Alles Teufelszeug? IV

closs
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#791 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 22. Okt 2016, 09:44

sven23 hat geschrieben:Und mit Recht.
ODer zu Unrecht - je nachdem, wie man "Aufklärung" definiert: Also anthropozentrische oder als theozentrische/ontologische Aufklärung - wirklich ganz wertfrei gemeint.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung beschreibt die Glaubenswelt Jesu. "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen...."
Es ist bereits Wertung, wenn man diesen einen Satz in dieser Deutung, dem viele andere entgegenstehen zum Ausgangspunkt macht. - Es wurden hier andere Ansätze zitiert, womit er mit dem, was er gesagt haben mag und was so quellen-mäßig wiedergegeben wurde (auch hier wieder: Rezeptions-Problematik), gemeint hat "Ihr Missionare in meinem Namen werdet mit den Städten Eures Volkes, wo und wann sie auch immer sein werden, nicht zu Ende kommt".

Dem muss man nicht zustimmen - viel gewichtiger ist der kanonische Kontext von Abrahams "Abraham soll doch zu einem großen, mächtigen Volk werden, durch ihn sollen alle Völker der Erde Segen erlangen" Gen. 18,18), den man als solchen anerkennt oder nicht. - Das ist ein Endlos-Diskussion je nach Perspektive.

sven23 hat geschrieben:Dass er sich geeirrt hat, darf bei der Beurteilung keine Rolle spielen.
WENN er sich geirrt, darf es keine Rolle spielen - aber man darf nicht durch anfechtbare Wertung setzen, dass er sich geirrt hat.

sven23 hat geschrieben:Dieses oder jenes ist unhistorisch, ist eine Erfindung oder Fälschung der Schreiber. Das darf und muss sogar in Klartext ausgesprochen werden.
Innerhalb der HKM ist das richtig - aber auch die HKM steht in einem Gesamt-Raum, in dem auch die Frage steht: Welche Rolle spielt die HKM in Bezug auf das, was der Fall ist? - Die Antwort ist geteilt.

sven23 hat geschrieben:Das ist ein entscheidender Unterschied, der inzwischen klar geworden sein sollte.
Er war bereits vor diesem Thread allseits klar. - Wir streiten uns nicht darum, sondern um die Frage, inwieweit die HKM über die Beschreibung von Beobachtung geistig-inhaltlich bewerten kann - meine Antwort: Sie kann es nicht (und sollte es eigentlich auch nicht wollen).

sven23 hat geschrieben:Nein, deshalb betreiben sie ja auch keine historische Jesusforschung. Ist das so schwer zu verstehen?
Es ist GAR nicht zu verstehen. - Die HKM betreibt nicht "historische Jesusforschung", sondern historisch-kritische Jesusforschung, also Forschung nach einer bestimmten Methode. - Konkret:

Wenn Jesus heute auftauchen würde, könnte es gut sein, dass er sagt: "Ratzinger hat mich in meiner historischen Wirklichkeit, also in dem, was ich wirklich gesagt und gemeint habe, weit besser getroffen als Theißen".

sven23 hat geschrieben: Jemand, der glaubt, von Außerirdischen entführt worden zu sein, wird nur von jemandem verstanden, der selbst schon mal von Außerirdischen entführt wurde.
Das wäre ein Beispiel für die ordinäre Definition von "Esoterik".

Wie wäre es mit einem seriösen Beispiel? - Etwa: Ein Professor für Quantenmechanik wird nur von jemandem verstanden, der ebenfalls in der Quantenmechanik daheim ist. ---???---

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sven23
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#792 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 22. Okt 2016, 13:03

