Alles Teufelszeug? II

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Münek
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#91 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Fr 11. Mär 2016, 20:45

Halman hat geschrieben:Du vermengst die katholische Dogmatik mit der kanonischen Exegese, ohne diesen Zusammenhang logisch zu begründen. Wenn die katholische Kirche in ihrer dogmatischen Theologie die Irrtumslosigkeit der Bibel vorraussetzt, so müsstest Du erstmal logisch nachweisen, dass dies auf Basis der kanonischen Exegese erfolgt. Ich behaupte, dass die katholische Kirche schon immer so eine Position vertrat, dazu gehört auch die Auffassung, dass die Bibel eine Einheit bildet. Die kanonische Exegese kam als "Werkzeug" hinzu, um diesen Aspekt nun exegetisch begründen zu können. Damit kann man aber nicht die Irrtumslogikeit der Bibel begründen, diese kann man nur aus religiösem Grund vorraussetzen.

Zustimmung. Die Irrtumslosigkeit der Schrift wird nicht von Ergebnissen der kanonischen Exegese hergeleitet.

Ich stimme weiterhin Deiner Behauptung zu, dass die (katholische) Kirche schon
immer die dogmatische Position der Irrtumslosigkeit der Schrift vertrat, also ei-
ne Sache des Glaubens war und ist.

Nach Ratzingers Auffassung setzt die kanonische Exegese einen deutlichen "Glaubensentscheid" voraus. Damit meint er,
dass die "wirkliche Auslegung" der Texte nur dann erfolgen kann, wenn der Glaube, aus dem sie geschrieben sind und den
sie bezeugen, von den Exegeten angenommen und geteilt wird. Mit dieser Methodenwahl setzt er sich aber klar von der historisch-kritischen Auslegung und damit von der Wissenschaft ab. Seine favorisierte Methode ist unwissenschaftlich.

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Savonlinna
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#92 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Fr 11. Mär 2016, 20:55

Thaddäus hat geschrieben:Wichtig ist einzig und allein, ob die kanonische Exegese oder auch die Ratzinger-Exegese faktisch Irrtumslosigkeit voraussetzen oder nicht. Und mir scheint das zweifelsfrei der Fall zu sein.
Da wollen wir dann mal sorgfältig untersuchen.

Thaddäus hat geschrieben:In dem Augenblick aber, in dem kanonische oder Ratzinger-Exegese von wem auch immer als wissenschaftliche Alternative zur historisch-kritischen Methode behauptet wird [...], dann ist dem in aller Deutlichkeit zu widersprechen und zwar - wie ich ernsthaft meine - aus Gründen exakt der intellektuellen und wissenschaftlichen Redlichkeit.
Das ist dann aber ein anderer Punkt und hat nichts mit Irrtunslosigkeit zu tun.

Ich habe bereits früher, und zu Dir, geschrieben, dass es in der Literaturwissenschaft die Rezeptionsforschung gibt, die eine wissenschsftliche Methodik anwendet.
Die kanonische Forschung, so wie Ratzinger sie beschreibt, wäre eine Unterform der Rezeptionsforschung.
Sie würde an die historisch-kritische Forschung anschließen und untersuchen, wie die kanonische Exegese - die ja de facto angwandt wurde - verlaufen ist. In meinen Augen ist das klar wissenschafttlich möglich.

Interessant ist aber, dass Ratzinger selber keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt:

Ratzinger hat geschrieben:Gewiss, die christologische Hermeneutik, die in Jesus Christus den Schlüssel des Ganzen sieht und von ihm her die Bibel als Einheit sieht und von ihm her die Bibel als Einheit zu verstehen lernt, setzt einen Glaubensentscheid voraus und kann nicht aus purer historischer Methode hervorkommen. Aber dieser Glaubensentscheid trägt Vernunft - historische Vernunft - in sich und ermöglicht es, die innere Einheit der Schirft zu sehen und so auch ihrere einzelnen Wegstücke nue zu verstehen, ohne ihnen ihre historische Originalität wegzunehmen.
"Jesus 1", S. 18
Zuletzt geändert von Savonlinna am Fr 11. Mär 2016, 21:02, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#93 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Fr 11. Mär 2016, 20:58

