Alles Teufelszeug? VIII

closs
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#951 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Fr 26. Jan 2018, 19:19

Pluto hat geschrieben:Methodisch ist die Methode um ontische Fakten zu finden. Wie soll man das ohne "Methode" machen?
Das will doch keiner "ohne methodisch" machen. - "Methodiken" sind Grundlagen dafür, um sich (hoffentlich) "dem, was ist" zu nähern - natürlich.

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sven23
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#952 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 26. Jan 2018, 20:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, Wissenschaft hinterfragt auch immer ihre eigenen Methoden.
Was soll das? - Natürlich optimiert und eventuell verändert man seine Hermeneutik - aber man tauscht sie doch nicht aus. - Das erwartet auch keiner - jeder soll SEINE Perspektive einbringen.
Nein, in der historischen Forschung führt kein Weg an der historisch-kritischen Methode vorbei. Mit Glaubensbekenntnissen bist du in der falschen Abteilung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Von mir aus kann man es auch als (Voraus-)Setzung betrachten. Es behindet jedenfalls in keiner Weise eine ergebnisoffene Forschung.
Auf nicht-interpretativer Sachebene unterstellt das auch keiner.
Es behindert in keiner Weise. Glaubensbekenntnisse dagegen nehmen das Ergebnis vorweg.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Glaubensbasierte Exegesen sind keine Forschungszweige, sondern zirkelreferente Veranstaltungen, in der historischen Foschung absolut unbrauchbar.
Das ist Dein glaubensbasiertes Mantra.
Es ist eine Beschreibung des Status Quo. Deshalb in historischer Forschung unbrauchbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Diese Unterscheidung wird doch nur "notwendig", weil die Ergebnisse der Forschung nicht gefallen.
Voll daneben - da überträgst Du Deine Neurosen auf die falschen Leute. - Denn nach wie vor gilt, dass Untersuchungen auf Basis einer Setzung/Hermeneutik (egal ob HKM oder Kanonische Exegese) nicht die Setzung selbst untersuchen, sondern UNTER dieser Setzung untersuchen: "Was kommt ergebnisoffen raus, wenn wir unter DIESEN Bedingungen untersuchen?".
Falsch. Nenne eine einzige kanonische Untersuchung, die zu anderen ergebnissen kommt, als sie voraussetzt. Im Gegensatz zur Forschung arbeitet Kanonik historisch unkritisch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, wissenschaftlich gesichert ist, dass er eine Nahewartung hatte.
Klares NEIN. - Es ist entschieden NICHT wissenschaftlich gesichert, dass Jesus eine Naherwartung in Deinem Verständnis hatte.
Dagegen stehen die Ergebnisse der historischen Jesusforschung. Siehe Lindemann.
Dass dies nicht allen gefällt, ist bekannt, aber irrelevant.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, sie hat lediglich versucht, dir ein paar Basics zu Philosophie und Logik beizubringen
Da gehst Du in Deiner Wahrnehmung an der Substanz der Sache vorbei.
Nein, des trifft des Pudels Kern.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Trotzdem kann eine Aussage nicht gleichzeitig wahr und unwahr sein.
Das ist die ontische Ebene:1) Ontisch ist nur EINE Antwort wahr.
Es ist vor allem logisch nur eine wahr, egal, in welche Hermeneutik du wechselst. Hermeneutik ist kein Zauberstab, der aus unwahren Aussagen wahre macht und umgekehrt.
Deshalb ist die Behauptung, eine Aussage könne gleichzeitig wahr und unwahr sein, grottenfalsch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit der Professionalität kann es also bei wenigstens einer Version nicht allzu weit her sein.
Nee - da wäre DEN Forschern unrecht getan, die die falsche Hermeneutik gewählt haben. - Das kann gleichermaßen für die HKM-ler wie für die spirituellen Exegeten gelten - neimand weiß es. - Also: Fair bleiben - zumal es einen schnell selber treffen könnte.
Was hat Logik mit Fairness zu tun? Mit Glaubenshermeneutik kommt man nun mal in der historischen Forschung nicht weit.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dass die Erde älter als 5000 Jahre alt ist, gilt als sehr gesichert.
Das GILT auch bei mir als gesichert, weil ich die descartschen Fragen für mich beantwortet habe.
Das hat herzlich wenig mit Descartes zu tun, sondern mit knallharten Fakten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb verweise ich doch ständig auf die Diskrepanz von Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik.
Falsche Spur - die Diskrepanz besteht zwischen "methodischem/hermeneutischen Ergebnis und (ontischer) Wirklichkeit". - Deine Gegenüberstellung führt Dich hier ständig in die Irre.
Nein, etweder bedient man sich einer wissenschaftlichen Methodik oder betet Glaubensbekenntnisse nach. Deshalb Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, dein "wirklicher" Jesus ist für die historische Forschung irrelevant, weil dieser nur über die Textquellen erschlossen werden kann.
"Über Textquellen mit der Erschließungs-Hermeneutik x" ist das, was ein Forscher tun kann - trotzdem ist die Wirklichkeit des EINEN wirklichen Jesus die Orientierung (was denn sonst?).
Es gibt aber keine Quellen für diesen "wirklichen" Jesus. Es gibt nur die Textquellen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist schon sehr bizarr, wenn Gläubige hoffen müssen, dass er "wirkliche" Jesus doch bitte schön ganz anders sein möge, als die Quellen aussagen.
Das WÄRE bizarr - aber so ist es doch nicht. - Wir sprechen doch nicht von einer Gegenüberstellung von "Jesus der Textquellen versus Jesus gegen die Textquellen", sondern von unterschiedlichen Hermeneutiken, diese Textquellen zu verstehen.
Eben, Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik. Du bestätigst es doch selbst immer wieder.
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sven23
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#953 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 26. Jan 2018, 20:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Für eine Geburt benötigt man keine komplexen theologischen Überlegungen.
Richtig - aber zu dieser Geburt macht man sich welche.
Man erfindet welche oder bedient sich wie im Falle der NT-Schreiber Mythen und Legenden anderer Religionen und Kulte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im übrigen hatte Jesus auch Geschwister.
Eine geistige Interpretation, die stimmt oder nicht stimmt.
Wieso geistig? Und warum sollen die Beschreibungen der Evangelisten hier falsch sein?

