Alles Teufelszeug? IV

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Münek
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#851 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Do 27. Okt 2016, 18:19

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nie werden Juden und Muslime die christliche Glaubenslehre akzeptieren, nach der Gott einen präexistenten Sohn als Bestandteil einer Trinität hatte
Zustimmung - besonders beim Judentum fallen Erlösung und Apokalypse zusammen (wenn ich es recht verstanden habe).
Das Judentum kennt weder eine Erbsünde noch eine Erlösung von einer solchen im christlichen Sinn. Der für die Endzeit erwartete Messias ist auch kein göttliches Wesen, sondern ein ganz normaler Mensch. Du siehst, die Unterschiede sind eklatant.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Denn das ist primitive Mythologie.
Das kannst Du doch gar nicht beurteilen.
Ich folge nur den Worten eines der größten Theologen des letzten Jahrhunderts, Rudolf Bultmann, in seinem Buch "Neues Testament und Mythologie", 1941, S. 20:

"Wie kann meine Schuld durch den Tod eines Schuldlosen (wenn man von einem solchen überhaupt reden kann) gesühnt
werden? Welche primitiven Begriffe von Schuld und Gerechtigkeit liegen solcher Vorstellung zugrunde? Welch primiti-
ver Gottesbegriff
? Soll die Anschauung vom sündentilgenden Tode Christi aus der Opfer-Vorstellung verstanden werden:
welch PRIMITIVE MYTHOLOGIE, dass ein Mensch gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt."

(Hervorhebungen von mir)

Wo er recht hat, da hat er recht: eine solche Mythologie ist an Primitivität kaum zu übertreffen.

2Lena
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#852 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von 2Lena » Do 27. Okt 2016, 19:28

Müneki, geh mal nicht von DEINER Vorstellung aus ...
Münek hat geschrieben:PRIMITIVE MYTHOLOGIE, dass ein Mensch
Du strickst dir durch einige Wortbegriffe ein Hemd, das hinten und vorne scheußlich aussieht, um dann ganz elegant zu "beweisen", dass es schlecht sei.
Weiteres steckt in deinen Erörterungen nicht drin!

Vielleicht ist es verkehrt, meinen Rückschluss VOR deine Überlegungen zu setzen.
Ich tausche nun die Rollen:
Angenommen, du hast ein Kind, das partout mit einem ferngesteuerten Fluggerät seine über alles geliebt Katze "spazieren" lassen will. Als Erfahrener siehst duvoraus, dass das nicht gut gehen kann. Einerseits mögen Katzen nicht fliegen. Sie würden nie still halten, sondern in Panik reagieren. Zudem hält das mit Propeller getriebene Spielzeug ihr Gewicht nicht. Erst einmal verbietest du kurzerhand den Unfug. Zweitens wirst du aufklären. Ist noch immer keine Einsichtigkeit vorhanden - nimmt das Unglück seinen Lauf.
Überleg mal selbst die Varianten - was belehrt, umstimmt - oder auf ewig in Vorwürfen hängt.

Jetzt die Geschichte der Juden in analogem Schema:
Die besonders hervorragenden Nachfahren eines großen Gelehrten zeichneten sich durch Ehrfurcht, Tradition halten und großen Wohlstand aus. Sie bekamen unglaubliche Gaben, und begannen faul zu werden. Sie hielten Sklaven, unterdrückten, schauten nur noch nach Luxus. Der "Vater" begann auszusortieren, wieder und wieder. Er schickte Lehrer. Die wurden erschlagen. Schließlich schickte er seinen ersten Sohn. Auch den ergriffen sie und ermordeten ihn.
Damit waren die Würfel gefallen.

closs
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#853 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Do 27. Okt 2016, 22:05

sven23 hat geschrieben:Es geht ja vielmehr darum, dass die Kirche nachweisliche unhistorische Mythen und Legenden als historische Fakten verkaufen will.
Das ist wirklich ein schwieriger Punkt. - Richtig in Deinem Sinne ist, dass es (aus unserer Vogelschau) gescheiter gewesen wäre, hätte man von vorne herein gesagt: "Geistige Wirklichkeit ist unabhängig davon, ob sie historisch oder metaphorisch offenbart/hinterlegt ist".

