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#1 Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 13:24
von Bastler
Wie wortwörtlich kann und muss man die Bibel eigentlich nehmen?

Ich frage mich, ob es überhaupt jemanden geben kann, der die Bibel konsequent wortwörtlich nimmt. Nicht einmal Jesus scheint dies getan zu haben.

"Hexen aber sollst Du nicht am Leben lassen". Das hat Jesus nie getan.
Und wir tun das ja heute auch nicht mehr.
GEGEN die Weisung der Bibel lassen wir auch Gotteslästerer und gefallene Mädchen am Leben.

Die meisten Christen reißen sich auch keine Körperteile aus (oder hacken sie ab) - obwohl wortwörtlich genau dies in der Bibel von Jesus empfohlen wird.
Und wer geht schon zum Schreiner, damit er den Auftrag, sein Kreuz auf sich zu nehmen, wörtlich nehmen kann?

Gegenpol scheinen mir die stark symbolischen Bibelverständnisse zu sein. Da wird alles so schön, so lieblich, so lehrreich - dass es am Ende überhaupt nicht mehr zum Bibeltext passt.

Ich frage mich nun, wie man nun zwischen den Polen "Wortwörtlichkeit" und "reine Symbolik" zu einem angemessenen Zugang zur Schrift gelangt.

#2 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 15:12
von Janina
Bastler hat geschrieben:GEGEN die Weisung der Bibel lassen wir auch Gotteslästerer und gefallene Mädchen am Leben.
Das neue Testament gründet auf einem gefallenen Mädchen, das Gefallen vor Gott und ihrem Verlobten gefunden hat. ;)

#3 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 15:49
von closs
Bastler hat geschrieben:Ich frage mich nun, wie man nun zwischen den Polen "Wortwörtlichkeit" und "reine Symbolik" zu einem angemessenen Zugang zur Schrift gelangt.
Durch den Heiligen Geist - das gelingt allerdings nie ganz.

Im Grunde muss man eine eigene, wenn selbstverständlich unvollständige, Vorstellung von Gott haben - durch das Gewissen, durch Instinkt, etc. - Auf dieser Basis, die halt da sein muss, erschließt sich dann selber, was wortwörtlich oder symbolisch zu verstehen ist - und manches bleibt dabei auf der Strecke, weil man es nicht kapiert.

Dieses Nicht-Kapieren kann verschiedene Gründe haben:
1) Man ist selbst nicht so weit
2) Etwas ist bescheuert übersetzt (gibt es oft)
3) Die Quellenlage ist unzulänglich
4) Man kann damaligen Bildersprache nicht übersetzen
5) etc.

Umgekehrt halte ich es für ausgeschlossen, dass man atomistisch (also ohne eigene transzendelle Basis) die Bibel verstehen kann - da kommt dann nur Zitaten-Scrabble raus.

#4 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 17:34
von Lena
Der Sigi ;) aus dem Worthaus hat die Bibel in einen Satz verpackt und der heisst:

Gottes Wesen ist Liebe.

Also ich lese die Bibel mit dieser Brille. Versuche aus jeder Geschichte und jedem Ereignis das darin enthalten ist - herauszulesen was es mir sagen möchte und dabei versuche ich, den Hauptsinn des Wortes, nie zu verlieren: Gott ist die Liebe. Ein besonderes Buch - diese Bibel. Daran hat jeder zu kauen, ob alt oder jung, gescheit oder naiv...

#5 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 19:35
von Abischai
Bastler hat geschrieben:Wie wortwörtlich kann und muss man die Bibel eigentlich nehmen?..."Hexen aber sollst Du nicht am Leben lassen". Das hat Jesus nie getan. Und wir tun das ja heute auch nicht mehr...
Du solltest ein wenig konsequente Wortwörtlichkeit walten lassen.

Was wolltest Du denn mit DEM Satz sagen?

Jesus hat also alle Hexen umgelegt, die er fand. Oder war Jesus selbst kein Hexer? Und wir heute, legen wir alle Hexen um oder sind wir welche oder eben keine?

Lies Deinen eigenen Beitrag ruhig nochmal durch...

#6 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 20:18
von Pluto
Vielleicht gibt es nach 2000 Jahren einfach keine Hexen mehr. 8-)

#7 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 20:59
von Bastler
Da es so viele Tötungsanweisungen in der Bibel gibt, spielt die Frage, ob es heute keine Hexen mehr gibt, nur eine untergeordnete Rolle.

