Alles Teufelszeug? IX

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sven23
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#931 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 31. Mai 2018, 07:05

closs hat geschrieben:Du hast jetzt knapp 10 Sätze runtergerattert, die ausnahmslos dogmatischen Charakter haben. -
Nein, glaube mir, die Forschung kommt ohne Dogmen aus. Du verwechselst das mit der Kirche.

closs hat geschrieben: Deshalb meine Zusammenfassung:
a) Die RKK nutzt die HKE unter der Bedingung der Apriori-Freiheit (Kommission 1993).
Die HKM ist per se apriorifrei, d. h. sie benötigt keine Glaubensbekenntnisse. Ohne die Glaubensbekenntnisfreiheit wäre sie gar nicht in der Forschung als wissenschaftliche Methodik einsetzbar. Und mit glaubensbekenntlichen Exegesen würde man sich an den Universitäten zum Gespött machen.

closs hat geschrieben: b) In Abgrenzung dazu ist sie an hermeneutischen Interpretationen der HKE NICHT interessiert (Ratzinger 2006).
Irrelevant. Forschung läßt sich nicht diktieren, was hinten rauszukommen hat.

closs hat geschrieben: e) Christliche Exegesen dagegen bekennen sich zu ihren Prämissen und nennen es "Glaubensentscheid" (Es ist egal, ob man es "Glaubensentscheid" oder "Prämissen" nennt - es ist dasselbe).
Kann man ja machen. Nur gehören Glaubensentscheide nicht in die Forschung, sondern in die Kirche.

closs hat geschrieben: f) Aus dem Mangel des Nicht-Bekennens rekrutiert die HKE (glaubt man Dir) den Anspruch, unter den Exegesen die einzige wissenschaftliche zu sein.
Was du eben noch gegenüber Anton goutiert hast. Ich habe versprochen, dich daran zu erinnern.
Wird diese Erkenntnis jetzt schon wieder über Bord geworfen?

closs hat geschrieben: i) INNERHALB der Theologie ist dieses Ding seit Jahrzehnten durch, ...
Man hat eine schizophrene Situation. Einerseits weiß man, dass der historische Jesus mit großer Wahrscheinlichkeit ein ganz andere war, als der legendenhafte, vergottete Christus der Kirche, andererseits hat man nicht den Mut, dies offiziell zu bekennen. Mit der Vogel-Strauß Politik ist man ja bisher gut gefahren.

closs hat geschrieben: j) Aus theologischer Sicht ist die HKE eine Disziplin, die FÜR das Textverständnis unerlässlich ist - aber sie liefert nicht das Textverständnis in Sinne von Apg. 8,30 "Verstehst Du eigentlich, was Du liest?"..
Genau das ist das Kerngeschäft der Forschung.

closs hat geschrieben: l) Es geht hier nicht um einen Kampf zwischen Wissenschaftlern, die die eine oder andere Perspektive vertreten, sondern um einen knallharten weltanschaulichen Kampf.
Richtig, unter Wissenschaftlern gibt es weitgehenden Konsens zum historischen Jesus.
Es sind die Glaubensideologen/Glaubensdogmatiker, die davon nichts wissen wollen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#932 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 31. Mai 2018, 07:17

closs hat geschrieben:Hast Du schon mal drüber nachgedacht, dass in 100 Jahren die HKE-ler als "Esoteriker" gesehen werden könnten? ("Damals gab es eine Gruppe, die sich dogmatisch darin verstiegen hat, man könne sich nur mit den methodischen Ergebnissen der HKE dem wirklichen Jesus annähern" *tuschel*).
Mit Sicherheit nicht.
Wer den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, muss sich auch mit den Kriterien für Wissenschaft messen lassen. Daran wird sich auch in 100 Jahren nichts ändern.

closs hat geschrieben: Mit anderen Worten: "Methodisches Ergebnis" heißt, Folgerichtigkeiten im Sinne einer Prämisse/Annahme zu entwickeln. -
Es heißt vor allem, eine wissenschaftliche Methodik anzuwenden.
Mit glaubensbasierten Exegesen geht das nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#933 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 31. Mai 2018, 10:09

Münek hat geschrieben:Das ist natürlich KEINE methodische Vorgabe.
Wieso denn das? - Wenn eine Methodik sagt "So machen wir es" IST das eine Vorgabe.