DAS wäre aus meiner Sicht "Aufklärung" - aber wer versteht das? - Das verstehen nicht nur Christen oft nicht, auch Materialisten reiten auf demselben Pferd, wenn sie meinen, Wirklichkeit müsse intersubjektiv nachweisbar sein - obwohl sie sich selber als "aufgeklärt" bezeichnen.

Ich VERMUTE (dazu gibt es Experten), dass "Historie" in der Antike etwas anderes heisst als heute, und nehme an, dass man die Ilias aus denselben Gründen als "historisch" verstanden hat wie die Bibel: Repräsentierung einer bedeutenden Wirklichkeit, die wichtiges Geistiges repräsentiert. - Im Sinne von: "Historie sagt das, was war - Mythos sagt, was ist".

Mit der "Aufklärung" in DEINEM Sinne (die ja etwas anderes bezeichnet als die Früh-Aufklärung) musste man nun beides - "was war" und "was ist" - trennen. Und da hat sich die Kirche in der Tat schwergetan. - Aber es ändert nichts an der Substanz.

sven23 hat geschrieben: Das ist doch das unredliche.
Dieses ideologische Wort "unredlich" bleibt schnell im Hals stecken, wenn man etwas anspruchsvoller rangeht.

sven23 hat geschrieben:Hat schon was Bizarres, wenn Religionsanhänger nicht Religiösen vorwerfen, auch einer "Religion" anzugehören.
Das nicht - sondern dass diese nicht zu erkennen scheinen, dass sie einer modernen Religion des 21. Jh. angehören.

Münek hat geschrieben:Du siehst, die Unterschiede sind eklatant.
Nicht so arg, wie Du tust:
"In der jüdischen Eschatologie zur Zeit Jesu unterscheidet man zwei bereits im Tanach sichtbare Grundtypen:[4]

Die national-diesseitige Hoffnung auf die Befreiung Israels. Hier wird die alttestamentlich-prophetische Heilsankündigung fortgeführt.

Die universale apokalyptische Erwartung des Weltendes, der Totenauferstehung und des Gerichts, verbunden mit der Hoffnung auf eine kommende Welt." (wik)


Davon abgesehen:
Das Christentum schafft in der Tat einen Paradigmen-Wechsel von außen nach innen, den das Judentum nicht mitgeht - heilsgeschichtlich ist dies auch aus meiner Sicht ein qualitativer Sprung nach vorne.

Münek hat geschrieben:Ich folge nur den Worten eines der größten Theologen des letzten Jahrhunderts, Rudolf Bultmann
Wer behauptet denn, dass Bultmann "der größte Theologe des letzten Jahrhunderts" ist?

Davon abgesehen und mit Nachdruck: Bei aller Größe hat er da was nicht kapiert - wenn er es so gemeint hat, wie es hier rüberkommt.

Er kann doch nicht "Schuld" und "Gerechtigkeit" im heutigen säkularen Sinne verstehen!!! "Gerechtigkeit" wird urtextnah mit "Bewahrheitung" übersetzt. - "Schuld" ist Chiffre für nicht änderbare Selbst-Orientierung.

Die Selbst-Orientierung des Menschen (Anthropozentrismus) wird durch das "Dein Wille geschehe" (Theozentrismus) aufgehoben (als Synonym für "sühnen"). - "Blut" steht für "Bindeglied zwischen Mensch und Gott". - Der Mensch soll durch De-Anthropozentrierung bewahrheitet werden.

Welcher theologischen Disziplin gehört Bultmann an? Hat er sich nie fundamental-theologisch beschäftigt?

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Ska'ara
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#854 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Ska'ara » Fr 28. Okt 2016, 01:05

Münek hat geschrieben:Das Judentum kennt weder eine Erbsünde noch eine Erlösung von einer solchen im christlichen Sinn. Der für die Endzeit erwartete Messias ist auch kein göttliches Wesen, sondern ein ganz normaler Mensch. Du siehst, die Unterschiede sind eklatant.
Die Katholiken und nachfolgenden Glaubensspaltungen sind dann wohl nur abgewandelte Juden, die sich umbenannt haben, damit sie sich bekriegen konnten. Die Atheisten reformieren die Religionen und machen daraus einen friedlichen Einheitsbrei ohne echten Inhalt. Vielleicht machen die Muslime ja auch irgendwann mit bei der Anpassung - einiges stimmt sicherlich überein.