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschwister_Jesu

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die (schlecht gemachten) Geburtslegenden spielen sehr wohl eine Rolle für die Glaubwürdigkeit der Evangelien. Sie tragen zumindest nicht zu deren Glaubwürdigkeit bei.
Da ist aus heutiger Sicht was dran. - Da muss man jetzt Spezialisten hören (Thiell hast Du gehört), die solche Texte im Licht damaliger Kultur beleuchten.
Genau das macht die historische Forschung. Wer oder was ist Thiell?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Gottesherrschaft stand nach Meinung des Wanderpredigers und seines Vorbildes, Johannes des Täufers, unmittelbar bevor.
Richtig - aber WAS ist die Gottesherrschaft? - Dazu gibt es zwischen HKM und Theologie maßgebliche Interpretations-Unterschiede.
Auch das ist kein Geheimnis. Das jüdische Gottesreich, bzw. Vorstellung der Gottesherrschaft hat nichts zu tun mit der späteren christlichen Umdeutung in ein jenseitiges Gottesreich.
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#954 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 26. Jan 2018, 20:35

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Langsam, gerade weil es nur eine Wahrheit geben kann, kann die Aussage: Jesus hatte eine Naherwartung nicht gleichzeitig wahr und nicht wahr sein. Das gebietet die Logik.
Ontisch hast Du recht - deshalb unterscheide ich doch ständig zwischen "ontisch" und "methodisch". - Der Punkt: Du wirst nie methodisch (resp. hermeneutisch) entscheiden können, WELCHE Aussage die ontisch richtige ist.
Die ontische Karte ziehst du immer, wenn dir die Ergebnisse nicht passen. Durchschaubar und irrelevant.
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#955 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Fr 26. Jan 2018, 20:44

Andreas hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Wenn aber die HKM nun diese Ergebnisse auszulegen beginnt ...
Mit dieser Formulierung bist du doch schon wieder auf den Leim gegangen. "Die" HKM ist keine theologische Ausrichtung. Bultmann ist nicht DIE HKM, er vertritt nicht die HKM, sondern seine Theologie.
Nun ging mein Satz ja weiter: "… indem sie in großen Teilen dazu neigt, das Handeln Gottes auszublenden," und als Beispiel die Aussage Bultmanns darüber, was "die historische Methode" voraussetzt bzw. ausschließt. Es ist diese Art der historisch-kritischen Exegese, die unsere Atheisten hier gern als DIE wissenschaftliche Exegese schlechthin darstellen. Etwa mit dem "Ergebnis" Jesus sei nur ein irrender Wanderprediger gewesen. Das ist aber ein Ergebnis, das aufgrund der Vorannahme zustande gekommen ist, dass ein "Eingreifen übernatürlicher, jenseitiger Mächte" von vornherein ausgeschlossen wurde. Was auch ausschließt, dass in Jesus Gott Mensch wurde.

Andreas hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: dann kommt aufgrund dieser Hermeneutik etwas dabei heraus, das dem "neuen Atheisten" prima schmeckt und dem gläubigen Christen ganz und gar nicht. Bultmann beantwortet die Titelfrage seines Buches übrigens mit nein! Theißen sagt auch: "Wissenschaft sagt nicht: »so war es« sondern: »So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein.« " (Der historische Jesus, S. 5) Und diesen Vermutungen gehen immer Vorentscheidungen voraus. Oder wie Theißen es nennt: axiomatische Überzeugungen.
Sowohl die religiöse, als auch die historische Imagination, so Theißen, wird von Grundüberzeugungen bestimmt (S. 31).
Jetzt stellst du Bultmann (und Theißen?) als jemanden dar, der nicht an Gott glaubte.
Indem ich Bultmann und Theißen mit der Aussage zitiere, dass es keine voraussetzungslose Exegese geben kann, spreche ich ihnen doch den Glauben nicht ab. Sie haben hierin vielmehr Recht.

