Alles Teufelszeug? V

SilverBullet
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#761 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von SilverBullet » So 19. Feb 2017, 13:55

closs hat geschrieben:insofern spreche ich der HKM die Redlichkeit nicht ab, da ich ihre Logik aus ihren Setzungen verstanden habe.
Kunststück, das ist ja auch die funktionierende Richtung :-)
Motto:
Ich kann nichts Aussergewöhnliches feststellen, also ist es vernünftig, dass ich nicht auf Sensations-Suggestionen eingehe, von denen ich nicht weiss, um was es eigentlich gehen soll.

Man kann dann höchstens prüfen, ob sich der Suggestionsstatus durch Parallelitäten bereits in dem antiken kulturellen Umfeld bestätigen lässt, was wohl der Fall zu sein scheint, wenn unterschiedliche Aussagen vorliegen, in einem grösseren Umfang wundersame Dinge behauptet werden, um Persönlichkeiten zu erfinden bzw. besonders hervorzuheben und die Texte zuerst mündlich und dann mit einer „Entwicklung“ entstanden sind.

Gerade der kulturelle Abstand ist ein entscheidender Faktor, denn es kann gut sein, dass die damalige Zielgruppe die Ausschmückungen klar als künstlerische Überhöhung verstanden haben, damit auch der Unterhaltungswert nicht zu kurz kommt.

Da es den Verfassern um eine Zielgruppe ging, die nicht generell Schreiben und Lesen konnten, war es besonders wichtig, für die Erinnerung „günstige“ Geschichten zu entwerfen. Eine komische Situation merkt man sich besser, als eine normale Situation.

…und die heutigen „Gläubigen“ denken, sie hätten eine „Alternative zur Welt“ entdeckt :-)

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Scrypton
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#762 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Scrypton » So 19. Feb 2017, 14:46

Hallo closs,
ich habe soeben deine Antworten an mich gelesen. Im anderen Thema gab es gerade eine kurze Antwort, nun muss ich aber leider weg.
Ich werde dir hier später noch antworten. Dass wollte ich noch mitteilen, nicht dass du meinst ich würde deine Beiträge die du an mich richtest einfach links liegen lassen.
:)

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sven23
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#763 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 19. Feb 2017, 16:02

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Erstaunlich ist es in der Tat nicht, wenn eine wissenschaftliche Analyse zu anderen Ergebnissen kommt als Glaubensdogmatiker.
Ich spreche von ZWEI wissenschaftlichen Analysen unterschiedlicher Setzung.
Und ich spreche von der wissenschaftlichen Methodik, die in der historischen Jesusforschung Anwendung findet. Verstanden?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die theologische Kritik an diesen urtextfernen Übersetzungen hatte ich dir dargelegt.
Das reicht nicht.
Warum nicht? Muss man dir auch noch das Händchen halten, wenn du aufs Klo gehst? :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Der Lügner, der zur Verherrlichung Gottes lügt, wird jedenfalls nicht verdammt
Doch:
9 Wie nun? Haben wir etwas voraus? Ganz und gar nichts! Denn wir haben ja vorhin sowohl Juden als Griechen beschuldigt, daß sie alle unter der Sünde sind, (Römer 1.18)
ALLE sind und bleiben Sünder, weil das "Lügen für Gott" den Menschen eben NICHT "ent-sündigt" - alle sind also gleich "verdammt".
Geschenkt, das hatten wir doch schon.
Alle Menschen sind Lügner, meint Paulus. (Folgerichtig ist also auch Paulus ein Lügner). Alle Menschen sind Sünder, meint Paulus.
Die Lüge aber, die zur Verherrlichung Gottes dient, ist keine Sünde. Paulus erteilt sich hier also selbst die Absolution.
Paulus hat seinen eigenen Wahrheitsbegriff:

Die Wahrheit bei Paulus entzieht sich den semantischen, philosophischen, und juristischen Wahrheitsbegriffen. Er erfindet seine eigene "Wahrheit".
Quelle: Glauen&Wissen

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Verdammt werden sollen diejenigen, die ihn deshalb verlästern, denn laut Paulus ist seine Lüge keine Sünde. Er tut also nichts Böses.
Laut Text ist für Paulus die Lüge eine Sünde (und nicht KEINE Sünde) und er tut damit etwas Böses (und nicht NICHTS Böses). - So steht es im Text bei Luther, Elberfelder & Co.
Dort steht für jeden nachlesbar:

Und ist es etwa so, wie wir verlästert werden und einige behaupten, dass wir sagen: Lasst uns Böses tun, damit Gutes daraus komme? Deren Verdammnis geschieht zu Recht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da Paulus seine Lüge nicht als Sünde ansieht, sie also nichts Böses ist, sollen diejenigen, die ihm dies unterstellen, verdammt werden.
Paulus sieht Lüge eben als Sünde an - dass ist Dein falscher Ausgangspunkt - siehe Text.
Im allgemeinen ist die Lüge schon eine Sünde. Dient sie aber der Verherrlichung Gottes, dient sie also einem höheren Zweck, ist es keine Sünde. Deshalb sollen diejenigen, die behaupten, er würde Böses tun, damit Gutes entsteht, verdammt sein, denn seine Lüge ist ja nichts Böses. Du verstehst?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das sollte doch für jemanden, der mal textkritisch gearbeitet hat, verständlich sein.
Eben - aber das kannst Du doch auch lernen.
Aber bitte nicht das, was du "gelernt" hast. Das ist ja zum Mäusemelken. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bultmann hat absolut Recht.
Man kann ihm weltanschaulich rechtgeben.
Sag ich doch, nachdem man die Welt angeschaut hat.
Wer was anderes behauptet, soll es auch gefälligst beweisen. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was du mal wieder für dich, bzw. deine Religion beanspruchst, ist eine Sonderbehandlung.
Ist es eine Sonderbehandlung, wenn man das, was in einem Text steht, ernst nimmt? - Du steigst in den Text mit der Setzung ein, dass dort erwähnte "Wunder" nicht ernstzunehmen sind und nennst das dann "redliche Exegese". - Da erübrigt sich doch jeder Kommentar.
Nein, ich stelle lediglich die logisch folgerichtige Frage, warum "Übernatürliches" dann nicht für alles gelten soll? Oder warum beanspruchst du eine Sonderbehandlung für die christliche Mythologie?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum hätten ihre Schreiber nicht hinzufügen, streichen oder verbessern sollen? Der emsig missionierende Paulus selbst gab unverhohlen zu (Röm 3,7): "Wenn aber die Wahrheit Gottes durch meine Lüge herrlicher wird zu seiner Ehre, warum sollte ich dann noch als ein Sünder gerichtet werden?" Die Schriften sollten mitreißen und überzeugen, mehr nicht."
Quelle: bibelkritik.ch
Da siehst Du mal, mit welch unprofessioneller Bescheuertheit man sich heute pseudo-wissenschaftlich an die Öffentlichkeit traut. - Das ist postfaktisch vom Feinsten.
Den Nachweis, dass es postfaktisch ist, bist du immer noch schuldig geblieben. Und den Forschungsstand, dass die Schreiber es mit der historischen Wahrheit nicht so genau nahmen, bekommst du nicht weggeleugnet. Da kannst du rumpoltern wie Rumpelstilzchen. :lol:

"Wie viele andere Religionen trat auch das Christentum bald nach seiner Entstehung mit
dem Anspruch auf, die einzig wahre Religion zu sein. Der johanneische Christus
bezeichnet sich (allerdings in einem unhistorischen Zitat) geradezu selbst als Wahrheit
(Joh 14,6). Umso erstaunlicher ist es, welche Mittel und Wege erlaubt waren, um diesen
Wahrheitsanspruch zu propagieren. Wenn es darum ging, Menschen zum Glauben an
Christus zu führen, war es durchaus erlaubt, auch fromme Schummeleien oder gar
Betrug zu verwenden. Schon beim Apostel Paulus ist das Verhältnis zur Wahrheit für
moderne Ohren fragwürdig, wenn er in Rö 3,7 schreibt: „Wenn aber Gottes
Wahrhaftigkeit infolge meines Lügens umso stärker zu seiner Verherrlichung hervor
getreten ist, warum werde ich dann noch als Sünder gerichtet?“ Was spielt es schon für
eine Rolle, so kann man Paulus verstehen, wenn man lügt oder die Wahrheit spricht,
wenn letztlich das Ziel der Verherrlichung Gottes erreicht wird? Kann denn Lüge Sünde
sein? Für Paulus ist sie es nicht, jedenfalls nicht, wenn es um die Verkündigung des
Christus geht. Da sind dann offenbar alle Mittel recht. Der schon in der Antike hoch
angesehene Prediger, Kirchenlehrer und bekennende Judenfeind Johannes
Chrysostomos, der als Patron der Prediger gesehen wird, tritt geradezu für die
Notwendigkeit der Lüge ein, wenn es um das Seelenheil geht. (Vgl. zum ganzen Komplex
Karlheinz Deschner, Abermals krähte der Hahn, S. 39f.) Auch nach dem über lange Zeit
hoch angesehenen Kirchenvater Origenes war es erlaubt, Betrug und Lüge als Heilmittel
anzuwenden. Selbst Gott könne aus Liebe lügen. Doch nicht erst bei den Kirchenvätern,
bereits in den Kernschriften des Christentums im Neuen Testament nahm man es mit der
Wahrheit oft nicht allzu genau."

Kubitza, Der Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Münek
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#764 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 19. Feb 2017, 16:16

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Exegese ist MITNICHTEN eine pseudo-wissenschaftliche Diziplin.
Das unterstellt auch niemand.
Die von Dir erwünschte und erhoffte, an den theologischen Fakultäten vernünftigerweise NICHT praktizierte "GEISTIGE Exegese" wäre aber eine solche pseudo-wissenschaftliche Diziplin, wenn es sie gäbe.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:idelogische Glaubensdogmatik und Aufklärung sind nicht kompatibel.
Das ist richtig - deshalb mein Kampf gegen materialistische Ideologien und Dogmatismen.
Der (schwache) ontologische Naturalismus, ein essentielles Grundprinzip der Naturwissenschaften und somit auch die Grundlage je-
der wissenschaftlichen Theorie, operiert nicht mit absoluten, unumstößlichen Wahrheiten - wie es die antiaufklärerische kirchliche Glaubensdogmatik tut.

