Alles Teufelszeug? X

closs
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#851 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Sa 15. Sep 2018, 17:19

sven23 hat geschrieben:Warum sollte etwas Widerspruch hervorrufen, das sich an dem orientiert, was der Fall ist?
Tut es ja nicht. - Es orientiert sich an dem, was man methodisch als "der Fall seiend" festlegt. - "Ontisch" heißt eigentlich "das, was unabhängig von unseren methodischen Fähigkeiten ist oder nicht-ist". Also NICHT, was man naturalistisch-anthropozentrisch daraus macht.

sven23 hat geschrieben:Dann hast du das Zitat nicht verstanden, denn die Fehlbarkeit des Wissens wird doch gerade betont.
Aber man geht davon aus, dass "das, was ist" über anthropogenes Wissen definierbar ist. - Was Du meinst, ist Oberfläche - das Eigentliche ist die Anthropozierung dessen, was ist. - Genau das macht das Christentum NICHT - es macht exakt das Gegenteil, indem es sagt "Wir können immer nur ein Teil davon erkennen - das Sein selber ist aber für uns prinzipiell NICHT beherrschbar".

Das hat nichts mit "Macht Euch die Erde untertan" zu tun. - Natürlich ist es auch nach christlicher Sichtweise gewollt, Naturvorgänge naturwissenschaftlich in den Griff zu bekommen - aber man versteht sich nicht als Herr darüber, was "der Fall ist" und was nicht.

sven23 hat geschrieben:Dann klär uns Unwissenden doch mal auf, warum sich Erde und Sonne gegenseitig umkreisen sollen?
Hatten wir das nicht schon? - Aus Erdsicht bietet sich das erd-sichtige ("geozentrische") Modell an - man sieht, wie die Sonne die Erde im Halbkreis umrundet (dazu musst Du nur mal ab und zu aus dem Fenster gucken). - Aus astrophysikalischer Sicht bietet sich in Bezug auf das Planetensystem das heliozentrische Modell an. - In Bezug auf das Universum bietet sich keines oder alle dieser Modelle an, da das Universum keinen Mittelpunkt hat. - Je nach Modell umkreist das eine das andere oder das andere das eine.

Wenn Du die Frage stellen würdest "Welches Modell ist für welche Fragestellung vernünftig?", würdest Du Klarheit schaffen, was Du eigentlich meinst. - Denn dann könnte man schnell eine Antwort finden, weil es dann darum ginge, welches Modell das vernüftigste in Bezug auf eine Fragestellung ist.

sven23 hat geschrieben:Was hat das mit Ideologie zu tun, wenn die Forschung ganz sachlich und nüchtern feststellt, dass der historische Jesus ein anderer war, als uns die kirchliche Überlieferung weismachen will?
Allein das Wort "weismachen" ist schon Ideologie. - Richtig wäre: "Die HKE mit ihrer methodischen Hermeneutik kommt zu anderen Ergebnissen als andere Hermeneutiken". - Dieser Satz ist richtig.

Das muss man erst mal begriffen haben. - Erst DANN kann man fragen, ob verschiedene Hermeneutiken im Sinne ihrer Vorannahmen widerspuchsfrei argumentieren - da, aber erst da, kann man dann kritisieren. - Aber auch hier: Kritisieren sollte man erst, NACHDEM man verstanden hat, worum es geht.

sven23 hat geschrieben:Die Verwandlung vom Widerstandskämpfer zum Despoten gab es auch vor der Auflärung.
Das Entscheidende hier ist, dass diejenigen, die für Aufklärung standen/stehen, in der Früh-Aufklärung Widerstandskämpfer und heute Despoten sind. - Das, was heute als "Aufklärung" verkauft wird, ist pure Ideologie, die man nur mit de Zeit größter Macht der Kirche im Mittelalter vergleichen kann.

SilverBullet
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#852 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von SilverBullet » Sa 15. Sep 2018, 20:00

Roland hat geschrieben:Kirche ist immer eine Ansammlung von Menschen und die sind fehlbar.
Prima, nur hat das die Kirche irgendwie nicht bei ihrer Bitte zum Ausdruck gebracht.