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung beschreibt die Glaubenswelt Jesu. "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen...."
Es ist bereits Wertung, wenn man diesen einen Satz in dieser Deutung, dem viele andere entgegenstehen zum Ausgangspunkt macht. - Es wurden hier andere Ansätze zitiert, womit er mit dem, was er gesagt haben mag und was so quellen-mäßig wiedergegeben wurde (auch hier wieder: Rezeptions-Problematik), gemeint hat "Ihr Missionare in meinem Namen werdet mit den Städten Eures Volkes, wo und wann sie auch immer sein werden, nicht zu Ende kommt".
Kanoniker ignorieren die zeitliche Entwicklung der Texte, die ja Jahrzehnte später entstanden, als Reaktion auf die nicht eingetretene Prophezeiung. Wenn man so vorgeht, kann man alles so hinbiegen, wie es die Kirche ja auch gemacht hat. Man vollzieht ihre Verfälschung der Lehre einfach nach und behauptet rotzfrech, dies wäre dem historischen Jesus am nächsten. Dass dies nicht mal die Minimalanforderung an wissenschaftliches Arbeiten erfüllt, braucht nicht näher erwähnt zu werden.
Ratzinger hat dies übrigens verstanden. Er erkannte, dass ihm nur die Aufforderung zum Glaubensentscheid übrig bleibt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dass er sich geeirrt hat, darf bei der Beurteilung keine Rolle spielen.
WENN er sich geirrt, darf es keine Rolle spielen - aber man darf nicht durch anfechtbare Wertung setzen, dass er sich geirrt hat.
Nun, er hat sich aber geeirrt. Das läßt sich nicht wegdiskutieren. Der Käse ist längst gegessen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dieses oder jenes ist unhistorisch, ist eine Erfindung oder Fälschung der Schreiber. Das darf und muss sogar in Klartext ausgesprochen werden.
Innerhalb der HKM ist das richtig - aber auch die HKM steht in einem Gesamt-Raum, in dem auch die Frage steht: Welche Rolle spielt die HKM in Bezug auf das, was der Fall ist? - Die Antwort ist geteilt.
Nein, in der Forschung ist sie nicht geteilt. Dass Glaubensdogmatikern die Ergebnisse der Forschung nicht gefallen, ist dabei irrelevant.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist ein entscheidender Unterschied, der inzwischen klar geworden sein sollte.
Er war bereits vor diesem Thread allseits klar. - Wir streiten uns nicht darum, sondern um die Frage, inwieweit die HKM über die Beschreibung von Beobachtung geistig-inhaltlich bewerten kann - meine Antwort: Sie kann es nicht (und sollte es eigentlich auch nicht wollen).
Doch, eigentlich geht es schon um dieses prinzipielle Mißverständnis, das besonders bei dir immer wieder durchschlägt. Die Forschung untersucht nicht Gott, sondern den Glauben an Gott.
Solange das nicht begriffen wird, ist alle Mühe vergeblich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, deshalb betreiben sie ja auch keine historische Jesusforschung. Ist das so schwer zu verstehen?
Es ist GAR nicht zu verstehen. - Die HKM betreibt nicht "historische Jesusforschung", sondern historisch-kritische Jesusforschung, also Forschung nach einer bestimmten Methode.
Und diese Methode muss wissenschaftlichen Kriterien genügen. Davon können Kanoniker nur träumen.

closs hat geschrieben: Wenn Jesus heute auftauchen würde, könnte es gut sein, dass er sagt: "Ratzinger hat mich in meiner historischen Wirklichkeit, also in dem, was ich wirklich gesagt und gemeint habe, weit besser getroffen als Theißen".
Meine Vermutung ist eher: wenn er sehen würde, was man aus seiner Lehre gemacht hat, würde er einen Schlaganfall bekommen, der ihn endgültig dahinrafft. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Jemand, der glaubt, von Außerirdischen entführt worden zu sein, wird nur von jemandem verstanden, der selbst schon mal von Außerirdischen entführt wurde.
Das wäre ein Beispiel für die ordinäre Definition von "Esoterik".
Bei nüchterner Betrachtung behaupten diese Leute auch nicht viel Unsinnigeres als so manche Religion und ihre Dogmen.

closs hat geschrieben: Wie wäre es mit einem seriösen Beispiel? - Etwa: Ein Professor für Quantenmechanik wird nur von jemandem verstanden, der ebenfalls in der Quantenmechanik daheim ist. ---???---
Da wird dir jeder zustimmen, weil es eine Binsenweisheit ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#793 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 22. Okt 2016, 14:28

sven23 hat geschrieben:Kanoniker ignorieren die zeitliche Entwicklung der Texte
Im Ernstfall ja, weil ihnen der heilsgeschichtliche Ablauf (verkürzt: "Wann gibt es Fortschritte bei der Erkenntnis des wirklichen Jesus?") wichtiger ist als der Rezeptions-Ablauf.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger hat dies übrigens verstanden. Er erkannte, dass ihm nur die Aufforderung zum Glaubensentscheid übrig bleibt.
Er hat es anders verstanden als Du. - Sein Anliegen geht dahin, dass er im Gegensatz zu manchem HKM-ler um die Setzungen seiner Untersuchungen weiss und sich dazu bekennt. - Er hätte auch nüchterner sagen können: "Wir untersuchen die Bibel auf der Basis, dass es Gott gibt".

sven23 hat geschrieben:Nun, er hat sich aber geeirrt. Das läßt sich nicht wegdiskutieren.
Nein - wenn man alle relevanten Äußerungen der Bibel zusammen nimmt und sie geistig interpretiert, bleibt pro Naherwartung wenig übrig. - Wenn Du wenigstens sagen würdest "Er hat sich nach historisch-kritischem Regelwerk geirrt" könnte man dem ja noch zustimmen - aber Du machst einmal mehr gerade so, als sei diese Aussage eine faktische Aussage über allen MEthoden - das ist Ideologie.

sven23 hat geschrieben:Nein, in der Forschung ist sie nicht geteilt.
Natürlich ist sie geteilt - sie ist nur dann nicht geteilt, wenn man nur säkular-kritisch-rationales Vorgehen als "wissenschaftlich" bezeichnet. Aber das ist Augenwischerei.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung untersucht nicht Gott, sondern den Glauben an Gott.
Auch das stimmt so nicht. - Denn auch die kanonische Forschung untersucht nicht Gott, sondern untersucht - als Gegenentwurf zur HKM - die Bibel so, als gäbe es Gott. - Auf beiden Seiten gibt es folglich präjudizierte Ergebnisse, weil Setzungen nun mal dazu da sind, dass sie den Rahmen geben, innerhalb dessen Schlussfolgerungen gezogen werden.

sven23 hat geschrieben:Da wird dir jeder zustimmen, weil es eine Binsenweisheit ist.
Das entspricht in etwa dem seriösen Sinn des Wortes "Esoterik".