Deswegen ist Dein Ideologie-Vorwurf in diese Richtung absurd.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Einen Pendelschlag zurück in die Zeit vor der Aufklärung wird es nicht geben.
Das soll auch nicht sein - sie soll reanimiert werden. Wir brauchen eine Renaissance der Früh- und Hoch-Aufklärung, die ein Maß zwischen Wissbarem und Nicht-Wissbarem hatten - also erkannt haben, dasss es beide Formen der Realität gibt.
Es gibt KEINE zwei Formen der Realität, sondern nur eine Realität.

closs hat geschrieben:Aufgrund der Entwicklungen in der Quantenmechanik und auch aus gesellschaftlichen Entwicklungen heraus (Globalisierung) bin ich ziemlich optimistisch, dass diese Renaissance gelingen kann.
Deine Hilflosigkeit muss groß sein, wenn Du ins Lager der QuantenMYSTIKER hinüberwechselt. QuantenMYSTIK bezeichnet lt. Wiki den pseudowissenschaftlichen Versuch, Erkenntnisse aus der etablierten Quantenphysik u.a. mit esoterischen oder metaphysischen Konzep-
ten zu verbinden.


Was die "gesellschaftliche Entwicklung" betrifft, nur soviel : In den Jahren zwischen 1990 und 2015 traten in Deutschland 3,6 Mio. Katholiken und 5 Mio. Protestanten, mithin fast 9 Millionen Christen aus der Kirche aus. Ich denke, das besagt alles.

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#765 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 19. Feb 2017, 17:08

Stromberg hat geschrieben: nicht dass du meinst ich würde deine Beiträge die du an mich richtest einfach links liegen lassen.
:)
Klar - danke für Deine Sensibilität.

sven23 hat geschrieben:Und ich spreche von der wissenschaftlichen Methodik, die in der historischen Jesusforschung Anwendung findet. Verstanden?
NAtürlich - wenn es nur um die historisch-kritische Methodik in Bezug auf "das, was der Fall war", geht, hast Du recht. - Mir ging es um die Gegenüberstellungen verschiedener wirklichkeits-orientierter Methodiken.

sven23 hat geschrieben:Warum nicht?
Weil die Feststellung, dass eine pädagogische Version der Bibel keine wissenschaftliche Übersetzung ist, eine Binse ist. - Natürlich geht da einiges verloren - wie übrigens auch von Buber nach Schlachter/Elberfélder im AT einiges verloren geht. - Das ist normal.

Es geht hier jedoch nicht um die Spreißel, sondern die Balken - dass überhaupt erst mal verstanden wird, was vom ERgebnis her drin steht. Und das machen diese Volks-Übersetzungen recht gut.

sven23 hat geschrieben:Dort steht für jeden nachlesbar:

Und ist es etwa so, wie wir verlästert werden und einige behaupten, dass wir sagen: Lasst uns Böses tun, damit Gutes daraus komme? Deren Verdammnis geschieht zu Recht.
Richtig. - Einige behaupten, dass wir sagen würden "Lasst uns Böses tun, damit Gutes daraus komme". - Dass sie dies wahrheitswidrig sagen, rechtfertigt deren Verdammnis, weil es eine üble Nachrede ist. ----- DAS steht sinngemäß da - was im Kontext eigentlich noch klarer wird.

sven23 hat geschrieben: Deshalb sollen diejenigen, die behaupten, er würde Böses tun, damit Gutes entsteht, verdammt sein, denn seine Lüge ist ja nichts Böses. Du verstehst?
Ich verstehe Dich - aber das Gegenteil steht nun mal da.

sven23 hat geschrieben:Wer was anderes behauptet, soll es auch gefälligst beweisen.
Methodische Spielchen. - Historisch-kritisch gilt, was im Text steht. - Und diesem Text kann man nicht präjudizierend damit begegnen, dass man weltanschauliche Riegel aus heutiger Zeit vorschiebt.

sven23 hat geschrieben:warum "Übernatürliches" dann nicht für alles gelten soll?
Ob es hermeneutisch-wissenschaftlich tragfähig ist, wird sich im Einzelfall zeigen.

sven23 hat geschrieben:. Und den Forschungsstand, dass die Schreiber es mit der historischen Wahrheit nicht so genau nahmen, bekommst du nicht weggeleugnet.
Das verlangt auch keiner. - Dass die Bibel generell eine Mischung aus Historie und Metapher/Chiffre/Legende/Mythos/Gleichnis ist, ist allgemein bekannt.

sven23 hat geschrieben:Der schon in der Antike hoch
angesehene Prediger, Kirchenlehrer und bekennende Judenfeind Johannes
Chrysostomos, der als Patron der Prediger gesehen wird, tritt geradezu für die
Notwendigkeit der Lüge ein, wenn es um das Seelenheil geht. (Vgl. zum ganzen Komplex
Karlheinz Deschner, Abermals krähte der Hahn, S. 39f.) Auch nach dem über lange Zeit
hoch angesehenen Kirchenvater Origenes war es erlaubt, Betrug und Lüge als Heilmittel
anzuwenden. Selbst Gott könne aus Liebe lügen.
1) Unter seriösen historisch-kritischen Gesichtspunkten müsste man nachprüfen, ob Chrysostomos und Origines dies tatsächlich gemeint haben.
2) Falls ja, widersprechen sie hier Röm. 3,4ff

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#766 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 19. Feb 2017, 17:15

Münek hat geschrieben:Deswegen ist Dein Ideologie-Vorwurf in diese Richtung absurd.
Solange der Naturalismus als Weltanschauung (wir reden hier nicht von Wissenschaft) kritisch-rationalistisch und materialistisch denkt, ist eben dieses bereits ein Dogma. - Dass der Naturalismus INNERHALB seines Feldes ergebnisoffen ist, ist nicht bestritten.