Münek hat geschrieben: Die historisch-kritische Exegese als wissenschaftliche Diziplin äußert sich EINFACH NICHT zu geglaubten oder behaupteten Eingriffen übernatürlicher Mächte in die Weltgeschichte. Sie begegnet in den Quellen einem Menschen der Zeitgeschichte.
Das ist doch in Ordnung. - Aber das heißt, dass es dann eine Rezeptions-Disziplin ist: "Wie wird Jesus bei unserer MEthodik von denen gesehen, die ihn rezipieren?". - Das heißt damit AUCH: "Uns geht es gar nicht primär darum, was Jesus gemeint und gedacht hat".

Münek hat geschrieben:die HKM soll sich NICHT zur Existenz oder Nichtexistenz Gottes aus ihrer wissenschaftlichen Sicht äußern. Das meint die Bibelkommission mit "apriori-frei". Meines Wissens hat sich die historisch-kritische Exegese IMMER an diese selbstverständliche Vorgabe gehalten.
Nein - wenn die HKE in ihren Vertretern davon schwadroniert, dass Jesus eine Naherwartung (in Deinem Sinne) HATTE, ist das nicht apriorifrei.

Davon abgesehen muss man auch differenzieren, was Ratzinger mit "apriorifrei" meint. - Er meint damit NICHT, dass die HKE keine methodischen Vorgaben habe (natürlich hat sie die - geht ja gar nicht anders), sondern dass die HKE nicht im Sinne dieser oder jener Religion interpretiert.

Münek hat geschrieben:Die Exegeten sind lediglich gehalten, das für den Bibelleser verständlich zu machen, was der Textverfasser zum Ausdruck bringen wollte.
Also eine Rezeptions-Disziplin aus Sicht historisch-kritischer Vorgaben - das ist ok. -- Diese Sicht gilt dann als unverzichtbar für das Verständnis - aber sie IST nicht das Verständnis.

Münek hat geschrieben:Zumindest hat er den blutigen Sühnetod Jesu zu recht als "primitive Mythologie" abgekanzelt.
Zumindestens ist das sein Glaube - ob das "zu Recht" sein Glaube ist, kann nur die Wirklichkeit entscheiden und nicht wir.

Münek hat geschrieben:Wie sollte das "Nicht-interpretieren" gehen? Exegese = Auslegung = Interpretation biblischer Texte = die Aufgabe der Exegese. Entschuldige bitte: Die Jungs an den theologischen Fakultäten machen NICHTS anderes als Bibeltexte auszulegen.
OK - dann muss man "Interpretieren" differenzieren. - Dabei würde ich unterscheiden zwischen folgenden kategorial unterschiedlichen Arten der Interpreation:

1) "Paulus wundert sich an Stelle x, dass das von Jesus bald angekündigte Gottesreich nicht da sei. - Man kann dies so auslegen, dass Paulus glaubte, Jesus habe mit 'nahem Gottesreich' gemeint, dass dieses als irdisches, äußeres Reich käme, also Pilati Sitz bald von Gott persönlich besetzt werden würde". - Das ist eine aus meiner Sicht folgerichtige und - im Sinne von Ratzinger - apriorifreie Auslegung, die sich auf den Textverfasser bezieht (und der ich - nebenbei - sogar zustimmen kann).

2) "Paulus wundert sich an Stelle x, dass das von Jesus bald angekündigte Gottesreich nicht da sei. - Man kann dies so auslegen, dass Jesus eben dieses im Verständnis Pauli verkündet hatte und auch selbst so gemeint hat - Jesus hatte also in diesem Sinne eine Naherwartung". - Das ist keine Auslegung im apriorifreien Sinne, weil sie sich auf eine Person (Jesus) bezieht, die ja entweder nur Mensch oder auch Gott ist. - Da nun aber die HKE keine Aussagen über diese Frage macht, weil sie auslegungs-mäßig unterhalb durchfliegt, kann sie auch nicht über Jesu Denken befinden.

Mit anderen Worten: Sobald die HKE die Textverfasser-Ebene verlässt und sich direkt Jesus zuwendet, muss sie sich mit Fragen beschäftigen, mit denen sie sich gerade NICHT beschäftigen will ("War Jesus nur menschlich oder auch göttlich?").