Münek hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Du vermengst die katholische Dogmatik mit der kanonischen Exegese, ohne diesen Zusammenhang logisch zu begründen. Wenn die katholische Kirche in ihrer dogmatischen Theologie die Irrtumslosigkeit der Bibel vorraussetzt, so müsstest Du erstmal logisch nachweisen, dass dies auf Basis der kanonischen Exegese erfolgt. Ich behaupte, dass die katholische Kirche schon immer so eine Position vertrat, dazu gehört auch die Auffassung, dass die Bibel eine Einheit bildet. Die kanonische Exegese kam als "Werkzeug" hinzu, um diesen Aspekt nun exegetisch begründen zu können. Damit kann man aber nicht die Irrtumslogikeit der Bibel begründen, diese kann man nur aus religiösem Grund vorraussetzen.

Zustimmung. Die Irrtumslosigkeit der Schrift wird nicht von Ergebnissen der kanonischen Exegese hergeleitet.

Ich stimme weiterhin Deiner Behauptung zu, dass die (katholische) Kirche schon
immer die dogmatische Position der Irrtumslosigkeit der Schrift vertrat, also ei-
ne Sache des Glaubens war und ist.

Nach Ratzingers Auffassung setzt die kanonische Exegese einen deutlichen "Glaubensentscheid" voraus. Damit meint er,
dass die "wirkliche Auslegung" der Texte nur dann erfolgen kann, wenn der Glaube, aus dem sie geschrieben sind und den
sie bezeugen, von den Exegeten angenommen und geteilt wird. Mit dieser Methodenwahl setzt er sich aber klar von der historisch-kritischen Auslegung und damit von der Wissenschaft ab. Seine favorisierte Methode ist unwissenschaftlich.

Danke, Münek. Mein post hat sich mit Deinem überschnitten.

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Thaddäus
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#94 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Fr 11. Mär 2016, 21:26

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Das Christentum hat die gesamte philosophische Aufklärung und Wissenschaft der Griechen nachhaltig vernichtet und durch Religion ersetzt.
Das ist sehr wertend gesagt - es kann auch umgekehrt gesehen werden. - Ich bin immer wieder überrascht, dass man die Entfernung vom Mythos als "Fortschritt" versteht - es kann genauso umgekehrt sein.
Den Mythos wird der Mensch niemals los, denn er macht aus allem, was ihn existenziell interessiert, einen Mythos. Liegt daran, dass im Mythos das zum Ausdruck kommt, was die Menschen "wirklich" interessiert. Wenn man Wissenschaft zu einer Heilslehre hypostasiert, dann ist das auch ein Mythos. Ich bin die Erste, die das unterschreibt. Meine Schlussfolgerung ist, dass man auch die Wissenschaft nicht zu einer Heilslehre hypostasieren sollte. Mit Heilslehren habe ich ohnehin nicht soviel am Hut, - weil ich mich dazu entschlossen habe, Philosophin zu sein. In der Philosophie finde ich den höchsten Grad an kritischer Reflexion über die eigenen theoretischen Voraussetzungen.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Hätte es das Christentum nicht gegeben, wären wir heute mindestens 1000 Jahre kulturgeschichtlich weiter.
Wohin "weiter"? - Meinst Du, der durchschnittliche Amerikaner oder Deutsche ist "weiter" als ein durchschnittlicher mongolischer Nomade?

Technologisch, zivilisatorisch, wissenschaftlich stimmt dies sicherlich - aber geistig, substantiell, emotional? - Was ist der Sinn des Lebens?
Du hast in einer Weise recht: Der in einer mythischen und vor-wissenschaftlichen Welt lebende Mensch, war vermutlich nicht unglücklicher, als der moderne aufgeklärte und wissenschaftlich orientierte Mensch.

Das Problem ist, das wir uns heute eine europäische Welt ohne 2000-jährige christliche Geschichte kaum vorstellen können. Meine These, dass wir ohne Christentum heute weiter sein könnten, wenn die kulturellen Errungenschaften der nicht-christlichen Antike vom Christentum nicht vernichtet worden wären, soll auch kein simples Christentum-Bashing sein. Es ist der Versuch, mir vorzustellen, wo wir heute kulturell stehen könnten, auf der Grundlage ausschließlich der antiken Kultur.