Wenn die Voraussetzung jedoch die ist, dass es zwar einen Gott geben kann, der aber nichts tut, nicht in die Geschichte eingegriffen hat und die biblischen Texte so ausgelegt werden, als sei alles Menschenwort und Menschenwerk gewesen, dann entspricht das zwar irgendeinem Glauben - aber sicher nicht mehr dem christlichen.

Andreas hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Genau, statt Vorwissen würde ich Vorentscheidung sagen. Jeder exegetischen Arbeit geht grundsätzlich eine solche Vorentscheidung voraus. "Voraussetzungslose Exegese kann es nicht geben" schreibt Bultmann, da hat er Recht.
Die Evangelikalen haben halt andere hermeneutische Voraussetzung bei ihrer Bibellektüre als Bultmann, Theißen oder andere. Diese hermeneutischen Voraussetzungen haben alle ihre Vor- und Nachteile. Jede christliche Glaubensgemeinschaft macht da ihr Angebot an den Einzelnen. Jeder darf und muss sich entscheiden, was er für glaubwürdig hält und was nicht.
Genau das ist meine Meinung, die ich hier stets vertrete. Das gilt nicht nur für die christlichen Glaubensgemeinschaften sondern grundsätzlich für alle, auch für die Atheisten. Jeder ist frei, sich selbst zu entscheiden, was er für plausibel hält. Deshalb versuche ich zu zeigen, dass es nicht stimmt, wenn gesagt wird "DIE Forschung" oder "DIE Wissenschaft" habe "Ergebnisse" hervorgebracht, die dem christlichen Glauben widersprächen. Und versuche zu zeigen, dass es sich dann praktisch immer auch nur um ideologisch festgelegte, voreingenommene Hypothesen handelt. Um Vermutungen, die man ja glauben darf– aber nicht muss, weil sie wissenschaftlich erwiesen wären.

Andreas hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und wenn die Grundüberzeugung kritisch ist, kommt Bibelkritik dabei heraus, da hat Maier mE vollkommen Recht!
"Kritisch" möchten die Vertreter des Neuen Atheismus tatsächlich als "unglaubwürdig" oder "glaubenszersetzend" darstellen. Bei Christen heißt "kritisch" aber doch nicht "ungläubig", um Gottes Willen! Wirf das doch nicht in einen Topf.
Vielleicht ist der Satz "eine kritische Methode der biblischen Auslegung, kann nur bibelkritische Sätze erzeugen" in seiner Ausschließlichkeit etwas überzogen. Aber die Tendenz geht klar in diese Richtung.

Andreas hat geschrieben: Meine persönlichen, zugegebenermaßen laienhaften Studien, führten mich dahin, dass ich mittlerweile hermeneutisch nicht mehr von einem "Gesamtkontext des NT" ausgehe. Ich sehe viel mehr auch dort schon unterschiedliche theologische Angebote nebeneinander oder miteinander im Diskurs - so wie es auch heute ist. Es gibt viele Gemeinsamkeiten und viele Unterschiede in diesen Glaubensdingen.
Ich glaube dagegen an Inspiration und daran, dass die Bibel von ein und demselben Geist durchdrungen ist. Deshalb legt sich die Bibel selbst aus. Mittelpunkt ist die höchste Offenbarung Gottes, nämlich Jesus Christus. Er ist das fleischgewordene Wort Gottes, auf ihn hin muss jede Auslegung ausgerichtet sein.

Andreas hat geschrieben: Ich verstehe diese Variante c) wörtlich, was das "entschlafen" angeht. Ein Christ auf dem Scheiterhaufen "entschläft" nicht. Gut dass du die letzte Posaune erwähnst: Klar ist, dass Paulus die Posaunen aus der Offenbarung nicht kannte. Ich bin so frei den Hinweis auf dieses Blasinstrument mit dem Atem in Verbindung zu bringen, auch mit dem Odem, dem Geist - damit sein Leben "auszuhauchen". Der Zeitpunkt des Todes ist mE das erschallen der letzten Posaune, eben der letzte Atemzug, von dem niemand weiß, wann das sein wird. So geht meine Interpretation dieser Stelle - ob das "richtig" ist, weiß ich nicht - aber es ist ein Angebot, wie Paulus das gemeint haben könnte - oder wie wir Heutigen das "aktualisieren" könnten.
Nun ist der ganze Abschnitt 1. Kor. 15, 50-58 auch Christus-zentriert. Christus hat den Tod besiegt und deshalb werden auch wir die "Unverweslichkeit" anziehen. Die, die bis dahin "entschlafen" sind ebenso, wie die, die zu dem Zeitpunkt "der letzten Posaune" noch leben. Das alles durch den, der den Sieg über den Tod gibt: Jesus Christus (V. 57).
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#956 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Fr 26. Jan 2018, 20:46

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nein! Zum 100. Mal: Niemand zieht ja den Schluss, den Wikipedia hier beispielhaft für einen Zirkelschluss anführt! Niemand behauptet ja: WEIL es in der Bibel steht, IST die Bibel Gottes Wort.
Ähm, genau das sagt der Zirkelschluss des Paulus aus und darauf begründet sich die göttliche Inspiriertheit der Schriften, auf die sich die kanonische Exegese beruft.

