Alles Teufelszeug? IX

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#921 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Mi 30. Mai 2018, 18:41

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der hermeneutische Zirkel ist nichts anderes als ein Euphemismus für Zirkelschluss.
Nach Deiner EINEN Definition von "Zirkelschluss" ist da was dran - aber wie gesagt: Dann wäre auch die HKE zirkelschlüssig, was ich für unsinnig halten. - Aus meiner Sicht sollte man "Fehler in der Beweisführung" (Zirkelschluss) und "hermeneutische Schlussfolgerung" trennen - Du tust dies nur nach eigenem Bedarf.
Nein, denn die historisch-kritische Forschung kann gar nicht zirkelschlüssig arbeiten, da sie apriorifrei ist, also keine vorangestellten Gaubensbekenntnisse benötigt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.
Das "während seines Lebens" würde ich nachfragen, da man die Nahewartung auch auf den Kreuzestod beziehen kann - ansonsten ist dieser Satz neutral gelesen richtig.
Den Kreuzestod hat er weder vorhergesehen noch gewollt, auch das ist Konsens in der Forschung. Es ging ihm, wie seinem Vorbild Johannes dem Täufer, um die Zeitenwende, die mit der Herrschaft Gottes auf Erden verbunden war und die seiner Meinung nach unmittelbar bevorstand.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Falls du es nicht verstehst, haben Bultmann und Rahner es für dich übersetzt,
Bei Bultmann verwundert das nicht, da seine diesbezüglichen Setzungen bekannt sind. - Bei Rahner müsste der Text außenrum gelesen werden: Da Du es sicher weißt, wirst Du sagen können, ob Rahner Jesus unterstellt, dass dessen Naherwartung "haptischer" Natur war, also im Sinne des damaligen Volksglaubens.
Die Gottesreichvorstellungen sind selbstverständlich im damaligen jüdischen Glaubenskontext zu sehen, nicht in der späteren christlichen Umdeutung. Der Irrtum bleibt bestehen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hans Conzelmann --- Lüdemann
Beide sind Kampfrosse für eine ganz bestimmte Weltanschauung - natürlich haben sie das Recht, dieser Weltanschauung Nachdruck zu verleihen. - Aber das hat doch nichts mit Wissenschaft zu tun.
'Ähm, doch, sie beziehen sich auf die Forschungsergebnisse, die erstaunlich homogen sind. (wenn man wissenschaftliche Maßstäbe anlegt).

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ähm, indirekt tun das Kanoniker schon, denn ihr einziges Bestreben besteht darin, ihre Vorannahmen zu bestätigen
Das einzige Bestreben von Bayern München ist das Oktoberfest. :lol: - Wie oft noch? KEINE Wissenschaft untersucht ihre Vorannahmen.
Vor allem ist Kanonik keine Wissenschaft.

closs hat geschrieben: Richtig ist allerdings: Wenn im Verlauf des hermeneutischen Zirkels eine Forschung sinnlos wird, weil die Vorannahmen dies nicht ermöglichen, muss man aufhören. - Wenn also Jesus morgen als göttlich ERWIESEN werden würde, würde die HKE ihren hermeneutischen Teil einstampfen müssen - genauso wie die Kanoniker ihre Exegese (die ja eh hermeneutisch ist) einstampfen müsste, wenn Jesus als "nur Mensch" ERWIESEN wäre. - Aber wie soll dieser Beweis erfolgen?.
Eben, deshalb arbeitet die Forschung nicht mit solchen Hirngespinsten. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Selbst Ratzinger gibt zu, dass die HKM apriorifrei ist, also keine Glaubensbekenntnisse benötigt.
Er "gibt es nicht zu", sondern er nimmt DIE HKE, die apriorifreie Ergebnisse erbringt, als wichtigen Teil in der Theologie auf. - Das heißt: Er lehnt hermeneutische Aussagen wie "Jesus hatte eine Naherwartung (in Deinem Verständnis)" als nicht-apriorifrei ab.
Er kann das aus ideologischen Gründen so viel ablehnen, wie er will, es ändert nichts und vor allem kann er es nicht widerlegen. Das ist aber auf wissenschaftlicher Ebene unabdingbar.