Münek hat geschrieben:Über welche Mittel verfügen sie, um die Wirklichkeit Jesu wirklich festzustellen?
Die Quellen, deren Rezeptionen und die Befähigung, eine Frage systematisch zu bearbeiten. - Was sie unterscheidet: Sie gehen Jesus nicht über die Bande an ("Was meint Paulus?"), sondern versuchen zu ermitteln, was das Original Jesus gemeint hat, FALLS er auch göttlich war.

Die Spiegelfechtereien über "Die HKE fragt nicht nach menschlich oder göttlich" ändern nichts daran, dass die HKE letztlich eine Bild gibt, das gute Chancen hat, das richtige zu sein, FALLS Jesus nur Mensch war. - Falls Jesus göttlich war, trifft die HKE seine Wirklichkeit NICHT - dafür sind eben die anderen Disziplinen da.

Münek hat geschrieben:Das ist nur über die Quellen erschließbar. Also die ureigenste Aufgabe der historisch-kritischen Bibelauslegung.
Nein - das ist irreführend. - Die HKE hat die Bibel ausschließlich historisch-kritisch auszulegen - und nicht anders (siehe Beispiele oben). - Aufgrund der verfasserorientierten Beschränkung ist da noch viel Platz nach oben, um die Bibel aus Sicht Jesu auszulegen - natürlich mit jeweiligen Vorannahmen:
1) Was hätte Jesus gemeint, wenn er nur Mensch war?
2) Was hätte er gemeint, wenn er auch Gott war?

Wie Du selbst sagst und auch die Kommission/Ratzinger meint, findet die HKE VORHER/DARUNTER statt:
"Was haben die Textverfasser gemeint, wenn man sie in historischer Methodik untersucht?" - Das ist EINE Auslegungsposition und NUR das.

Münek hat geschrieben:Und welche theologische Diziplin kennst Du, die da diesbezüglich Genaueres weiß?
Nicht "Genaueres", sondern anderes. - Nimm die vielen anderen Exegeseformen, die nicht historisch-kritisch, sondern meinetwegen biblisch-kritisch oder kanonisch interpretieren: Sie nehmen die Auslegung der HKE als Grundlage und addieren dazu noch die Annahme, dass Jesus göttlich war - meinetwegen:

1) "Paulus wundert sich an Stelle x, dass das von Jesus bald angekündigte Gottesreich nicht da sei. - Man kann dies so auslegen, dass Paulus glaubte, Jesus habe mit 'nahem Gottesreich' gemeint, dass dieses als irdisches, äußeres Reich käme, also Pilati Sitz bald von Gott persönlich besetzt werden würde". - Das ist HKE-Grundlage, die man übernimmt. - Jetzt geht es aber weiter - bspw. so:

2) "Wie ist dies auszulegen vor dem Hintergrund, dass Jesus ständig sagt "Ihr sprecht nicht meine Sprache"/"Und er wandte sich ab"/"Und sie verstanden ihn nicht", WENN man Jesus historisch als göttlich annimmt?" (Denn OB Jesus nur menschlich war oder auch göttlich, ist ja per HKE nicht ermittelbar, weil man diese Frage ausklammert, wenn man sich nur um die Textverfasser kümmert).

Oder nimm die Kerygmatik. - Selbstverständlich basiert auch die Kerygmatik auf den Quellen, nur dass sie einen anderen Schwerpunkt hat - meinetwegen: "Wie müssen wir heute Jesus verstehen, damit wir das verstehen, was Jesus historisch-wirklich war?".

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#934 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 31. Mai 2018, 10:12

sven23 hat geschrieben:Wer den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, muss sich auch mit den Kriterien für Wissenschaft messen lassen. Daran wird sich auch in 100 Jahren nichts ändern.
Das ist nicht der Punkt. - Das "Esoterische" kann darin bestehen, die Bibel mit einer unspirituell-säkularen Methodik verstehen zu wollen - "wissenschaftlich" hilft da nicht.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Mit anderen Worten: "Methodisches Ergebnis" heißt, Folgerichtigkeiten im Sinne einer Prämisse/Annahme zu entwickeln. -


Es heißt vor allem, eine wissenschaftliche Methodik anzuwenden.
Geschenkt. - Aber was nützt es, wenn "Wissenschaft" so definiert ist, dass sie ihrer Fragestellung gar nicht gerecht werden kann?