(Du wärst übrigens „peinlich befragt“ worden, hättest du diese flapsige Aussage gegenüber dem „Richter“ gemacht, der gerade Bruno verurteilt hatte)

Roland hat geschrieben:Trotz Jesu "Weizen/Unkraut-Gleichnis", das zur Toleranz gegenüber Irrlehrern aufruft und dazu geführt hat, dass im ersten christlichen Jahrtausend kein einziger Häretiker mit Billigung der Kirche getötet wurde
Na so was, irgendwie habe ich da eine andere Vorstellung wie lange es dauert, bis 1000 Jahre vorbei sind.

Sagt dir das „Dreikaiseredikt“ etwas?
Die erste Todesstrafe wegen Häresie wurde in Trier wohl im Jahre 385 verhängt.

=> wie lange sind deine „Tausend Jahre“, wenn man es in Sonnenumrundungen der Erde misst (vermutlich hast du es anders herum gerechnet).

Roland hat geschrieben:Ein Sündenfall der Kirche, welcher der Lehre Jesu vollkommen entgegenstand, kein Zweifel.
Genau das ist doch das Nicht-Funktionieren.

Da gibt es Menschen, die fleissig wie die Bienchen in den Texten stöbern, sie auswendig zu jeder Gelegenheit zitieren können, die gesamten Riten durchlaufen, ständig singen und beten usw. usf. und heraus kommt: nix.

Es gibt quasi keine bessere Definition für „Nicht-Funktionieren“ als dieses Totalversagen der Lehre und der darauf basierenden „Praxis“.

Roland hat geschrieben:Trotzdem war das Ziel der Inquisition nie der Tod des Häretikers, sondern immer die Wiederherstellung des rechten Glaubens.
Sorry, wenn man etwas Herstellen möchte, das nicht funktioniert und niemand soll etwas dagegen sagen können, dann läuft dies nun mal ausschliesslich über das Durchsetzen mit Macht und Gewallt ab – es gibt keinen anderen Weg.

Du hast noch nicht verstanden, dass die religiöse Strategie an sich vollständiger Unfug ist.
Das führt immer nur zu Mord und Totschlag, denn es gibt nirgendwo ein überzeugendes Argument, so dass andere nicht zum Schweigen gezwungen werden müssen.
„Religion und Zwang“ können nicht getrennt werden.

Roland hat geschrieben:Auch die Giordano-Bruno-Stiftung hat einen Stiftungs-Zweck, nämlich die Verbreitung eines säkularen, evolutionären Humanismus. Würde also ein Mitglied beginnen, für den christlichen Glauben zu werben, würde es ausgeschlossen.
Genau, „diese Messerstecher, Kinderschänder, Fettsäcke, Lügner und Täuscher fressen doch sogar ihre Feinde auf, weil sie das Fleisch so mögen“.

Klar, ich habe jetzt „ein wenig“ übertrieben, nur damit wir diese Stiftung, die ich in keinster Weise kenne, zumindest mal in die Nähe der Nettigkeiten der „heiligen Inquisition“ und ihrer „Befragungsmaschinen“ bringen.

Genau das wirst du wohl auch gemacht haben, denn wie sonst könnte man die kirchlichen Machthaber (die sich auf einen, für alle gut erkennbaren VIP-Thron setzten, um ihre Macht in Gegenwart der Verbrennung, eines von ihnen Verurteilten, zu demonstrieren), mit heutigen Leuten einer (wie auch immer durchgeknallten) Stiftung vergleichen?

Es gibt Gemälde (Photos konnte man damals noch nicht machen), die exakt dies eindrucksvoll darstellen. (-> wie hier bei Wiki)
Die „Bitte nach Milde“ an die weltlichen Vollstrecker reiht sich ohne Auffälligkeiten in die Scheinheiligkeit, die man höflich als das „Nicht-Funktion der Religion“ bezeichnen muss, ein.

Roland hat geschrieben:Brunos Spinnereien von der Anfangslosigkeit des Universums und seiner ewigen Dauer, haben das Christentum ja auch nicht ins Wanken gebracht.
Die Angst davor war vorhanden, weshalb er ja verbrannt wurde.

Seine Aussagen wurden als Verneinung der Phantasien von „Schöpfung, Jenseits und Jüngstem Gericht“ angesehen – sehr gefährlich, wenn man sich seit langer Zeit keinen Millimeter vom plumpen Schöpfungsverdacht wegbewegen konnte, aber dennoch darauf einen Machtanspruch behaupten will.

Roland hat geschrieben:Wir tun so, also ob es keine planende Intelligenz gäbe und wer sie ins Spiel bringt, der fliegt raus.
Wo fliegt er raus?
Etwa da, wo man nicht einfach irgendwas behauten kann, ohne das man genau aufzeigt, worüber man redet?