Ich schaue mir den Kölner Dom an und bin natürlich fasziniert von diesem grandiosem christlichem Bau. Ich lese von deutschen Klöstern, in deren Bibliotheken vielleicht 500 bis 1000 Handschriften vorrätig sind, die fleißig und akribisch von Mönchen kopiert werden und das wird als kulturelle Großtat von den Mittelalterspezialisten gefeiert. ich selbst bin sehr fasziniert vom europäischen Mittelalter und seiner christlichen Kultur.

Aber dann weiß ich eben auch, dass lange vor dem Christentum in Alexandria, Athen, Rom und an anderen Orten öffentliche Bibliotheken vor dem Christentum existierten, die viele zehntausende Mansukripte beherbergten! Es gab in Girechenland, Italien und Sizilien Privatbibliothken, die mehr Manuskripte beinhalteten, als alle christlichen Klosterbibliotheken 1000 Jahre später zusammen.
Der Kölner Dom ist wunderbar; aber die Trajans-Bibliothek am Trajans-Forum in Rom war noch viel beeindruckender!

Bild

Das ganze Trajans-Forum in Rom war kolossal:

Bild

In Griechenland und Rom konnte lange vor dem Christentum fast jeder schreiben und lesen. 1000 jahre später nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung. Es gibt natürlich viele Ursachen, warum diese antike Kultur untergangen ist. Aber ein wichtiger Auslöser war das Christentum, das einen erheblichen Anteil am Bücherverlust der Antike zu verantworten hat und am Verlust des naturwissenschaftlichen und technischen Wissens der Antike. Das galt dem einfältigen Christen nämlich als Zauberei ... - und es gibt Berichte von Personen in der Antike, nachdem das Christentum an Einfluss gewonnen hatte, die bekunden, dass sie ihre eigenen privaten Bibliothen verbrannten oder in Flüsse warfen, um nicht der Zauberei angeklagt zu werden. Denn viele frühe Christen konnten eben nicht lesen und schreiben und sie hielten auch noch die Elemente des Euklid für Zauberliteratur ...
Zuletzt geändert von Thaddäus am Fr 11. Mär 2016, 22:12, insgesamt 2-mal geändert.

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#95 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 11. Mär 2016, 21:43

Savonlinna hat geschrieben: Beide Wahrnehmungsformen existieren, das ist nachweisbar.
Und genau das meine ich mit "logisch nachweisbar". - Ich meine NICHT damit, dass man es im Einzelfall nachweisen könnte, sondern dass man - Achtung: komplizierter Satz - nachweisen kann, dass es nicht-nachweisbar ist, Wahrnehmung als "echt" (was auch immer das ist) oder "vorgestellt" zu identifizieren - siehe Descartes.

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#96 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 11. Mär 2016, 21:58

Thaddäus hat geschrieben:Meine These, dass wir ohne Christentum heute weiter sein könnten
Woran bemisst sich dieser Komparativ "weiter": Technologisch, emotional, geistig?

Thaddäus hat geschrieben:Aber ein wichtiger Auslöser war das Christentum, das einen erheblichen Anteil am Bücherverlust der Antike zu verantworten hat und am Verlust des naturwissenschaftlichen und technischen Wissens der Antike.
Da stimme ich Dir durchaus zu. - Höher bewerte ich hier allerdings, dass das Abendland - salopp gesagt - nördlich der Alpen neu entstand, also auf nichts wesentliches Eigenes aufbauen konnte.

Deine Aussage wird dann auf den Prüfstand gestellt, wenn man das oströmische/byzantinische Reich dem Griechentum gegenüberstellt. - Du weißt, dass in Konstantinopel/Byzanz eine viel kontinuierlichere Fortführung voriger Kulturgüter stattfand. - Meines WIssens wurde dort das griechische Erbe weiter geführt (müsste mich aber genauer einlesen) - und: Rom/Griechenland stürzte nicht durch das Christentum, sondern aus eigenen Dekadenz-Gründen.