Also immer dann, wenn man die Texte selbst als Begründung für die historische Zuverlässigkeit der Texte anführt, argumentiert man zirkelschlüssig.
Die Forschung hat nun mal gezeigt, dass sie historisch wenig zuverlässig sind.
Immernoch falsch. Du wiederholst deinen eigenen Fehlschluss: WEIL es in den Texten drin steht, KANN es nicht stimmen (denn es wäre ja sonst ein Zirkel). Das ist aber falsch, denn wenn ein Autor sagt: Ich beschreibe jetzt was ich gehört und gesehen habe, dann könnte es taaaatsächlich sein, dass dem auch so ist!
Niemand sagt aber, dass es deswegen bewiesen sei (Zirkelschluss = Beweisfehler), aber es ist möglich und die Forschung hat nunmal gezeigt, dass die Bibel historisch sehr zuverlässig ist.
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Andreas
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#957 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Fr 26. Jan 2018, 22:37

Roland hat geschrieben:Nun ging mein Satz ja weiter: "… indem sie in großen Teilen dazu neigt, das Handeln Gottes auszublenden," und als Beispiel die Aussage Bultmanns darüber, was "die historische Methode" voraussetzt bzw. ausschließt. Es ist diese Art der historisch-kritischen Exegese, die unsere Atheisten hier gern als DIE wissenschaftliche Exegese schlechthin darstellen. Etwa mit dem "Ergebnis" Jesus sei nur ein irrender Wanderprediger gewesen. Das ist aber ein Ergebnis, das aufgrund der Vorannahme zustande gekommen ist, dass ein "Eingreifen übernatürlicher, jenseitiger Mächte" von vornherein ausgeschlossen wurde. Was auch ausschließt, dass in Jesus Gott Mensch wurde.
Der Wahrheitsgehalt solch eines Eingreifens übernatürlicher, jenseitiger Mächte kann halt nicht an Texten untersucht werden, es verschwindet aber auch nicht aus den Texten durch Historisch-Kritische Methodik.

Es glauben viele Menschen nicht mehr an Wunder. Wer fragt sich denn heute ernsthaft wenn er die Tagesschau sieht, welche von den Nachrichten wohl auf das Konto von Gottes Wirken gehen? Hat Gott das Wunder vollbracht Donald Trump zum Präsidenten der USA zu machen - sei es als Fluch oder Segen? Manche mögen so glauben, andere nicht. Ich glaube nicht an Wundergeschichten und Wunder, kann deshalb aber trotzdem wunderbar an Gott glauben, weil mir die Wundergeschichten in der Bibel etwas sagen, etwas in mir ansprechen, das "jenseits" meines Intellekts in mir lebt, dass eben nicht "vernünftig" aber ein auch ein Teil von mir ist. Da steckt nur eine andere Theologie dahinter, die ich eben für glaubwürdiger halte.
Gen 1,28 hat geschrieben:Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen.
Das darf ich so verstehen, dass Gott uns bzw. mir die Verantwortung übertragen hat, indem er mir die göttliche Qualität des Lebens einhauchte und so verstanden selbst auch "Fleisch" wurde. Jetzt sind wir bzw. ich dran und er hält sich raus und lässt uns bzw. mir die Freiheit zu machen, ohne sich dauernd "tatkräftig" einzumischen. Ich brauche Gott nicht als Herrn der Weltgeschichte. Warum soll mich die Weltgeschichte etwas angehen, mit meinen läppischen 120 Jahren Lebenszeit? Von der Weltgeschichte fällt nur ein winziger Bruchteil in meinen Verantwortungsbereich und selbst der überfordert mich.

Ich glaube aber, dass mein Glaube an Gott meine persönliche Geschichte zum Guten wendet. Das genügt mir, und vielleicht glaubte Jesus ähnlich - vielleicht auch nicht. Wer weiß? Wenn du Wundergeschichten als tatsächliche historische Ereignisse zum Glauben an Gott brauchst - bitte schön, da sind sie doch - greif zu, bediene dich nach Herzenslust. Es gibt so viele Angebote in der Bibel. Ich habe auch lange in diesem Glauben gelebt und Bultmann vermutlich auch. Mein Glaube wächst mit mir und verändert sich innerhalb meiner 120 Jahre Lebenszeit. Manches wird unglaubwürdig - das gehört dazu - doch dafür wird anderes glaubwürdig, das noch im Verborgenen schlummerte. Ich erfahre das fast täglich.
Mk 4,22-29 hat geschrieben:Denn es ist nichts Verborgenes, das nicht offenbar gemacht werden soll, auch ist nichts Geheimes, das nicht ans Licht kommen soll. Wenn jemand Ohren hat zu hören, der höre! Und er sprach zu ihnen: Seht zu, was ihr hört! Mit welchem Maß ihr messt, wird euch gemessen werden, und es wird euch hinzugefügt werden. Denn wer hat, dem wird gegeben werden; und wer nicht hat, von dem wird auch, was er hat, genommen werden. Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch den Samen auf das Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag, und der Same sprießt hervor und wächst, er weiß selbst nicht wie. Die Erde bringt von selbst Frucht hervor, zuerst Gras, dann eine Ähre, dann vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht es zulässt, so schickt er sogleich die Sichel, denn die Ernte ist da.
So vergeht Nacht und Tag und ich weiß nicht, wie es mir geschieht, aber es wächst und bringt unerwartete Frucht.