Warum möchtest du ausgerechnet dort mitmachen und gleichzeitig nicht sagen, worüber du redest?

Ich garantiere, dass du gefeiert werden wirst, wenn du funktional (-> Philosophie scheidet damit bereits aus) aufzeigst, was Intelligenz ist und wie es sein kann, dass „so etwas“ vor jeglicher Existenz, ja sogar „ausserhalb der Zeit“ vorliegen kann.

Streng dich an, bisher hast du es noch nicht einmal versucht.

Roland hat geschrieben:Es ist der "gefallene Mensch" der nicht "funktioniert".
Religion könnte hier eine eindeutig erkennbare Leistung bringen.
Dies würde sogar eindeutig entlang der dort gemachten Wahrheitsbehauptungen stattfinden.
=> Fehlanzeige und zwar komplett, fundamental und umfassend – schlechter geht es nicht mehr.

Deine Entschuldigungsbeispiele sind mir in Bezug auf Wahrheitsansprüche nicht so deutlich aufgefallen, wie religiöse Anstallten.

Roland hat geschrieben:Eine echte Hinwendung zu Jesus Christus führt immer zu einer Verhaltensänderung.
Siehst du, die Religion macht offensichtlich nicht aus „der Hinwendung zu Jesus Christus“ eine „echte Hinwendung“.

Ist dir schon mal aufgefallen, dass alle Religionen in Bezug auf „echt“ gleich sind?
Immer wenn etwas hinten und vorne nicht so ist, wie es behauptet wurde, dann sind es halt keine „echten Gläubigen“.

Roland hat geschrieben:Christen haben zu allen Zeiten das Gute zu tun versucht. Getrieben von der christlichen Nächstenliebe
Sie haben nach Macht gestrebt, sie haben mit Gewallt erobert, sie haben unterdrückt, sie haben gequält, sie haben bestialisch vernichtet, sie haben gegen all ihre Behauptungen verstossen.

Alles zusammen genommen ist die grösste Verfehlung von Religion: das Nicht-Funktionieren.

Roland hat geschrieben:Aber, ich erinnere an das obige "Weizen/Unkraut-Gleichnis": ein anderer Aspekt dieses Gleichnisses ist die Tatsache, dass eben das Böse überall dazwischenfunkt.
Wer hat dir „vom Bösen“ erzählt, doch nicht etwa diese Religionsvertreter?
=> „Nachtigal ick hör dir trapsen“

Anton B.
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#853 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Anton B. » So 16. Sep 2018, 01:09

Roland hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Nirgendwo taucht eine Art durch graduelle stetige Umgestaltung ihrer Vorfahren auf, sondern immer "at once and fully formed" (S.J. Gould).
Du reißt Goulds Worte aus dem Kontext heraus. Es geht da um "Sudden appearance." Gould sagt also NICHT, dass Arten nicht entstehen können, sondern nur, dass sie nicht plötzlich entstehen.
Falsch. Neue Arten tauchen im Fossilbericht plötzlich auf und nicht durch schrittweise, graduelle Umgestaltung ihrer Vorfahren.
Gould: "In any local area, a species does not arise gradually by the steady transformation of its ancestors. It appears all at once and »fully formed«".
Ich bedauere jetzt schon wieder, mich auf die Diskussion mit Roland eingelassen zu haben.

Er wurde auf seine "Verarsche" mit dem o.a. Zitat mehrfach hingewiesen und weiß sehr wohl darum. Hier hat mich das Früchtchen deswegen sogar der "Dreistheit" bezichtigt. Da die Links in dem Beitrag durch den Umzug des Forums nicht mehr stimmen, der erste linkt auf diesen Beitrag, der zweite auf diesen Beitrag.

Zum Originalnachlesen bei Gould hier noch dieser Link auf den Reprint von Gould 1980.

Das diskutierte Originalzitat von S. 182:

"The history of most fossil species includes two features particularly inconsistent with gradualism: 1. Stasis. Most species exhibit no directional change during their tenure on earth. They appear in the fossil record looking much the same as when they disappear; morphological change is usually limited and directionless. 2. Sudden appearance. In any local area, a species does not arise gradually by the steady transformation of its ancestors; it appears all at once and 'fully formed.'" -- (Gould 1980: The Panda's Thumb; S. 182)

Also für "most fossil species" gilt das von Roland aus diesem Zusammenhang gerissene Zitat. Wäre auch sehr komisch, wenn Gould die Transitionalreihen der Mikropaläontologie nicht gekannt hätte.