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sven23
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#855 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 28. Okt 2016, 17:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht ja vielmehr darum, dass die Kirche nachweisliche unhistorische Mythen und Legenden als historische Fakten verkaufen will.
Das ist wirklich ein schwieriger Punkt. - Richtig in Deinem Sinne ist, dass es (aus unserer Vogelschau) gescheiter gewesen wäre, hätte man von vorne herein gesagt: "Geistige Wirklichkeit ist unabhängig davon, ob sie historisch oder metaphorisch offenbart/hinterlegt ist".
Dazu müßte man erst mal definieren, was "geistige Wirklichkeit" sein soll. Andererseits kann es mit dieser "geistigen Wirklichkeit" nicht allzu weit her sein, wenn man dazu Historie erfinden und fälschen muss. Es geht hier nicht um Metaphern und Gleichnisse, sondern wie von der Kirche behauptet um wirklich Geschehenes (Ratzinger), und zwar so, wie in der Bibel beschrieben.
Würde sich die kanonische Exegese für die ursprüngliche Bedeutung der Texte interessieren, wüßte sie, dass die Texte als Glaubenspropagandaschriften und religiöse Erbauungstexte konzipiert waren, nicht als historische Tatsachenberichte. Aber genau das hat die Kirche daraus gemacht. Das war ihr Sündenfall.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das ist doch das unredliche.
Dieses ideologische Wort "unredlich" bleibt schnell im Hals stecken, wenn man etwas anspruchsvoller rangeht.
Sag ich doch, sobald man historisch-kritisch rangeht, fliegt der Schwindel auf.


closs hat geschrieben: Davon abgesehen:
Das Christentum schafft in der Tat einen Paradigmen-Wechsel von außen nach innen, den das Judentum nicht mitgeht - heilsgeschichtlich ist dies auch aus meiner Sicht ein qualitativer Sprung nach vorne.
Das ist Geschmacksache. Die einen sagen "primitive Mythologie" und "kindischer Aberglaube", die anderen Heilsgeschichte. Naheliegend ist doch, dass die Auferstehung erfunden wurde, um aus der Niederlage der Kreuzigung irgendwie noch einen Sieg zu machen. Hier hat Paulus wohl seine eigenen Prinzipien, dass die Lüge erlaubt sei, wenn sie der Verherrlichung Gottes dient, in die Tat umgesetzt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich folge nur den Worten eines der größten Theologen des letzten Jahrhunderts, Rudolf Bultmann
Wer behauptet denn, dass Bultmann "der größte Theologe des letzten Jahrhunderts" ist?
Ob er der größte war, ist zweitrangig. Sicher war er einer der bedeutendsten und einflussreichsten des 20. Jahrhunderts.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#856 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 28. Okt 2016, 18:06

sven23 hat geschrieben:Dazu müßte man erst mal definieren, was "geistige Wirklichkeit" sein soll.
Im Allgemeinen ist es das, was "ist", ohne dass man es historisch-kritisch (also materialistisch) nachweisen kann. - Mit speziellen Religionen hat dies primär erst mal überhaupt nichts zu tun.

sven23 hat geschrieben: Es geht hier nicht um Metaphern und Gleichnisse, sondern wie von der Kirche behauptet um wirklich Geschehenes (Ratzinger), und zwar so, wie in der Bibel beschrieben.
Natürlich - alles, was geistig wirklich ist, ist insofern historisch, als dass es in der Welt stattfindet.

Auch das hat nichts mit speziellen Religionen zu tun. - Ratzinger hat recht, wenn er meint, dass geglaubtest Geschehen sinnlos wäre, wenn es nicht historisch geschehen wäre. - Das Problem: Solches historisches Geschehen ist historisch-kritisch nicht nachweisbar. - Was zu der Unterscheidung führt zwischen einem historisch-kritischen nachweisbaren Geschehen in der Zeit (= "Historie") und einem historisch-kritisch NICHT nachweisbarem Geschehen in der Zeit (= ebenfalls "Historie").

sven23 hat geschrieben:Würde sich die kanonische Exegese für die ursprüngliche Bedeutung der Texte interessieren, wüßte sie, dass die Texte als Glaubenspropagandaschriften und religiöse Erbauungstexte konzipiert waren, nicht als historische Tatsachenberichte.
Sie interessiert sich im Zweifelsfall mehr für das von ihr erschlossene historische Geschehen (also den Ursprung jeglicher Rezeption) als für Rezeptions-Aussagen.