Roland hat geschrieben:Indem ich Bultmann und Theißen mit der Aussage zitiere, dass es keine voraussetzungslose Exegese geben kann, spreche ich ihnen doch den Glauben nicht ab. Sie haben hierin vielmehr Recht.

Wenn die Voraussetzung jedoch die ist, dass es zwar einen Gott geben kann, der aber nichts tut, nicht in die Geschichte eingegriffen hat und die biblischen Texte so ausgelegt werden, als sei alles Menschenwort und Menschenwerk gewesen, dann entspricht das zwar irgendeinem Glauben - aber sicher nicht mehr dem christlichen.
Also sprichst du ihnen nicht den Glauben ab - nur den christlichen Glauben. Wie kommst du dazu, wer hat dich denn dazu bevollmächtigt? Weder Theißen noch Bultmann oder ich sprechen dir den christlichen Glauben ab, weil du an Wunder und damit anders glaubst - aber unsere Sichtweise, die sicher auch keine einheitliche christliche Sichtweise ist, dürfen wir doch äußern. Man kann diese divergierenden christlichen Betrachtungsweisen der Bibel als Reichtum wahrnehmen oder als Chaos. Auch das muss jeder für sich selbst entscheiden. Das sagst du ja selbst, und das verwirrt mich dann wieder:
Roland hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Die Evangelikalen haben halt andere hermeneutische Voraussetzung bei ihrer Bibellektüre als Bultmann, Theißen oder andere. Diese hermeneutischen Voraussetzungen haben alle ihre Vor- und Nachteile. Jede christliche Glaubensgemeinschaft macht da ihr Angebot an den Einzelnen. Jeder darf und muss sich entscheiden, was er für glaubwürdig hält und was nicht.
Genau das ist meine Meinung, die ich hier stets vertrete. Das gilt nicht nur für die christlichen Glaubensgemeinschaften sondern grundsätzlich für alle, auch für die Atheisten. Jeder ist frei, sich selbst zu entscheiden, was er für plausibel hält. Deshalb versuche ich zu zeigen, dass es nicht stimmt, wenn gesagt wird "DIE Forschung" oder "DIE Wissenschaft" habe "Ergebnisse" hervorgebracht, die dem christlichen Glauben widersprächen. Und versuche zu zeigen, dass es sich dann praktisch immer auch nur um ideologisch festgelegte, voreingenommene Hypothesen handelt. Um Vermutungen, die man ja glauben darf– aber nicht muss, weil sie wissenschaftlich erwiesen wären.
Da sitzen wir wieder in einem Boot, weswegen ich schwer nachvollziehen kann, was du eben noch weiter oben geschrieben hast. Ich finde es aber gut, dass du so mutig über den Tellerrand zu blicken wagst - das ist relativ selten bei Evangelikalen - oder ist dein Weg andersherum verlaufen und du bist irgendwann dort gelandet? Ist in meinen Augen auch völlig in Ordnung und nachvollziehbar.
Roland hat geschrieben:Ich glaube dagegen an Inspiration und daran, dass die Bibel von ein und demselben Geist durchdrungen ist. Deshalb legt sich die Bibel selbst aus. Mittelpunkt ist die höchste Offenbarung Gottes, nämlich, nämlich Jesus Christus. Er ist das fleischgewordene Wort Gottes, auf ihn hin muss jede Auslegung ausgerichtet sein.
Das ist mir jetzt wieder etwas zu übergriffig. Worauf meine Auslegung ausgerichtet ist, bestimme ich und sonst niemand. An Inspiration glaube ich auch und daran, dass die Bibel von ein und demselben Geist durchdrungen ist, nämlich Gottes Geist - also offensichtlich etwas anders als du. Lass mich doch. Für mich hat Christus im AT nichts verloren. Ich sehe es so, dass sich Jesus aus dem AT heraus entwickelt hat - ohne da drin gewesen zu sein - und sich ins NT hinein entwickelt hat - ohne dass Jesus da drin zu finden wäre - dafür aber Christus. Ist das jetzt so ein Drama oder gleich unchristlich?

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#958 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Fr 26. Jan 2018, 22:55

sven23 hat geschrieben:Nein, in der historischen Forschung führt kein Weg an der historisch-kritischen Methode vorbei.
Das will auch keiner - sie ist als Basis-Wissenschaft seitens des Vatikan hochgeschätzt.

sven23 hat geschrieben:Es behindert in keiner Weise. Glaubensbekenntnisse dagegen nehmen das Ergebnis vorweg.
Diese Unterscheidung ist falsch. - In BEiDEN Fällen besteht eine jeweilige Hermeneutik, die die Interpretationen nur innerhalb eines entsprechenden Korridors ergebnisoffen ermöglicht.

sven23 hat geschrieben:Falsch. Nenne eine einzige kanonische Untersuchung, die zu anderen ergebnissen kommt, als sie voraussetzt.
Dito HKM. - nenne eine einzige HKM-Untersuchung, die gegen ihre hermeneutischen Voraussetzungen verstößt?

