Der gefälschte Paulus

2Lena
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#31 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von 2Lena » Mi 26. Aug 2015, 23:25

Rembremerding hat geschrieben:... ungehindert ihren Bethen-Kult an Bethen-Orte weiter.
Dann kommt also das deutsche Wort "beten" aus dieser Ecke?

Wobei ich nicht denke, dass klugen Menschen ein "Kult" wichtig war. Wenn die ersten Heiligenlegenden als Vergleich des beginnenden Christentums genommen werden, kommen die Ideale zum Vorschein. Allerdings sind diese Legenden noch voll im Stil wie es das AT zeigt, also "codiert". Daher wundert man sich, wie es der Hl. Florian es schaffte - ein Patron der Feuerwehr zu sein. Das ist hier aber auch O.T.

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Janina
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#32 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von Janina » Do 27. Aug 2015, 09:17

Janina hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der evangelische Theologe Hermann Detering glaubt, daß Jesus und auch der Apostel Paulus rein mythologische Figuren sind.
In der Physik gilt der Grundsatz: Wenn eine These nicht überprüfbar ist, dann spielt sie keine Rolle.
Das gilt hier bestimmt genauso.
...denn Jesus ist unter uns, wenn 2 oder 3 in seinem Namen versammelt sind. Sein Körper wird nicht mehr gebraucht. Das könnte man auf die Spitze treiben und sagen: Ob es ihn gegeben hat, spielt auch keine Rolle mehr. Bei uns ist er eine Idee, auf die es ankommt. Keine Reliquie.

ThomasM
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#33 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von ThomasM » Do 27. Aug 2015, 10:19

Janina hat geschrieben: Das könnte man auf die Spitze treiben und sagen: Ob es ihn gegeben hat, spielt auch keine Rolle mehr. Bei uns ist er eine Idee, auf die es ankommt. Keine Reliquie.
Auf diese Idee sind bereits mehrere Theologen gekommen, insbesondere solchen, denen es unangenehm ist, an etwas zu glauben, was sie nicht beweisen können.
Die Aussage ist "auf den Glauben kommt es an, nicht darauf, ob es wahr ist".
Aber die, die so etwas sagen, wissen nicht was Glauben ist. Glauben ohne Realitätsbasis, ist tot.

Das Problem hat auch besagter nicht existenter Paulus schon gesehen
1. Kor. 15
12 Wenn wir nun gepredigt haben, dass Gott Christus von den Toten auferweckt hat, wie können da einige von euch behaupten: "Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht!" 13 Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, dann kann ja auch Christus nicht auferstanden sein. 14 Wäre aber Christus nicht auferstanden, so hätte unsere ganze Predigt keinen Sinn, und euer Glaube hätte keine Grundlage.
...
32 Hätte ich mich wohl in Ephesus in Lebensgefahr begeben, wenn ich nicht an die Auferstehung glauben würde? Wenn die Toten nicht auferstehen, dann haben alle Recht, die sagen: "Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!"
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

2Lena
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#34 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von 2Lena » Do 27. Aug 2015, 10:41

ThomasM hat geschrieben:Glauben ohne Realitätsbasis, ist tot.
:thumbup:
Zwar geht der Glaube stets einen Schritt weiter als die Realität, aber er muss im "Lot" sein, sonst geht alles schief ...

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Janina
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#35 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von Janina » Do 27. Aug 2015, 10:49

ThomasM hat geschrieben:Auf diese Idee sind bereits mehrere Theologen gekommen, insbesondere solchen, denen es unangenehm ist, an etwas zu glauben, was sie nicht beweisen können.
Dieses "unangenehme Gefühl" ist lebenswichtig, es schützt davor, verarscht zu werden. Ich denke, die haben erkannt, dass es hier um etwas anderes geht als Reliquien. Nämlich um die Idee als eigenständige Existenz.

ThomasM hat geschrieben:Aber die, die so etwas sagen, wissen nicht was Glauben ist. Glauben ohne Realitätsbasis, ist tot.
Und was ist deiner Ansicht nach die Realitätsbasis? Was ist real an Mythen, deren Historizität nicht mehr prüfbar ist? Was ist an einer nicht prüfbaren Realität überhaupt real?
Die Idee dagegen haben wir fest in der Hand, und die kann uns niemand nehmen. Was brauchen wir denn mehr?