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#794 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 22. Okt 2016, 16:08

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kanoniker ignorieren die zeitliche Entwicklung der Texte
Im Ernstfall ja, weil ihnen der heilsgeschichtliche Ablauf (verkürzt: "Wann gibt es Fortschritte bei der Erkenntnis des wirklichen Jesus?") wichtiger ist als der Rezeptions-Ablauf.
Woher willst du oder die Kanoniker den "wirklichen Jesus" kennen? Zumal es kein Interesse an der historischen Jesusforschung gibt. Und es ist umgekehrt: Kanoniker vergöttern doch geradezu die Rezeption, die von der Kirche maßgeblich beeinflußt wurde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzinger hat dies übrigens verstanden. Er erkannte, dass ihm nur die Aufforderung zum Glaubensentscheid übrig bleibt.
Er hat es anders verstanden als Du. - Sein Anliegen geht dahin, dass er im Gegensatz zu manchem HKM-ler um die Setzungen seiner Untersuchungen weiss und sich dazu bekennt. - Er hätte auch nüchterner sagen können: "Wir untersuchen die Bibel auf der Basis, dass es Gott gibt"..
Hat er aber nicht. Er besteht bei der Bibel auf wirklich historisch Geschehenem. Deshalb werfen ihm die forschenden Theologen doch die Abschaffung der historisch-kritischen Methode vor. Ratzinger hat sich damit endgültig als Wissenschaftler disqualifiziert. Man kann eben, wie Kubitza richtig sagt, nur eines sein: entweder Wissenschaftler oder Glaubensdogmatiker.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nun, er hat sich aber geeirrt. Das läßt sich nicht wegdiskutieren.
Nein - wenn man alle relevanten Äußerungen der Bibel zusammen nimmt und sie geistig interpretiert, bleibt pro Naherwartung wenig übrig. - Wenn Du wenigstens sagen würdest "Er hat sich nach historisch-kritischem Regelwerk geirrt" könnte man dem ja noch zustimmen - aber Du machst einmal mehr gerade so, als sei diese Aussage eine faktische Aussage über allen MEthoden - das ist Ideologie.
Er hat sich auf Grund der Quellenlage geirrt. Mehr als die Quellen haben wir nicht zur Verfügung. Jetzt kann closs natürlich hoffen, dass dieser Jesus irgendwie ganz anders war, als in den Quellen beschrieben. Zum großen Teil stimmt das ja auch. Aber in puncto Naherwartung muss die Forschung dich enttäuschen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, in der Forschung ist sie nicht geteilt.
Natürlich ist sie geteilt - sie ist nur dann nicht geteilt, wenn man nur säkular-kritisch-rationales Vorgehen als "wissenschaftlich" bezeichnet. Aber das ist Augenwischerei.
Augenwischerei ist es, nicht begreifen zu wollen, dass es nur eine historische Jesusforschung gibt, die den Namen verdient und die wissenschaftlicher Kriterien genügt. Kanoniker wollen doch gar keine historische Jesusforschung betreiben, weil sie wissen, dass ihr Glaubenkonstrukt hinten runterfällt, wenn man genauer hinschaut.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung untersucht nicht Gott, sondern den Glauben an Gott.
Auch das stimmt so nicht. - Denn auch die kanonische Forschung untersucht nicht Gott, sondern untersucht - als Gegenentwurf zur HKM - die Bibel so, als gäbe es Gott. - Auf beiden Seiten gibt es folglich präjudizierte Ergebnisse, weil Setzungen nun mal dazu da sind, dass sie den Rahmen geben, innerhalb dessen Schlussfolgerungen gezogen werden.
Und da sie dies tut, kann sich in ihrer Logik Jesus nicht geirrt haben, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Ein astreiner Zirkelschluss.
Außerdem kann sie die widerprüchlichen Aussagen Jesu nicht erklären, die sie ja per Definition alle für authentisch hält.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da wird dir jeder zustimmen, weil es eine Binsenweisheit ist.
Das entspricht in etwa dem seriösen Sinn des Wortes "Esoterik".
Wie unterscheidet man seriöse Esoterik von unseriöser? Abgesehen davon, dass das eigene Glaubenskonstrukt natürlich immer seriös ist. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#795 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 22. Okt 2016, 19:32

sven23 hat geschrieben:Woher willst du oder die Kanoniker den "wirklichen Jesus" kennen?
Die "wissen" es auch nicht, nehmen dies aber in ihrer Wissenschaft genauso zum Ziel wie die HKM-ler - nur halt unter unterschiedlichen Prämissen.