sven23 hat geschrieben:Dagegen stehen die Ergebnisse der historischen Jesusforschung.
Das sind Ergebnisse EINER Hermeneutik, die EIN Licht auf die Wirklichkeit Jesu werfen. - Professionell gemacht - ob die Hermeneutik dazu stimmt, ist unentscheidbar.

sven23 hat geschrieben:Deshalb ist die Behauptung, eine Aussage könne gleichzeitig wahr und unwahr sein, grottenfalsch.
Gemessen an der (ontischen) Wirklichkeit ist das richtig - meine Rede seit ewigen Zeiten. - Aber WELCHE der Aussagen ist wahr? - Die von DIESER Hermeneutik oder von JENER?

sven23 hat geschrieben:Mit Glaubenshermeneutik kommt man nun mal in der historischen Forschung nicht weit.
Das kann doch die HKM genauso treffen - gerade Du bist das Paradebeispiel eines fundamentalistischen Gläubigen.

sven23 hat geschrieben:Es gibt aber keine Quellen für diesen "wirklichen" Jesus. Es gibt nur die Textquellen.
Richtig - deshalb untersucht man sie und kommt je nach Hermeneutik (oft) zu unterschiedlichen Ergebnissen.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Es ist schon sehr bizarr, wenn Gläubige hoffen müssen, dass er "wirkliche" Jesus doch bitte schön ganz anders sein möge, als die Quellen aussagen.

Das WÄRE bizarr - aber so ist es doch nicht. - Wir sprechen doch nicht von einer Gegenüberstellung von "Jesus der Textquellen versus Jesus gegen die Textquellen", sondern von unterschiedlichen Hermeneutiken, diese Textquellen zu verstehen.


Eben, Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik. Du bestätigst es doch selbst immer wieder.
Wieso "eben"? - Du weigerst Dich fundamentalistisch zu erkennen, dass weder die HKM noch andere Exegese-Formen ihre jeweiligen Setzungen zum Gegenstand ihrer Untersuchung machen.

sven23 hat geschrieben:warum sollen die Beschreibungen der Evangelisten hier falsch sein?
Siehst Du: Das ist wieder mal ein klassisches Beispiel für platt-überlegene Bibel-Exegese, die (hoffentlich) nicht Stil der HKM ist.

J.Ranke-Heinemann hat dieses Thema in frühen Jahren untersucht und all Deine Zitate aufgeführt - und kommt zum Schluss:
"Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Argumente für die leiblichen Brüder Jesu aus einer gewissen Voreingenommenheit gegen die katholische Lehre der Jungfrauschaft Mariens stammen und sachlich keine Beweiskraft haben" (U.Ranke-Heinemann).

Mit anderen Worten:
Das sind nicht "Beschreibungen der Evangelisten", sondern Deine hermeneutischen Interpretationen daraus - lass es einfach sein. - Davon abgesehen: Mich würde es nicht stören, wenn Jesus auch Geschwister hätte - aber das hier nicht das Thema.

sven23 hat geschrieben:Genau das macht die historische Forschung. Wer oder was ist Thiell?
Auch einer von denen. :lol:

sven23 hat geschrieben:. Das jüdische Gottesreich, bzw. Vorstellung der Gottesherrschaft hat nichts zu tun mit der späteren christlichen Umdeutung in ein jenseitiges Gottesreich.
RICHTIG - aber hier geht es darum, was JESUS gemeint hat? - Warum haben ihn die Leute ständig nicht verstanden, wenn er dasselbe sagte, was sie schon wussten?

sven23 hat geschrieben:Die ontische Karte ziehst du immer, wenn dir die Ergebnisse nicht passen. Durchschaubar und irrelevant.
Vernebelt und ideologisch, was Du hier wieder mal sagst. - Die "ontische Karte" muss man IMMER ziehen, weil man NIE vergessen darf, dass hermenetische/methodische ERgebnisse keine Gewäht geben, ob man auf dem richtigen Dampfer sitzt.

Im Grunde könnte ich - was wirklich NICHT meine Art ist - die Sache auf den Kopf stellen und sagen:
Closs hat geschrieben:Die ontische Karte ziehst du immer, wenn dir die Ergebnisse nicht passen.

Gegen Deine inbrünstige Methodik-Gläubigkeit ist Ratzinger ein Liberaler. :lol:

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#959 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 27. Jan 2018, 07:41

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nein! Zum 100. Mal: Niemand zieht ja den Schluss, den Wikipedia hier beispielhaft für einen Zirkelschluss anführt! Niemand behauptet ja: WEIL es in der Bibel steht, IST die Bibel Gottes Wort.
Ähm, genau das sagt der Zirkelschluss des Paulus aus und darauf begründet sich die göttliche Inspiriertheit der Schriften, auf die sich die kanonische Exegese beruft.