Paulus hat geschrieben:13 Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, dann kann ja auch Christus nicht auferstanden sein. 14 Wäre aber Christus nicht auferstanden, so hätte unsere ganze Predigt keinen Sinn, und euer Glaube hätte keine Grundlage.
Unsterblichkeit ist bei Menschen kein unmögliches Phänomen. Sie gelingt gelegentlich, wenn sie Kopien ihres Wirkens im Gedächtnis anderer Menschen speichern. Zumindest solange diese leben, überdauert die Erinnerung an jemanden dessen Tod.
Natürlich wäre die Predigt sinnlos, wenn niemand Jesus kennt. Da heute niemand ihn aber je getroffen hat, nährt sich das Kennen Jesu ausschließlich auf die Überlieferung. Und die ist real, auch wenn es ihn nie gegeben hätte.

ThomasM
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#36 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von ThomasM » Do 27. Aug 2015, 11:33

Janina hat geschrieben: Und was ist deiner Ansicht nach die Realitätsbasis? Was ist real an Mythen, deren Historizität nicht mehr prüfbar ist? Was ist an einer nicht prüfbaren Realität überhaupt real?
Die Idee dagegen haben wir fest in der Hand, und die kann uns niemand nehmen. Was brauchen wir denn mehr?
Wir brauchen die Sicherheit, dass "an dem Glauben etwas dran ist", sonst verlieren wir ihn.

Das ist ein sehr komplexes Thema und betrifft nicht nur religiöse Formen von Glauben.
Beispiel:
Jemand glaubt "an das Gute in Menschen" und erzeugt daraus die Kraft, sich gegen schlechte Rahmenbedingungen zu stemmen, den Menschen die Chance zu geben, das Gute auszuleben und sichtbar zu machen.
Er kämpft mit Widrigkeiten und Rückschlägen, aber steht immer wieder auf.
Bis er irgendwann einmal erlebt, wie seine Gutmenschen ohne Grund grausam und zerstörerisch sind.
Damit verliert er den Glauben und damit damit die Kraft zur Veränderung.

Ähnlich wirkt durchaus religiöser Glaube.
Das Bewusstsein, dass "da etwas Wahres ist", gibt Kraft und Energie zur Überwindung, Hoffnung für das Leben, Zielorientierung für das eigene Handeln.
Das gilt sowohl für die Person Gott, als auch die Erlösung durch Jesus, als auch Gültigkeit göttlicher Gesetze usw.
Das wirkt nur, wenn es eine Realitätsbasis gibt, eine klare persönliche Überzeugung, dass das Geglaubte wahr ist.
Wird die angegriffen geht der Glaube und damit alle Kraft und Energie verloren.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#37 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von Rembremerding » Do 27. Aug 2015, 12:01

ThomasM hat geschrieben: Die Aussage ist "auf den Glauben kommt es an, nicht darauf, ob es wahr ist".
Aber die, die so etwas sagen, wissen nicht was Glauben ist. Glauben ohne Realitätsbasis, ist tot.

Die Scholastik befasste sich gleich eingehend mit dieser Glaubensvertiefung. Hervorzuheben ist hier Anselm von Canterbury. Er befasste sich besonders mit dem Verhältnis von Vernunft und Glaube. Dabei formulierte er den berühmten Lehrsatz: Credo ut intelligam, lateinisch für: Ich glaube, damit ich erkennen kann.

Demnach fordert Anselm, dass man Glaube als Quelle der Wahrheit ernst nehmen soll. Er wirkt dort weiter, wo die Vernunft nicht erkennen kann. So etwa die Berufung in die ewige Gemeinschaft mit Gott, den Gott der Liebe oder Gott in Jesus Christus als Erlöser, Retter und Tröster. Nur wer glaubt, kann das tiefere Verständnis vom Menschen und von Gott erhalten.

Diese Glaubenswahrheiten sollen aber mithilfe der Vernunft erklärt werden. Dazu dienen der gottgegebene Verstand und die Weisheit, die Sophia. Die Vernunft ergründet Antworten etwa auf die Fragen: Welche Voraussetzungen hat die Berufung in die ewige Gemeinschaft mit Gott? Wie kann man in das Reich Gottes gelangen? Was bedeutet ein Gott der Liebe, Jesus Christus als Tröster, Retter und Erlöser?

Der Glaube muss demütig angenommen werden, damit man mit der Vernunft tiefer in diesen Glauben eindringen kann. Es ist die Philosophie, die der Theologie dient. Anselm postuliert: „Philosophia ancilla theologiae“, lateinisch für: „Philosophie ist die Magd der Theologie“. Anselm setzte keineswegs den Glauben gegen die Vernunft, vielmehr fordert er den Glauben, um mehr zu verstehen, denn die menschliche Vernunft und Erkenntnismöglichkeit ist begrenzt. Das im Glauben erkannte ist mit der Vernunft zu durchdringen.