Wie auch immer:
Offen bleibt nach wie vor die Frage, was "weiter" bedeuten soll - und diese Frage ist wichtig, weil nach säkular-aufgeklärten Gesichtspunkten allein die Überwindung der Frage nach dem geistigen Urgrund des Menschen ("Gott") als Fortschritt verstanden wird. - Oder als Frage formuliert: Kannst Du Dir einen Säkular-Aufgeklärten vorstellen, der es nicht als Rückschritt ansähe, nach dem geistigen Urgrund des Menschen zu fragen?

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Savonlinna
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#97 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 11. Mär 2016, 21:58

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Beide Wahrnehmungsformen existieren, das ist nachweisbar.
Und genau das meine ich mit "logisch nachweisbar".
Nein, logisch ist es nicht nachweisbar. Sondern experimentell. Psychische Dispositionen sind nur durch Beobachtung auffindbar.

closs hat geschrieben:- Ich meine NICHT damit, dass man es im Einzelfall nachweisen könnte, sondern dass man - Achtung: komplizierter Satz - nachweisen kann, dass es nicht-nachweisbar ist, Wahrnehmung als "echt" (was auch immer das ist) oder "vorgestellt" zu identifizieren - siehe Descartes.
Wir brauchen keinen Descartes, da wir eh nicht wissen, wie er Dinge wahrnahm.

Doch, über die psychischen Dispositionen können wir identifizieren, wer etwas als "echt" und wer etwas als "vorgestellt" wahrnimmt.
Unterscheidbar ist es ebenfalls, da manche Menschen ja beides kennen. Sie wissen, wie sie gerade etwas wahrnehmen.

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#98 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 11. Mär 2016, 22:04

Thaddäus hat geschrieben: oder gar der HKM die Berechtigung abgesprochen wird, inhaltliche Aussagen zur wissenschaftlichen Plausibilität von Glaubensüberzeugungen machen zu können
Savonlinna hat geschrieben:Interessant ist aber, dass Ratzinger selber keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt
Vielleicht können wir an anderer Stelle einmal darüber reden, WAS eigentlich Wissenschaft ist und was sie kann und was sie NICHT kann.

Behauptung:
Wissenschaft ist das Mittel der Wahl bei falsifizierbaren Fragestellungen. - Für spirituell-geistige Fragestellungen ist sie NICHT Mittel der Wahl, jedoch wichtige Hilfsgröße. - Ob und wie Wissenschaft einsetzbar ist, gibt keine Auskunft über die Realitäts-Qualität des zu behandelnden Objekts.

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Savonlinna
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#99 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 11. Mär 2016, 22:10

closs hat geschrieben: Behauptung:
Wissenschaft ist das Mittel der Wahl bei falsifizierbaren Fragestellungen. - Für spirituell-geistige Fragestellungen ist sie NICHT Mittel der Wahl, jedoch wichtige Hilfsgröße. - Ob und wie Wissenschaft einsetzbar ist, gibt keine Auskunft über die Realitäts-Qualität des zu behandelnden Objekts.
Die Geisteswissenschaften haben mit Falsifizierbarkeit nichts zu tun. Dennoch sind es Wissenschaften.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Fr 11. Mär 2016, 22:52, insgesamt 1-mal geändert.

SilverBullet
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#100 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Fr 11. Mär 2016, 22:12

coss hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Kein freier Wille in Bezug auf das Erkennen von Wirklichkeit.
Aber Erkenntnis. - Wenn Du Wahrnehmung reflektierst, wirst Du feststellen, dass Wahrnehmung selber nichts darüber aussagen kann, ob es sich auf etwas Äußeres oder auf etwas Vorgestelltes bezieht. - Niemand kann das.
Wie oft haben wir denn Punkt, dass Wahrnehmung nicht „auf die andere Seite“ kommt, abgehakt?

Dennoch hat Wahrnehmung keine Wahlmöglichkeit: sie muss die Wahrnehmungsunabhängigkeit als Wirklichkeit verstehen und sie phänomenal („echter“ geht es für sie nicht) erleben.

coss hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Nein, sonst wird es ja nicht von mir als Vorstellung gewertet.
Das sind alles weltanschauliche Setzungen, die die descartsches Erkenntnis ignorieren.
Nein, es ist nur Wahrnehmung, mehr nicht.
Descartes hatte nachweislich keine Erkenntnis, denn er hat sein „Ergebnis“ in der Einleitung ja bereits verraten: „ich bin ein von Gott geschaffener Geist“.
=> Keine Erkenntnis, nur Wiederholung.

