Ruth hat geschrieben: ↑Di 18. Mai 2021, 14:54
Das habe ich mich auch schon öfter gefragt. Die Bibel (für Viele ist sie "Gottes Wort") redet hauptsächlich das Volk Israel an, und fordert dieses auf, Mit Gott zusammen zu leben. Im AT werden die Isreliten mehrmals aufgefordert, alle Andersglaubenden zu vernichten. Gott sei der Gott Israels, und keiner soll diese Linie beschmutzen.
Und als dann die Lehre von Jesus Erlösung zum Vater aufkommt, sind alle Menschen auf einmal eine große Familie, die zum Vater(Gott) zurückkommen sollen (obwohl die meisten angeblich vorher den falschen Gott hatten). Vorher soll Gott die meisten Völker insgesamt verstoßen haben .. und dann auf einmal gehörten sie dazu, und sollten "alten Regeln" folgen, die aufgebessert wurden ?
Die Juden betonen, dass Gott natürlich ein Gott aller Völker ist. Sie, die Juden haben "nur" einen besonderen Auftrag in der Welt, von Gott gegeben. Grundsätzlich kann man Jude auch als Ausländer werden. Da das jüdische Volk etwas Besonderes ist, hat es auch mehr Gebote (Mosaisches Recht) als andere Völker von Gott erhalten. Die anderen Völker haben eigentlich nur 7 Gebote einzuhalten (Noachidisches Gesetz): Verbot von Mord, Diebstahl, Inzest, Essen von lebenden Tieren, Götzenanbetung und Gotteslästerung, sowie das Gebot zur Bildung von Gerichten durch das andere Volk. Wer sich als Nichtjude daran hält ist ein "Gerechter" ohne Wenn und Aber.
Prominenteste Nichtjuden im AT sind: Melchisedek und (nicht ganz unstrittig bei
einigen Juden) Hiob ! Also die waren nicht irgendwer. Mit Melchisedek (der in der jüdischen Mythologie als Unsterblicher galt), wurde sogar Jesus verglichen (durch Paulus).
Also ein göttliches Gebot zur Vernichtung aller Andersgläubigen dürfte es nicht geben im AT. Schon aber gab es für uns nicht vorstellbare Gräueltaten gegen angreifende Völker oder solche, die ihrerseits Gräueltaten (wie Kinderopfer für einen konkurrierenden Gott) verübten - oder mutmaßlich verübten. Das hängt auch damit zusammen, dass im jüdischen Glauben die Taten des Gläubigen das Entscheidende ist, ob jemand gläubig ist oder nicht. An diesen wurde man gemessen. Nicht an irgendwelchen vermuteten inneren Einstellungen (!), wozu durchaus der kognitive Glaube (für-wahr-halten) zählt.
Gleichwohl war der jüdische Glaube, der eines an einen "nationalen Gottes".
De facto - die anderen Völker kannten andere oder zumindest anders benannte Götter. Aber eben (siehe oben) nicht rassistisch und eben nicht als verächtliche Herabschätzung (Das schließt nicht aus, dass es sogar bei den Juden im Einzelfall erzkonservative Fraktionen gibt, bei denen man das Gefühl nicht los wird, die sehen das schon ein wenig anders, "nationalistischer").
Gott ist "Innenverhältnis" untrennbar. Man kennt keine "Zweifaltigkeit" zwischen dem Vatergott und dem Geistgott (also Trinität ohne Jesus, da letzterer noch nicht in Erscheinung getreten war). Eine solche Vorstellung käme denen abstrus vor. Gott ist eins. Vor allem innerlich. Da gibt es keine zwei (geschweige denn drei) die miteinander reden, wo der eine der Boss vom anderen ist (Gott kann nur der Höchste sein in sich und allem was ihn ausmacht) und der Untergebene sich gegen seinen Willen dem höheren Zweck zuliebe töten lassen muss. Oder wo der eine (Geist) auf den anderen (Jesus) herabschwebt, wenn Gott überall gleichzeitig ist. Oder ein "Innen-Teil" des Gottes wie im NT beschrieben, zunimmt (!) an der Gnade vor Gott. Oder Gott in einen Tempel muss um beim Vater zu sein, obwohl er ja der Vater ist. - Gott zeichnet aus, dass man sich von ihm kein Bild machen kann, so mysteriös wird er verstanden. Jesus ist ein Bild Gottes pur. Wäre er Gott, hätten alle Leute, die in seine Nähe kamen eigentlich tot umfallen müssen, wenn selbst für einen Moses, die Begegnung mit Gott kaum auszuhalten war. Und die Urchristenheit tut dann so, als wenn bei Pfingsten das erstemal der Geist Gottes zu Menschen gekommen wäre, obwohl das AT voll von solchen berichten ist. Und äußeres Signal ist ausgerechnet das Zungenreden, das niemand verstehen kann. Also ich kann die Juden verstehen mit der Skepsis gegenüber den Christen. Die konkreten Handlungen von Christen gegen Juden in der Weltgeschichte sind da zudem (leider) sehr deutliches Zeugnis, dass da etwas nicht stimmt.
Oder kurz: der Gott Israels hat mit dem Gott der Christen (heutzutage - nicht des NT) nichts zu tun, außer dass die letzteren behaupten, er hätte den gleichen Namen. Denn der gleiche Name betrifft völlig andere Inhalte. Letztlich wurden nicht nur die Juden bekämpft und verraten (während man sie gleichzeitig Volk Gottes nennt) sondern auch die jüdische Religion.
Also so sehe ich das.