Münek hat geschrieben:Es gibt KEINE zwei Formen der Realität, sondern nur eine Realität.
Da lasse ich mich gerne korrigieren. - Ich habe so formuliert, weil aus naturalistischer Ecke gerne der Eindruck erweckt wird, es gäbe nur die naturalistische Vorstellung von Realität. - Aber Du hast mit Deiner Aussage prinzipiell recht.

Münek hat geschrieben:Deine Hilflosigkeit muss groß sein, wenn Du ins Lager der QuantenMYSTIKER hinüberwechselt.
Ist nicht geplant. - Es wäre zu prüfen, ob sich Wissenschaftler wie Planck, Heisenberg, Dürr und Lesch überhaupt als Quantenmystiker verstehen - ich vermute nein. - Mal über den Tellerrand rausdenken, bedingt nicht zwingend das Attribut "Quantenmystiker".

Münek hat geschrieben:Was die "gesellschaftliche Entwicklung" betrifft, nur soviel : In den Jahren zwischen 1990 und 2015 traten in Deutschland 3,6 Mio. Katholiken und 5 Mio. Protestanten, mithin fast 9 Millionen Christen aus der Kirche aus. Ich denke, das besagt alles
Das ist eine Bereinigung, die objektiv gesehen nicht mal schlecht ist. - Lass uns die Entwicklung von 2015 bis 2030 beobachten.

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#767 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Scrypton » So 19. Feb 2017, 18:05

Hallo closs,
closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Weshalb Glaubensannahmen "universal" NICHT in seriöser Wissenschaft vorkommt, nicht vorkommen kann und auch nicht vorkommen darf und das, ohne dabei an ihrer Ergebnisoffenheit einzubüßen
Genau da habe ich Dir doch zugestimmt - in meinen Worten: Eine wissenschaftliche Disziplin ist innerhalb ihres methodischen Korridors ergebnisoffen. - Aber das gilt doch für die kanonische Exegese auch - sie hat nur einen ganz anderen Korridor.
Ähm, nein das denke ich nicht und zwar deshalb, weil man auch innerhalb der "kanonischen Exegese" zum gleichen Ergebnis wie die "HKM" kommen kann. Zu einem anderen Ergebnis kommt man ja nur dann, wenn das (also dein) Ergebnis schon vor der Exegese durch den eigenen persönlichen Glauben vorgegeben ist.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Ich bitte erneut, dieses mal aber nachfordernd um eine detailierte Beschreibung einer solchen Methode, klar und strukturiert formuliert und ohne der Zuhilfenahme deiner Glaubensannahmen nachvollziehbar eine Untersuchung ermöglichen.
Ich kann Dir keinen wissenschaftlichen Vortrag halten - nimm zunächst das Ergebnis zur Erkenntnis
Nein nehme ich nicht, bei aller Liebe war das nicht meine Frage die sich nämlich klar an die "Methode" richtet, die zu diesem "Ergebnis" führen soll.

>>Du<< redest von anderen "Welten", >>du<< deutest weitere Untersuchungsmethoden an darum bitte ich >>endlich<< um Klartext.
Dir missfallen die wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden, weil sich damit nichts von dem was du für real hältst untersuchen lässt und schlussfolgerst, dass das aber alles keine Bedeutung habe. Denn nur, weil sich "etwas" damit nicht untersuchen und feststellen lässt das nicht bedeuten würde, dass es "etwas" nicht trotzdem gibt. Eine Binsenweisheit also die nämlich für alles und nichts gilt.

>>Du<< beteuerst daher, man müsse auf andere Methoden greifen.
Ich sehe hier aber in aller Deutlichkeit, dass du enorme Probleme damit hast diese Methoden vorzustellen, sehr wenige wiederum damit zu äußern es würde weitere geben.

closs hat geschrieben:Das bzw. EINE Ergebnis lautet "Hermeneutik" bzw. "Hermeneutischer Zirkel": Es gibt ein "Vorwissen" (bspw. "Stromberg ist intelligent und scheint agnostisch oder atheistisch zu sein"). - Im nächsten Schritt versucht man, dieses "Vorwissen" zu erhärten oder zu falsifizieren. - "Ich besuche Stromberg. Er sitzt in seiner Privat-Bibliothek und ist von Beruf Professor für Altgriechisch" = Erhärtung Intelligenz"
Ich weiß was Hermeneutik ist und kann deine Erklärung auch nachvollziehen. Sie ist logisch schlüssig, nur deine Formulierung finde ich etwas seltsam denn das, was du hier als "Vorwissen" bezeichnest, würde ich als "Annahme" bezeichnen.
Das kann dann alles sein. Stromberg ist intelligent. Stromberg ist ein Computer-Bot. Stromberg kann in die Zukunft sehen. Eine Annahme also, die man zu ergründen versucht.

Ein Beispiel für den nächsten Schritt lieferst du ebenfalls: Stromberg wird besucht.
Damit ergibt sich aber für dich und deinen anderen Welten ein gewaltiges Problem: Weder der unsichtbare 2m große Hase, noch Gott oder ähnliches sich darin geglaubt befindliche kann besucht werden. Das Untersuchungsobjekt liegt für keinerlei Untersuchungsmethode vor, alle weiteren Schritte die nach der beliebigen Annahme kommen sind damit von der persönlichen Glaubensentscheidung abhängig.