closs hat geschrieben: - Falls es mit folgendem Beispiel klar wird: Ratzinger lässt nur DIE HKE auf die Straße, den den EU-6-Kriterien entspricht - alles andere hat Fahrverbot".
Nun ist Ratzinger kein Verkehrsminister und der Forschung kann er nicht vorschreiben, dass diese Glaubensbekenntnisse einbauen soll. Diese Macht hat auch ein Ex-Papst heute nicht mehr. Recht so.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weißt du überhaupt, was eine Prosopopoiia ist?
Allgemein schon, aber nicht, was das hier zu suchen hat.
Ähm, der Teil der Forschung, der Paulus den Hals retten will, deklariert Römer 13,7 zur Prosopopoiia, obwohl hier die Markierung fehlt, wie bei anderen antiken Autoren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Paradigmenwechsel bestand darin, dass der Endzeitprophet und Apokalyptiker Jesus die Gottesherrschaft als unmittelbar bevorstehend angesehen hat.
Was Du darunter verstehst, ist Hermeneutik - Jesus meinte es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders.
Ähm, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit meinte er es genau so.
Es reicht nicht, zu sagen, ich hätte das aber aus glaubensideologischen Gründen gerne anders.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, die Aussagen bleiben bestehen. Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen.... oder Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel... sind eindeutig und bedürfen keiner ideologischen Umdeutung.
Natürlich sind apriorifreie Aussagen in jedem Fall möglich. - Aber dann geht es doch erst hermeneutisch los?
* Was meint der Autor?
Der Autor hat diese für authentisch gehaltenen Worte Jesu aus dem ältesten Überlieferungsgut übernommen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, die Aussagen müssen eben nicht uminterpretiert werden, das ist Sache der Glaubensideologen
Weder naturalistische noch christliche Hermeneutiker sind "Glaubensideologen" oder "zirkelschlüssig", sondern der Versuch, sich der Wirklichkeit zu nähern.
Nein, diesen Anspruch kann nur die historische Forschung erheben. Glaubensideologen basteln sich ihre eigene Wirklichkeit zusammen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Selbst die päpstliche Bibelkommission weiß, dass es einen Unterschied zwischen historischem Jesus und kirchlicher Überlieferung gibt
Moment - historisch (-methodischer) und kirchlicher Jesus ringen darum, wer näher am wirklichen Jesus dran ist.
Mit Glaubensideologie ist man der historischen Wahrheit noch nie besonders nahe gekommen. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:deshalb kam sie an der historisch-kritischen Methode nicht vorbei.
Sie hat die historisch-kritische Methodik in Bezug auf ihre apriorifreien Aussagen in die Theologie aufgenommen - siehe 1993. - Dazu steht die RKK bis heute.
Nein, die HKM ist unverzichtbar, wenn man sich an den Unversitäten nicht zum Gespött machen will.
Wie sie arbeitet, ist kein Geheimnis, ebenso wenig wie die Ergebnisse.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:LMU, München
Gutes Zitat - aber Achtung: Interpretiere es jetzt nicht schon wieder so, als sei "historisch(-methodisch)" und "wirklich" dasselbe. - Es geht NICHT um einen Gegensatz zwischen "wirklich" und "kirchlich", sondern um verschiedene Methodiken hin zur Wirklichkeit. - Dass die Kirche in ihrer Geschichte gelegentlich Sachen eingebaut hat, die vermutlich nicht "wirklich" sind, ist ja richtig. - Aber der Eindruck, es stünde ein historisch-kritischer "wirklicher" einem kirchlichen "unwirklichen" Jesus gegenüber, kann nur ideologisch und vor allem mit Unwissenheit erklärt werden.
Nein, es ist die Befundlage von 250 Jahren historischer Forschung. Schweizer hat es auf den Punkt gebracht:

Der Jesus der Evangelien hat nie existiert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#922 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Mi 30. Mai 2018, 19:24

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dieses Verständnis setzt sie bei den historisch-kritisch arbeitenden Exegeten SELBSTVERSTÄNDLICH voraus.
Geht doch auf apriorifreier Ebene gar nicht. - Natürlich kann ein HKE-ler die spirituelle Befähigung haben, die er aber innerhalb einer apriorifreien HKE nicht anwenden darf - da muss er sich disziplinieren. - Vergiss nicht: In der Wissenschaft ist der methodische Weg im Zwiefelsfall wichtiger als das Ergebnis.
Richtig, ein unerwünschtes Ergebnis darf nicht dazu verführen, die Methodik unsauber anzuwenden oder gar zu verlassen und durch Glaubensbekenntnisse zu kontaminieren.
Denn im Gegensatz zur Forschung wissen Kanoniker schon vorher, welches Ergebnis sie in Übereinstimmung mit ihrem vorangestellten Glaubensbekenntnis "herausfinden" werden. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#923 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mi 30. Mai 2018, 20:02

