Alles Teufelszeug? V

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Scrypton
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#801 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Scrypton » Mo 20. Feb 2017, 19:43

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Und ich habe begründet, weshalb diese theologische Begriffskontruktion nichts mehr mit "Wahrnehmung" zu tun hat
Definitionssache.
Ja, eben. "Wahrnehmung" ist definiert und genau deshalb hat die theologische Begriffskontruktion "Geistige Wahrnehmung" auch nichts mehr mit "Wahrnehmung" zu tun.

closs hat geschrieben:Du definierst "Wahrnehmung" im naturalistischen Sinn und stellst dann zu Recht, dass geistige Wahrnehmung da nicht reinpasst.
Nein closs, das mache ich so nicht. Der Vorwurf ist unfair, weil du den wichtigsten Teil meiner Begründung erneut weder zitiert noch behandelt hast. Es ist einfach nur zu unterscheiden zwischen wahrnehmen und >>bereits Wahrgenommenes<<. Beides ist einfach nicht identisch, nein, das eine ist das Produkt des anderen.

Auch muss ich erwähnen dass nicht ich "Wahrnehmung" definiere, dieser Begriff >>ist<< definiert und die kürzeste Form könnte lauten: Informationsgewinnung von der Umwelt usw...

In erster Linie nichts naturalistisches, aber du behauptest an dieser Stelle es gäbe geistige Wahrnehmung. Was du aber eigentlich meinst ist nicht die Informationsgewinnung, die wird im Beispiel des Klavierspielers noch immer über die Augen als auch über die Ohren getätigt, du meinst die Informationsverarbeitung. Also den geistigen Prozess des >>bereits Wahrgenommenen<<.
Dass das nichts mehr mit "Wahrnehmung" zu tun hat liegt einfach daran, dass es zwei gänzlichst zu unterscheidende Prozesse sind und nicht, dass "Wahrnehmung" irgendwie speziell naturalistisch definiert wäre. Du oder ihr trennt einfach nicht formal korrekt, das ist alles.

Sehr viel mehr will ich dazu auch gar nicht sagen, denn alles was ich dazu sagen könnte habe ich gesagt.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben: Seit 5 Jahren im ich im Jazz-Bereich aktiv (Free-Jazz und Swing).
Diesbezüglich bist Du mir voraus - mich hält immer noch die Welt von Bach und Chopin fest.
Ist einfach nichts mehr für mich.
Wenn du seit Jahrzehnten(?) bei Klassik hängst, musst du ja unglaublich gar hervorragend gut spielen können. Klassik ist die Königsklasse sag ich immer, nirgendwo gibt es so anspruchsvoll zu spielende Stücke in so großer Menge.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Dass sich damit keine Überprüfungsmethode ergibt für geglaubte Dinge oder geglaubte Entitäten in "anderen Welten".
Logisch
Auf nichts anderes wollte ich hinaus.
An dieser Stelle musst du dir nun aber vorwerfen lassen, dass deine immer wieder zu lesende Forderung, man >>dürfe<< nicht auf naturalistische Methoden und >>müsse<< auf "andere" Methoden zurück greifen nicht zu erfüllen ist, da sich mit ein und der selben Methode in ein und der selben Frage unterschiedliche Ergebnisse liefern lassen die gewaltig von den persönlichen Glaubens-Annahmen abhängig und damit eben leider doch etwas beliebig sind.

Die eine oder andere Aussage von "uns Atheisten" hingegen könnte ebenfalls etwas neutraler, fairer, eindeutiger und damit ehrlicher formuliert werden, dann stößt man sich vielleicht nicht so oft gegenseitig an.
Ist ja gut, dass du deinen Glauben hast. Wenn du keine bösen Absichten hegst und du mitunter durch den Glauben Freude erfährst, dann ist an deinem Glaube ja mindestens eine Sache zu finden die auch ich super finde. :)

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben: da mit beliebigen Glaubensannahmen auch Beliebiges logisch erschlossen werden kann.
So einfach ist es nicht. - Geht man ernsthaft hermeneutisch vor, trennt sich der Spreu vom Weizen.
Ja, bei ganz groben Schnitzern.
Eine völlige saubere Trennung ist aber nicht drin. Da kommt der Christ eben auf andere Ergebnisse als ein Buddhist und der anders als ein....