Ein weiteres Beispiel seiner Kunst der "Verarsche" hat er übrigens in seinen zuletzt an mich adressierten Beitrag gebracht:

Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: … weil "natürlich" hier natürlich-gesetzmäßig bedeutet. Und natürlich-gesetzmäßig widerstreitet nicht mit dem Anspruch der vernünftigen Begründung.
Behauptet Anton. Es wird einfach behauptet, dass eine anfängliche Schöpfung durch eine übernatürliche Intelligenz nicht venünftig sei und deshalb die Natur nicht unter dieser Grundannahme gedeutet werden darf. Dafür kann es nur weltanschauliche Gründe geben.

Hume hat diese Möglichkeit, wie wir gesehen haben, nicht widerlegt und er hat nichtmal Paley widerlegt, wie selbst Richard Dawkins in "Der blinde Uhrmacher" auf S. 20 zugibt. Er hat lediglich kritisiert, dass Paley die Zweckmäßigkeit in der Natur als "positiven Beweis" für die Existenz eines Gottes interpretiert hat. Aber er hatte keine alternative Erklärung sondern ließ diese Frage offen, so Dawkins. Heute hat man eine alternative Erklärung und verfällt in den selben Fehler, wie weiland Paley und interpretiert die ET quasi als "postiven Beweis" gegen Schöpfung.

Dawkins schreibt in der von Roland bemühten Textstelle folgendes:

"Was David Hume betrifft, so wird manchmal gesagt, der große schottische Philosoph habe den Gottesbeweis aus Gründen der Zweckmäßigkeit ein Jahrhundert vor Darwin vom Tisch gefegt. Hume tat jedoch etwas ganz anderes, er kritisierte die Logik, mit der man die anscheinende Zweckmäßigkeit in der Natur als positiven Beweis für die Existenz eines Gottes interpretierte. Er lieferte aber keine alternative Erklärung für die scheinbare Zweckmäßigkeit, sondern ließ die Frage offen. Ein Atheist vor Darwin hätte in Anlehnung an Hume sagen können: »Ich kann komplexe biologische Baupläne nicht erklären. Ich weiß nur, daß Gott keine gute Erklärung dafür ist; so müssen wir eben warten und hoffen, daß jemand eine bessere vorbringt.«"

Dawkins sagt, Hume hätte den positiven Gottesbeweis als logische Ableitung aus der "Zweckmäßigkeit der Natur" "vom Tisch gefegt". Die Erklärung dieser Zweckmäßigkeit durch Gott war danach keine "gute Erklärung" mehr. Nun war nach einer Erklärung ohne Gott zu suchen. Dass Hume kein dementsprechendes Modell hatte, verwundert auch nicht: Erstmal war er kein Biologe und eine Anpassung durch "Mutation und Selektion" als Modell ohne Gott wurde erst sehr viel später präsentiert.

Das ist so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was Roland hier behauptet. Sowohl hinsichtlich der Aussage Dawkins als auch dem Wesen von Naturwissenschaft nach Hume. Darüber hinaus ist es der Anti-Roland schlechthin: Gott kann aus der Betrachtung der Natur nicht bewiesen und Gott als Erklärung für die Phänomene der Natur nicht verwendet werden.

Mit dem Gottesbeweis aus Gründen der Teleologie -- und eigentlich ist nur dies Dawkins Thema in dem Zitat --- hat sich Hume in den "Dialogues Concerning Natural Religion auseinander gesetzt, die Inkompatibilität des übernatürlichen Wirkens mit dem menschlichen Verstand ("vernünftige Begründung"!!!) jedoch früher in "An Enquiry Concerning Human Understanding.

Roland sieht sein Quote Mining mit den immer wieder fehlinterpretierten inhaltlichen Zuweisungen vielleicht nur als munteres Spielchen. Den armen Carrier hat er auch wieder verhohnepiepelt. Dem Unsinn Rolands kann man gar nicht so schnell hinterher rennen, wie er ihn absondert. Das ist schon eine Art Trollerei.

