillige Unterwerfung unter einen grausamen Gott und das vermeintliche Umsetzen dieses grausamen Gotteswillens ist kein erstrebenswertes Ziel.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Muß anthropozentrisches Denken also wirklich als so negativ angesehen werden, wie es manchmal dargestellt wird?
Ich sehe es nicht negativ, sondern zunächst als Perspektiven-Beschreibung. - Es würde bspw. keinen Sinn machen, wenn man Gesellschaft und Staatswesen NICHT anthropozentrisch auslegen würde. - Geht es aber um die Bibel und Religion, ist es ein No-Go.
Auch die Bibel ist menschlichem Denken entsprungen, ebenso wie alle Götter, die jemals erfunden wurden.
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#144 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von Pluto » Sa 23. Jan 2016, 11:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im Zusammenhang mit Religion bezeichnet Anthropozentrismus den Standpunkt, dass nicht Gott bzw. Gottheiten im geistigen Zentrum der Welt stehen (wie im Theozentrismus), sondern der Mensch.
Darauf will ich raus: Unsere heutige Philosophie ist diesbezüglich anthropozentrisch.
Das ist auf einen Missbrauch des Begriffs zurückzuführen.
Obwohl jeder Gedanke in der ersten Person formuliert wird, ist nicht jeder Gedanke anthropoozentrisch.

closs hat geschrieben:Ich sehe es nicht negativ, sondern zunächst als Perspektiven-Beschreibung. - Es würde bspw. keinen Sinn machen, wenn man Gesellschaft und Staatswesen NICHT anthropozentrisch auslegen würde. - Geht es aber um die Bibel und Religion, ist es ein No-Go.
Merkwürdig, das du das sagst.
Gerade die Bibel ist voller anthropozentrischer Pespktiven. Nimm einfach 1.Mose 1,28, die 10 Gebote oder das "Vater Unser" als Beispiele.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#145 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 11:55

sven23 hat geschrieben:Die freiwillige Unterwerfung unter einen grausamen Gott und das vermeintliche Umsetzen dieses grausamen Gotteswillens ist kein erstrebenswertes Ziel.
Ein ideologisches Non-Sequitur.

sven23 hat geschrieben:Auch die Bibel ist menschlichem Denken entsprungen, ebenso wie alle Götter, die jemals erfunden wurden.
Es ist der menschlichen Vorstellung entsprungen - richtig. - Aber das sagt doch nichts darüber aus, ob das Objekt der Vorstellung eine Entität ist oder nicht. - Es sagt NICHTS aus im Sinne Deiner Argumentationsführung.

Pluto hat geschrieben:Gerade die Bibel ist voller anthropozentrischer Pespktiven.
Natürlich - weil der Mensch nur als Mensch wahrnehmen kann. - Aber der geistige Inhalt der Bibel geht doch genau darauf raus, dass das anthropozentrische Denken FALSCH ist. - In "Hiob" wirst Du sehen, dass die Kernbotschaft ist: Menschliche Systeme sind begrenzte Systeme, die nicht maßstäblich sind.

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sven23
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#146 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 12:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die freiwillige Unterwerfung unter einen grausamen Gott und das vermeintliche Umsetzen dieses grausamen Gotteswillens ist kein erstrebenswertes Ziel.
Ein ideologisches Non-Sequitur.
Absolut nicht. Es ist grausame Realität des historischen Christentums und aktuell live im Islam zu beobachten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch die Bibel ist menschlichem Denken entsprungen, ebenso wie alle Götter, die jemals erfunden wurden.
Es ist der menschlichen Vorstellung entsprungen - richtig. - Aber das sagt doch nichts darüber aus, ob das Objekt der Vorstellung eine Entität ist oder nicht. - Es sagt NICHTS aus im Sinne Deiner Argumentationsführung.
Was sagt die Vorstellung des Spaghettimonsters über dessen Entität? :roll:

closs hat geschrieben: Aber der geistige Inhalt der Bibel geht doch genau darauf raus, dass das anthropozentrische Denken FALSCH ist. - In "Hiob" wirst Du sehen, dass die Kernbotschaft ist: Menschliche Systeme sind begrenzte Systeme, die nicht maßstäblich sind.
Auch der "geistige" Inhalt ist nicht vom Himmel gefallen, sondern entpringt selbstverständlich menschlichen Gehirnen. Hiob ist ein gutes Beispiel dafür. Sein Kadavergehorsam wird von Gott belohnt, ganz nach anthropozentrischen Vorstellungen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#147 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 12:42

sven23 hat geschrieben:Was sagt die Vorstellung des Spaghettimonsters über dessen Entität?
Nichts. - Die Frage ist nicht, ob wir uns etwas vorstellen, sondern ob es Entität "ist". - Dies können wir nicht entscheiden.

sven23 hat geschrieben:Sein Kadavergehorsam wird von Gott belohnt, ganz nach anthropozentrischen Vorstellungen.
Vollkommen daneben. - Wenn man ein biblisches Werk derart falsch versteht, macht es keinen Sinn, kontrovers zu reden, weil einfach nichts da ist.