Merke: Will man eine Frage geistig behandeln, kann die Antwort gut und gerne beliebig sein. Durch philosophische Basteleien kann man so eine Frage immer im Sinne der vorausgegangenen Überzeugung geistig beantworten. Je nach Intellekt mal mehr mal weniger geschickt und erfolgreich.
Auch hier ist der tatsächlich überprüfbare Erkenntnisgewinn ebenfalls: 0

Der Merksatz stammt noch von meinem letzten Beitrag. Er eignete sich nur gerade nochmals so gut.
:)

closs hat geschrieben:Diese Weltanschauung ist in der HKM eine andere als in der Kanonik. - "Wir interpretieren die Bibel so, als gäbe es keinen Gott" bringt ganz andere plausible Ergebnisse als "Wir interpretieren die Bibel so, als gäbe es Gott". - Beides plausibel
Ich verstehe was du sagen willst, sehe aber nicht in beiden Teilen eine Plausibilität. Natürlich, ausgehend von der Annahme dass Gott existiert >>und<< dass die Bibelschreiber von diesem Gott inspiriert wurden sind zumindest ein Großteil deiner Interpretationen der Bibel plausibel.

Aber: Ist denn die Annahme, dass Gott existiert, plausibel? Warum sollte ich diese Annahme annehmen?
Dann kann ich auch einen 2m großen Hasen annehmen, respektive natürlich andere Götter und Gottheiten. Besuchen, also untersuchen kann ich sie alle nicht mit keinen Methoden und bei allen anderen Wegen wäre nur wieder die eigene Glaubensansicht wegweisend die das Ziel vorgibt.

Einen 2m großen unsichtbaren Hasen halte ich nicht für plausibler, als eine unsichtbare Entität als auch eine Intelligenz ohne Gehirn. Das eine klingt in meinen Augen nur unlogisch, das andere unlogisch als auch esoterisch.

Du forderst, wenn man die Bibel "richtig" verstehen will müsse das Verständnis auf der Annahme stehen dass Gott existiert und sich in Jesus zeigte, der sich wiederum als Gott nicht irren könnte. Andere fordern, wenn man ihr Astrologiebuch "richtig" verstehen will müsse das auf dem Verständnis beruhen dass die Konstellation von Planeten bei Geburt Auswirkungen auf das spätere Leben hat. Und ein Esoteriker fordert dann man müsse seine Schlussfolgerungen unter der Prämisse sehen, dass...

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Die Annahme "Jesus ist NICHT Gott" ist aber geisteswissenschaftlich nachhaltig begründet.
"Jesus ist Gott" ebenfalls.
Das stelle ich auch nicht in Frage, darum schrieb ich schon zuletzt: Patt, eine eindeutige geisteswissenschaftliche Begründung für deine Position und schon gleich keine nachhaltige wäre damit also ebenfalls vom Tisch. Daher fallen auch deine Glaubens-Annahmen weg, oder wer will entscheiden welche geisteswissenschaftliche Begründung "richtiger" ist, du etwa?

Die meisten spirituellen Menschen weltweit, die an einen Gott glauben, glauben nicht dass er sich in Jesus zeigte.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Das steht alles in "Mein Kampf", das zu Verstehen dazu benötigte es Psychologen usw. und keine geistige Exegese.
Dort steht, wie man es aus Sicht Hitlers zu verstehen hat. - Die Rabbis sehen und interpretieren es aus einer ganz anderen Perspektive
Tun sie das? Nicht das ich wüsste.
Welcher Rabbi denn, kannst du >>wenigstens einen<< nennen?

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Doch der Spielraum ist einfach enorm, den du durch deine Glaubens-Annahmen natürlich bereits selbst und individuell stark eingeschränkt hast wie es jeder andere Gläubige auch tut.
Das ist in der Tat ein Problem - man kann bei mangelnder eigener Substanz in der Hermeneutik vollkommen entgrenzen. - Diese Gefahr besteht bei der HKM in der Tat nicht
Darauf wollte ich hinaus. Hervorragend, denn:

closs hat geschrieben:nur: Sie kommt nie auch nur annähernd zum Kern.
Dem beliebigen Kern? Der nur geglaubt existiert, aber nicht untersucht werden kann?
Nun, das mag sein ja. Gut und gerne.
Zuletzt geändert von Anonymous am So 19. Feb 2017, 18:11, insgesamt 1-mal geändert.