Für mich ist hier mal wieder Schluss.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#854 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Pluto » So 16. Sep 2018, 09:15

"The Panda's Thumb" von Stephen Jay Gould dürfte Roland auch interessieren, da sich das Buch auch mit dem Zufall und der Wahrscheinlichkeit auseinander setzt. Aber für Roland sind solche Aussagen nicht relevant, weil sie gegen Gott als Schöpfer allen Lebens sprechen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#855 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Pluto » So 16. Sep 2018, 09:48

Roland hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du reißt Goulds Worte aus dem Kontext heraus. Es geht da um "Sudden appearance." Gould sagt also NICHT, dass Arten nicht entstehen können, sondern nur, dass sie nicht plötzlich entstehen.
Falsch. Neue Arten tauchen im Fossilbericht plötzlich auf und nicht durch schrittweise, graduelle Umgestaltung ihrer Vorfahren.
Gould: "In any local area, a species does not arise gradually by the steady transformation of its ancestors. It appears all at once and »fully formed«".
Nein, nicht falsch. Hast du den ganzen Text von Anton gelesen? Dort geht es um Stasis. Da ist es normal, dass sich ein Tier relativ schnell verwandelt, vor allem dann wenn die Umwelt es zulässt.
Der Rest ist Taxonomen geschuldet. Diese klugen Bibliothekare der Biologie packen alles in eine Schublade, auch Übergangsformen.
Ein gutes Beispiel der graduellen Entwicklung zeigt der menschliche Schädel.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#856 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Roland » So 16. Sep 2018, 10:00

Anton B. hat geschrieben: Er wurde auf seine "Verarsche" mit dem o.a. Zitat mehrfach hingewiesen und weiß sehr wohl darum.
Und der liebe Anton weiß sehr wohl darum, dass keinerlei Verarsche vorlag und ich ihm auf all seine Vorwürfe erschöpfend geantwortet habe. Man kann das ja alles nachlesen, zu jedem seiner Links mag der interessierte Leser meine Erwiderung zur Kenntnis nehmen.

Anton B. hat geschrieben: Also für "most fossil species" gilt das von Roland aus diesem Zusammenhang gerissene Zitat. Wäre auch sehr komisch, wenn Gould die Transitionalreihen der Mikropaläontologie nicht gekannt hätte.
Das gesamte Zitat hatte ich hier bereits (sogar in deutscher Übersetzung) gepostet. Was den Vorwurf des "aus-dem Zusammenhang-reißens" widerlegt.
Keine Verarsche, kein aus-dem Zusammenhang-Reißen, jeder mag die gesamte Diskussion von damals durchlesen. Sie endete dann im Nachfolge-Thread hier.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Hume hat diese Möglichkeit, wie wir gesehen haben, nicht widerlegt und er hat nichtmal Paley widerlegt, wie selbst Richard Dawkins in "Der blinde Uhrmacher" auf S. 20 zugibt. Er hat lediglich kritisiert, dass Paley die Zweckmäßigkeit in der Natur als "positiven Beweis" für die Existenz eines Gottes interpretiert hat. Aber er hatte keine alternative Erklärung sondern ließ diese Frage offen, so Dawkins. Heute hat man eine alternative Erklärung und verfällt in den selben Fehler, wie weiland Paley und interpretiert die ET quasi als "postiven Beweis" gegen Schöpfung.
Dawkins schreibt in der von Roland bemühten Textstelle folgendes:

"Was David Hume betrifft, so wird manchmal gesagt, der große schottische Philosoph habe den Gottesbeweis aus Gründen der Zweckmäßigkeit ein Jahrhundert vor Darwin vom Tisch gefegt. Hume tat jedoch etwas ganz anderes, er kritisierte die Logik, mit der man die anscheinende Zweckmäßigkeit in der Natur als positiven Beweis für die Existenz eines Gottes interpretierte. Er lieferte aber keine alternative Erklärung für die scheinbare Zweckmäßigkeit, sondern ließ die Frage offen. Ein Atheist vor Darwin hätte in Anlehnung an Hume sagen können: »Ich kann komplexe biologische Baupläne nicht erklären. Ich weiß nur, daß Gott keine gute Erklärung dafür ist; so müssen wir eben warten und hoffen, daß jemand eine bessere vorbringt.«"

Dawkins sagt, Hume hätte den positiven Gottesbeweis als logische Ableitung aus der "Zweckmäßigkeit der Natur" "vom Tisch gefegt".
Falsch. Er sagt, dass "manchmal gesagt" wird, Hume "habe den Gottesbeweis aus Gründen der Zweckmäßigkeit" vom Tisch gefegt. "Hume tat jedoch etwas ganz anderes er kritisierte die Logik, mit der man die anscheinende Zweckmäßigkeit in der Natur als positiven Beweis für die Existenz eines Gottes interpretierte. Er lieferte aber keine alternative Erklärung für die scheinbare Zweckmäßigkeit, sondern ließ die Frage offen."
Genau das hab ich geschrieben.