Dass ein wortwörtlich 2m großer unsichtbarer Hase ontologisch logisch erschlossen werden kann, das wollte ich so natürlich niemals sagen und hoffe dass dir das auch klar ist. Er galt vielmehr als Platzhalter.

closs hat geschrieben:Oder in einer Renaissance der "echten" Aufklärung. - Alles drin.
"Echte" Aufklärung?
In der unser beider Ansichten völlig vor den Kopf gestoßen wird? Mit knallharten und unmöglich zu ignorierenden Fakten? :lol:

SilverBullet
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#802 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von SilverBullet » Mo 20. Feb 2017, 20:38

Stromberg hat geschrieben:Auch muss ich erwähnen dass nicht ich "Wahrnehmung" definiere, dieser Begriff >>ist<< definiert und die kürzeste Form könnte lauten: Informationsgewinnung von der Umwelt usw...

In erster Linie nichts naturalistisches, aber du behauptest an dieser Stelle es gäbe geistige Wahrnehmung. Was du aber eigentlich meinst ist nicht die Informationsgewinnung, die wird im Beispiel des Klavierspielers noch immer über die Augen als auch über die Ohren getätigt, du meinst die Informationsverarbeitung.
Hier muss ich mal kurz „reingrätschen“ (obwohl ich „geistige Wahrnehmung“ genauso als reines Theaterstück betrachte und es mich freut, dass das 2m grosse Kaninchen so gut ankommt :-)) – bitte nicht übel nehmen.

„Information“ ist (für mich) der am weitesten missbrauchte Begriff innerhalb der Wissenschaften (leider sogar innerhalb der Neurowissenschaft).

Das, was die Sinneszellen „liefern“ ist Impulsaktivität.
Man bezeichnet so etwas als „Werte“ oder „Daten“.
Ein Wert bzw. Datum speichert keinerlei „Bedeutung“.
„Information“ ist jedoch ein Wert der „Bedeutung“ haben soll.

Entscheidend für die „Informationsgewinnung“ ist es somit, „dem Wert Bedeutung zu geben“.

Und jetzt wird es spannend, denn stell dir mal folgendes vor:
Die Datenverarbeitung beim „Sehvorgang“ verläuft über zwei Hauptausbreitungen im Gehirn, dem Ventral- und Dorsal-Pfad.
Aus bildgebenden Verfahren konnte ermittelt werden, dass dies eine Art getrennt gehaltene „Abstrahierung der konkreten Sehsituation“ ist.
D.h. in einer räumlich getrennten Formation liegen Milliarden von Einzeldaten vor, die eigentlich miteinander zu einem „Bedeutungsding“(?) verrechnet werden müssten.
Als Mensch ist man jedoch vollkommen überzeugt, einen „komplett zusammenhängenden Weltausschnitt zu sehen“.

=> nach dieser unglaublichen Aufarbeitung (entlang der beiden Pfade) muss es irgendwie zu einer „Informations-Überzeugungssituation“ kommen, sozusagen dem „Überblick über die Daten samt ihrer Bedeutung“ -> „Verstehen“ („Wahrnehmen“ ohne „Verstehen“ klingt nicht sehr überzeugend).

Wenn also von „Information“ gesprochen wird, ist man bereits „am Ende“ von Milliarden (eher Billionen) von Auswertungsschritten.

Damit es nicht langweilige wird, gibt es noch ein kleines Rätsel:
das Gehirn besteht einheitlich aus Elementen, die nur das grundlegende Datenformat, also die Impulsaktivität behandeln können, indem sie selektiv schalten -> keine „Bedeutung“.
Das verändernde Impuls-Weiterleiten („Schalten“) kann man als den Aufbau von Zusammenhängen betrachten, aber wie kommt man zur „Bedeutung“?

Keine Religion, keine Philosophie hat hierauf eine Antwort.
Die Neurowissenschaften haben immerhin festgestellt, dass es dennoch über die „funktional einheitliche“ Gehirnaktivität geschehen muss.

Also liegt letztlich der gesamte Vorgang, das „gesamte Mentale“, das „gesamte Bewusstsein“ in der „einfachen“ Datenverarbeitung -> folglich bezeichnet „Wahrnehmung“ das „volle Programm“, also das „gesamte Mentalverhalten“.

Mir ist bekannt, dass es Versuche gibt, eine Aufteilung z.B. in „Wahrnehmung“ und „Denken“, zu treffen, aber nirgendwo im Gehirn gibt es diese Aufteilung.
=> es gibt keine Basis für eine Aufteilung.