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#935 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 31. Mai 2018, 10:37

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, muss sich auch mit den Kriterien für Wissenschaft messen lassen. Daran wird sich auch in 100 Jahren nichts ändern.
Das ist nicht der Punkt. - Das "Esoterische" kann darin bestehen, die Bibel mit einer unspirituell-säkularen Methodik verstehen zu wollen - "wissenschaftlich" hilft da nicht.
Doch, genau das ist der Punkt. Wer meint, mit Glaubensbekenntnissen wissenschaftlich arbeiten zu können, der ist auf dem Holzweg. Wissenschaftlich belastbare Ergebnisse lassen sich nur mit wissenschaftlicher Methodik erzielen.
Alles andere ist glaubensideologische Kaffesatzleserei und führt zu 42000 Konfessionen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es heißt vor allem, eine wissenschaftliche Methodik anzuwenden.
Geschenkt. - Aber was nützt es, wenn "Wissenschaft" so definiert ist, dass sie ihrer Fragestellung gar nicht gerecht werden kann?
Welcher Fragestellung?
Ob Jesus göttlich war?
Diese Frage kann weder die Forschung noch die Glaubensdogmatik beantworten. Hier ist Glaube gefragt, nichts weiter.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#936 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 31. Mai 2018, 10:42

closs hat geschrieben: 2) "Wie ist dies auszulegen vor dem Hintergrund, dass Jesus ständig sagt "Ihr sprecht nicht meine Sprache"/"Und er wandte sich ab"/"Und sie verstanden ihn nicht", WENN man Jesus historisch als göttlich annimmt?"
Ja und? Du wirst doch hier im Forum auch oft nicht verstanden. Bist du deshalb göttlich? :roll:

closs hat geschrieben: Oder nimm die Kerygmatik. - Selbstverständlich basiert auch die Kerygmatik auf den Quellen, nur dass sie einen anderen Schwerpunkt hat - meinetwegen: "Wie müssen wir heute Jesus verstehen, damit wir das verstehen, was Jesus historisch-wirklich war?".
Dafür reicht die historisch-kritische Forschung.
Diese hat den Unterschied zwischen historischem Jesus und dem kirchlich verkündeten (unhistorischen) Christus zu Genüge herausgearbeitet.
Man muss es halt mal auch zur Kenntnis nehmen.

Die Kirche lebt davon, daß die Ergebnisse der wissenschaftlichen Leben-Jesu-Forschung in ihr nicht publik sind.
Hans Conzelmann
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#937 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 31. Mai 2018, 11:54

sven23 hat geschrieben:Wissenschaftlich belastbare Ergebnisse lassen sich nur mit wissenschaftlicher Methodik erzielen.
1) Tautologie
2) WAS "Wissenschaft" ist, hängt von der Definition ab.
3) Letztlich geht es um Wirklichkeit und nicht um Wissenschaft.

sven23 hat geschrieben:Ob Jesus göttlich war? Diese Frage kann weder die Forschung noch die Glaubensdogmatik beantworten.
Richtig - deshalb untersucht man in Bezug auf die Wirklichkeit BEIDE Fälle: War er's oder nicht. - Die Ergebnisse in Bezug auf die Wirklichkeit sind jeweils sehr unterschiedlich.

sven23 hat geschrieben:Du wirst doch hier im Forum auch oft nicht verstanden. Bist du deshalb göttlich?
Bring mich nicht auf Ideen ... :lol:

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Oder nimm die Kerygmatik. - Selbstverständlich basiert auch die Kerygmatik auf den Quellen, nur dass sie einen anderen Schwerpunkt hat - meinetwegen: "Wie müssen wir heute Jesus verstehen, damit wir das verstehen, was Jesus historisch-wirklich war?".