Papst em. Benedikt XVI. betont dieses Zusammenspiel von Glaube und Vernunft ebenso. Als Joseph Ratzinger sagt er zum Lehramt seines Vorgängers, des Hl. Johannes Paul II in einer Ansprache:
“Der Glaube braucht den Mut der Vernunft zu sich selbst. Er steht nicht gegen sie, sondern fordert sie heraus, sich das Große zuzutrauen, zu dem sie geschaffen ist. Sapere aude – mit diesem Imperativ hatte Kant das Wesen von Aufklärung umschrieben. Man könnte sagen, daß der Papst auf eine neue Weise einer metaphysisch mutlos gewordenen Vernunft zuruft: Sapere aude! Trau dir das Große zu! Dafür bist du bestimmt. Der Glaube, so zeigt uns der Papst, will die Vernunft nicht zum Schweigen bringen, sondern sie von dem Schleier des Stars befreien, der angesichts der großen Fragen der Menschheit weithin auf ihr liegt."

Servus, wieder aus dem OT :wave:
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#38 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von Janina » Do 27. Aug 2015, 12:49

ThomasM hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Und was ist deiner Ansicht nach die Realitätsbasis? Was ist real an Mythen, deren Historizität nicht mehr prüfbar ist? Was ist an einer nicht prüfbaren Realität überhaupt real?
Die Idee dagegen haben wir fest in der Hand, und die kann uns niemand nehmen. Was brauchen wir denn mehr?
Wir brauchen die Sicherheit, dass "an dem Glauben etwas dran ist", sonst verlieren wir ihn.
Eben. Und was ist dran an etwas, das nicht prüfbar ist? Das HABEN wir doch schon längst verloren.
Es heißt, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Früchte sind das sichtbare Ergebnis, alles andere ist Illusion.

ThomasM hat geschrieben:Das wirkt nur, wenn es eine Realitätsbasis gibt, eine klare persönliche Überzeugung, dass das Geglaubte wahr ist.
Wird die angegriffen geht der Glaube und damit alle Kraft und Energie verloren.
Das heißt doch nur, dass die Idee das einzig Wahre ist.

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#39 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von ThomasM » Do 27. Aug 2015, 16:20

Janina hat geschrieben: Es heißt, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Früchte sind das sichtbare Ergebnis, alles andere ist Illusion.
Wenn du bei deiner schwarz-weiß Malerei bleibst, wirst du die Quintessenz des Glaubens nicht erfassen.
Es gibt durchaus graue Bereiche.

Beispiel:
Ein Gläubiger wird krank. Er bittet Gott um Heilung. Er wird gesund.
Das ist für ihn Bestätigung, obwohl das in deinem Sinn keine echte Prüfung darstellt. Denn die Gesundung ist nicht nachweisbar Gottes Handeln, sie könnte ja auch Zufall sein oder die Wirkung von Medikamenten oder das Immunsystem, whatever.
Für den Gläubigen ist das aber bereits die Bestätigung, die er braucht.

Anderes Beispiel (selbst beobachtet)
Eine Gläubige wird krank. Sie und ihre Freundin (auch gläubig) beten intensiv um Heilung. Aber die Krankheit schreitet fort. Nach zwei Jahren stirbt die Kranke.
Es gibt Menschen, die über so etwas ihren Glauben verlieren.
In dem konkreten Fall hat die Kranke nach langem Ringen den Tod aus der Hand Gottes angenommen. Die Art und Weise, wie sie würdevoll verstarb bestätigte den Glauben der Freundin.

Du siehst, es ist kein einfaches Prüfen, oder Früchte zählen oder so etwas. Es ist kompliziertes LEBEN. Der Glaube beruht auf Erlebnissen, die vollkommen subjektiv beurteilt und auch vollkommen subjektiv aufgefasst werden. Dabei formt jeder Mensch seine ganz persönliche Version davon.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#40 Re: Der gefälschte Paulus

Beitrag von sven23 » Fr 28. Aug 2015, 07:09

ThomasM hat geschrieben: Anderes Beispiel (selbst beobachtet)
Eine Gläubige wird krank. Sie und ihre Freundin (auch gläubig) beten intensiv um Heilung. Aber die Krankheit schreitet fort. Nach zwei Jahren stirbt die Kranke.
Es gibt Menschen, die über so etwas ihren Glauben verlieren.
In dem konkreten Fall hat die Kranke nach langem Ringen den Tod aus der Hand Gottes angenommen. Die Art und Weise, wie sie würdevoll verstarb bestätigte den Glauben der Freundin.
Das ist aber wieder mal ein Beispiel dafür, wie die Vorprägung jeglichen Nachweis einer Wirkung völlig überlagert. Sowohl der Erfolg als auch der Mißerfolg des Betens werden als "Beweis" für göttliches Eingreifen gewertet.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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