sven23 hat geschrieben: Zumal es kein Interesse an der historischen Jesusforschung gibt.
Ein Kanoniker hat nicht zum Ziel, die HKM innerhalb ihrer Grenzen besser zu vertreten, sondern das Ziel mit ANDEREN Prämissen zu verfolgen.

sven23 hat geschrieben:Kanoniker vergöttern doch geradezu die Rezeption, die von der Kirche maßgeblich beeinflußt wurde.
"Vergöttern" ist übertrieben - aber es ist richtig: Sie berufen sich auf theologische Rezeption - mir wäre der ontologische Ansatz lieber. - Andererseits zeigt die Kirche auch, dass sie unterscheidet, welche Rezeption sie als heilsgeschichtlichen Fortschritt sieht und welchen nicht.

sven23 hat geschrieben: Er besteht bei der Bibel auf wirklich historisch Geschehenem.
Insgesamt ist das ja auch richtig - das Wirkliche, egal ob man es kennt oder nicht, findet schließlich in der Zeit (alias Historie) statt. - Im Detail wird es in konkreten Fällen falsch sein.

sven23 hat geschrieben:Deshalb werfen ihm die forschenden Theologen doch die Abschaffung der historisch-kritischen Methode vor.
Nein - die Kritik an der HKM setzt wo ganz woanders an: Die agnostische BEWERTUNG der gesamten Bibel als Grundlage der Theologie. - In dieser Frage steht die eine Wissenschaftskultur gegen die andere Wissenschaftskultur.

sven23 hat geschrieben:Aber in puncto Naherwartung muss die Forschung dich enttäuschen.
Das darf sie auch. - Wenn die HKM sagt, sie könne nach ihrem Regelwerk nur zu diesem Schluss kommen, ist das zu respektieren. - Dann sollte es halt inter-wissenschaftliche Auseinandersetzungen geben - tut es ja auch - ist auch normal.

sven23 hat geschrieben:Augenwischerei ist es, nicht begreifen zu wollen, dass es nur eine historische Jesusforschung gibt, die den Namen verdient und die wissenschaftlicher Kriterien genügt.
Die historisch-kritische Jesusforschung wird einem säkular-kritisch-rationalem Wissenschaftsbegriff gerecht - mehr nicht. Über die Ausbeute zur Wirklichkeit Jesu sagt dies erst im inter-wissenschaftlichen Dialog etwas aus.

sven23 hat geschrieben:Und da sie dies tut, kann sich in ihrer Logik Jesus nicht geirrt haben, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Ein astreiner Zirkelschluss.
Routinemäßige Erwiderung (musste ich schon an die 20 Mal machen): Dasselbe Problem hat die HKM auch - wer setzt, dass Jesus nur Mensch war, kann in Bezug auf die Wirklichkeit Jesus nur zu Ergebnissen kommen, die setzungs-gemäß sind.

sven23 hat geschrieben:Wie unterscheidet man seriöse Esoterik von unseriöser?
Wie unterscheidet man Expertengespräche zum Thema Quantenphysik zwischen Einstein und Planck von Expertengesprächen zwischen Closs und Sven? ---- Es hat etwas mit Kompetenz zu tun, die den Kreis der Gesprächspartner um so kleine macht, je höher die Kompetenz ist.

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#796 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von 2Lena » Sa 22. Okt 2016, 19:33

Sven23 hat geschrieben:Nun, er hat sich aber geeirrt. Das läßt sich nicht wegdiskutieren. Der Käse ist längst gegessen.
Wann beginnst du mit dem Nachdenken - was das Himmelreich ist und wo es sein soll?
Daran reibt sich's doch ...

Sven23 hat geschrieben:Man kann eben, wie Kubitza richtig sagt, nur eines sein: entweder Wissenschaftler oder Glaubensdogmatiker.
Wie wär's mit "richtig gestellter Wissenschaft". Die ist schließlich im Einklang ...