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sven23
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#148 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 13:26

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was sagt die Vorstellung des Spaghettimonsters über dessen Entität?
Nichts. - Die Frage ist nicht, ob wir uns etwas vorstellen, sondern ob es Entität "ist". - Dies können wir nicht entscheiden.
Macht es deshalb Sinn, sich etwas auszudenken, was nicht überprüfbar ist?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sein Kadavergehorsam wird von Gott belohnt, ganz nach anthropozentrischen Vorstellungen.
Vollkommen daneben. - Wenn man ein biblisches Werk derart falsch versteht, macht es keinen Sinn, kontrovers zu reden, weil einfach nichts da ist.
Kann es vielleicht sein, daß du die Hiob-Geschichte nicht verstehst?

Ich habe gestern abend das Buch Hiob gelesen – Gott kommt darin nicht sonderlich gut weg.
(Virginia Woolf, brit. Schriftstellerin, 1882-1941)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#149 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 13:45

sven23 hat geschrieben:Macht es deshalb Sinn, sich etwas auszudenken, was nicht überprüfbar ist?
Nein - das wäre Zeitverschwendung. - Aber es macht Sinn, etwas zu suchen, für dessen Existenz vieles spricht, selbst wenn es nicht intersubjektiv nachweisbar ist.

sven23 hat geschrieben:Kann es vielleicht sein, daß du die Hiob-Geschichte nicht verstehst?
Nicht auszuschließen, aber ziemlich unwahrscheinlich.

sven23 hat geschrieben:Ich habe gestern abend das Buch Hiob gelesen – Gott kommt darin nicht sonderlich gut weg. (Virginia Woolf, brit. Schriftstellerin, 1882-1941)
Es geht nicht darum, wie Gott aus Sicht des Menschen wegkommt.

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#150 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 13:56

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Macht es deshalb Sinn, sich etwas auszudenken, was nicht überprüfbar ist?
Nein - das wäre Zeitverschwendung. - Aber es macht Sinn, etwas zu suchen, für dessen Existenz vieles spricht, selbst wenn es nicht intersubjektiv nachweisbar ist.
Aber genau das tun Religionen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich habe gestern abend das Buch Hiob gelesen – Gott kommt darin nicht sonderlich gut weg. (Virginia Woolf, brit. Schriftstellerin, 1882-1941)
Es geht nicht darum, wie Gott aus Sicht des Menschen wegkommt.
Es geht darum, wie die Schreiber sich vorstellten, daß Gott wegkommt. Ziemlich schlecht, muß man sagen. Sie wollten mit der Geschichte das Theodizeeproblem angehen, was aber gründlich in die Hose ging.
"Der Teufel kommt somit auch im Alten
Testament praktisch nicht vor. Wo das Wort Satan in späten Schriften auftaucht, zum
Beispiel bei Hiob, ist damit kein eigenmächtiges Wesen gemeint, sondern ein Gott
untergeordneter Ankläger (Satan bedeutet Ankläger), der vor einem imaginären
Gerichtshof die Menschen vor Gott verklagen soll. So findet man im Hiobbuch die
literarisch interessante, aber ethisch sehr bedenkliche Erzählung von Satan, der die
Macht erhält, den untadligen Hiob mit Plagen und Schicksalsschlägen zu quälen, um zu
sehen, ob er seinem Glauben treu bleibt oder nicht. Ein barbarisches Spiel gewiss; aber
ein böses Prinzip ist der Satan hier noch nicht."

Kubitza, Jesuswahn
Die Theodizeefrage wird also im Grunde gar nicht gelöst, sondern das Leid wird umgemünzt in eine Glaubensprüfung.
Die Botschaft lautet: wer sein Leid klaglos erträgt und seinen Glauben an Gott nicht verliert, wird belohnt, notfalls auch schon materiell im Diesseits. Vertreter des Wohlstandsevangeliums finden so auch schon im AT Bestätigung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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