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#803 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 20. Feb 2017, 23:29

Stromberg hat geschrieben:Nein closs, das mache ich so nicht. ... Es ist einfach nur zu unterscheiden zwischen wahrnehmen und >>bereits Wahrgenommenes<<. Beides ist einfach nicht identisch, nein, das eine ist das Produkt des anderen.
Genau genommen ist es NICHT das Produkt des anderen - Beethoven hat in den letzten Jahren seines Lebens keinen Ton von dem gehört, was er komponiert oder dirigiert hat. - Natürlich kann man sagen, er habe ja früher gehört und es sich gemerkt. - Aber das ist nicht hinreichend.

Warum sind geistige Prozesse - lass mal Definitions-Fragen für einen Moment weg - keine Wahrnehmungen? - "Ich lese in der Bibel/in Goethes "Faust"/etc. und stelle fest 'Genau so isses'" - Wie würdest Du geistige Prozesse nennen, die Dein Geist aufnimmt?

Stromberg hat geschrieben:die kürzeste Form könnte lauten: Informationsgewinnung von der Umwelt usw...
Das ist wieder der naturalistische Aspekt. - Wie nennst Du es, wenn aus dem Geistigen Information gewonnen wird?

Stromberg hat geschrieben: musst du ja unglaublich gar hervorragend gut spielen können.
Nee - weil oft monatelang fast nicht spiele. Mein Höchststandard sind 4stimmige Fugen und vielleicht die Harfen-Etüde von Chopin oder sein Fantaisie Impromptu. - Ich hatte viel mit echten internationalen Pianisten zu tun: Was ich davon kann, sind keine 5%.

Stromberg hat geschrieben: da sich mit ein und der selben Methode in ein und der selben Frage unterschiedliche Ergebnisse liefern lassen die gewaltig von den persönlichen Glaubens-Annahmen abhängig und damit eben leider doch etwas beliebig sind.
Logisch - wobei ich "Glaubens-Annahmen" ersetzen würde durch "hermeneutisches Vorwissen resp. Vermutung". - Aber diese erhärten sich oder scheitern beim hermeneutischen Prozess. - Konkret:

Wenn meine "Glaubens-Annahme" ist, dass Stromberg Gott ist (kann man ja mal probieren), scheitere ich im hermeneutischen PRozess nach kürzester Zeit - Hermeneutik kann und sollte ziemlich diszipliniert sein.

Es geht des weiteren ja nicht darum, naturwissenschaftliche oder kritisch-rationale Systeme zu ERSETZEN, sondern da etwas zu finden, wo diese setzungsmäßig/methodisch scheitern müssen. - Es ist kein Verdrängungs-Wettbewerb zwischen dem einen und dem anderen, wiewohl es aufgrund echter Disziplinlosigkeit oft so aussieht. - Konkret: Es ist Unfug, mit einer hermeneutischen Methodik zu glauben, das Alter von Textquellen bestimmen zu können. - Es ist aber ebenso Unfug zu glauben, geistige Texte mit kritisch-rationaler Methodik ergründen zu können.

Stromberg hat geschrieben:Eine völlige saubere Trennung ist aber nicht drin. Da kommt der Christ eben auf andere Ergebnisse als ein Buddhist
Trotzdem ziehen sie am selben Strang - was zwischen Buddhisten und Naturalisten/Materialisten bzw. Christen und Naturalisten/Materialisten NICHT der Fall ist.

Die Unterschiede zwischen Christen und Buddhisten kann man damit erklären, dass beide an unterschiedlichen Stellen desselben Seils ziehen.

Stromberg hat geschrieben:In der unser beider Ansichten völlig vor den Kopf gestoßen wird?
Gar nicht. - Unter "echter Aufklärung" verstehe ich, dass man
a) Descartes versteht (und zwar WIRKLICH versteht)
b) Kant versteht
c) Hegel versteht
d) Heidegger versteht
e) um die Setzungen von Wahrnehmungs-Systemen weiß und um die Konsequenzen daraus
f) das Sein kategorial über die Wahrnehmung stellt oder alternativ das Sein als abhängige Größe der Wahrnehmung versteht (also das Gegenteil - aber eben "aufgeklärt" damit umgeht
g) kritisch fragt, worin "Verstand"/"Vernunft" eingebettet sind ("Deckt Vernunft alle ontologischen Fragen ab?")
h) usw.

Die meisten der oben genannten Punkten sind in unserer heutigen Spät-/Nach-Aufklärung - zumindestens vom Ergebnis her - NICHT eingelöst.