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#797 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » So 23. Okt 2016, 07:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Woher willst du oder die Kanoniker den "wirklichen Jesus" kennen?
Die "wissen" es auch nicht, nehmen dies aber in ihrer Wissenschaft genauso zum Ziel wie die HKM-ler - nur halt unter unterschiedlichen Prämissen.
Aber doch wohl mit untauglichen Mitteln. Seit wann kann man sich mit Mythen und Legenden einer historischen Person annähern?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Zumal es kein Interesse an der historischen Jesusforschung gibt.
Ein Kanoniker hat nicht zum Ziel, die HKM innerhalb ihrer Grenzen besser zu vertreten, sondern das Ziel mit ANDEREN Prämissen zu verfolgen.
Eben, die Prämissen beruhen auf Mythen, Legenden und Fälschungen. Was soll dabei sinnvolles rauskommen? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kanoniker vergöttern doch geradezu die Rezeption, die von der Kirche maßgeblich beeinflußt wurde.
"Vergöttern" ist übertrieben - aber es ist richtig: Sie berufen sich auf theologische Rezeption - mir wäre der ontologische Ansatz lieber. - Andererseits zeigt die Kirche auch, dass sie unterscheidet, welche Rezeption sie als heilsgeschichtlichen Fortschritt sieht und welchen nicht.
Wie die Forchung gezeigt hat, hat sich die "theologische Rezeption" sehr weit vom ursprünglichen Jesus entfernt, so dass dieser völlig entstellt wird. Wenn das die Absicht der Kirche war, war sie sehr erfolgreich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Er besteht bei der Bibel auf wirklich historisch Geschehenem.
Insgesamt ist das ja auch richtig - das Wirkliche, egal ob man es kennt oder nicht, findet schließlich in der Zeit (alias Historie) statt. - Im Detail wird es in konkreten Fällen falsch sein.
Warum soll das richtig sein, wenn es allen Erkenntnissen der historisch-kritischen Forschung widerspricht? Ratzinger wischt dies alles beiseite. Er hätte besser geschwiegen und es beim Glaubensentscheid belassen sollen. Das ist seine Kernkompetenz und nicht Wissenschaft.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb werfen ihm die forschenden Theologen doch die Abschaffung der historisch-kritischen Methode vor.
Nein - die Kritik an der HKM setzt wo ganz woanders an: Die agnostische BEWERTUNG der gesamten Bibel als Grundlage der Theologie. - In dieser Frage steht die eine Wissenschaftskultur gegen die andere Wissenschaftskultur.
Dann solltest du die Kritik an Ratzinger endlich mal lesen und nicht von Dingen reden, die du gar nicht kennst.
https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber in puncto Naherwartung muss die Forschung dich enttäuschen.
Das darf sie auch. - Wenn die HKM sagt, sie könne nach ihrem Regelwerk nur zu diesem Schluss kommen, ist das zu respektieren. - Dann sollte es halt inter-wissenschaftliche Auseinandersetzungen geben - tut es ja auch - ist auch normal.
Nix normal. Mit welcher Wissenschaft soll sich die Forschung auseinander setzen? Mit Glaubensogmatikern? :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Augenwischerei ist es, nicht begreifen zu wollen, dass es nur eine historische Jesusforschung gibt, die den Namen verdient und die wissenschaftlicher Kriterien genügt.
Die historisch-kritische Jesusforschung wird einem säkular-kritisch-rationalem Wissenschaftsbegriff gerecht - mehr nicht. Über die Ausbeute zur Wirklichkeit Jesu sagt dies erst im inter-wissenschaftlichen Dialog etwas aus.
Glaubensdogmatiker können der Wissenschaft gar nicht auf Augenhöhe begegnen, weshalb sie ja auch regelmäßig den Schwanz einziehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und da sie dies tut, kann sich in ihrer Logik Jesus nicht geirrt haben, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Ein astreiner Zirkelschluss.
Routinemäßige Erwiderung (musste ich schon an die 20 Mal machen): Dasselbe Problem hat die HKM auch - wer setzt, dass Jesus nur Mensch war, kann in Bezug auf die Wirklichkeit Jesus nur zu Ergebnissen kommen, die setzungs-gemäß sind.
Dann muss ich dir halt zum 20. Mal sagen, dass du Blödsinn erzählst. Lies endlich mal Theissen, sonst wirds langsam peinlich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie unterscheidet man seriöse Esoterik von unseriöser?
Wie unterscheidet man Expertengespräche zum Thema Quantenphysik zwischen Einstein und Planck von Expertengesprächen zwischen Closs und Sven? ---- Es hat etwas mit Kompetenz zu tun, die den Kreis der Gesprächspartner um so kleine macht, je höher die Kompetenz ist.
Nur mit dem Unterschied, dass Esoterik keinen Anhalt in der Realität hat. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#798 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » So 23. Okt 2016, 07:56

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Viele Juden sind umgebracht worden, weil sie nicht an die Jungfrauengeburt glauben konnten. Und ich kann das auch nicht."
Da hat die gute Ute wieder mal ihre Rolle gepflegt - mehr nicht.
Was ändert das an den Fakten?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht darum, ob sich Trinität aus der Bibel begründen läßt.
Kontextual. ja. - Wenn Jesus "der Erlöser" ist, der leiblich aufersteht, ist das nicht Mensch, sondern Gott. - WENN es Gott ist, ist er eine göttliche Offenbarung, also quasi Gott im Fleisch. - Ob man das dann "Trinität" nennt oder von drei göttlichen Offenbarungs-Größen (Vater, Sohn, HG) spricht (was mir persönlich lieber wäre), ist wurscht.
Aber der Kirche ist es nicht wurscht. Sie hat ihre ganz eigene Definition:

"Die Heiligste Dreifaltigkeit (Dreieinigkeit, Trinität - lat. trinitas) ist das zentrale Glaubensgeheimnis des christlichen Glaubens und Lebens (KKK-K 44).
Gott ist gleichzeitig der eine Gott, der sich Israel offenbart hat und bis zum heutigen Tag im zentralen jüdischen Glaubensbekenntnis Schema Israel ("Höre, Israel") bekannt wird. Er ist ein Wesen in drei Personen, die alle drei gleich Gott sind: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Der eingeborene Sohn (unigenitum, einzig geborenes "Wort Gottes") ist von Ewigkeit her vom Vater "gezeugt, nicht geschaffen" (Großes Glaubensbekenntnis). Es handelt sich hier um eine Aussage der Wesensgleichheit mit dem Vater (homo-ousios). Der Heilige Geist (der "Geist Gottes") geht aus dem Vater und dem Sohn hervor; procedenti ab utroque (wie es im Tantum ergo heißt)."


