Allversöhnung

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sven23
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#1871 Re: Allversöhnung

Beitrag von sven23 » Mo 28. Mär 2016, 08:15

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Gibt es ihn denn?
Aus meiner Sicht sprechen viele logischen Argumente dafür - trotzdem ist es Glaubens-Sache. - Und WEIL es Glaubens-Sache ist, würde ich nie gehaupten, ich WÜSSTE, dass es ihn gibt. - Dies sollte auch umgekehrt gelten.
Ja, ja, wir leben alle in einem agnostischen Universum. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Queequeg
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#1872 Re: Allversöhnung

Beitrag von Queequeg » Mo 28. Mär 2016, 10:03

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Gibt es ihn denn?
Aus meiner Sicht sprechen viele logischen Argumente dafür - trotzdem ist es Glaubens-Sache. - Und WEIL es Glaubens-Sache ist, würde ich nie gehaupten, ich WÜSSTE, dass es ihn gibt. - Dies sollte auch umgekehrt gelten.

Was meinst du, clossen? Versöhnt Gott alle, oder Alle, oder Allealle?

Oder doch lieber die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen? Also (der christliche) Gott dann mehr, nach christlicher Rache-Lehre, als heiliges Aschenputtel?

Oder die Hölle ist leer und "aus" und keiner geht nimmer mehr hin?

closs
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#1873 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 10:50

Queequeg hat geschrieben:Versöhnt Gott alle?
Aus meiner Sicht JA. - Erstens weil die Aufhebung der Dialektik (= meine intellektuelle Definition von Gott) ALLES aufheben muss, um zu gelingen. - Zweitens weil Erkenntnis keine Willens-Leistung, sondern eine Vermögens-Leistung ist - Christentum ist keine Meritokratie.

Queequeg hat geschrieben:Oder die Hölle ist leer und "aus" und keiner geht nimmer mehr hin?
"Hölle" ist aus meine Sicht der Ort für DAS Böse und nicht DIE Bösen. DAS Böse wird verbrannt, nicht DIE Bösen.

Es gibt keine DIE Bösen - jeder, der erkennt, wie er erkannt wird, KANN sich nicht für das Böse entscheiden. - Also muss der Mensch nur der Erkenntnis zugeführt werden. - DIes ist Sache der individuellen Heilsgeschichte, die bis nach dem Daseins-Tod wirksam ist - bis die Mission erfüllt ist, dass Erkenntnis die Vollendung des Vollkommenen ist (Hegel). - Das war das Wort zum Oster-Montag. ;) 8-)

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sven23
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#1874 Re: Allversöhnung

Beitrag von sven23 » Mo 28. Mär 2016, 11:08

closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:Versöhnt Gott alle?
Aus meiner Sicht JA. - Erstens weil die Aufhebung der Dialektik (= meine intellektuelle Definition von Gott) ALLES aufheben muss, um zu gelingen. - Zweitens weil Erkenntnis keine Willens-Leistung, sondern eine Vermögens-Leistung ist - Christentum ist keine Meritokratie.
Du weißt ganz genau, dass die Kirche die Belohnung und Bestrafung zu einem zentralen Druckmittel ihrer Politik gemacht hat. Nicht ohne das Vorbild der Bibel natürlich, in der sich vom AT bis zum NT Belohnung und Bestrafung wie ein roter Faden ziehen. Das kann man nicht wegleugnen oder ignorieren.
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#1875 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 11:22

sven23 hat geschrieben:Du weißt ganz genau, dass die Kirche die Belohnung und Bestrafung zu einem zentralen Druckmittel ihrer Politik gemacht hat.
Ja - da zitiere ich gerne den Fundamental-Theologen Eugen Biser, der einmal gesagt hat: "Die Kirche ist noch nicht bei sich angekommen".

Ich gin nicht umsonst kein Mitglied einer Kirche, auch nicht der RKK.

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#1876 Re: Allversöhnung

Beitrag von sven23 » Mo 28. Mär 2016, 11:33

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du weißt ganz genau, dass die Kirche die Belohnung und Bestrafung zu einem zentralen Druckmittel ihrer Politik gemacht hat.
Ja - da zitiere ich gerne den Fundamental-Theologen Eugen Biser, der einmal gesagt hat: "Die Kirche ist noch nicht bei sich angekommen".

Ich gin nicht umsonst kein Mitglied einer Kirche, auch nicht der RKK.

Man sollte aber nicht verschweigen, dass die Bibel dieses Belohnungs- und Bestrafungssystem nach Kräften gefördert hat.
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#1877 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 11:48

sven23 hat geschrieben:Man sollte aber nicht verschweigen, dass die Bibel dieses Belohnungs- und Bestrafungssystem nach Kräften gefördert hat.
Das ist richtig. - Weshalb ich immer dafür plädiere, dass die Bibel als heilsgeschichtliches Abbild damaliger Erkenntnis-Möglichkeit zu verstehen ist. - Da steht zwar alles auch für zukünftige Erkenntnis-Potentiale drin, weil viel Universales drin steht - aber eben vermischt mit Stückwerk.

Wer zunächst an der Substanz des Christentums interessiert ist, soll sich erstmal an 1.Kor. 13 und die Bergpredigt halten. - Erst wenn man die Substanz gecheckt hat, sollte man philologisch in die Bibel einsteigen.