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#768 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Scrypton » So 19. Feb 2017, 18:07

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Ich persönlich hätte damit kein Problem, wenn es sie nicht gäbe. Umgekehrt habe ich aber auch kein Problem damit, dass es sie gibt. Nicht dass wir uns falsch verstehen.
Letztlich läuft es auf die Frage hinaus, ob man sich im Leben ausschließlich mit Fragen beschäftigen will, die diesseitiger Natur sind.
Ich sehe keine "nicht diesseitige" Natur und kann dementsprechend auch keine Fragen darüber stellen. Kann alles sein, kann nichts sein. Als auch kann ich nicht untersuchen.

closs hat geschrieben:
Stomberg hat geschrieben:Entsprechend der allgemein gültigen mathematischen Regeln und ohne davon abzuweichen oder verborgene Variablen anzunehmen: Ja.
Ok - mit anderen Worten: "Faktum" ist nicht beschränkt auf naturalistische Größen, sondern kann es auch in der Geisteswissenschaft geben.
Ich kenne keinerlei Fakten in irgendeiner Geisteswissenschaft.
Mathematik als eine absolute Geisteswissenschaft zu bezeichnen ist außerdem falsch, denn erstens gibt es keine allgemein anerkannte Definition zu Mathematik, zum anderen ist Mathematik entstanden durch beispielsweise der Mengenlehre die sich ausschließlich auf naturalistische Größen beschränkte: Ein Apfel und noch ein Apfel sind zwei Äpfel.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:]Die grundsätzliche Frage ist hier doch, ob es Dinge außerhalb der materiellen/erfassbaren/untersuchbaren Welt gibt und weiter dann, ob es "dort" eine Intelligenz ohne Vorhandensein eines neuronalen Netzwerks (Gehirn) gibt.
Geistig/philosophisch/theologisch ist dies ziemlich plausibel
Plausibel wie auch unplausibel. Ganz nach eigenem Gutdünken sozusagen, siehe oben.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Geistige Wahrnehmung gibt es nicht
Eine Weltanschauliche Festlegung.
Nein, eine absolute Feststellung. Geistige Wahrnehmung gibt es nicht und zeigt sich schon daran, dass du ein Beispiel gewählt und damit völlig "ins Klo" gegriffen hast. Das Beispiel war ein Musikstück, das gehört und "interpretiert" wird. Die Interpretation ist zwar ein geistiger Prozess, aber keine "geistige Wahrnehmung".
Es wird vielmehr etwas >>bereits Wahrgenommenes<< verarbeitet (eingeordnet, bewertet, ...).

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Was du hier meinst ist ein (geistiger) Prozess von bereits Wahrgenommenen, der dient zur Abwägung, Einordnung, Schätzung usw...
Einverstanden. - Und das ist KEINE Wahrnehmung?
Ähm, richtig. Ist es nicht.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Um bei deinem Beispiel zu bleiben ist die Bibel ein Notenbuch in der Hand eines begabten Pianisten. Ohne das Lied zu kennen, hört er es durch das Lesen bereits in seiner Vorstellung. Was er scheinbar, vielmehr geistig hört ist ein solcher Prozess und heraus kommt nichts Neues, sondern vielmehr das was er mit seinen Augen wahrgenommen und geistig verwertet hat.
Richtig - genau das tut ein Interpret. - Und er merkt, ob in der Partitur Schrott steht oder nicht. - Woher kommt das?
Die Übung natürlich. Er kann eben Notenlesen.
So wie ein Mathematiker in komplexen Formeln erkennt, ob diese schlüssig sind oder nicht.

Es hat aber beides nichts mit "geistiger Wahrnemung" zu tun.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Gerade deshalb ist sie ja auch wahrscheinlicher, weil man sich eben nicht auf >>deine persönliche<< Glaubensdogmatik einlassen muss um sie für wahrscheinlich bzw. existent zu verwerten.
Erstens: Wir sind uns einig, dass es die Gravitation gibt - aber darum geht es hier nicht.
Stimmt, es ging nur darum dass die "Existenz von Gravitation" wahrscheinlicher ist als von jemanden geglaubte, nicht untersuchbare Existenzen wie in deinem Fall Gott.

closs hat geschrieben:Es geht darum, dass Du "Wahrscheinlichkeit einer Realität" nach der "Wahrscheinlichkeit unserer Wahrnehmung" bemisst
Nicht unbedingt, nein. Doch etwas, dass sich unumstößlich als Existent nachweisen lässt wie bei der Gravitation natürlich der Fall hat eine Wahrscheinlichkeit von wohl 100% und selbst, wolle man die Realität selbst anzweifeln noch eine von 99,9%.

Das trifft auf geglaubte Entitäten in geglaubten anderen Welten einfach nicht zu. Selbst wenn >>du<< deine >>eigenen<< Glaubensüberzeugungen wie die über Gott als ebenfalls 100% oder 99% Wahrscheinlich gedenkst, wie es ein anderer vielleicht mit dem 2m großen unsichtbaren Hasen tun würde.
Auf einen Nenner werden wir hier aber nicht kommen, kann wohl auch nicht anders sein. Schließlich bist du von dem überzeugt, was du glaubst.

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Weil es womöglich überhaupt keinen spirituell-geistigen Sinn darin gibt? Oder schließt du das aus? :)
Aus materialistischer Weltsicht gibt es diesen nicht. - Unter diesen Gesichtspunkten ist es sinnlos, die Bibel untersuchen.
Warum sinnlos?
Es ist trotzdem etwas Geschichte darin enthalten. Wir untersuchen ja auch die Geschichte des alten Ägyptens einschließlich der damaligen Religion. Die damaligen geistigen Glaubensvorbehalte müssen doch nicht geteilt werden, um der Untersuchung einen Sinn zu geben nur, weil dir der >>scheinbar<< tiefere Sinn in diesem speziellen Fall so wichtig ist.