sven23 hat geschrieben: ...
Du hast jetzt knapp 10 Sätze runtergerattert, die ausnahmslos dogmatischen Charakter haben. - Nun ist es nicht meine Hoffnung, Dich davon wegbringen zu können - meine Antworten haben zwei andere Gründe:
1) Manchmal sind Sachen dabei, die man tatsächlich noch mal nachschlagen muss - ich lerne also in der Tat immer wieder mal dazu.
2) Mit geht es um die Mitleser, die mitkriegen sollen, dass man sooo die Theologie nicht über den Tisch ziehen kann.

Deshalb meine Zusammenfassung:
a) Die RKK nutzt die HKE unter der Bedingung der Apriori-Freiheit (Kommission 1993).
b) In Abgrenzung dazu ist sie an hermeneutischen Interpretationen der HKE NICHT interessiert (Ratzinger 2006).

c) Die HKE nimmt eine Perspektive ein, aus der Jesus nicht interpretiert werden kann, als sei er göttlich - selbst wenn er es wirklich in der Geschichte war.

d) Das Problem ist NICHT, dass die HKE diese Perspektive hat, sondern dass sie sich (glaubt man Dir) nicht zu deren Prämissen bekennt.
e) Christliche Exegesen dagegen bekennen sich zu ihren Prämissen und nennen es "Glaubensentscheid" (Es ist egal, ob man es "Glaubensentscheid" oder "Prämissen" nennt - es ist dasselbe).

f) Aus dem Mangel des Nicht-Bekennens rekrutiert die HKE (glaubt man Dir) den Anspruch, unter den Exegesen die einzige wissenschaftliche zu sein.
g) Aus dieser per Erkenntnis-Mangel erlangten Position rekrutiert sie (glaubt man Dir) weiterhin den Anspruch, die einzige Instanz zu sein, die das Denken und Meinen Jesu vor 2000 Jahren bewerten könne.

h) Somit erscheint dem unbedarften Außenstehenden die HKE als Maßstab für die Bewertung dessen, was Jesus "wirklich" war. (Das ist das wirklich Gefährliche an der Sache)
i) INNERHALB der Theologie ist dieses Ding seit Jahrzehnten durch, kann also dort zunächst keinen Schaden anrichten - außer dadurch, dass immer mehr Menschen Theologie studieren, die dies nicht durchschauen. - Die Theologie kann somit von innen heraus zersetzt werden (siehe Ratzinger 2006).

j) Aus theologischer Sicht ist die HKE eine Disziplin, die FÜR das Textverständnis unerlässlich ist - aber sie liefert nicht das Textverständnis in Sinne von Apg. 8,30 "Verstehst Du eigentlich, was Du liest?".

k) Aus interner Profisicht ist der Kontrast zwischen HKE und Theologie bei weitem nicht so stark, wie er von Dir dargestellt wird. - Ein echter HKE-Profi weiß, dass er Jesu Wirklichkeit unter EINER bestimmten Perspektive untersucht - und damit weiß er ebenfalls, dass er zu anderen Ergebnissen käme, wenn er dieselbe Frage nach der Wirklichkeit Jesu aus anderer Perspektive untersuchen würde.

l) Es geht hier nicht um einen Kampf zwischen Wissenschaftlern, die die eine oder andere Perspektive vertreten, sondern um einen knallharten weltanschaulichen Kampf.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#924 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Do 31. Mai 2018, 00:17

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ergo: Der gottesfürchtige Prophet aus Nazareth war nur ein Kind seiner Zeit und teilte deren Irrtümer. Nix göttlich.
Genau das meine ich: Du verstehst die Bibel aus DEINER Hermeneutik, unterstellst Jesus die Ergebnisse daraus UND bestehst dann noch darauf, dass diese Ergebnisse apriorifrei entstanden seien. - Besser hätte man das Problem nicht zeigen können, als Du mit Deinen Ausführungen.
Es gibt keine Probleme. Du willst etwas herbeireden, was nicht existiert.

Der gottesfürchtige Prophet aus Galiläa war NATÜRLICH nur ein Kind seiner Zeit und teilte deren mythologischen Irrtümer. Beispiele habe ich gebracht. Darauf bist Du nicht eingegangen.