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#804 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Detlef » Di 21. Feb 2017, 00:27

closs hat geschrieben:Wie kann ein methodisches System, das programmatisch (!) ausdrücklich auf transzendentelle Aspekte verzichtet, Bibel-Texte, die es nur deshalb gibt, weil sie transzendentell motiviert sind, angemessen auslegen? - Geht nicht
Es ist doch nach wie vor ein starkes Selbstverständnis der Kirchen vorhanden, Politik und Gesellschaft mitzugestalten und das eben sehr häufig mit dem Bezug auf Jesus und Gott. Also muss man sich auch stellen, so isses nun mal in einer Demokratie. Deshalb ist dieses Wunschdenken:
closs hat geschrieben:-kritische Exegese wird von gläubigen Wissenschaftlern durchgeführt, die ihr Fach als Grundlagen-Disziplin verstehen, auf deren Basis die Texte wertend/geistig-spirituell ausgelegt werden.
nicht legitim, wenn das als alleinige Methode gefordert wird.
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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#805 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 21. Feb 2017, 00:50

Detlef hat geschrieben:Es ist doch nach wie vor ein starkes Selbstverständnis der Kirchen vorhanden, Politik und Gesellschaft mitzugestalten und das eben sehr häufig mit dem Bezug auf Jesus und Gott. Also muss man sich auch stellen, so isses nun mal in einer Demokratie.
Du bist jetzt im pastoralen Terrain unterwegs - ich meine ausschließlich das fundamental wissenschaftliche/theologische Terrain. - Man kann über Inhalte nicht demokratisch abstimmen - nach dem Motto: "Wer ist der Höchstbietende für 2+2?" ;)

Detlef hat geschrieben:nicht legitim, wenn das als alleinige Methode gefordert wird.
Seitens der kirchlichen Theolige wird das ja nicht gefordert - das tun andere. :devil: - Entscheidend ist, dass man weiß, was eine Methodik leisten kann und was nicht - da scheint es Auffrischungs-Bedarf zu geben.

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#806 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Detlef » Di 21. Feb 2017, 01:14

closs hat geschrieben:Du bist jetzt im pastoralen Terrain unterwegs - ich meine ausschließlich das fundamental wissenschaftliche/theologische Terrain.
Was du mit "pastoralen Terrain" meinst, weiß ich nicht. Aber die "Fundamentalisten" hat man im realen Leben bzw. in der realen Politik mit ihren reaktionären Vorstellungen an der Backe, sei es die Haltung gegenüber Homosexuellen, zu Verhütungsmitteln oder den Bundestagsbeschluss zur Genitalverstümmlung, z.B. . Wenn was mit den Fundamentalisten nicht stimmt, dann stimmt was mit dem Fundament nicht. Wem ich da die schlüssigeren Analysen und Antworten zutraue, kannst du dir sicher denken....
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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#807 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 21. Feb 2017, 09:54

Detlef hat geschrieben: Wenn was mit den Fundamentalisten nicht stimmt, dann stimmt was mit dem Fundament nicht.
Prinzipiell richtig. - Dann müsste man im Einzelfall klären, um welche Vorstellungen es sich WIRKLICH handelt und auf welches Fundament sie WIRKLICH beruhen. - Nichtsdestoweniger betrifft dies nicht die Methodenfrage ("WIE lege ich die Bibel aus und warum?").

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Münek
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#808 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 21. Feb 2017, 13:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du solltest es Deinem Gott schon selbst überlassen, wenn es ihm danach verlangt, seine Allmacht und damit seine Existenz weltimmanent für alle wahrnehmbar zu präsentieren.
Das sind dann Offenbarungen.
Nenne es, wie Du willst. Das ändert nichts an der Richtigkeit meiner Aussage. Allerdings meinte ich NICHT Gottes angebliche Selbstoffenbarung in der Schöpfung (Paulus), sondern seine wirkliche, für jedermann sicht- und erkennbare Präsens seiner
Person und Demonstration seiner Allmacht. Diese Möglichkeit scheinst Du dem "Allmächtigen" partout nicht einräumen zu
wollen, weil sie Deiner persönlichen Gottesvorstellung widerspricht.