Zitat-closs: „Sogar in meinen Träumen passiert manchmal etwas, was ich nicht erwarte.

Richtig, und genau deshalb erleben wir in Träumen, aus unserer „dortigen Sicht“, auch eine Wirklichkeit. Wie ich schon gesagt habe, legt der menschliche Organismus extra für die jeweiligen Schlafphasen die Skelettmuskulatur lahm, weil er ansonsten „wild um sich schlagen würde“.

Interessant ist es, wenn man im Traum versteht, dass man träumt. Dann kann man sich sozusagen von der Wirklichkeit überzeugen.
Ich mache das hin und wieder:
Z.B. Gestochen scharfe Farbbilder von meiner Hand. Gleichzeitig ist mir klar, dass ich eigentlich schlafe, die Augen geschlossen habe und es vollkommen dunkel ist.
Ich habe es mir extra genau „angesehen“. Die Wirklichkeitsüberzeugung ist maximal.
Selbst nach dem Aufwachen, staune ich über die Wirkung.

Ein Weltbild hat nun die Aufgabe dies zu erklären.
Die Wahrnehmung jedoch, kann nicht anders, als mit ihren festgelegten Funktionen, Zusammenhänge als Wirklichkeit zu verwalten.

coss hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Nein, ich setzte es nicht voraus, sondern ich erlebe es so
Es sagt nichts über die Frage aus, ob man Äußeres oder Vorstellung erlebt. Das Erlebnis ist dasselbe. - Im übrigen erleben Gläubige auch Gott als äußere Realität.
Ich halte es für ein komplettes Gerücht, dass Gläubige hier auch nur ansatzweise eine Interaktion durchführen.
Ansonsten hätte man nicht den lustigen Slogan „Unterscheidung der Geister“ erfunden.

coss hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Er hat sich als „einen von Gott geschaffenen Geist“ verstanden und auf dieser Basis die Bedeutungszusammenhänge der Wahrnehmung einfach auf einen unsichtbaren Kern bezogen
Möglich - Du verstehst Dich NICHT als „einen von Gott geschaffenen Geist“ - also auch eine weltanschauliche Setzung.
Nein, das ist ganz bestimmt keine Setzung, denn ich muss dabei nicht aktiv werden. Es reicht aus, dass ich darauf achte, wann ich selbst der Meinung bin, Wirklichkeit vor mir zu haben und wann nicht.

Faszinierend, wie sich Gläubige die Zusammenhänge zurechtbiegen wollen – ihr Weltbild „lenkt“ sie.

coss hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Dies kann von der Wahrnehmung aber nicht als Wirklichkeit bestätigt werden
Wirklichkeit ist nichts anderes als das, was man wahrnimmt
Nein, du hast das Kätzchen-Experiment vermutlich nicht verstanden.
Das „blinde“ Kätzchen hat die „Bilder der Welt“ wohl genauso gesehen, wie das aktive Kätzchen, aber wegen des fehlenden Interaktionszusammenhanges war dies keine Wirklichkeit für das Tier. Es wurde keine Wahrnehmungsunabhängigkeit festgestellt – kein Zusammenhang mit den eigenen Reaktionen.

coss hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Descartes ist ein Musterbeispiel dafür, dass das christliche Weltbild die Wahrnehmung festlegt.
Materialisten = „es gibt keinen Gott, der Geist schafft“ ist ebenfalls eine Festlegung.
Nein, das wäre die Aussage eines Atheisten.

Das kann nicht auf mich zutreffen sein, weil ich keine Ahnung habe, was „Gott“ sein soll
(deshalb bezeichne ich das Wort „Gott“ als Frage).

coss hat geschrieben:Beides nicht falsifizierbar.
Ich erkenne darin eine rein philosophische Strategie zur scheinbaren Aufwertung des christlichen Weltbildes.

Tatsache ist, dass der Mensch festgelegt ist und dass diese Festlegung gegen das christliche Weltbild spricht.
„Christliche Entitäten“ sind dort „zu (er)finden“, wo der Mensch keine Wirklichkeit erkennt
=> Zweifel ist die vernünftigste Reaktion.

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