sven23 hat geschrieben: ↑Mo 17. Dez 2018, 07:14
Sagen wir mal so: Man pflegte einen sehr freien und kreativen Umgang mit der Wahrheit. Das gilt aber praktisch für alle beteiligten des NT und der späteren Kirchenväter.
[...]
Tja, wenn es denn nur so einfach wäre, dass alles, was geschrieben steht, historisch wahr wäre, dann bräuchten wir keine Forschung.
Forschung ist nicht gleich Quellenskeptizismus, wenn auch Quellenkritik zur Basismethodik gehört.
Ich bin selbst Geisteswissenschaftler und habe mit Quelle gearbeitet. Und eine sehr wichtige methodische Vorgehensweise bei der Auswertung von Quellenmaterial ist die Quellenkritik - insofern alles in Ordnung.
Allerdings folgt die HKM hier nicht den wissenschaftlichen Gepflogenheiten, sondern schießt über das Ziel weit hinaus.
Ich will das mal an einem Beispiel aus meinem Fach deutlich machen:
ich grabe ein Gräberfeld aus. Der Befund ist durch eine moderne Straße, die durch's Zentrum führt massiv gestört, so dass unter dieser Straßentrasse nunmehr lediglich die Sohlen der Grabgruben zu erkennen sind. Beigaben sind allesamt zerstört oder ausgeräumt. Lediglich am Rand des Befundes - dort wo keine Arbeiten an der modernen Straßentrasse stattgefunden haben - finden sich noch ein paar wenige Gräber mit eindeutig römischen Grabbeigaben aus dem 1. Jahrhundert.
Quellenkritisch muss ich folgendes zu Protokoll geben: aufgrund der massiven Störung des Gesamtbefundes lassen sich die Grabgruben im Zentrum des Gräberfeldes nicht mehr eindeutig zuweisen. Allerdings finden sich am Rande des Gräberfeldes, außerhalb des gestörten Bereiches, einige Gräber, die eindeutig aus dem 1. Jahrhundert stammen und römischer Provenienz sind. Im Gesamtbefund lassen sich keine Gründe dafür finden, dass die gestörten Gräber im Zentrum anders zu bewerten wären. Ich halte den Befund daher für ein römisches Gräberfeld aus dem 1. Jahrhundert.
Die HKM würde hingegen so argumentieren:
aufgrund der massiven Störung des Gesamtbefundes lassen sich die Grabgruben im Zentrum des Gräberfeldes nicht mehr eindeutig zuweisen. Wir finden sie allerdings beigabenlos vor, was für nachrömische, christliche Bestattungen spricht, da christliche Bestattungen dieser Zeit immer beigabenlos waren. Allerdings finden sich am Rande des Gräberfeldes, außerhalb des gestörten Bereiches, einige Gräber, die mutmaßlich aus dem 1. Jahrhundert stammen und römischer Provenienz sind. Wir halten diese Gräber für Fälschungen, da sie nicht zu unserer Befunddeutung im Zentrum passen. Unserer Einschätzung nach handelt es sich um ein nachrömisches, christliches Gräberfeld.
Bewerte selbst, wer hier wissenschaftlich unsauber gearbeitet hat.
Um das noch einmal in den hier besprochenen Zusammenhang zu stellen:
1. es gibt biblische Quellen mit eindeutigen Aussagen - diese Quellen werden von der HKM als "gestört" betrachtet und umgedeutet.
2. es gibt außerbiblische Quellen, die die biblischen Quellen bestätigen - diese werden von der HKM als gefälscht betrachtet, damit sie die Umdeutung nicht gefährden.
Höchst unsauber. Ich bezeichne das als Befundmanipulation.