sven23 hat geschrieben:Es geht ja vielmehr darum, dass die Kirche nachweisliche unhistorische Mythen und Legenden als historische Fakten verkaufen will.
Das ist wirklich ein schwieriger Punkt. - Richtig in Deinem Sinne ist, dass es (aus unserer Vogelschau) gescheiter gewesen wäre, hätte man von vorne herein gesagt: "Geistige Wirklichkeit ist unabhängig davon, ob sie historisch oder metaphorisch offenbart/hinterlegt ist".
DAS wäre aus meiner Sicht "Aufklärung" - aber wer versteht das? - Das verstehen nicht nur Christen oft nicht, auch Materialisten reiten auf demselben Pferd, wenn sie meinen, Wirklichkeit müsse intersubjektiv nachweisbar sein - obwohl sie sich selber als "aufgeklärt" bezeichnen.
Ich VERMUTE (dazu gibt es Experten), dass "Historie" in der Antike etwas anderes heisst als heute, und nehme an, dass man die Ilias aus denselben Gründen als "historisch" verstanden hat wie die Bibel: Repräsentierung einer bedeutenden Wirklichkeit, die wichtiges Geistiges repräsentiert. - Im Sinne von: "Historie sagt das, was war - Mythos sagt, was ist".
Mit der "Aufklärung" in DEINEM Sinne (die ja etwas anderes bezeichnet als die Früh-Aufklärung) musste man nun beides - "was war" und "was ist" - trennen. Und da hat sich die Kirche in der Tat schwergetan. - Aber es ändert nichts an der Substanz.
sven23 hat geschrieben: Das ist doch das unredliche.
Dieses ideologische Wort "unredlich" bleibt schnell im Hals stecken, wenn man etwas anspruchsvoller rangeht.
sven23 hat geschrieben:Hat schon was Bizarres, wenn Religionsanhänger nicht Religiösen vorwerfen, auch einer "Religion" anzugehören.
Das nicht - sondern dass diese nicht zu erkennen scheinen, dass sie einer modernen Religion des 21. Jh. angehören.
Münek hat geschrieben:Du siehst, die Unterschiede sind eklatant.
Nicht so arg, wie Du tust:
"In der jüdischen Eschatologie zur Zeit Jesu unterscheidet man zwei bereits im Tanach sichtbare Grundtypen:[4]
Die national-diesseitige Hoffnung auf die Befreiung Israels. Hier wird die alttestamentlich-prophetische Heilsankündigung fortgeführt.
Die universale apokalyptische Erwartung des Weltendes, der Totenauferstehung und des Gerichts, verbunden mit der Hoffnung auf eine kommende Welt." (wik)
Davon abgesehen:
Das Christentum schafft in der Tat einen Paradigmen-Wechsel von außen nach innen, den das Judentum nicht mitgeht - heilsgeschichtlich ist dies auch aus meiner Sicht ein qualitativer Sprung nach vorne.
Münek hat geschrieben:Ich folge nur den Worten eines der größten Theologen des letzten Jahrhunderts, Rudolf Bultmann
Wer behauptet denn, dass Bultmann "der größte Theologe des letzten Jahrhunderts" ist?
Davon abgesehen und mit Nachdruck: Bei aller Größe hat er da was nicht kapiert - wenn er es so gemeint hat, wie es hier rüberkommt.
Er kann doch nicht "Schuld" und "Gerechtigkeit" im heutigen säkularen Sinne verstehen!!! "Gerechtigkeit" wird urtextnah mit "Bewahrheitung" übersetzt. - "Schuld" ist Chiffre für nicht änderbare Selbst-Orientierung.
Die Selbst-Orientierung des Menschen (Anthropozentrismus) wird durch das "Dein Wille geschehe" (Theozentrismus) aufgehoben (als Synonym für "sühnen"). - "Blut" steht für "Bindeglied zwischen Mensch und Gott". - Der Mensch soll durch De-Anthropozentrierung bewahrheitet werden.
Welcher theologischen Disziplin gehört Bultmann an? Hat er sich nie fundamental-theologisch beschäftigt?