Dafür reicht die historisch-kritische Forschung.
Eben gerade NICHT. - Denn er war historisch-wirklich jemand anderes, ob er nur menschlich oder auch göttlich war. - Die HKE deckt EINE dieser Möglichkeiten ab - bzw.: Sie unterfliegt den interpretativen Bereich, wo es von Belang ist, ob er nur menschlich oder auch göttlich war - wenn sie apriorifrei bleibt.

sven23 hat geschrieben:Dafür reicht die historisch-kritische Forschung. Diese hat den Unterschied zwischen historischem Jesus und dem kirchlich verkündeten (unhistorischen) Christus zu Genüge herausgearbeitet.
Du setzt Dich auch hier wieder dem dringenden Verdacht aus, "historischen Jesus" nicht als "wissenschaftlich-methodisch-historischen Jesus", sondern als "wirklichen Jesus" misszuverstehen. - Umgekehrt gilt dasselbe: Du scheinst zu meinen, dass der "verkündete Christus" NICHT der "wirkliche Jesus" sein könne.

Das Blöde: WISSENSCHAFTLICH gelesen ist Dein zitierter Satz richtig - denn da steht: Historisch-kritischer und kerygmatischer Jesus sind zwei paar Stiefel - richtig. - Aber da steht NICHT, wer von beiden näher an der Wirklichkeit Jesu vor 2000 Jahren ist - weil das Wissenschaft gar nicht beansprucht. - Wissenschaft untersucht selbst-gewählte Modelle zur Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit selbst.

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#938 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 31. Mai 2018, 12:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wissenschaftlich belastbare Ergebnisse lassen sich nur mit wissenschaftlicher Methodik erzielen.
1) Tautologie
Nö, denn nach wie vor gilt:
Wer den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, muss sich auch mit den Kriterien der Wissenschaft messen lassen.

closs hat geschrieben: 2) WAS "Wissenschaft" ist, hängt von der Definition ab.
Eben, Glaubensbekenntnisse gehören hier nicht hin.

closs hat geschrieben: 3) Letztlich geht es um Wirklichkeit und nicht um Wissenschaft.
An die historische "Wirklichkeit" kann man sich am ehesten mit wissenschaftlicher Methodik herantasten, nicht mit Glaubensbekenntnissen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ob Jesus göttlich war? Diese Frage kann weder die Forschung noch die Glaubensdogmatik beantworten.
Richtig - deshalb untersucht man in Bezug auf die Wirklichkeit BEIDE Fälle: War er's oder nicht. -
In der wissenschaftlichen Forschung tut man das eben nicht. Du verwechselst das permanent mit der glaubensideologischen Abteilung.

closs hat geschrieben: Die Ergebnisse in Bezug auf die Wirklichkeit sind jeweils sehr unterschiedlich.
Woher will closs das wissen? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Dafür reicht die historisch-kritische Forschung.
Eben gerade NICHT. -
Doch, es ist doch gerade das Verdienst der Forschung, dass sie den legendenhaften, kerygmatischen Christus von den glaubensideologischen Übermalungen befreit hat. Zum Vorschein kommt der historische Jesus, wie er (höchstwahrscheinlich auf Grund der Quellen) war.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dafür reicht die historisch-kritische Forschung. Diese hat den Unterschied zwischen historischem Jesus und dem kirchlich verkündeten (unhistorischen) Christus zu Genüge herausgearbeitet.
Du setzt Dich auch hier wieder dem dringenden Verdacht aus, "historischen Jesus" nicht als "wissenschaftlich-methodisch-historischen Jesus", sondern als "wirklichen Jesus" misszuverstehen.
Ähm, es ist das Ziel der historischen Jesusforschung, den historischen Jesus auf Grund der Quellen zu ermitteln. Dazu dient die historisch-kritische Methode als wissenschaftlich bewährtes Werkzeug.

closs hat geschrieben: - Umgekehrt gilt dasselbe: Du scheinst zu meinen, dass der "verkündete Christus" NICHT der "wirkliche Jesus" sein könne.
Sehr unwahrscheinlich, da die theologischen Übermalungen erst posthum erfolgten (Stichwort: Ostergraben).
Nun komm mir nicht wieder mit Ausreden wie: man hat später erkannt, dass er in Wirklichkeit der Sohn Gottes war.
Man hat nichts erkannt, man wollte es so haben seitens der Schreiber. Das ist ein kleiner Unterschied.

