sven23 hat geschrieben:Sie ist nun mal der Goldstandard in der historischen Jesusforschung.
Der HISTORISCHEN Jesusforschung, ja. - Aber was IST historische Jesusforschung:
* Wie waren die Zeitumstände damals? - Ja
* Wann ist Jesus wo gewesen? - Ja
* Wie sind die Stammbäume? - Ja
* Von wann ist die Quelle x? - Ja
* Wo wurde sie erstellt? - Ja
* Vom wem wurde sie erstellt? - Ja
* Was wurde damals gegessen und getrunken? - Ja
* Was ist politisch passiert? - Ja
* Gab es die Person des Herodes? - Ja
* Waren seine Jünger Fischer? - Ja
* Wie war damals das Wort x semantisch belegt? - Ja
* Lag damals so etwas wie eine Naherwartung (in Deinem Sinne) in der Luft - Ja
* etc.
Da ist eine ganze Menge zu beantworten - und da ist die HKM wirklich Goldstandard.
Aber NICHT für Fragen wie "Hatte Jesus wirklich eine Naherwartung?" - das ist eine geistige Frage, bei der man miteinbeziehen muss, ob Jesus nur eine Wanderprediger war oder nicht (beides nicht falsifizierbar) - denn dies ist eine GEISTIGE Frage, die in der HKM nichts zu suchen hat. - Da ist die HKM NICHT Goldstandard.
sven23 hat geschrieben:Nö, dann wäre jede historische Untersuchung zirkelschlüssig.
Solange es sich um reine historische Sachfragen ohne geistige Schlussfolgerungen handelt, sind historische Untersuchungen (so gut wie) nicht zirkelschlüssig (lassen wir hier grundlegende descartsche Fragestellungen außen vor, die im Praktischen eh keine Rolle spielen).
Aber bei Fragen, bei denen die Antworten davon abhängen, ob Jesus nur Mensch oder auch Gott ist, ist jede Antwort zirkelschlüssig, die nicht beides berücksichtigt. - Das gilt übrigens umgekehrt für die kanonische Exegese auch, die als Gegenmodell der HKM davon ausgeht, dass Jesus Gott ist und ebenfalls auf ihre Weise die Antworten präjudiziert. - Und "präjudizieren" ist aus meiner Sicht dasselbe wie "zirkel-schlussfolgern".
sven23 hat geschrieben: Wer käme auf die Idee, bei Zeus vorraussetzen zu müssen, dass er wirklich der Göttervater war, andernfall sei Forschung nicht ergebnisoffen.
So platt nicht - aber es ist ein Unterschied, ob man Zeus säkular als "Erfindung", "Phantasie" versteht oder spirituell als eine Chiffre für das Göttliche, das sich bei den Griechen auf (aus monotheistischer Sicht) anders niederschlägt.
Wenn, willkürliches Beispiel, Gaia aus dem "Chaos" kommt (also ungeboren ist) und selbst Ahnin aller Götter ist, somit über Zeus steht (wie die Moiren auch), dann ist dies eine theologische Aussage zu Gott hin - Zeus ist somit nicht substantiell etwas Erfundenes (namentlich natürlich schon), sondern der Wiederklang von realen Urbildern.
Insofern ist die Frage nicht, ob man Zeus als "Göttervater" (ist er das überhaupt?) historisch versteht, sondern ob die Chiffre "Zeus" für eine geistige Realität/Wirklichkeit steht. - Tut man es nicht, sondern versteht ihn als "Fantasie-Produkt" des Menschen, präjudiziert man selbstverständlich ebenfalls die Antworten.
sven23 hat geschrieben:Es ist das auf Grund der Quellenlage naheliegendste.
Aber doch nur bei präjudizierender (also eben NICHT ergebnisoffener) Untersuchung: Säkulare Untersuchungen geistiger Inhalte sind nicht ergebnisoffen.
sven23 hat geschrieben:es ist die Beschreibung des Status Quo.
Unter säkular/materialistisch-ideologischen Gesichtspunkten ist das wohl korrekt.