Soll man Religionen kritisch betrachten?

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#81 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Novas » Mi 11. Feb 2015, 00:24

Münek hat geschrieben:Welche Voraussetzung wird denn gesetzt, wenn man davon ausgeht, dass die "schier unbegrenzte Fantasie des Menschen" Ergebnis der Evolution ist?

Schier unbegrenzte Fantasie setzt Geist voraus.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#82 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Münek » Mi 11. Feb 2015, 00:30

Novalis hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Welche Voraussetzung wird denn gesetzt, wenn man davon ausgeht, dass die "schier unbegrenzte Fantasie des Menschen" Ergebnis der Evolution ist?

Schier unbegrenzte Fantasie setzt Geist voraus.

Natürlich ist Fantasie ohne "Geist" nicht denkbar. Und weiter...?

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#83 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Novas » Mi 11. Feb 2015, 00:39

Münek hat geschrieben:Natürlich ist Fantasie ohne "Geist" nicht denkbar. Und weiter...?

Die Natur könnte keinen Geist hervorbringen, wenn sie nicht selbst beseelt oder begeistert wäre. „In menschlichen Begebenheiten, in menschlichen Gedanken und Empfindungen offenbart sich der Geist des Himmels am hellsten.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#84 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von closs » Mi 11. Feb 2015, 00:41

Münek hat geschrieben:Es ist sicherlich keine Frage der Voraussetzung.
Weltanschauungen schon. - Die eine Weltanschauung (etwa Naturalismus) setzt, dass das sinnlich Wahrnehmbare/Messbare "die Welt" allumfassend beschreibt. - Die andere Weltanschauung (etwa Christentum) setzt, dass unser Dasein aus einem höheren Sein ist. - Beides ist reine Glaubens-Sache, die man jeweils begründen kann.

Münek hat geschrieben:Welche Voraussetzung wird denn gesetzt, wenn man davon ausgeht, dass die "schier unbegrenzte Fantasie des Menschen" Ergebnis der Evolution ist?
Es gibt in unserem Dasein nichts, was nicht evolutions-bedingt wäre - wäre ich ein Einzeller, könnte sich Geist in mir nicht äußern.

Münek hat geschrieben:Du gleitest doch wohl nicht in die dunklen Tiefen des Kreationismus ab?
Bestimmt nicht. - Zusammenhang?

Novalis hat geschrieben:Schier unbegrenzte Fantasie setzt Geist voraus.
Dann sagst Du ja dasselbe wie ich.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#85 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Novas » Mi 11. Feb 2015, 00:43

http://gutenberg.spiegel.de/buch/fragmente-6618/21

Religionslehre

Religion ist Synthesis von Gefühl und Gedanke oder Wissen. Religionslehre ist also eine Synthesis der Poetik und Philosophik. Hier entstehn echte Dogmata, echte Erfahrungssätze, das heißt, aus Vernunftsätzen, Philosophemen und Glaubenssätzen, Poemen wahrhaft zusammengesetzte, nicht gegenseitig beschränkte, sondern vielmehr gegenseitig bestärkte und erweiterte Sätze.
Was bei den Philosophen die Vernunft ist, das bei den Poeten im engern Sinn der Glaube. Freier Gebrauch des Glaubens. Staatsreligion.
Gegen Kants Streit der Fakultäten ist sehr viel zu erinnern.
Die Religion begreift das ganze Gebiet des sogenannten Übersinnlichen und Überirdischen in sich. Sie ist teils theoretisch, teils praktisch.
Über den Ausdruck: Glaubenslehren.
Religionslehre ist wissenschaftliche Poesie. Poesie ist unter den Empfindungen, was Philosophie in Beziehung auf Gedanken ist.
Alle absolute Empfindung ist religiös. (Religion des Schönen. Künstlerreligion.) (Schluß hieraus.)
Ist ein wahrer Unterschied zwischen Weltlichem und Geistlichem? Oder ist gerade diese Polarität unsrer Theologie noch alttestamentlich? Judaism ist dem Christentum schnurstracks entgegen und liegt, wie dieses, allen Theologien gewissermaßen zum Grunde.
(Moralisiert, der echte Geist Gottes, der Moralist ist der Johannes.)
Religion kann man nicht anders verkündigen wie Liebe und Patriotism. Wenn man jemand verliebt machen wollte, wie finge man das wohl an?
Durch Religion werden die Menschen erst recht eins.
Wer keinen Sinn für Religion hätte – müßte doch an ihrer Stelle etwas haben, was für ihn das wäre, was andern die Religion ist, und daraus mögen wohl viel Streite entstehn; da beide Gegenstände und Sinne Ähnlichkeit haben müssen und jeder dieselben Worte für das seinige braucht und doch beide ganz verschieden sind – so muß daraus manche Konfusion entspringen.
Die Lehre von der Gnade und die Lehre vom freien Willen widersprechen sich gar nicht, wenn sie recht verstanden werden; beides gehört zu einem Ganzen, und oft nezessitieren sie sich.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#86 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Münek » Mi 11. Feb 2015, 00:47

[quote="Novalis"] [/quote ]Deswegen sagte er, dass die Wirklichkeit jenseits unsres begrenzten Wissens existiert. Das ist eine sehr vernünftige Denkweise, weil sie uns einen großen gedanklichen Spielraum lässt für alle möglichen Sichtweisen.