Womit wir wieder bei Pippi Langstrumpf gelandet wären...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:So nach dem Motto: Nur ein transzendenter Gott ist ein guter (d.h. für mich akzeptabler) Gott.
Logisch - als Teil der Natur wäre es nicht Gott.
Er müsste ja nicht Teil der Natur werden. Ein allmächtiges Wesen unterliegt per definitionem keinerlei Beschränkungen. Laut Bibel ist Gott kein Ding unmöglich. Demnach auch sein Wechsel von der Transzendenz in die Immanenz von Raum und Zeit.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die Evidenzen sollten natürlich schon evident sein, sonst wären es keine Evidenzen.
In Deinem Sinn heisst das: Sie müssen naturalistischer Natur sein.
Nee - müssen sie nicht. Die Art der Evidenzen ist nicht vorgeschrieben. Du hast freie Auswahl. Welche Evidenzen wären für Dich vorstellbar?

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#809 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 21. Feb 2017, 14:16

Münek hat geschrieben:, für jedermann sicht- und erkennbare Präsens
"Sie haben Augen und sehen nicht" (AT/NT)

Münek hat geschrieben:. Laut Bibel ist Gott kein Ding unmöglich. Demnach auch sein Wechsel von der Transzendenz in die Immanenz von Raum und Zeit.
Das geschieht einerseits durch Offenbarungen - und wird (in christlichem Sprech) dann wirklich für alle in der "Offenbarung"/"Apokalypse" geschehen.

Münek hat geschrieben: Die Art der Evidenzen ist nicht vorgeschrieben.
In DEINEM Sinne schon, weil Du (stellvertretend für den Naturalismus) nur naturalistisch nachweisbare Evidenz (= intersubjektiv vermittelbar/jederzeit wiederholbar/etc.) als solche anerkennen würdest.

Münek hat geschrieben:Welche Evidenzen wären für Dich vorstellbar?
Geistige. - Ein Nocturne von Chopin ist für mich eine geistige Evidenz von Gott - selbst wenn Chopin kein Christ oder gar Atheist ist.

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#810 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Scrypton » Di 21. Feb 2017, 19:17

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Nein closs, das mache ich so nicht. ... Es ist einfach nur zu unterscheiden zwischen wahrnehmen und >>bereits Wahrgenommenes<<. Beides ist einfach nicht identisch, nein, das eine ist das Produkt des anderen.
Genau genommen ist es NICHT das Produkt des anderen
Doch, genau genommen ist es sogar nur das und nichts anderes.
Was du nämlich meinst ist nicht die Informationsgewinnung (Wahrnehmung), die wird im Beispiel des Klavierspielers noch immer über die Augen als auch über die Ohren getätigt, du meinst die Informationsverarbeitung. Also den geistigen Prozess des >>bereits Wahrgenommenen<<.

Dass das nichts mehr mit "Wahrnehmung" zu tun hat liegt einfach daran, dass es zwei gänzlichst zu unterscheidende Prozesse sind. Etwas (Musik, Gedichte, geäußerte Stimmung einer anderen Person, ...) wird wahrgenommen (z.B. mit den Ohren).

Die Interpretation des >>bereits Wahrgenommenen<< ist Interpretation, Verarbeitung, Bewertung (und so weiter), aber keine Wahrnehmung per se.

closs hat geschrieben:Beethoven hat in den letzten Jahren seines Lebens keinen Ton von dem gehört, was er komponiert oder dirigiert hat.
Musste er auch nicht. Er kannte die Klänge als auch dessen Zusamenwirken, mit denen er großartige Kopfarbeit leistete. Du darfst davon ausgehen dass er nämlich nie auch nur ein Stück komponiert hätte, wäre er völlig taub auf die Welt gekommen.
Schon vor seiner Taubheit war er ein grandioser Klavierspieler. Einige Inselbegabte können euch heute komplexe Lieder alleine auf dem Blatt Papier komponieren, ohne dazu nebenbei auf die Tasten hauen zu müssen.

closs hat geschrieben:Warum sind geistige Prozesse - lass mal Definitions-Fragen für einen Moment weg - keine Wahrnehmungen?
Siehe oben.
Auch wenn das Gehirn bei jeder Art von Wahrnehmung mitspielt, das Gehirn selbst nimmt ohne unsere Sinne nichts von der Umwelt war.

closs hat geschrieben:Wie nennst Du es, wenn aus dem Geistigen Information gewonnen wird?
Ich wüsste nicht dass dies überhaupt passiert.

Mir würden zwei Arten einfallen, die aber etwas anderes darstellen.