Richtig ist, dass hier der Katholizismus sein Verständnis gelegentlich insofern zu überdehnen scheint, wenn er selbst nebensächliche Anekdoten als historisch bezeichnen würde. - Da hat sie sich ein Problem eingebrockt, durch das sie durch muss.

sven23 hat geschrieben:Sag ich doch, sobald man historisch-kritisch rangeht, fliegt der Schwindel auf.
Historisch-kritisch ist zu flach, weil die HKM nicht geistig denken darf/kann. - Insofern ist der Unredlichkeits-Vorwurf gegenseitig begründet - wenn man sich auf solchen Unsinn überhaupt einlassen will.

sven23 hat geschrieben:Naheliegend ist doch, dass die Auferstehung erfunden wurde, um aus der Niederlage der Kreuzigung irgendwie noch einen Sieg zu machen.
Das kann aus entsprechender weltanschaulicher Perpsektive naheliegend sein.

sven23 hat geschrieben:Sicher war er einer der bedeutendsten und einflussreichsten des 20. Jahrhunderts.
Einer der einflussreichsten allemal - aber es würde mich schon erschrecken, wenn seine spirituelle Ausstattung so gering gewesen wäre, wie durch manche Zitate glauben gemacht wird. - Da ich sein Werk nicht kenne, enthalte ich mich eines Urteils.

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sven23
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#857 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 28. Okt 2016, 18:48

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dazu müßte man erst mal definieren, was "geistige Wirklichkeit" sein soll.
Im Allgemeinen ist es das, was "ist", ohne dass man es historisch-kritisch (also materialistisch) nachweisen kann.
Also Fiktion und Fantasy.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es geht hier nicht um Metaphern und Gleichnisse, sondern wie von der Kirche behauptet um wirklich Geschehenes (Ratzinger), und zwar so, wie in der Bibel beschrieben.
Natürlich - alles, was geistig wirklich ist, ist insofern historisch, als dass es in der Welt stattfindet.
Das ist Geblubber. Entweder ist etwas historisch oder nicht. Vieles in der Bibel hat sich als unhistorisch erwiesen, hat also so nie stattgefunden. Das ist der springende Punkt, den die Forschung aufgezeigt hat.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Würde sich die kanonische Exegese für die ursprüngliche Bedeutung der Texte interessieren, wüßte sie, dass die Texte als Glaubenspropagandaschriften und religiöse Erbauungstexte konzipiert waren, nicht als historische Tatsachenberichte.
Sie interessiert sich im Zweifelsfall mehr für das von ihr erschlossene historische Geschehen (also den Ursprung jeglicher Rezeption) als für Rezeptions-Aussagen.
Da sie sich nicht für die historische Jesusforschung interessiert, kann sie gar keine Aussagen über Historisches machen. Und zu glauben, dass die mythologisierten Legenden Jahrhunderte später noch irgendwas mit dem historischen Jesus zu tun haben, geht nur mit naiver Glaubensbrille. Deshalb fordert ja Ratzinger den Glaubensentscheid. Er weiß, dass er auf wissenschaftlicher Basis keine Chance hat.

closs hat geschrieben: Richtig ist, dass hier der Katholizismus sein Verständnis gelegentlich insofern zu überdehnen scheint, wenn er selbst nebensächliche Anekdoten als historisch bezeichnen würde. - Da hat sie sich ein Problem eingebrockt, durch das sie durch muss.
Die "nebensächlichen Anekdoten" sind aber zu Glaubensdogmen verwurstet worden. Jetzt so zu tun, als sei das bedeutungslos, ist doppelt unredlich.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Naheliegend ist doch, dass die Auferstehung erfunden wurde, um aus der Niederlage der Kreuzigung irgendwie noch einen Sieg zu machen.
Das kann aus entsprechender weltanschaulicher Perpsektive naheliegend sein.
Vor allem erschließt es sich aus den Aussagen des Paulus selbst.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sicher war er einer der bedeutendsten und einflussreichsten des 20. Jahrhunderts.
Einer der einflussreichsten allemal - aber es würde mich schon erschrecken, wenn seine spirituelle Ausstattung so gering gewesen wäre, wie durch manche Zitate glauben gemacht wird. - Da ich sein Werk nicht kenne, enthalte ich mich eines Urteils.
Unkenntnis hat dich doch noch nie von einem Urteil abgehalten. :lol:
Im Ernst: Bultmanns Verdienst war die Entmythologisierung der Evangelien.