Der renommierte Theologe Hans Küng hat eingeräumt, dass Jesus ebenso wie seine erste Gemeinde und Paulus "im Zustand apokalyptisch vorgestellter Naherwartung lebte und verkündigte und dass dieser "Verstehensrahmen ...durch die geschichtliche Entwicklung überholt" ist. Eine glasklare Aussage. Allerdings sucht Küng diesen Irrtum dadurch zu verharmlosen, dass er ihn einer für die Zeit charakteristischen Weltanschauung zuschreibt, "die Jesus mit seinen Zeitgenossen teilte."

Küng umschreibt euphemistisch, dass sich Jesus in seiner Naherwartung geirrt hat.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#925 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Do 31. Mai 2018, 00:50

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:- am liebsten (insgeheim) würde Ratzinger die historisch-kritische Exegese zum Teufel schicken
In apriorifreiem Auftritt ist das nicht nötig.
Ratzinger hat der historisch-kritischen Exegese NIE vorgeworfen, ihren Textinterpretationen apriorische Glaubensannahmen zu Grunde zu legen. Mit dieser Annahme liegst Du schief - und kannst sie nicht belegen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: immerhin erfährt man, wie Du die HKM ein- und herabstufst.
Die apriorifreie HKE ist in keiner Weise gemeint - es geht nur um die hermeneutische HKE.
Ich sage es jetzt mal ganz leise: Die INTERPRETATION biblischer Texte (= Auslegung) ist innerhalb der Theologie die Hauptaufgabe der historisch-kritischen Bibelexegese. Da wird nicht zwischen Sachaussagen und Textauslegung unterschieden.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dieses Verständnis setzt sie bei den historisch-kritisch arbeitenden Exegeten SELBSTVERSTÄNDLICH voraus.
Geht doch auf apriorifreier Ebene gar nicht.
Natürlich geht das. Um die biblischen Aussagen in ihrer ganzen Tragweite zu verstehen, muss man nicht gläubig sein. Aber ganz unwissend - lieber closs - sollte man auch nicht sein. Als Theologie-Experte hast Du Dich auf jeden Fall bislang nicht hervorgetan. ;)

closs hat geschrieben:Vergiss nicht: In der Wissenschaft ist der methodische Weg im Zwiefelsfall wichtiger als das Ergebnis.
Das spricht ja gerade für die HKM, die kein vorgegebenes Resultat ansteuert, sondern wirklich ergebnisoffen forscht.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#926 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 31. Mai 2018, 01:07

Münek hat geschrieben:Der gottesfürchtige Prophet aus Galiläa war NATÜRLICH nur ein Kind seiner Zeit und teilte deren mythologischen Irrtümer.
Das ist eine knallharte Prämisse.

Münek hat geschrieben:Küng umschreibt euphemistisch, dass sich Jesus in seiner Naherwartung geirrt hat.
Das darf er doch meinen - aber damit muss er doch nicht recht haben. - Es ist und bleibt eine Frage der perspektive, zu welchem ERgebnis man kommt.

Münek hat geschrieben:Ratzinger hat der historisch-kritischen Exegese NIE vorgeworfen, ihren Textinterpretationen apriorische Glaubensannahmen zu Grunde zu legen.
Solange sie ihre Ergebnisse als methodische ERgebnisse deklarieren, ist das auch nicht nötig. - In dem Moment aber, in dem der Eindruck entsteht, die HKE sei exklusiv zuständig für die Ermittlung Jesu Wirklichkeit in der Geschichte, wird es kriminell. - Denn die HKE hat nur dann das richtige Modell, wenn Jesus nur Mensch ist.

Münek hat geschrieben:Um die biblischen Aussagen in ihrer ganzen Tragweite zu verstehen, muss man nicht gläubig sein.
Aber spirituell involviert muss man sein - und genau das widerspricht dem, was Du als "apriorifrei" bezeichnest. - Das ist doch der Grund, warum Ratzinger die HKE als unverzichtbar FÜR das Verständnis der Bibel bezeichnet, aber nicht als letzte Instanz des Verständnisses selbst.

Münek hat geschrieben:Das spricht ja gerade für die HKM, die kein vorgegebenes Resultat ansteuert, sondern wirklich ergebnisoffen forscht.
Das ist aus Deinem Munde euphemistisch. - "Methodisches Ergebnis" heißt "Da müssen wir durch, auch wenn das Ergebnis falsch ist".