#8 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 21:04
von Bastler
Lena hat geschrieben:Der Sigi ;) aus dem Worthaus hat die Bibel in einen Satz verpackt und der heisst:

Gottes Wesen ist Liebe.

Also ich lese die Bibel mit dieser Brille. Versuche aus jeder Geschichte und jedem Ereignis das darin enthalten ist - herauszulesen was es mir sagen möchte und dabei versuche ich, den Hauptsinn des Wortes, nie zu verlieren: Gott ist die Liebe. Ein besonderes Buch - diese Bibel. Daran hat jeder zu kauen, ob alt oder jung, gescheit oder naiv...
Klingt ziemlich sympathisch.

Aber was machst Du dann mit Bibelstellen, die der Liebe zuwiderlaufen? Ignorierst Du sie? Oder gelingt es Dir tatsächlich, diese Bibelstellen so zu deuten, dass sie wider allen ersten Augenscheins dann doch von einem Gott der Liebe reden?

#9 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 21:05
von Bastler
Abischai hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Wie wortwörtlich kann und muss man die Bibel eigentlich nehmen?..."Hexen aber sollst Du nicht am Leben lassen". Das hat Jesus nie getan. Und wir tun das ja heute auch nicht mehr...
Du solltest ein wenig konsequente Wortwörtlichkeit walten lassen.

Was wolltest Du denn mit DEM Satz sagen?
Okay - mein Satz ist schlecht konstruiert. Ich rechne einfach mit der Lesefähigkeit der Leser.

#10 Re: Konsequente Wortwörtlichkeit

Verfasst: Mo 17. Nov 2014, 23:43
von 2Lena
Bastler: Wie wortwörtlich kann und muss man die Bibel eigentlich nehmen?
Ich frage mich nun, wie man nun zwischen den Polen "Wortwörtlichkeit" und "reine Symbolik" zu einem angemessenen Zugang zur Schrift gelangt.
Gute Frage!
Es geht aber nicht um die "Wörtlichkeit", sondern um den "Mechanismus".
Die Bibel ist im "Fluss", nicht erstarrt.

Nehmen wir das Beispiel: "Aug um Aug".
Das ist einwandfrei zu übersetzen und in nahezu jeder Bibelausgabe gleich. Gleich lauten auch dann die Entrüstungen: Ein Unding ist das AT, die grausamen Alten, ein rächender Gott. Ach, ereifern sich ein paar Kluge, das ist das Talionsprinzip. Zustimmendes Nicken ob des schönen Fremdwortes: "Das ist die ausgleichende Gerechtigkeit - Gleiches mit Gleichem vergelten", finden alle gleich als eifrige Googler bei Wikipedia. Es folgen noch ein paar fett gedruckte Kommentare über die allgemeine Verranntheit - von Münek abgefeuert, und das Nicken fast aller: So ist es.

Ist es aber nicht.
Das [ajin tachat ajin] gibt mehr her und legt den *Mechanismus frei.
Ajin heißt 1) Auge, 2) Blickweise, 3) Anschein, 4) Sichtbares, 5) Quelle,
6) Verb: soll prüfen, antworten, entsprechen. Wird er ... Hat es das auch?
Hmmm, hmmm ... ist nichts mehr mit wörtlich oder Befehl geben ...

Bei [tachat] ist das Wörtlichnehmen nicht viel besser. Auch hier sind 6 Möglichkeiten. Noch dazu von ganz anderen Wortwurzeln, wie [tox], [naxat], [xatat] ... oje ...dann dreht das auch noch jeweils von 2. in 3. Person und umgekehrt ...

Du merkst schon, es ist ein simpler Satz, dessen Auslegung mehr als eine Stunde Arbeit braucht, und das am nächsten Tag wieder und wieder und wieder ... weil nämlich immer neue Beispiele einfallen, wie diese Rechtssprüche Anwendung finden - bei allen Blickweisen (wie sieht es er, wie du). Wie wird die Reaktion darauf, soll er oder du anders antworten, mehr prüfen, anders reagieren. Gibt es Entsprechung, ist auch alles drunter bedacht, die Quelle erforscht - statt dessen anderes geregelt u.s.w.

Welch ein Unterschied zu "Aug um Aug".

P.S. in ähnlicher Weise ist die Struktur bei allen biblischen Texten.

Kapiert?