Also immer dann, wenn man die Texte selbst als Begründung für die historische Zuverlässigkeit der Texte anführt, argumentiert man zirkelschlüssig.
Die Forschung hat nun mal gezeigt, dass sie historisch wenig zuverlässig sind.
Immernoch falsch. Du wiederholst deinen eigenen Fehlschluss: WEIL es in den Texten drin steht, KANN es nicht stimmen (denn es wäre ja sonst ein Zirkel).
Das behauptet ja auch niemand. Die Naherwartung z. B. steht auch in den Texten, wird aber als authentisch angesehen. Deshalb unterscheidet die Forschung zwischen authentischen Jesusworten und nicht authentischen, zwischen historischem und unhistorischem. Diesen Anspruch können Kanoniker naturgemäß gar nicht haben, weil ihre Glaubenssetzung auf dem Zirkelschluss des Paulus aufbaut.
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#960 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 27. Jan 2018, 08:31

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, in der historischen Forschung führt kein Weg an der historisch-kritischen Methode vorbei.
Das will auch keiner - sie ist als Basis-Wissenschaft seitens des Vatikan hochgeschätzt.
Deshalb ist sie auch die Standardauslegung und nicht die kanonische Exegese. Wenn du begriffen hast, warum das so ist, sind wir einen Schritt weiter.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es behindert in keiner Weise. Glaubensbekenntnisse dagegen nehmen das Ergebnis vorweg.
Diese Unterscheidung ist falsch. - In BEiDEN Fällen besteht eine jeweilige Hermeneutik, die die Interpretationen nur innerhalb eines entsprechenden Korridors ergebnisoffen ermöglicht.
Unsinn, die Forschung gibt sich keinen Korridor, der die Ergebnisoffenheit einschränken würde. Das tun nur Glaubensdogmatiker über ihre Glaubenssetzung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Falsch. Nenne eine einzige kanonische Untersuchung, die zu anderen ergebnissen kommt, als sie voraussetzt.
Dito HKM. - nenne eine einzige HKM-Untersuchung, die gegen ihre hermeneutischen Voraussetzungen verstößt?
Warum sollte die Forschung gegen wissenschaftliche Prinzipien verstoßen?
Das ist alleine Glaubensdogmatikern vorbehalten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dagegen stehen die Ergebnisse der historischen Jesusforschung.
Das sind Ergebnisse EINER Hermeneutik, die EIN Licht auf die Wirklichkeit Jesu werfen. - Professionell gemacht - ob die Hermeneutik dazu stimmt, ist unentscheidbar.
Eigentlich doch, denn zur wissenschaftlichen Methodik gibt es keine Alternative in der historischen Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb ist die Behauptung, eine Aussage könne gleichzeitig wahr und unwahr sein, grottenfalsch.
Gemessen an der (ontischen) Wirklichkeit ist das richtig - meine Rede seit ewigen Zeiten. - Aber WELCHE der Aussagen ist wahr? - Die von DIESER Hermeneutik oder von JENER?
Da Glaubenshermeneutik in der historischen Forschung nichts verloren hat, ist die Antwort klar. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit Glaubenshermeneutik kommt man nun mal in der historischen Forschung nicht weit.
Das kann doch die HKM genauso treffen -
Warum? Sie hat doch keine a-priori Setzung und schon gar keine Glaubensbekenntnisse. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt aber keine Quellen für diesen "wirklichen" Jesus. Es gibt nur die Textquellen.
Richtig - deshalb untersucht man sie und kommt je nach Hermeneutik (oft) zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Nur mit Glaubenshermeneutik gehörst du in die glaubensdogmatische Abteilung. Warum willst du in die historische Abteilung wechseln, für die du keine Zugangsberechtigung hast?

closs hat geschrieben: Wieso "eben"? - Du weigerst Dich fundamentalistisch zu erkennen, dass weder die HKM noch andere Exegese-Formen ihre jeweiligen Setzungen zum Gegenstand ihrer Untersuchung machen.
Wer hätte denn behauptet, dass die Forschung dies tut? :roll:
Kanoniker suchen nach Bestätigung ihres vorausgesetzten Glaubensbekenntnisses. Deshalb sind sie in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen. Sei so gut und begreife das endlich. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:warum sollen die Beschreibungen der Evangelisten hier falsch sein?
Siehst Du: Das ist wieder mal ein klassisches Beispiel für platt-überlegene Bibel-Exegese, die (hoffentlich) nicht Stil der HKM ist.
Warum sollte die Forschung die biblischen Texte ignorieren?

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschwister_Jesu

In Mt 13,55.56 EU: Jesus tritt in Nazareth auf, dort wo seine Familie bekannt ist. Zuhörer empören sich und reden untereinander: „Ist er nicht des Zimmermanns Sohn? Heißt nicht seine Mutter Maria? Und seine Brüder Jakobus, Josef, Simon und Judas?“
Quelle: Wikipedia

