closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Eine begründete wissenschaftlich-plausibele Erkenntnis wird also solange für wahr gehalten, bis sie aufgrund gegenläufiger Erkenntnisse falsifiziert oder relativiert wird.
Das ist exakt die Falle. -
Wie willst Du Fragen nach Gott falsifizieren?
Deshalb ist die Frage nach Gott ja auch keine wissenschaftliche Frage. Es ist eine Sache des Glaubens. Ich kann nichts dafür, wenn du sie unbedingt zu einer wissenschaftlichen Frage erheben willst. Selbst die Theologie hat aufgehört, Gott beweisen zu wollen, - mit Ausnahme von Spaemann und Plantinga. Offensichtlich gelingt ihnen das aber selbst unter Theologen und Philosophen nicht so recht.
closs hat geschrieben:Jede nicht-geistige Aussage wissenschaftlicher Qualität gilt IMMER als wahr, da es die gegenläufige Erkenntnis in wissenschaftlicher Qualität gar nicht geben KANN.
Die Wissenschaften postulieren keinen Gott oder sonstige metaphysische Entitäten als wahrheitsgarantierende Instanzen, wie sie auch nicht postulieren, es gäbe sie nicht. Insofern kann es in der Tat keine gegenläufige Erkenntnis dazu geben. Denn was nicht als existierend oder nicht-exisitierend postuliert wird, muss man weder beweisen, noch kann es falsifiziert werden. Wenn aber postuliert wird, dass es ausschließlich weiße Schwäne gibt, dann wird diese Behauptung falsifiziert, wenn sich in Australien schwarze finden lassen. Und wenn man einen lichttragenden Äther postuliert, dann wird das durch das Experiment von Michelson und Morley falsifiziert.
Du erwartest von den Wissenschaften, dass sie in ihrer methodischen Arbeit etwas berücksichtigen, was sie nicht als existierend oder nicht-existierend postulieren (Es ist ohnehin nicht möglich, die Nicht-Existenz von etwas zu beweisen.). Dein Bild von Wissenschaft entspricht dem mittelalterlicher Scholastiker, die sich umgekehrt nicht vorstellen konnten, dass Gott
nicht existieren könnte.
Womit wir beim
"Etsi deus non daretur" wären:
closs hat geschrieben:Bonhoeffer: "Etsi deus non daretur" — Als ob es Gott nicht gäbe. - Das ist die indirekte Setzung dogmatischen Rangs.
Diese Formulierung stammt nicht von Bonhoeffer, sondern von dem Rechtsgelehrten, Philosophen und Theologen Hugo Grotius (16. Jahrh.), der diese Formulierung in einem seiner Werke über positives Recht (oder natürliches, das weiß ich nicht mehr so genau ? ) in die Einleitung hineingeschrieben hat. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass diese Gesetze auch dann Geltung beanspruchen, falls es Gott nicht geben sollte (
... etsi deus non daretur). Damit hat er die geistesgeschichtliche Wende zur Aufklärung eingeläutet, denn bis dahin hat kein Gelehrter auch nur ernsthaft daran gedacht, dass es Gott nicht geben könnte (mit Ausnahme einiger Philosophen in der Antike natürlich). Diese ebenso kühne wie damals freverlische Bemerkung im Buch eines anerkannten Rechtsgelehrten gehört deshalb in den ungeschriebenen Essay von Savonnlina über methodologischen Atheismus.
Wie Bonhoeffer ihn genau gemeint hat an der Stelle, wo er ihn zitiert, weiß ich nicht, glaube aber gerne Savonlinna.