Anton B. hat geschrieben: Die Erklärung dieser Zweckmäßigkeit durch Gott war danach keine "gute Erklärung" mehr.
Und wieder falsch. Genau lesen lieber Anton! Hume hat nur die Logik widerlegt, mit der man die anscheinende Zweckmäßigkeit in der Natur als positiven Beweis für die Existenz eines Gottes interpretierte.
Ein Atheist konnte vor Darwin nur sagen, dass er die komplexen Baupläne nicht erklären kann, Gott aber keine gute Erklärung sei. Logisch, Gott ist für einen Atheisten nie eine gute Erklärung und Hume hatte gezeigt, dass die Zweckmäßigkeit in der Natur kein Gottesbeweis darstellt. Aber eine Alternative für diese Erklärung hatte Hume nicht, Schöpfung war damals die einzige mögliche Erklärung. Aber eben kein positiver Gottesbeweis.

Anton B. hat geschrieben: Nun war nach einer Erklärung ohne Gott zu suchen.
Auch falsch. Aus der Tatsache, dass man Gott mittels der Zweckmäßigkeit in der Natur nicht beweisen kann, folgt nicht, dass er damit widerlegt ist und man nun nach einer Erklärung ohne Gott suchen muss. Man kann natürlich, aber die Erklärung Gott ist als Möglichkeit immer noch vorhanden. Und zwar trotz Hume, Darwin und Dawkins, bis heute unverändert.

Anton B. hat geschrieben: Dass Hume kein dementsprechendes Modell hatte, verwundert auch nicht: Erstmal war er kein Biologe und eine Anpassung durch "Mutation und Selektion" als Modell ohne Gott wurde erst sehr viel später präsentiert.
Das ist aber genau der Punkt, den Dawkins meint. Hume konnte die "Hypothese Schöpfung" nicht widerlegen, sondern nur den "Gottesbeweis". Erst durch Darwin, so Dawkins, hatte der Atheist eine Alternative.

Anton B. hat geschrieben: Das ist so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was Roland hier behauptet.
Das Zitat aus dem blinden Uhrmacher gibt exakt wider, was ich gesagt habe. Nicht Hume sondern erst Darwin habe es ermöglicht ein intellektuell befriedigter Atheist zu sein. Dawkins beschreibt ein paar Zeilen zuvor ein Gespräch mit einem Philosophen, indem er sagt, er könne sich nicht vorstellen, "wie man zu irgendeiner Zeit vor 1859, dem Datum der Veröffentlichung von Darwins »Origin of Species«, Atheist gewesen sein konnte." Also auch nicht zur Zeit Humes. Und zwar weil die Komplexität der lebenden Welt einer zu Schöpfung alternativen Erklärung bedarf - und die konnte Hume nicht liefern.
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"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#857 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Pluto » So 16. Sep 2018, 14:40

Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Er wurde auf seine "Verarsche" mit dem o.a. Zitat mehrfach hingewiesen und weiß sehr wohl darum.
Und der liebe Anton weiß sehr wohl darum, dass keinerlei Verarsche vorlag und ich ihm auf all seine Vorwürfe erschöpfend geantwortet habe. Man kann das ja alles nachlesen, zu jedem seiner Links mag der interessierte Leser meine Erwiderung zur Kenntnis nehmen.
So verknallt bist du also in den Kreationismus. Ich dachte der wäre in Europa praktisch verschwunden.

Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Also für "most fossil species" gilt das von Roland aus diesem Zusammenhang gerissene Zitat. Wäre auch sehr komisch, wenn Gould die Transitionalreihen der Mikropaläontologie nicht gekannt hätte.
Das gesamte Zitat hatte ich hier bereits (sogar in deutscher Übersetzung) gepostet. Was den Vorwurf des "aus-dem Zusammenhang-reißens" widerlegt.
Wo hast du das ganze Zitat gepostet?

Roland hat geschrieben:Keine Verarsche, kein aus-dem Zusammenhang-Reißen, jeder mag die gesamte Diskussion von damals durchlesen.
Okay, keine Verarsche aber skandalös. Wer in der heutigen Zeit nicht glaubt, dass die Vielfalt der lebenden Organismen durch Evolution entstand, ist entweder dumm oder ignorant.

Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Die Erklärung dieser Zweckmäßigkeit durch Gott war danach keine "gute Erklärung" mehr.
Und wieder falsch.
Nein Roland, Richtig! Du solltest wissen, dass man ein totes Pferd (in diesem Fall, die Schöpfung durch ein intelligentes Wesen) nicht weiter reiten sollte.

Roland hat geschrieben:Auch falsch.
Nee Roland, auch richtig. (siehe oben)

Roland hat geschrieben:Aus der Tatsache, dass man Gott mittels der Zweckmäßigkeit in der Natur nicht beweisen kann, folgt nicht, dass er damit widerlegt ist und man nun nach einer Erklärung ohne Gott suchen muss. Man kann natürlich, aber die Erklärung Gott ist als Möglichkeit immer noch vorhanden. Und zwar trotz Hume, Darwin und Dawkins, bis heute unverändert.
Du irrst gewaltig. Aber das ist bei Kreationisten üblich. Evolution ist die bessere Erklärung für alles in der Biologie.

"Nothing in Biology makes sense in the absence of Evolution" (Theodosius Dobzhansky, ein praktizierender Christ).

Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Dass Hume kein dementsprechendes Modell hatte, verwundert auch nicht: Erstmal war er kein Biologe und eine Anpassung durch "Mutation und Selektion" als Modell ohne Gott wurde erst sehr viel später präsentiert.
Das ist aber genau der Punkt, den Dawkins meint. Hume konnte die "Hypothese Schöpfung" nicht widerlegen, sondern nur den "Gottesbeweis". Erst durch Darwin, so Dawkins, hatte der Atheist eine Alternative.
Es ist DEIN persönicher Punkt aber ein großer Irrtum.

Roland hat geschrieben:Das Zitat aus dem blinden Uhrmacher gibt exakt wider, was ich gesagt habe. Nicht Hume sondern erst Darwin habe es ermöglicht ein intellektuell befriedigter Atheist zu sein. Dawkins beschreibt ein paar Zeilen zuvor ein Gespräch mit einem Philosophen, indem er sagt, er könne sich nicht vorstellen, "wie man zu irgendeiner Zeit vor 1859, dem Datum der Veröffentlichung von Darwins »Origin of Species«, Atheist gewesen sein konnte." Also auch nicht zur Zeit Humes. Und zwar weil die Komplexität der lebenden Welt einer zu Schöpfung alternativen Erklärung bedarf - und die konnte Hume nicht liefern.
Diese Erklärung kam aber als Darwin sein Buch veröffentliche. Seither ist der Kreationismus keine gute Erklärung mehr.
Dass du das nicht gerne einsiehst, ist aus Sicht eines Kreationisten verständlich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#858 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » So 16. Sep 2018, 16:30

Pluto hat geschrieben:Wer in der heutigen Zeit nicht glaubt, dass die Vielfalt der lebenden Organismen durch Evolution entstand, ist entweder dumm oder ignorant.
Wir müssten mal klären, was hier mit "Kreationismus" gemeint sit:

1) Vorher war nix und dann war Adam plötzlich da.
2) Die Evolution ist von Gott geschaffen.

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sven23
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#859 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von sven23 » So 16. Sep 2018, 17:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum sollte etwas Widerspruch hervorrufen, das sich an dem orientiert, was der Fall ist?
Tut es ja nicht. - Es orientiert sich an dem, was man methodisch als "der Fall seiend" festlegt. - "Ontisch" heißt eigentlich "das, was unabhängig von unseren methodischen Fähigkeiten ist oder nicht-ist".
Also irrelevant. Genau deshalb führt das ontologische Geschwafel nicht weiter.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann hast du das Zitat nicht verstanden, denn die Fehlbarkeit des Wissens wird doch gerade betont.
Aber man geht davon aus, dass "das, was ist" über anthropogenes Wissen definierbar ist.
Tja, über göttiches Wissen verfügt wohl nur der closs. Wir normalen Sterblichen müssen uns mit anthropogenem Wissen begnügen. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann klär uns Unwissenden doch mal auf, warum sich Erde und Sonne gegenseitig umkreisen sollen?
Hatten wir das nicht schon?
Mehrmals, warum wiederholst du immer den gleichen Unsinn? :roll:

closs hat geschrieben: - Aus Erdsicht bietet sich das erd-sichtige ("geozentrische") Modell an - man sieht, wie die Sonne die Erde im Halbkreis umrundet (dazu musst Du nur mal ab und zu aus dem Fenster gucken).
Das ist eine Täuschung, also nicht das, was der Fall ist. Oder anders gesagt, damit closs es besser versteht: es entpricht nicht der "ontischen Realität".