"Auf die Dogmatisierung der Gottesmutter auf dem Konzil von Ephesus 431 hatte die
Kirche noch eins draufgesetzt mit dem Konzil von Konstantinopel im Jahre 553. Hier
wurde gelehrt, dass Maria nicht nur bei Jesu Geburt Jungfrau war, sondern dass sie dies
auch Zeit ihres Lebens geblieben ist. Also kein Sex mit Joseph auch nach der Geburt
Jesu! Völlig infiziert war zu dieser Zeit schon das Denken mit einer Abwertung der
Geschlechtlichkeit auf der einen und einer Aufwertung der Jungfräulichkeit auf der
anderen Seite. Noch heute krankt der Katholizismus daran. Das Hymen Mariae blieb
jedenfalls auf Beschluss der altkirchlichen Theologen intakt. Maria und Josef hätten eine
Ehe ohne geschlechtlichen Kontakt geführt, eben die sogenannte Josefsehe.
Ein Problem stellt wieder einmal die Bibel dar, denn dort ist gleich von einer ganzen
Reihe von Geschwistern Jesu die Rede. Nach Mk 6,3 hatte Jesus noch mindestens vier
Brüder und zwei Schwestern, von denen sogar die Namen zumindest der Brüder bekannt
sind. Wie also die Kinder elegant beseitigen?
Mehrere Möglichkeiten boten sich an. Das sogenannte Protevangelium des Jakobus
machte (um 150 n. Chr.) aus den Geschwistern Jesu Kinder des Joseph aus einer ersten Ehe.
Durchgesetzt hat sich aber eine andere Lesart, die auf den Kirchenvater Hieronymus
zurückgeht (um 400). Hieronymus machte aus den Brüdern und Schwestern Jesu einfach
Vettern und Cousinen. Dass Joseph aus erster Ehe Kinder gehabt haben könnte, wurde
von Hieronymus verurteilt. Auch Joseph musste, ebenso wie seine Gemahlin,
„jungfräulich“ sein bis zum Tode."

Kubitza: Der Jesuswahn

closs hat geschrieben: Mit anderen Worten:
Das sind nicht "Beschreibungen der Evangelisten", sondern Deine hermeneutischen Interpretationen daraus - Davon abgesehen: Mich würde es nicht stören, wenn Jesus auch Geschwister hätte - aber das hier nicht das Thema.
Es sind sehr wohl die Beschreibungen der Evangelisten, siehe oben. :roll:
Für die Kirchenväter war es sehr wohl ein Thema, wenn sie die bizarre Vorstellung von der immerwährenden Jungfräulichkeit begründen wollten.

Auf diese Weise biegen sich die katholische Kirche und willfährige Theologen auch
heute noch die biblische Überlieferung dogmatisch zurecht. Durch die Kommentare der
katholischen Exegeten geistern heute immer noch die Vettern und Basen Jesu, weil nicht
sein kann, was nicht sein darf, nämlich dass Maria eine ganz normale Frau mit einem
ganz normalen Mann war und beide, wie für die Zeit üblich, einer ganzen Schar von
Kindern das Leben schenkten.
Als polemische Reaktion auf die Jungfrauengeburt entstand im 2. Jahrhundert die
Pantheralegende, nach der Jesus der uneheliche Sohn eines römischen Legionärs
gewesen sei und Maria möglicherweise sogar das Opfer einer Vergewaltigung. An dieser
Sensationsmeldung, die alle paar Jahre immer wieder einmal publizistisch hochgekocht
wird, ist historisch gesehen nicht das Geringste dran. Viel zu jung sind die schriftlichen
Zeugnisse darüber, zu eindeutig die Absichten, die mit der Verbreitung der Legende
verfolgt wurden. Würde man freilich den vorhin von den deutschen Bischöfen gedeckten
Überlieferungsgrundsatz annehmen, dass nämlich das Alter eines Textes nichts über
dessen Wahrheitsgehalt aussagt, dann müssten die Bischöfe auch diese absurde
historische Möglichkeit einräumen. Man kann daran sehen, wie sich Inkonsequenzen
rächen können.

Kubitza, Der Jesuswahn

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das macht die historische Forschung. Wer oder was ist Thiell?
Auch einer von denen. :lol:
Von wem???

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Das jüdische Gottesreich, bzw. Vorstellung der Gottesherrschaft hat nichts zu tun mit der späteren christlichen Umdeutung in ein jenseitiges Gottesreich.
RICHTIG - aber hier geht es darum, was JESUS gemeint hat?
Als Jude war ihm die spätere christliche Umdeutung des Gottesreiches nicht bekannt. Er war kein Christ, wollte keine Heidenmissionierung und keine neue Religion gründen. Dazu wurde er posthum mißbraucht.

closs hat geschrieben: - Warum haben ihn die Leute ständig nicht verstanden, wenn er dasselbe sagte, was sie schon wussten?
Dann hätte er eine Anhängerschaft aus Mißverständnis um sich gesammelt. :lol:
Nein, ein Sektenguru hat meist eine begrenzte Anzahl an Anhängern. Es gab ja auch gute Gründe, ihm nicht zu folgen.

closs hat geschrieben: Im Grunde könnte ich - was wirklich NICHT meine Art ist - die Sache auf den Kopf stellen und sagen:Die ontische Karte ziehst du immer, wenn dir die Ergebnisse nicht passen.
Wieso, die ontische Karte ist dein Steckenpferd. :roll:

closs hat geschrieben: Gegen Deine inbrünstige Methodik-Gläubigkeit ist Ratzinger ein Liberaler. :lol:
Bei der Aufweichung der historisch-kritischen Methode war er in der Tat zu liberal. Da bin ich erzkonservativ. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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