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#769 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Scrypton » So 19. Feb 2017, 18:47

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Deswegen ist Dein Ideologie-Vorwurf in diese Richtung absurd.
Solange der Naturalismus als Weltanschauung (wir reden hier nicht von Wissenschaft) kritisch-rationalistisch und materialistisch denkt, ist eben dieses bereits ein Dogma.
Welches Dogma sollte das sein? Die Annahme, dass es keine andere "Welt" gibt? Das nennst du Dogma? Die Ablehnung eines Dogmas ist in deinen Augen ein Dogma?
Dann ist es auch ein Dogma, die Annahme eines unsichtbaren 2m großen Hasens abzulehnen.

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#770 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 19. Feb 2017, 19:04

Stromberg hat geschrieben: weil man auch innerhalb der "kanonischen Exegese" zum gleichen Ergebnis wie die "HKM" kommen kann.
Da gibt es natürlich Koinzidenzen.

Stromberg hat geschrieben:Zu einem anderen Ergebnis kommt man ja nur dann, wenn das (also dein) Ergebnis schon vor der Exegese durch den eigenen persönlichen Glauben vorgegeben ist.
Das ist sachlich falsch. - Auch bei der theologischen Exegese weiß man nicht, was rauskommt - richtig ist: Das, was rauskommt, ist immer kompatibel mit dem Satz: "Es gibt Gott als Realität" ("Glaubensentscheid"). - Aber diesen Glaubensentscheid gibt es bei der HKM genauso - da kommt halt dann ebenfalls Entsprechendes raus ("Korridor").

Stromberg hat geschrieben:Dir missfallen die wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden
Falsch. - Ich schätze wissenschaftliche Methoden sehr, bin aber empfindlich, wenn wissenschaftliche Sachaussagen schleichend in weltanschauliche Interpretationen übergehen.

Stromberg hat geschrieben:Denn nur, weil sich "etwas" damit nicht untersuchen und feststellen lässt das nicht bedeuten würde, dass es "etwas" nicht trotzdem gibt.
So ist es. - Genau das wird aber gelegentlich bestritten. - Alles, "was der Fall sei", müsse kritisch-rational untersuchbar sein, sagt man.

Stromberg hat geschrieben:Ich sehe hier aber in aller Deutlichkeit, dass du enorme Probleme damit hast diese Methoden vorzustellen
Das ist etwas unfair, weil ich mehrfach und seit langem auf die Hermeneutik hinweise: "Vorwissen/Vorvermutung" - dessen Überprüfung - dessen Erweiterung - - dessen Überprüfung - dessen Erweiterung - - dessen Überprüfung - dessen Erweiterung - zwischendrin immer wieder mal Zielkontrolle ("Wie steht man jetziges Wissen im Vergleich zu meinem 'Vorwissen'?". - Man nennt das "Hermeneutischen Zirkel".

Stromberg hat geschrieben:was du hier als "Vorwissen" bezeichnest, würde ich als "Annahme" bezeichnen.
Richtig - deshalb "Vorwissen" in " ", weil es in der Literatur oft so bezeichnet wird. - Es kann ja auch WIRKLICHES Vorwissen sein.

Stromberg hat geschrieben:Damit ergibt sich aber für dich und deinen anderen Welten ein gewaltiges Problem: Weder der unsichtbare 2m große Hase, noch Gott oder ähnliches sich darin geglaubt befindliche kann besucht werden.
Stimmt - aber er kann logisch/ontologisch/dialektisch/etc. ergründet werden - ganz abgesehen von der allgemeinen Lebenserfahrung, die ja ebenfalls in einem hermeneutischen Prozess entsteht, aber halt nicht intellektuell formulierbar ist.

Bei mir war es so, dass ich OHNE Bibel mir die Frage gestellt habe, welche Eigenschaften "Gott" haben müsste, wenn es ihn gäbe. - Ich war WIRKLICH überrascht, dass dabei etwas rauskam, was mir im Hinterkopf aus der Bibel bekannt war, worauf ich die Bibel erstmals richtig gelesen habe (oncl. AT). -Seitdem ist mir klar, dass die Bibel ein ontologisch extrem wichtiges Buch ist. - Seitdem ist AUCH klar, dass ein infiniter Regress nur mit dem, was man "Gott" nennt, vermeidbar ist.

Das hat nichts mit Bibel-Abglauben zu tun, sondern ist knallharte Philosophie. - Da lohnt es sich übrigens, die frühmittelalterliche Philosophen/Theologen zu lesen - bspw. Augustinus und Boethius. - Unglaublich,was die drauf hatten. Ich kann mich nicht mehr an Wortlaute erinnern, habe aber gespeichert, dass ich mir damals gedacht habe: "Die waren geistig ja weiter als unsere heutige Philosophie". - Damals hat mich das noch überrascht.

Stromberg hat geschrieben:Auch hier ist der tatsächlich überprüfbare Erkenntnisgewinn ebenfalls: 0
NAturalistisch ist es natürlich nicht überprüfbar, logisch sehr wohl. - Und wenn einer spirituell-geistig aktiviert ist, sowieso. - Wenn Du mal Zeit hast, lies "Die Abderiden" von Chr.M.Wieland - ein ungeheuer witziges und WIRKLICH aufgeklärtes Buch. - Einen Satz daraus habe ich mir für immer gemerkt: "Geist ist nicht beweisbar, aber das ist auch nicht nötig: Geist erkennt sich gegenseitig".