Genau das meine ich mit Fantasie ("großer gedanklicher Spielraum für alle möglichen Sichtweisen").

Unser Königsberger Philosoph war gewiss kein Fantast, der glaubte, hinter den Vorhang gucken zu können.
Den Gedanken an die Existenz eines persönlichen Gottes lehnte er wie später auch Einstein strikt ab.

Benutzeravatar
Zeus
Beiträge: 4745
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:32
Wohnort: Lyon
Kontaktdaten:

#87 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Zeus » Mi 11. Feb 2015, 00:49

Novalis hat geschrieben:In menschlichen Begebenheiten, in menschlichen Gedanken und Empfindungen offenbart sich der Geist des Himmels am hellsten.
Das wurde in der Vergangenheit am deutlichsten durch die Inquisition und heute durch das Wüten des Islamischen Staates demonstriert. Nicht wahr?
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#88 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Novas » Mi 11. Feb 2015, 01:03

Zeus hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:In menschlichen Begebenheiten, in menschlichen Gedanken und Empfindungen offenbart sich der Geist des Himmels am hellsten.
Das wurde in der Vergangenheit am deutlichsten durch die Inquisition und heute durch das Wüten des Islamischen Staates demonstriert. Nicht wahr?

Ich denke da eher an Mozart, Goethe und Marilyn Monroe :lol:

Zuletzt geändert von Novas am Mi 11. Feb 2015, 01:10, insgesamt 3-mal geändert.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#89 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von closs » Mi 11. Feb 2015, 01:06

Münek hat geschrieben:Den Gedanken an die Existenz eines persönlichen Gottes lehnte er wie später auch Einstein strikt ab.
Auch Goethe hat offizielle Gottes-Bilder abgelehnt, weil große Geister immer die Korrumpiertheit eben dieser erkennen. - Aber weder Kant noch Goethe (bei Einstein weiss ich es nicht) waren weltanschauliche Naturalisten - für sie gab es das, aus dem unser Dasein ist.

Kant hat beschlossen, jenseits des kritisch Beschreibbaren zu schweigen - deswegen seine aggressive Abneigung gegen stümperhaft betriebene Metaphysik. - Goethe hat eigentlich insofern dasselbe gemacht, dass er in Konzilianz und Musik ausgewichen ist - sogar Goethe hat die Grenzen der Sprache erkannt. - Aber beide waren von der Existenz des Transzendenten (damit meine ich nicht das Transzendentale) überzeugt - gerade weil ihnen ihre Vernunft keine andere Möglichkeit gegeben hat. - Insofern ist Novalis' Darstellung schon richtig (auch wenn ich jetzt nicht wüsste, wo das bei Kant steht - aber es passt zum Gesamtbild).

Münek hat geschrieben:Genau das meine ich mit Fantasie ("großer gedanklicher Spielraum für alle möglichen Sichtweisen").
Vielleicht liest Du den Satz nicht ganz richtig - er sollte so betont werden: "großer gedanklicher Spielraum für alle möglichen Sichtweisen"

Zeus hat geschrieben:Das wurde in der Vergangenheit am deutlichsten durch die Inquisition und heute durch das Wüten des Islamischen Staates demonstriert.
Warum verwechselst Du ständig Gott mit dem Teufel?

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#90 Re: Soll man Religionen kritisch betrachten?

Beitrag von Münek » Mi 11. Feb 2015, 01:10

Novalis hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Natürlich ist Fantasie ohne "Geist" nicht denkbar. Und weiter...?

Die Natur könnte keinen Geist hervorbringen, wenn sie nicht selbst beseelt oder begeistert wäre. „In menschlichen Begebenheiten, in menschlichen Gedanken und Empfindungen offenbart sich der Geist des Himmels am hellsten.

Dass die "Natur" beseelt und geisterfüllt" ist, ist eine Wunsch- und Glaubensvorstellung - mehr nicht. Die Natur
ist Leben pur. Hat mit Seele und Geist im übernatürlichem Sinn nix zu tun.

Es gibt keinen "Geist des Himmels". Was sollte ein "Geist des Himmels" sein? Was ist "Geist", was ist "Himmel"?
Die von Dir genannten "menschlichen Gedanken und Empfindungen" sind keine Offenbarung, sondern "Vorstellun-
gen Deiner wunschgesteuerten Fantasie
". Diese allerdings existiert in der Tat. Dank der Evolution.

Antworten