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#927 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Do 31. Mai 2018, 01:15

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass sich die "Heilsgeschichte" seit Jesus unter ganz neuen Bedingungen "evolutioniert" haben soll, ist allerdings nur Deine Glaubensannahme.
Das ist eine textlich belegbare Aussage auf Basis einer hermeneutischen Vorannahme - genau der Weg, der zu Apg. 8,30 führt.
Versuchs mal ohne "hermeneutische Vorannahmen". Oder klappt es dann nicht mehr mit dem persönlichen Glaubenskonstrukt?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit solchen Wunschvorstellungen hat die historisch-kritische Exegese selbstverständlich nichts am Hut.
Dann muss sie Wasserträger bleiben.
Jawoll! Theologie-Professoren der Exegese - diese Degradierung zum "Wasserträger" habt ihr euch selbst zuzuschreiben, weil ihr kirchlich-theologischen Wunschvorstellungen (Glaubensdogmen) nicht gefolgt seid.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich denke, die historisch-kritische Exegese ist diesbezüglich voll auf der Höhe. Die ist schon seit über 200 Jahren voll im Geschäft und da waren und sind Profis an der wissenschaftlichen Front. Denen kannst Du nichts vormachen.
Ob sich die HKE über den Unterschied zwischen apriorifreien und hermeneutischen Ergebnissen klar ist, bin ich nicht sicher.
Das macht nix. Du bist Laie - und kannst das nicht kompetent beurteilen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Was nützt Dir die ausgefeilteste Hermeneutik, wenn die Prämisse nicht stimmt (Plausibilität, Evidenz).
Stimmt - aber das richtet sich üblicherweise im hermeneutischen Zirkel.
Nee - das tut es eben nicht. Sieh`Dich um im esoterischen Bereich.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#928 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 31. Mai 2018, 01:35

Münek hat geschrieben:Versuchs mal ohne "hermeneutische Vorannahmen".
Es geht auch nach HKE-Regeln - aber sogar diese sind hermeneutische Vorannahmen: "Wir untersuchen jetzt mal so, als wären ältere Quellen bei der Beurteilung Jesu authentischer zu dem, was Jesus denkt und meint, als jüngere".

Im anderen Thread vertritt Anton eine interessante Meinung, die zwischen uns liegt und unzulässig verkürzt lautet:
1) Nur HKE kann wissenschaftlich sein, weil nur sie im Rahmen des Naturalistischen bleibt.
2) Fall Jesus göttlich war, ist es halt für die Tonne - dann kann Wissenschaft nichts ausrichten.

Könnte ich mit leben.

Münek hat geschrieben:Theologie-Professoren der Exegese - diese Degradierung zum "Wasserträger" habt ihr euch selbst zuzuschreiben, weil ihr kirchlich-theologischen Wunschvorstellungen (Glaubensdogmen) nicht gefolgt seid.
Nein - weil Ihr nach eigenen Vorgaben da aufhört, wo Apg. 8,30 anfängt.

Münek hat geschrieben:Du bist Laie - und kannst das nicht kompetent beurteilen.
Wichtig wäre, dass es die Betroffenen beurteilen können. - Das ist NICHT sicher, weil doch sehr die Tendenz besteht, dass man methodische Ergebnisse mit "Wirklichkeits-Nähe" gleichsetzt. - Man merkt das bei Sven, der zwar - wie wir alle hier - Laie ist, aber mit seiner Gleichsetzung von historisch-methodisch und historisch-wirklich etwas vertreten könnte, was in HKE-KReisen genauso gesehen wird.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
Was nützt Dir die ausgefeilteste Hermeneutik, wenn die Prämisse nicht stimmt (Plausibilität, Evidenz).

Stimmt - aber das richtet sich üblicherweise im hermeneutischen Zirkel.


Nee - das tut es eben nicht. Sieh`Dich um im esoterischen Bereich.
Hast Du schon mal drüber nachgedacht, dass in 100 Jahren die HKE-ler als "Esoteriker" gesehen werden könnten? ("Damals gab es eine Gruppe, die sich dogmatisch darin verstiegen hat, man könne sich nur mit den methodischen Ergebnissen der HKE dem wirklichen Jesus annähern" *tuschel*).