closs hat geschrieben: Das Blöde: WISSENSCHAFTLICH gelesen ist Dein zitierter Satz richtig - denn da steht: Historisch-kritischer und kerygmatischer Jesus sind zwei paar Stiefel - richtig. - Aber da steht NICHT, wer von beiden näher an der Wirklichkeit Jesu vor 2000 Jahren ist - weil das Wissenschaft gar nicht beansprucht.
Die Forschung sagt aber auch nicht: ihr könnt alles vergessen, was wir ermittelt haben. Mit Glaubensbekenntissen kommt ihr dem historischen Jesus näher als wir das können.
Das wäre wohl dem Märchenonkel closs geschuldet.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#939 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 31. Mai 2018, 13:45

sven23 hat geschrieben:An die historische "Wirklichkeit" kann man sich am ehesten mit wissenschaftlicher Methodik herantasten, nicht mit Glaubensbekenntnissen.
Völlig offen. - Wenn man glaubt, dass Jesus göttlich war, und Jesus war es wirklich, ist man mit diesem "Glaubensbekenntnis" beim Verstehen der Texte näher an der historischen Wirklichkeit als die HKM.

sven23 hat geschrieben:In der wissenschaftlichen Forschung tut man das eben nicht.
Das meint Anton in seinem naturwissenschaftlich angehauchten Wissenschaftsverständnis ebenfalls. - Dann ist Wissenschaft, führt er fort, zu blöde für den Fall, dass Jesus göttlich ist. - Damit kann ich leben.

Dann haben wir (bei DIESER Definition von Wissenschaft) einen wissenschaftlichen Weg, der wirklichkeits-authentisch sein kann, falls Jesus nur Mensch ist - und einen nicht-wissenschaftlichen Weg, der wirklichkeitsnah hinkommt, falls Jesus auch göttlich war. - Dann haben wir zwei historisch-mögliche Wirklichkeits-Varianten, von denen die eine wissenschaftlich und die andere NICHT wissenschaftlich untersucht werden muss.

Aber wem bringt das was? Für die Wirklichkeit selber ist es egal. ---- Zumal es auch noch ganz andere wissenschafts-philosophische Definitionen von Wissenschaft gibt, die sozial- und geisteswissenschaftliche Disziplinen ganz anders unter einen Hut bringen, als dies aus kritisch-rationaler Sicht der Fall ist.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Die Ergebnisse in Bezug auf die Wirklichkeit sind jeweils sehr unterschiedlich.


Woher will closs das wissen?
Naja - wollen wir jetzt nach mehreren 1000 Posts auf Los gehen?

sven23 hat geschrieben:Doch, es ist doch gerade das Verdienst der Forschung, dass sie den legendenhaften, kerygmatischen Christus von den glaubensideologischen Übermalungen befreit hat.
Das ist ideologisches Gerede. - Die HKE hat eine andere Perspektive zur Wirklichkeit eingebracht, die in mancher Hinsicht heilsam war - mehr nicht.

sven23 hat geschrieben:Ähm, es ist das Ziel der historischen Jesusforschung, den historischen Jesus auf Grund der Quellen zu ermitteln.
Wenn Du damit den historisch-wirklichen Jesus meinst, ist das das Ziel ALLER Exegesen und sogar der Kerygmatik. - Wenn Du es methodisch meinst, sagst Du nur, dass es AUCH die HKM gibt, die dies auf ihre Weise versucht.

sven23 hat geschrieben:Sehr unwahrscheinlich, da die theologischen Übermalungen erst posthum erfolgten
Das kann im Einzelfall richtig sein - aber im Ganzen ist es nur aus HKE-Sicht "unwahrscheinlich" - in Bezug auf "Wirklichkeit" nicht maßgeblich.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung sagt aber auch nicht: ihr könnt alles vergessen, was wir ermittelt haben.
Das sagt keine Forschung. - Sie wird eher sagen: "Wir haben uns ein Modell ausgesucht, bei dem wir hoffen, dass es authentisch ist zur Wirklichkeit.

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#940 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 31. Mai 2018, 18:14

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:An die historische "Wirklichkeit" kann man sich am ehesten mit wissenschaftlicher Methodik herantasten, nicht mit Glaubensbekenntnissen.
Völlig offen. - Wenn man glaubt, dass Jesus göttlich war, und Jesus war es wirklich, ist man mit diesem "Glaubensbekenntnis" beim Verstehen der Texte näher an der historischen Wirklichkeit als die HKM.
Tja, wenn das Wörtchen wenn nicht wär. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der wissenschaftlichen Forschung tut man das eben nicht.
Das meint Anton in seinem naturwissenschaftlich angehauchten Wissenschaftsverständnis ebenfalls. - Dann ist Wissenschaft, führt er fort, zu blöde für den Fall, dass Jesus göttlich ist. -
Wissenschaft ist nicht zu blöde, wenn sie sich nicht mit nicht Falsifizierbarem beschäftigt. Man könnte ja umgekehrt fragen, wie blöde sind eigentlich diejenigen, die nicht Falsifzierbares zu ihrem Lebensinhalt machen?

