Ja.closs hat geschrieben:Im Grundsatz bin ich wirklich Deiner Meinung. - In dieser Utopie wären Wissenschaftler Menschen, die nicht nur analytisch und methodisch arbeiten können, sondern auch WIRKLICH verstehen, WAS sie da bearbeiten.Savonlinna hat geschrieben:Will man dergleichen kritiseren - was ja auch ich tue -, muss man verstehen lernen, was ein Dogma oder die Schaffung eines oder einer Heiligen für eine Funktion hat. Dazu ist die wissenschaftliche Analyse innerhalb der Dogmatik das geeignete Rüstzeug. Es gibt keinen anderen Weg als über die Wissenschaft!
Je mehr ich mich mit dem wissenschaftlichen Grundgedanken auseinandersetze und auf wissenschaftliche Aufsätze stoße, die nicht richten, sondern beschreiben, ausleuchten, Zusammenhänge aufdecken, bis in die Tiefen der Menschen - und ihrer Not - hinein, desto mehr erkenne ich seine Bedeutsamkeit und seine Möglichkeit.
Das rein Analytische ist ja schon lange nicht mehr das einzige in den Wissenschaften. Der ganzheitliche Ansatz greift auch in die Wissenschaften hinein - Beginn war wohl die Ökologie, die die Interaktionen zwischen den Dingen in den Blick nimmt.
Man kann dafür auch "Kommunkation" sagen: alles kommuniziert miteinander, ist nicht nur aus sich selber heraus zu verstehen.
Das ist die große Erkenntnis unserer Zeit, und das sehe ich als ein humanum an.
Ja.closs hat geschrieben:Diese Utopie weitergedacht: Ein Wissenschaftlicher würde dann WIRKLICH verstehen, dass ein einfacher Mensch (ob er jetzt dem Abziehbild des gottgläubigen redlichen Christen entspricht, der innerlich frei kein Problem damit hat, materiell arm zu sein - oder ob es das Abziehbild des geistig orientierungs-losen Looser-Typen ist, der sich verschuldet, um auch materiell "dazu zu gehören") für die analytische Reflexion von intellektuellen Aussagen NICHT geeignet ist, aber - und jetzt kommt das eigentlich Wichtige - nicht deshalb weniger fortschrittlich oder rückschrittlich ist in Bezug auf seine Werte, seinen Lebensentwurf, seine Nähe an Wahrheit und auf seinen Lebenssinn ist als ein Intellektueller, egal ob es sich um einen theologischen oder "aufgeklärten" (im Sinne des 21. Jh.) Wissenschaftler handelt.
Wissenschaft ist zutiefst demokratisch.
Ich mustte - bezüglich Dichtung - da auch von meinem hohen Sockel runter.
Ich ging in Unterhaltungsstücke und sah, völlig verblüfft, welche Lebensweisheiten sich die Zuschauer daraus holten, wieviel Lebenshilfe da geleistet wurde. Ich sah auch auf St.Pauli in Hamburg die menschliche Funktion, die die Huren oft ausübten. Sie boten weit mehr als Sex, sondern auch Akzeptanz und Trost. Ich hab das selber in Lokalen gesehen.
Es sind diese Zusammenhänge, die wissenschaftliche Untersuchungen herausfinden können - indem sie darauf verzichten, sich mit Wertungen zu blockieren.
Ich meinte die ganze Zeit aber die wissenschaftlichen Forschung. Nicht, dass ich missverstanden werde: ich sprach nicht von den Wissenschaftlern als Privatmenschen.closs hat geschrieben:Dann nämlich wäre ein Wissenschaftler und auch ein Philosoph in erster Linie demütiger Sachverwalter derer, denen es nicht gegeben ist, über ihren eigenen Lebenskreis hinaus auf Meta-Ebenen theoretischer Betrachtung unterwegs zu sein. - "Demütig" hieße dann auch, die Grenzen des eigenen Denk-Systems zu erkennen.