Aber Vorsicht: nicht weitersagen, es ist ein Geheimnis. :lol:
Im Ernst, ich weiß auch nicht, wie man das im 21. Jahrhundert marketingtechnisch vermitteln soll.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man könnte dann auch Koranschulen an den Unis etablieren, eine wirklich peinliche Vorstellung.
Warum nicht? - Wenn damit der Koran auf methodisch nachvollziehbare Weise zum Thema gemacht wird, passt das doch.
Nee, es paßt überhaupt nicht. Würde man den Koran einer historisch-kritischen Prüfung unterziehen, würde das Konstrukt in ähnlicher Weise wie beim Christenum zerbröseln. Koranschulen aber tun dies eben nicht.

"Die Theologie führt an den Universitäten eine seltsame Existenz. Während Physiker die
Gegenstände nachweisen oder berechnen können, über die sie forschen, Literaturwissenschaftler sich
mit gegebenen Texten beschäftigen, und die Notwendigkeit einer Medizin als Wissenschaft von
niemandem ernsthaft in Frage gestellt wird, wissen die Theologen nicht einmal, ob ihr primärer
Gegenstand, ob Gott überhaupt existiert. Und ob die dicken Dogmatiken, die Auskunft über ihn und
sein Werk geben, nicht überhaupt als geistvolle Luftnummern zu betrachten sind, wenn der
beschriebene „Gegenstand“ sich als ebensolcher entpuppt.
Die Existenz Gottes wird einfach vorausgesetzt. Gäbe es einen allgemein nachvollziehbaren
Existenznachweis, hätten uns Theologie und Kirche dies sicher längst mitgeteilt. Theologen meinen
sich das leisten zu können. Die Sache wird noch merkwürdiger, wenn man sich klarmacht, dass es gar
nicht um die Frage nach Gott im Allgemeinen geht, also um die theoretische Frage (heute kaum noch
betrieben), ob ein irgendwie übernatürlich geartetes Wesen Teil der Wirklichkeit ist oder diese
Wirklichkeit gar konstituiert hat. Es geht nicht um den Gott der Philosophen und auch nicht um das
offenbar weltweit vorhandene Bedürfnis nach Transzendenz, nicht um ein pantheistisches Ahnen, von
dem Giordano Bruno, Goethe oder auch Einstein sprachen. Nicht von Welterfahrung oder einem
Ahnen des Unendlichen ist die Rede, wenn Theologen von Gott reden. Universitätstheologen meinen
einen ganz konkreten Gott, sie reden vom Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, einem ganz und gar
unphilosophischen Gott, der sich vor 3000 Jahren einer bronzezeitlichen Hirten- und Nomadenkultur
an heiligen Bäumen, in Stürmen oder in Träumen geoffenbart haben soll. Halblegendarische Anfänge
im historischen Niemandsland und wenig vertrauenserweckend. Ein solcher Gott ist eigentlich ein
Kuriosum für Universitäten. Ganz zweifellos war Jahwe damals ein Provinzgott, ein Emporkömmling
unter den vielfältigen Göttergestalten im Alten Orient, anfangs noch ohne festen Wohnsitz, sondern
verehrt in einer Art Wanderheiligtum, das später von den Anhängern anderer (stärkerer?) Götter
zeitweise gestohlen wurde. Um diesen Gott, nicht um den Gott der Philosophen geht es auch im 21.
Jahrhundert der Theologie an staatlichen Universitäten.
Was hat überhaupt eine Religion an einer wissenschaftlichen Hochschule verloren? So werden
auch viele Professoren „seriöser“ Fachbereiche fragen (ohne dies freilich unbedingt öffentlich zu
äußern). Doch muss die Anwesenheit einer solchen „Wissenschaft“ nicht das Ansehen westlicher
Universitäten und deren Fachbereiche insgesamt schädigen? Wenn an der Universität Kairo der Islam
gelehrt wird, trägt dies ja auch nicht gerade zu einem erhöhten Renommee bei."