closs hat geschrieben: - Aus astrophysikalischer Sicht bietet sich in Bezug auf das Planetensystem das heliozentrische Modell an. - In Bezug auf das Universum bietet sich keines oder alle dieser Modelle an, da das Universum keinen Mittelpunkt hat. - Je nach Modell umkreist das eine das andere oder das andere das eine.
Es gibt kein Modell, in dem die Sonne die Erde umkreist. Hatte dir das nicht schon Münek erklärt? :roll:

closs hat geschrieben: Wenn Du die Frage stellen würdest "Welches Modell ist für welche Fragestellung vernünftig?", würdest Du Klarheit schaffen, was Du eigentlich meinst. - Denn dann könnte man schnell eine Antwort finden, weil es dann darum ginge, welches Modell das vernüftigste in Bezug auf eine Fragestellung ist.
Die Fragestellung ist immer dieselbe: Was ist das, was der Fall ist, also was ist der Mittelpunkt des Sonnensystem, um den die Planeten kreisen?
Jetzt komm mir nicht wieder mit deinen Russen, die immer noch glauben, dass die Sonne die Erde umkreist. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was hat das mit Ideologie zu tun, wenn die Forschung ganz sachlich und nüchtern feststellt, dass der historische Jesus ein anderer war, als uns die kirchliche Überlieferung weismachen will?
Allein das Wort "weismachen" ist schon Ideologie. .
Nee, ist die Beschreibung der Befundlage.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Verwandlung vom Widerstandskämpfer zum Despoten gab es auch vor der Auflärung.
Das Entscheidende hier ist, dass diejenigen, die für Aufklärung standen/stehen, in der Früh-Aufklärung Widerstandskämpfer und heute Despoten sind.
Was, die Leute leben immer noch? :shock:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#860 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » So 16. Sep 2018, 19:11

sven23 hat geschrieben:Also irrelevant.
Das, was anthropozentrisch nicht fassbar ist, ist "irrelevant"? - Und dann wunderst Du Dich über den Vorwurf des Anthropozentrismus?

sven23 hat geschrieben:Wir normalen Sterblichen müssen uns mit anthropogenem Wissen begnügen.
Das geht uns allen so - aber das ist doch kein Grund, es anthropozentristisch zum Maßstab "dessen, was ist" zu machen. - Mit Anthropogenität kann man viel praktische Dinge regeln - gut so. - Aber damit kann man doch nicht bestimmen, was "sein" darf und was nicht.

sven23 hat geschrieben:Das ist eine Täuschung, also nicht das, was der Fall ist.
Falsch: Es "ist der Fall", dass im Osten die Sonne erscheint und im Westen verschwindet.

sven23 hat geschrieben:es entpricht nicht der "ontischen Realität".
Wenn "ontisch" richtig wäre, dass die Sonne im Westen erscheint und im Osten verschwindet, hättest Du vielleicht recht. - Du verwechselst "astrophysikalisch" mit "ontisch".

sven23 hat geschrieben:Es gibt kein Modell, in dem die Sonne die Erde umkreist. Hatte dir das nicht schon Münek erklärt?
Auch er hat schon eine Antwort: Astrophysikalisch gibt es in der Tat kein Modell, in dem die Sonne die Erde umkreist. - Aber das war vorher schon bekannt.

sven23 hat geschrieben:Die Fragestellung ist immer dieselbe: Was ist das, was der Fall ist, also was ist der Mittelpunkt des Sonnensystem, um den die Planeten kreisen?
Das ist eine astrophysikalische Fragestellung, auf die das Modell "die Erde umläuft die Sonne" die richtige Antwort ist - alle anderen Modelle wären nicht vernünftig. - Auch das war schon vorher bekannt.

sven23 hat geschrieben:Nee, ist die Beschreibung der Befundlage.
Falsch - nach wie vor versuchst Du Wissenschaft zu ideologisieren.

sven23 hat geschrieben:Was, die Leute leben immer noch?
Leider nicht - heute haben die Spät-Aufklärer den Staffelstab übernommen, aber dabei die Sportart gewechselt.

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