closs hat geschrieben: Dann haben wir (bei DIESER Definition von Wissenschaft) einen wissenschaftlichen Weg, der wirklichkeits-authentisch sein kann, falls Jesus nur Mensch ist - und einen nicht-wissenschaftlichen Weg, der wirklichkeitsnah hinkommt, falls Jesus auch göttlich war. - Dann haben wir zwei historisch-mögliche Wirklichkeits-Varianten, von denen die eine wissenschaftlich und die andere NICHT wissenschaftlich untersucht werden muss.
Aber wem bringt das was?
Dir offenbar nichts, sonst würdest du nicht auf der Wissenschaftlichkeit glaubensbasierter Exegesen bestehen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Die Ergebnisse in Bezug auf die Wirklichkeit sind jeweils sehr unterschiedlich.
Woher will closs das wissen?
Naja - wollen wir jetzt nach mehreren 1000 Posts auf Los gehen?
Auch in deinen letzten 1000 Posts hast du nichts zur Erhellung der "Wirklichkeit" beitragen können. Deshalb die Frage, woher du wissen willst, dass die "Ergebnisse in Bezug auf die Wirklichkeit jeweils sehr unterschiedlich sind".

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch, es ist doch gerade das Verdienst der Forschung, dass sie den legendenhaften, kerygmatischen Christus von den glaubensideologischen Übermalungen befreit hat.
Das ist ideologisches Gerede. - Die HKE hat eine andere Perspektive zur Wirklichkeit eingebracht, die in mancher Hinsicht heilsam war - mehr nicht.
Ja, sie hat eine wissenschaftliche Perspektive eingebracht, die im krassen Gegensatz zur kirchlichen Glaubensideologie steht.

sven23 hat geschrieben:Ähm, es ist das Ziel der historischen Jesusforschung, den historischen Jesus auf Grund der Quellen zu ermitteln.
Wenn Du damit den historisch-wirklichen Jesus meinst, ist das das Ziel ALLER Exegesen und sogar der Kerygmatik. - Wenn Du es methodisch meinst, sagst Du nur, dass es AUCH die HKM gibt, die dies auf ihre Weise versucht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sehr unwahrscheinlich, da die theologischen Übermalungen erst posthum erfolgten
Das kann im Einzelfall richtig sein - aber im Ganzen ist es nur aus HKE-Sicht "unwahrscheinlich" - in Bezug auf "Wirklichkeit" nicht maßgeblich.
Wie gesagt: die clossche Wirklichkeit als Strohalm.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung sagt aber auch nicht: ihr könnt alles vergessen, was wir ermittelt haben.
Das sagt keine Forschung. - Sie wird eher sagen: "Wir haben uns ein Modell ausgesucht, bei dem wir hoffen, dass es authentisch ist zur Wirklichkeit.

Darauf kannst du einen lassen.

"Jesus stand in der jüdischen Tradition, war von antirömischer Gesinnung, glaubte an das baldige Ende der bestehenden Welt und das unmittelbar bevorstehende Anbrechen des irdischen Gottesreiches. Mit der Auffassung des Christentums ist dieser Befund unvereinbar." ... "Wie konnte nun aus dieser ethnozentrisch- apokalyptischen Lehre des Nazareners die Weltreligion des Christentums werden? Entscheidend war hier in erster Linie Paulus: Er, der Jesus nicht mehr persönlich kennenlernte, prägte die weitere Geschichte der Religion so maßgeblich, dass man eigentlich vom paulinischen Christentum sprechen muss." ... "Entscheidend für das Überleben des Christentums, war die massive Veränderung und Adaptierung der Lehre, sodass am Ende vom ursprünglichen Kern nichts mehr übrigblieb. Während die paulinische Variante zur Weltreligion avancierte, verschwanden die Anhänger der Urlehre sehr bald im Dunkel der Geschichte."
Dr. Ronald Bilik
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