Ich mir mir wohl bewusst, dass dieser Vorschlag nicht durchsetzbar ist. :lol: - Dann muss man halt die harte Tour gehen - wie damals A+E.

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sven23
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#1878 Re: Allversöhnung

Beitrag von sven23 » Mo 28. Mär 2016, 12:10

closs hat geschrieben: Wer zunächst an der Substanz des Christentums interessiert ist, soll sich erstmal an 1.Kor. 13 und die Bergpredigt halten. - Erst wenn man die Substanz gecheckt hat, sollte man philologisch in die Bibel einsteigen.
Kann man machen, aber man sollte sich bewußt sein, dass die Bergpredigt vermutlich das Werk des Evangelisten Matthäus und nicht von Jesus selbst war. Der weichgespülte Jesus, den Mätthäus hier bringt, hat nicht viel mit dem zu tun, der für geringe Vergehen die Hölle androht. (Stichwort: Thoraverschärfung).

closs hat geschrieben: Dann muss man halt die harte Tour gehen - wie damals A+E.
Du weißt doch, dass das nur Chiffre ist. :lol:
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#1879 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 12:34

sven23 hat geschrieben: Thoraverschärfung
Thora-Verschärfung heisst "Verankerung im Inneren".

sven23 hat geschrieben:Kann man machen, aber man sollte sich bewußt sein, dass die Bergpredigt vermutlich das Werk des Evangelisten Matthäus und nicht von Jesus selbst war.
Die entscheidende Frage ist, ob die Bergpredigt authentisch zu dem ist, was Jesus meint. - Gesamt-neutestamentarisch wird man dies wohl bejahen müssen.

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#1880 Re: Allversöhnung

Beitrag von sven23 » Mo 28. Mär 2016, 13:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Thoraverschärfung
Thora-Verschärfung heisst "Verankerung im Inneren".
Nein, Thoraverschärfung heißt nichts anderes als Verschärfung der Thora, also eine strengere, schärfere Auslegung der Thora.

"Alle jüdischen Bewegungen der damaligen Zeit hatten das Anliegen, die jüdische Identität gegenüber dem
übermächtigen Sog der fremden Kultur zu wahren. Und jüdische Identität heißt, dass man ein jüdisches Leben
nach der Thora, dem Gesetz, also nach dem Willen Gottes, führt. In Reaktion auf die Fremden entwickeln fast alle
Bewegungen damals so etwas wie Thoraverschärfung.
Dabei werden die spezifisch jüdischen Normen besonders streng erfüllt. Sie werden strenger und sorgfältiger aus-
gelegt. Es ist das Besondere bei Jesus, dass wir neben der Thoraverschärfung, die wir auch bei ihm antreffen, gleich-
zeitig eine Thora-Entschärfung finden. Etwas salopp gesagt, er ist in manchen Punkten liberaler und laxer als manche
seiner Zeitgenossen."

Gerd Theissen


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kann man machen, aber man sollte sich bewußt sein, dass die Bergpredigt vermutlich das Werk des Evangelisten Matthäus und nicht von Jesus selbst war.
Die entscheidende Frage ist, ob die Bergpredigt authentisch zu dem ist, was Jesus meint. - Gesamt-neutestamentarisch wird man dies wohl bejahen müssen.
Was Jesus gemeint hat und was er gemeint haben könnte, sind 2 Paar Schuhe. Wenn die Bergpredigt auf das Konto des Schreibers Matthäus geht, dann stammt sie eben nicht von Jesus. Wäre sie authentisch, hätte Markus sie mit Sicherheit nicht unterschlagen.
Dieser weichgespülte Jesus paßt auch nicht so recht zu dem Jesus, der für relativ geringe Vergehen mit der Hölle droht.

"Der politische Rahmen bei seiner Verkündigung ist ziemlich deutlich! Vielleicht kann ich es klarmachen, indem
ich ihn mit der jüdischen Widerstandsbewegung gegen die Römer vergleiche. Es gibt hin und wieder die These, dass
Jesus einen zelotischen Hintergrund hat. Die Zeloten waren eine besonders radikale Gruppe der Widerstands-
bewegung. Wie sie waren viele Teilnehmer der Widerstandsbewegung zu der Erkenntnis gekommen, dass das
erste Gebot »Du sollst Gott verehren und keinen anderen neben ihm« so auszulegen sei, dass man den Kaiser neben Gott
nicht anerkennen darf. In der Jesusüberlieferung wird diese Alternative ganz klar abgelehnt. Man kann dem Kaiser
geben, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Radikalität findet sich bei Jesus dafür an einem anderen Punkt.
Beim Reichtum. Du kannst nicht Gott dienen und zugleich dem Mammon. Man kann nicht zwei Herren zugleich
dienen. Hier findet sich dieselbe radikal-theokratische Alternative wie bei der Widerstandsbewegung. So hat Jesus
vermutlich zwar keinen zelotischen Hintergrund, aber die zelotische Widerstandsbewegung und Jesus haben einen
gemeinsamen Hintergrund, das Judentum. Und dies auch noch in einer verschärften und besonders radikalen Form."

Gerd Theissen
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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