Zum Ersten: Es wird ein Gespräch wahrgenommen, indem sich eine Mutter über einen kürzlich in ihrer Familie ereigneten Trauerfall äußert. Die stimme ist weinerlich, zittrig.
Ich nehme damit war dass diese Frau eine sehr schwere Zeit mitmacht, psychisch ziemlich niedergeschlagen wirkt, eben trauert auch wenn das keine Aussage ihrer Mitteilung gewesen ist. Also eine "geistige Interpretation" der mir bereits vorliegenden, anderweitig wahrgenommenen Information.

Zum Zweiten: Es sind ein paar Informationen gegeben, fehlende Informationen lassen sich durch Logik erfassen.
Gegeben sind als Beispiel folgende Informationen: Person A ist mit 1,98m größer als Person B. Person B ist mit 1,78m kleiner als Percon C.

Daraus folgt, dass Person C kleiner ist als Person A und auch, dass dessen Größe zwischen 1,98m und 1,78m liegt.
Es handelt sich also ebenfalls um bereits wahrgenommene Informationen, die nämlich indirekt bereits mitgeteilt wurden. Man musste sie in einem geistigen Prozess nur noch "extrahieren".

Wenn ich mit beiden Fällen "ins Klo" gegriffen haben sollte muss ich zurück fragen: Von der Gewinnung welcher geistigen Informationen sprichst du?

closs hat geschrieben:Wenn meine "Glaubens-Annahme" ist, dass Stromberg Gott ist (kann man ja mal probieren), scheitere ich im hermeneutischen PRozess nach kürzester Zeit
Ähm, das glaube ich übrigens nicht.
Hermeneutisch lässt sich der Wahrheitsgehalt von derart unüberprüfbaren Aussagen nicht "checken", egal in welchen Menschen ich Gott versuche zu platzieren, ob in Jesus oder in meinen esoterischen Nachbarn.

closs hat geschrieben:Es ist Unfug, mit einer hermeneutischen Methodik zu glauben, das Alter von Textquellen bestimmen zu können. - Es ist aber ebenso Unfug zu glauben, geistige Texte mit kritisch-rationaler Methodik ergründen zu können.
Meiner Meinung nach ist es grundsätzlich Unfug, irgendwelchen Personen abstrakte Gedankengänge unterjubeln zu versuchen. Originale Schriftstücke von der Bibel gibt es nicht sondern nur Abschriften von Abschriften.
Was die ursprünglichen (und angeblichen) Schreiber dieser Dokumente, die heute als Abschriften zur Verfügung stehen, tatsächlich beabsichtigten, dachten und was sie selbst wirklich glaubten darüber kann man heute nur mutmaßen. Ob mit HKM oder theologischen Methoden, das nimmt sich nichts.

Mir persönlich ist es auch völlig egal, was "ein Petrus" vor etwa 2.000 Jahren glaubte und|oder behauptete.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Eine völlige saubere Trennung ist aber nicht drin. Da kommt der Christ eben auf andere Ergebnisse als ein Buddhist
Trotzdem ziehen sie am selben Strang
Ähm nein, das glaube ich nicht.
Du ziehst am Strang eines Gottes, an den du glaubst. Der Buddhist tut eben genau das nicht.

closs hat geschrieben:Die meisten der oben genannten Punkten sind in unserer heutigen Spät-/Nach-Aufklärung - zumindestens vom Ergebnis her - NICHT eingelöst.
Weshalb du diese Forderung als "echte Aufklärung" bezeichnest ist mir etwas schleierhaft, denn jede "Aufklärung" die sachlich nachvollziehbare Sachverhalte erklärt ist "echt". Nenne es doch "Philosophische Aufklärung" oder eben einfach so, dass deine Ausdrucksweise sofort so verstanden wird wie du sie einsetzt.

Weiter möchte ich erwähnen dass deine Forderung von eigentlich allen Studenten der Philosophie und denen, die dieses Studium beendeten erfüllt ist.
Ich hoffe aber dass dir klar ist, dass dadurch weder deine Glaubens-Annahmen noch deine "Ergebnisse" deiner Gedankenspielchen dazu geteilt werden müssen. Man kann philosophisch ein Ass sein, die Werke und das Leben von Kant & Co. bis ins Detail verstehen und widergeben und dir in Glaubensfragen trotzdem widersprechen. Das ist überhaupt kein Problem weshalb ich nicht sehe, dass die Aufklärung wie sie heute stattfindet etwas damit zu tun hätte.

Ich halte es sogar für nahezu ausgeschlossen dass eine Rückkehr zur "echten Aufklärung" (im Sinne deiner Bedeutung) jemals stattfinden wird oder könnte, ebenso wie eine Rückkehr zum Mittelalter.

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