Mit anderen Worten: "Methodisches Ergebnis" heißt, Folgerichtigkeiten im Sinne einer Prämisse/Annahme zu entwickeln. - Wenn diese Prämisse/Annahme nicht verquer ist, kann man damit in der Tat einen Hermeneutischen Zirkel sehr lange drehen lassen. - Insofern sind Vorannahmen wie "naturalistischer Wirkungszusammenhang der Geschichte" oder "Jesus war göttlich" von anderer Qualität als "Spaghettimonster".

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#929 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Do 31. Mai 2018, 02:16

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Exegese soll bei ihrer Auslegung biblischer Texte KEINE Vorannahme als Setzung (Prämisse) treffen, dass ein Heilspläne schmiedender Gott existiert ODER nicht existiert.
1) Das ist eine methodische Vorgabe, die ok ist.
Das ist natürlich KEINE methodische Vorgabe. Historiker wissen natürlich, dass es diesen Glauben gab und gibt. Das wars aber auch schon. Ergo: Irrelevant. Unwichtig. :)

closs hat geschrieben:2) Davon abgesehen wird dieses Lippen-Bekenntnis dadurch apriori unterlaufen, dass man bei kritisch-rationaler Untersuchung der Bibel Jesus nur als Mensch annehmen kann, weil er nur das nachweislich ist.
Das ist kein Lippenbekenntnis. Die historisch-kritische Exegese als wissenschaftliche Diziplin äußert sich EINFACH NICHT zu geglaubten oder behaupteten Eingriffen übernatürlicher Mächte in die Weltgeschichte. Sie begegnet in den Quellen einem Menschen der Zeitgeschichte.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das ist für mich apriorifrei - und so und nicht anders hat es auch die "Päpstliche Bibelkommission" gemeint.
Richtig,
Na also - die HKM soll sich NICHT zur Existenz oder Nichtexistenz Gottes aus ihrer wissenschaftlichen Sicht äußern. Das meint die Bibelkommission mit "apriori-frei". Meines Wissens hat sich die historisch-kritische Exegese IMMER an diese selbstverständliche Vorgabe gehalten.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:aber gerade das lehnt die "Päpstliche Bibelkommission" ausdrücklich ab.
Nein - die HKE KANN nicht geistig interpretieren, wenn sie "Geist" apriorisch ausschließt.
Über "geistige Interpretation" verliert die "Päpstliche Bibelkommission" zu recht kein Wort. Was sollte das sein? Die Exegeten sind lediglich gehalten, das für den Bibelleser verständlich zu machen, was der Textverfasser zum Ausdruck bringen wollte.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Großtheologe Bultmann war im Übrigen tiefgläubiger Christ, der sich nur nicht vorstellen konnte, dass es Gott nötig hat, mit übernatürlichen "Wundern" dann und wann in die Weltgeschichte einzugreifen.
So war das wohl. - Im Grunde hat er sich eine Exegese gebastelt, die seinem Glauben entspricht.
Zumindest hat er den blutigen Sühnetod Jesu zu recht als "primitive Mythologie" abgekanzelt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die HKM braucht keine "Vorschalte".
Aber nur dann, wenn sie NICHT interpretiert.
Wie sollte das "Nicht-interpretieren" gehen? Exegese = Auslegung = Interpretation biblischer Texte = die Aufgabe der Exegese. Entschuldige bitte: Die Jungs an den theologischen Fakultäten machen NICHTS anderes als Bibeltexte auszulegen.

Ihre Interpretationen sind selbstverständlich "Sachaussagen".

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#930 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Do 31. Mai 2018, 02:56

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es geht in der historisch-kritischen Exegese um HISTORIE und nicht um den Inhalt des GLAUBENS an die Existenz transzendenter Welten und Wesen.
Anderen Disziplinen geht es um die Wirklichkeit Jesu vor 2000 Jahren:
Über welche Mittel verfügen sie, um die Wirklichkeit Jesu wirklich festzustellen?

closs hat geschrieben:Was hat er wirklich gedacht und gemeint?
Das ist nur über die Quellen erschließbar. Also die ureigenste Aufgabe der historisch-kritischen Bibelauslegung.

closs hat geschrieben:Solche Diszplinen heißen dann zwar nicht "historisch", haben aber trotzdem mit Historie zu tun, weil das, was Jesus wirklich gemeint und gedacht hat, nun mal vor 2000 Jahren in der Historie stattfand.
Und welche theologische Diziplin kennst Du, die da diesbezüglich Genaueres weiß?

Gesperrt