Kubitza, Der Dogmenwahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#799 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 23. Okt 2016, 09:11

sven23 hat geschrieben: Seit wann kann man sich mit Mythen und Legenden einer historischen Person annähern?
Vieles ist ja nur dann Mythos, weil man es dazu gemacht hat. - Und wenn es tatsächlich ein Mythos ist: Hier ist zu klären, ob ein verständnis-mäßig tief verwurzelter Mythos der historischen Realität näher ist als ein oberflächlicher und unverständiger Bericht.

sven23 hat geschrieben:Eben, die Prämissen beruhen auf Mythen, Legenden und Fälschungen.
Es gibt keine Prämissen zu Texten, sondern in der Grundhaltung. - Die Prämisse des einen ist: Es gibt in meinern Untersuchungen keinen Gott. - Der andere sagt: Ohne die Annahme von Gott ist die Bibel nicht vertieft untersuchbar.

sven23 hat geschrieben:Wie die Forchung gezeigt hat, hat sich die "theologische Rezeption" sehr weit vom ursprünglichen Jesus entfernt
Die HKM-Forschung (und nur diese meinst Du) hat gar nicht das Rüstzeug, zwischen geistig authentischer und geistig nicht-authentischer Rezeption zu unterscheiden.

sven23 hat geschrieben:Warum soll das richtig sein, wenn es allen Erkenntnissen der historisch-kritischen Forschung widerspricht?
Erstens ist die HKM in Bezug auf die Wirklichkeit Jesu nicht DAS Maß der Dinge - sie ist EIN Maßstab. - Zweitens geht es Ratzinger darum, dass das Geschriebene als Ganzes historisch ist (Empfängnis, Auferstehung, Verklärung, etc.) - dieser Hinweis scheint ihm wichtig zu sein, da manche ja meinen, es wären nichts als "erfundene" Chiffren.

Das ist das eine - das andere ist: Ratzinger macht auch aus meiner Sicht einen Fehler, wenn er bei Einzel-Episoden der Bibel wie auch bei den Stammbäumen das Historische über das Metaphorische stellt bzw. stellen würde. Da muss man im Einzeolfall nicht übertreiben.

sven23 hat geschrieben:Dann solltest du die Kritik an Ratzinger endlich mal lesen
Das ist EINE Kritik - ich habe Deine Behauptung umfassender verstanden.

sven23 hat geschrieben:Glaubensdogmatiker können der Wissenschaft gar nicht auf Augenhöhe begegnen, weshalb sie ja auch regelmäßig den Schwanz einziehen.
Weder das eine noch das andere ist richtig. Du verkennst die Lage wirklich.

sven23 hat geschrieben:Dann muss ich dir halt zum 20. Mal sagen, dass du Blödsinn erzählst.
Genau das ist der Dogmatismus der kritisch-rationalen Wissenschaft, wenn man sie nicht nur methodisch, sondern weltanschaulich interpretiert. Man setzt, dass man keine Setzungen hat, weil die Methodik, die in sich beschränkt ist, sagt, sie sei ergebnisoffen - das ist strukturell exakt dasselbe wie der Spruch "In der Bibel steht, dass Gott die Bibel geschrieben hat - also ist bewiesen, dass es Gott gibt".

sven23 hat geschrieben:Nur mit dem Unterschied, dass Esoterik keinen Anhalt in der Realität hat.
Im seriösen Wortsinn von "Esoterik" hieße dies, dass Einstein und Planck keinen Anhalt in der Realität hätten.

sven23 hat geschrieben:Was ändert das an den Fakten?
An den Fakten nichts, aber an deren Begründung.

sven23 hat geschrieben:Aber der Kirche ist es nicht wurscht. Sie hat ihre ganz eigene Definition
Das passt doch zu dem, was ich sage - oder nicht?

sven23 hat geschrieben:Im Ernst, ich weiß auch nicht, wie man das im 21. Jahrhundert marketingtechnisch vermitteln soll.
Schwierig - unser Zeitalter ist spirituell verkümmert. Man sieht nur das Äußere.

sven23 hat geschrieben:"Die Theologie führt an den Universitäten eine seltsame Existenz. Während Physiker die
Gegenstände nachweisen oder berechnen können, über die sie forschen, Literaturwissenschaftler sich
mit gegebenen Texten beschäftigen, und die Notwendigkeit einer Medizin als Wissenschaft von
niemandem ernsthaft in Frage gestellt wird, wissen die Theologen nicht einmal, ob ihr primärer
Gegenstand, ob Gott überhaupt existiert".
Das ist der Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft - man müsste Geisteswissenschaft an sich abschaffen, wenn dieses Verständnis maßgeblich wäre.

Und Literaturwissenschaftler beschäftigen sich eben nicht mit Texten, die haptisch da sind, sondern mit deren INHALTEN. - Würdest Du nur dann über Goethes "Faust" wissenschaftlich arbeiten, wenn nachgewiesen wäre, dass er eine authentisch wiedergegebene historische Person ist? - Dieser gesamter Ansatz ist merkwürdig.

Ich stelle immer wiede fest, dass auf oberflächliche Weise rumgekratzt wird. - Das geht noch: Was aber unerträglich ist, ist, dass man dies triumphal als "Fortschritt" und "aufgeklärt" bezeichnet. - Unvermögen wird zum Orden gemacht.