„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
– Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie. 1941
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#858 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 28. Okt 2016, 20:55

sven23 hat geschrieben:Also Fiktion und Fantasy.
Nein - Wirklichleit. - Aber hier kommt folgendes (weltanschauliches) durch:
Du meinst, dass Wirklichkeit, die nicht historisch-kritisch als solche benennbar ist, keine Wirklichkeit ist - der übliche Anthropozentrismus.

sven23 hat geschrieben:Das ist Geblubber. Entweder ist etwas historisch oder nicht.
Nein - entweder es findet in der Zeit statt oder nicht - unabhängig davon, ob es historisch-kritisch nachweisbar ist. - Du verwechselst immer noch "historisch" und "historisch-kritisch" - und deswegen blubbern andere aus Deiner Sicht.

sven23 hat geschrieben:Da sie sich nicht für die historische Jesusforschung interessiert, kann sie gar keine Aussagen über Historisches machen.
Über Historisch-Kritisches. - WENN Jesus leiblich auferstanden ist, ist es ein historisches Geschehen, wenn auch kein historisch-kritisches Geschehen.

sven23 hat geschrieben:Deshalb fordert ja Ratzinger den Glaubensentscheid. Er weiß, dass er auf wissenschaftlicher Basis keine Chance hat.
Wissenschaftlich schon, aber nicht historisch-kritisch.

sven23 hat geschrieben:Die "nebensächlichen Anekdoten" sind aber zu Glaubensdogmen verwurstet worden.
Da habe ich Dich mal gebeten, ein diesbezügliches Dogma zu nennen - es kam bisher keines.

sven23 hat geschrieben:Jetzt so zu tun, als sei das bedeutungslos, ist doppelt unredlich.
Auch hier wieder: Du irrst Dich in etwas hinein und rekrutierst daraus Urteile über Redlichkeit.

sven23 hat geschrieben:Vor allem erschließt es sich aus den Aussagen des Paulus selbst.
Dass die Erniedrigung der Kreuzigung ein Triumph über den Tod ist - ja. - Sagt er auch, dass deshalb die Kreuzigung erfunden wurde?

sven23 hat geschrieben:Im Ernst: Bultmanns Verdienst war die Entmythologisierung der Evangelien.
So, wie es klingt, hat er sie damit inhaltlich entkernt.

Sein Anliegen ist ehrenhaft - aber inzwischen weiß man doch, dass man damit nicht tief kommt. - Oder weiß man es nicht?

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Münek
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#859 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Sa 29. Okt 2016, 04:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sicher war er einer der bedeutendsten und einflussreichsten des 20. Jahrhunderts.
Einer der einflussreichsten allemal - aber es würde mich schon erschrecken, wenn seine spirituelle Ausstattung so gering gewesen wäre, wie durch manche Zitate glauben gemacht wird.
Wenn es zur "spirituellen Ausstattung" gehören soll, uralte Mythen um des Glaubens willen aufrecht zu erhalten, na dann "gute Nacht, Marie".

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#860 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Sa 29. Okt 2016, 05:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die "nebensächlichen Anekdoten" sind aber zu Glaubensdogmen verwurstet worden.
Da habe ich Dich mal gebeten, ein diesbezügliches Dogma zu nennen - es kam bisher keines.
Dein Gedächtnis scheint nicht das beste zu sein.

Ohne die Erzählungen in den Evangelien des Lukas und Matthäus, die sich nach den Erkenntnissen der historisch-kritischen Jesusforschung als unhistorische, erbauliche Legenden entpuppt haben, so hatte ich Dir erst kürzlich geschrieben, gäbe es
ganz sicher nicht das Dogma der Jungfräulichkeit Marias.


Die Kirchenväter, die dieses Dogma formulierten, gingen selbstverständlich von der Historizität der überlieferten Zeugungs- und Geburtsgeschichten aus. Die Evangelienberichte bildeten das real-historische Fundament für das Jungfräulichkeits-Dogma.

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