Stromberg hat geschrieben:Ist denn die Annahme, dass Gott existiert, plausibel? Warum sollte ich diese Annahme annehmen?
Wenn Deine Weltanschauung nicht mit den Grenzen der naturalistischen Welt endet, ist eine solche Annahme sehr plausibel. - Man muss nur fragen: Wo kommt der Urknall her?

Stromberg hat geschrieben:Einen 2m großen unsichtbaren Hasen halte ich nicht für plausibler, als eine unsichtbare Entität als auch eine Intelligenz ohne Gehirn.
Formal richtig. - Aber jetzt kommt die Hermeneutik und dekliniert die beiden Aussagen durch:
1) Gibt es einen 2m großen unsichtbaren Hasen?
2) Gibt es eine trans-naturalistische Entität?
Und da wird es im Entwicklungsverlauf große Unterschiede geben.

Stromberg hat geschrieben:Du forderst, wenn man die Bibel "richtig" verstehen will müsse das Verständnis auf der Annahme stehen dass Gott existiert
Korrekt. - Und zwar nicht aus eigenen Glaubensgründen, sondern aus purer Logik. - Stell Dir mal vor, man würde das Leben des Fisches unter der Setzung untersuchen, dass es kein Wasser gibt? :lol:

Natürlich kann man setzen "Es gibt Gott gar nicht, weshalb es auch ein Bibelverständnis auf der Basis von Gott geben kann". - Das geht. - Aber dann ist es keine theologische (also weltanschauliche) Exegese, sondern eine naturalistische/materialistische (also ebenfalls weltanschauliche) Exegese.

Rausfinden, OB es Gott gibt, kann man nicht, weil die Setzung ja bereits ist, dass es Gott nicht gibt. - Bei der HKM ist es etwas eleganter: Man sagt, man halte offen, ob es GOtt gebe, beschäftigt sich aber nur mit Dingen, die kritisch-rational greifbar sind (also falsifizierbar sind) - was Gott natürlich nicht ist. - Also interpretiert man, als gäbe es Gott nicht. - "Und dann sind wir eben wieder beim Fall: Interpretieren Sie das Leben der Fische unter der Voraussetzung, dass es kein Wasser gibt". :lol: - Eigentlich ganz einfach, aber so gut wie nicht vermittelbar - Beton und Selbst-Immunisierung pur.

Stromberg hat geschrieben:eine eindeutige geisteswissenschaftliche Begründung für deine Position und schon gleich keine nachhaltige wäre damit also ebenfalls vom Tisch.
Nachhaltig schon, aber nicht eindeutig. - Je nach Setzung kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Stromberg hat geschrieben: wer will entscheiden welche geisteswissenschaftliche Begründung "richtiger" ist, du etwa?
Nee - ich bin Rentner, das sollen Jüngere tun. :lol:

Entschieden wird das ausschließlich vom Sein, von der Realität, von "Gott". - Da muss man sich ausliefern, weil es gar nicht anders geht. - Wobei wir wieder bei "Hiob" wären.

Stromberg hat geschrieben:Die meisten spirituellen Menschen weltweit, die an einen Gott glauben, glauben nicht dass er sich in Jesus zeigte.
Korrekt - da ziehen viele am selben Strick, aber an unterschiedlichen Stellen.- Nenne es: Jeder ist auf einem spezifischen heilsgeschichtlichen (= hermeneutischen) Status. - Nicht aus Glaubensgründen, sondern aus dialektischen Gründen ist begründbar, warum die Dialektik von gut und böse nur geschlossen werden kann von jemandem, der sowohl Gott als auch Mensch ist. - Da kämpfe ich jetzt nicht drum - es soll nur eine Anregung sein und ein Hinweis, dass da schon nachgedacht wird und nicht "abgeglaubt" wird.

Stromberg hat geschrieben:Tun sie das? Nicht das ich wüsste.
Da gab es (konservative) Rabbis, die die Shoa als heilsgeschichtliche Folgerichtigkeit in der Entwicklung des Hauses Israel interpretiert haben. - Wie da die "Szene" heute ist, weiß ich nicht - ein Gang zur nächsten Synagoge könnte aufklärerische Abhilfe schaffen.

Stromberg hat geschrieben:Dem beliebigen Kern? Der nur geglaubt existiert, aber nicht untersucht werden kann?
Zumindest "Kern". - Die HKM hat keinen Kern, weil sie von außen auf fremde Weise untersucht (womit ich nicht unterstellen will, dass HKM-Wissenschaftler nicht auch gläubig sein können - aber sie müssen es sich bei der Arbeit verdrücken).

Der Kern kann hermeneutisch/philosophisch/theologisch definiert und untersucht werden - aber natürlich nicht untersubjektiv nachgewiesen werden. - Es sei denn, man bezeichnete logische Kongruenz als "Nachweis" - meines Wissens ist das unüblich.

Die HKM erfüllt sich im kleinen Kreis und geht damit wenig Risiken ein, geht aber dafür am Kern vorbei (sie würde genauso am Baum der Erkenntnis vorbeigehen, weil sie ihn gar nicht identifizieren könnte). - Die hermeneutische Exegese (eigentlich ein kniffliger Begriff, weil man eigentlich "Exegese" und "Hermeneutik" trennt - aber das ist so kompliziert, dass ich es auch noch nicht ganz verstanden habe) kann sich verrennen, rennt aber wenigstens aus dem Dorf heraus.

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