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sven23
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#800 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » So 23. Okt 2016, 10:00

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Seit wann kann man sich mit Mythen und Legenden einer historischen Person annähern?
Vieles ist ja nur dann Mythos, weil man es dazu gemacht hat. - Und wenn es tatsächlich ein Mythos ist: Hier ist zu klären, ob ein verständnis-mäßig tief verwurzelter Mythos der historischen Realität näher ist als ein oberflächlicher und unverständiger Bericht.
Das bleibt dir nur Ratzinger Glaubensentscheid. Warum fällt dir das so schwer?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie die Forchung gezeigt hat, hat sich die "theologische Rezeption" sehr weit vom ursprünglichen Jesus entfernt
Die HKM-Forschung (und nur diese meinst Du) hat gar nicht das Rüstzeug, zwischen geistig authentischer und geistig nicht-authentischer Rezeption zu unterscheiden.
Dann sag das mal einem Gerd Theißen. Der wird dir in deinen glaubensdogmatisch plattgesessenen Allerwertesten treten. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum soll das richtig sein, wenn es allen Erkenntnissen der historisch-kritischen Forschung widerspricht?
Erstens ist die HKM in Bezug auf die Wirklichkeit Jesu nicht DAS Maß der Dinge - sie ist EIN Maßstab. - Zweitens geht es Ratzinger darum, dass das Geschriebene als Ganzes historisch ist (Empfängnis, Auferstehung, Verklärung, etc.) - dieser Hinweis scheint ihm wichtig zu sein, da manche ja meinen, es wären nichts als "erfundene" Chiffren.
In der historischen Jesusforschung ist die historisch-kritische Methode das Mass der Dinge, wenn man wissen will, was der Fall war. Glaubensogmatiker wollen das aber gar nicht wissen, weil sie ahnen, dass sie in einen Abgrund schauen müssen, vor dem ihnen schaudert. Sie ziehen die kontaminierte Rezeption vor, auch wenn sie Jahrhunderte später ausgedacht wurde.

closs hat geschrieben: Das ist das eine - das andere ist: Ratzinger macht auch aus meiner Sicht einen Fehler, wenn er bei Einzel-Episoden der Bibel wie auch bei den Stammbäumen das Historische über das Metaphorische stellt bzw. stellen würde. Da muss man im Einzeolfall nicht übertreiben..
Es ist nicht nur der persönliche Fehler Ratzingers, sondern der kanonischen Exegese insgesamt, weil sie so angelegt ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann solltest du die Kritik an Ratzinger endlich mal lesen
Das ist EINE Kritik - ich habe Deine Behauptung umfassender verstanden.
Es ist eine Kritik von vielen aus dem wissenschaftlichen Lager. Ratzinger hat sich damit endgültig aus der Wissenschaft verabschiedet.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann muss ich dir halt zum 20. Mal sagen, dass du Blödsinn erzählst.
Genau das ist der Dogmatismus der kritisch-rationalen Wissenschaft, wenn man sie nicht nur methodisch, sondern weltanschaulich interpretiert. Man setzt, dass man keine Setzungen hat, weil die Methodik, die in sich beschränkt ist, sagt, sie sei ergebnisoffen - das ist strukturell exakt dasselbe wie der Spruch "In der Bibel steht, dass Gott die Bibel geschrieben hat - also ist bewiesen, dass es Gott gibt".
Damit zeigst du eindrucksvoll, dass du immer noch nicht verstanden hast oder vestehen willst, was ein Zirkelschluss ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nur mit dem Unterschied, dass Esoterik keinen Anhalt in der Realität hat.
Im seriösen Wortsinn von "Esoterik" hieße dies, dass Einstein und Planck keinen Anhalt in der Realität hätten.
Estens Unfug und zweitens durch die Realität widerlegt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Die Theologie führt an den Universitäten eine seltsame Existenz. Während Physiker die
Gegenstände nachweisen oder berechnen können, über die sie forschen, Literaturwissenschaftler sich
mit gegebenen Texten beschäftigen, und die Notwendigkeit einer Medizin als Wissenschaft von
niemandem ernsthaft in Frage gestellt wird, wissen die Theologen nicht einmal, ob ihr primärer
Gegenstand, ob Gott überhaupt existiert".
Das ist der Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft - man müsste Geisteswissenschaft an sich abschaffen, wenn dieses Verständnis maßgeblich wäre.
Warum verdrehst du Kubitzas Aussage? Was du forderst, hat er weder behauptet noch gefordert.

closs hat geschrieben: Und Literaturwissenschaftler beschäftigen sich eben nicht mit Texten, die haptisch da sind, sondern mit deren INHALTEN. - Würdest Du nur dann über Goethes "Faust" wissenschaftlich arbeiten, wenn nachgewiesen wäre, dass er eine authentisch wiedergegebene historische Person ist? - Dieser gesamter Ansatz ist merkwürdig.
Dein Vergleich ist merkwürdig. Natürlich kann man über literarische Figuren diskutieren. Wer wollte das bestreiten oder abschaffen?
Würde man aber aus Faust unhinterfragbare Dogmen basteln und diejenigen verfolgen, die nicht daran glauben, dann hätten wir exakt jene absurde Situation, die die Kirche geschaffen hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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